Lebenserinnerungen
Maurice Hannigan, 84, sitzt in einem Hotel in Rainsford, Irland, an der Bar und lässt sein Leben Revue passieren. Seine Farm ist verkauft, die Koffer mit seinen wenigen Habseligkeiten sind gepackt. Er ...
Maurice Hannigan, 84, sitzt in einem Hotel in Rainsford, Irland, an der Bar und lässt sein Leben Revue passieren. Seine Farm ist verkauft, die Koffer mit seinen wenigen Habseligkeiten sind gepackt. Er hat beschlossen in ein Altersheim zu gehen. Vorher allerdings bringt er hier an der Bar auf die wichtigsten Menschen in seinem Leben, derer sind es 5, jeweils einen Toast aus. Mit seinen Gedanken ist er dabei immer bei seinem Sohn Kevin, der mit seiner Familie in den USA lebt, an den er seine Gedanken richtet.
Da Kevin an diesem Abend nicht bei ihm ist, ist der Dialog recht einseitig. Aber umso mehr fühle ich mich als Zuhörerin angesprochen. Maurice breitet nun sein ganzes Leben vor mir aus. Von Samstag, den 7. Juni 2014 abends um 18:25 Uhr bis 23:05 Uhr bin ich an Maurice´s Seite.
Anne Griffins Roman beginnt recht leicht und unspektakulär und ich lerne Maurice ganz langsam kennen. Als er dann den ersten Toast auf seinen Bruder Tony ausbringt, nimmt die Geschichte an Fahrt zu. Der 2. Toast geht an seine recht bald verstorbene Tochter Molly mit einem 21 Jahre alten Malt. Auf seine Schwägerin Noreen trinkt er eine Flasche Stout, auf Kevin einen Jefferson Select und sein letzter Toast geht an seine vor 2 Jahren verstorbene Frau Sadie mit einem Midleton Whisky.
Ich lerne eine sehr sensible Seite von Maurice kennen, aber auch seine rachsüchtige und zornige. Er breitet seine Geheimnisse vor mir aus, und ich begleite ihn durch die wichtigsten Augenblicke seines Lebens. Trotz seiner dunklen Seiten ist mir der alte Mann sehr sympathisch. Sein Leben ist geprägt von Höhen und Tiefen, von Glück, Liebe, Verlusten und Einsamkeit. All diese kleinen emotionalen Momente und Erinnerungen, die er vor mir ausbreitet, ergeben ein großes Ganzes – sein Leben.
Es hat mich sehr berührt, dass ich in diesen Stunden an Maurice Seite habe sitzen und ihm habe zuhören dürfen. Ich hatte von Anfang an die Stimme meines Großvaters, der auch sehr gerne mal einen Bourbon genossen hat, im Ohr, womit mich die Geschichte noch mehr bewegt hat.
Ein sehr tiefgründiger, packender und bewegender Roman, der mir gezeigt hat, wie dankbar ich für die Menschen um mich herum sein sollte. Eine echt traurige Geschichte, die mich mitgerissen und tief berührt hat. Bei der ich auch ein paar Tränen verdrückt habe.