Leise, zart und berührend…
NelkenblattDie betagte Elsa, eine ehemalige Lehrerin, kann sich nach der Entlassung aus einer Klinik nicht mehr selbst versorgen.
Sie hatte eine Herzoperation und es ist unklar, wie lange die alte Dame noch zu leben ...
Die betagte Elsa, eine ehemalige Lehrerin, kann sich nach der Entlassung aus einer Klinik nicht mehr selbst versorgen.
Sie hatte eine Herzoperation und es ist unklar, wie lange die alte Dame noch zu leben hat.
Um das Pflegeheim zu umgehen, hat sich ihre Tochter Luzia um eine 24-Stunden- Betreuung gekümmert.
…und jetzt ist die Migrantin Pina da. Pina, die ihr Studium pausieren muss, um Geld zu verdienen.
Die drei Frauen sitzen am Esstisch in Elsas Wohnung und Pina hat gerade die „Aufnahmeprüfung“ bei der eleganten, willensstarken und kritischen, aber freundlichen Elsa bestanden.
Elsa interessiert sich für Pina und die beiden kommen ins Gespräch. Sie lernen sich kennen.
Es entspinnt sich in den folgenden Wochen eine zarte und leise Verbindung, von der der Autor ganz unaufgeregt und ruhig erzählt.
Pina wuchs in dem kleinen, vermutlich kurdischen, Dorf Samhirada, das fast 4000 km entfernt ist, auf.
Aus politischen Gründen musste sie aus ihrer Heimat fliehen.
Elsa war Lehrerin. Sie zog ihre beiden Kinder nahezu alleine auf, weil ihr Mann berufsbedingt so gut wie nie zuhause war.
Es macht Spaß, zu verfolgen, wie die betagte Elsa und die junge Pina sich einander annähern und es ist interessant, in ihre Lebensgeschichten einzutauchen.
Yusuf Yesilöz greift in seiner Geschichte fast nebenbei und unaufdringlich, aber trotzdem unmissverständlich auf, wie bedeutsam es ist, den pflege- und hilfsbedürftigen Senioren die höchstmögliche Selbstbestimmung zuzugestehen, nachsichtig, interessiert und zugewandt zu sein… auch wenn der oder die zu Pflegende bisweilen eigenwillige und gebieterische Seiten zeigt
Dass die Angehörigen der Senioren für die Pflegekraft dabei manchmal eine ganz besondere Herausforderung darstellen, wird genauso deutlich, wie die emotionale Belastung, der die Pflegekraft ausgesetzt ist.
„Nelkenblatt“ ist ein berührendes, zartes und leises Buch über die letzte Phase des Lebens. Gleichzeitig entführt es uns in die sehr unterschiedlichen Biografien zweier Frauen aus verschiedenen Welten.
Der Autor streift viele Themen, ohne sie gänzlich auszubuchstabieren. Er liefert Denkanstöße, statt detailliert in die Tiefe zu gehen.
Mich störte das nicht besonders, obwohl es sicher interessant gewesen wäre und es mir gefallen hätte, mehr über die Gepflogenheiten in Pinas Heimat zu erfahren.
Mir gefiel die z. T. poetische Sprache und immer wieder stolperte ich über schöne und bildhafte Formulierungen, wie z. B. „Genießen Sie Ihre Jugend und Gesundheit, solange die noch da sind. Sie rutschen einem irgendwann aus der Hand wie eine nasse Seife.“ (S. 27)
„Nelkenblatt“ ist ein lesenswerter Roman, der ganz nebenbei Lust auf Reis mit Mandeln, Pinien und Rosinen sowie Joghurtsuppe mit Minze macht