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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.05.2021

Ein Priester bei den Ojibwe

Die Wunder von Little No Horse
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Es gibt Wunder in Little No Horse: unter anderem wird eine Frau zum Priester. Aber Louise Erdrich hat deutlich größere (Wunder)Werke erschaffen als dieses hier, das mich stellenweise sehr irritiert hat. ...

Es gibt Wunder in Little No Horse: unter anderem wird eine Frau zum Priester. Aber Louise Erdrich hat deutlich größere (Wunder)Werke erschaffen als dieses hier, das mich stellenweise sehr irritiert hat. Andererseits: es lohnt sich immer, einen Erdrich zu lesen.

Veröffentlicht am 01.05.2021

Reich schlägt arm

Die Frauen von Kopenhagen
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So ist das in der Zeit der Industrialisierung und auch den Nachfolgejahren: die tapfere Nelly kommt aus prekären Verhältnissen, Mutter und Bruder sind Trinker, der Vater hat sich schon zu Tode getrunken. ...

So ist das in der Zeit der Industrialisierung und auch den Nachfolgejahren: die tapfere Nelly kommt aus prekären Verhältnissen, Mutter und Bruder sind Trinker, der Vater hat sich schon zu Tode getrunken. Sie und ihre Schwägerin Marie müssen das Geld für die gesamte Familie verdienen und zwar unter schwersten Bedingungen: in einer Weberei, die bereits Akkordarbeit in Fabrikmanier fordert - an zwei Webstühlen gleichzeitig. Die übermüdete Marie, die gleichzeitig mehrere Kinder versorgen muss, erleidet einen schweren Unfall und stirbt ein paar Tage später. Nelly setzt sich ein für sie und kämpft ohne Ende, dabei muss sie erkennen, dass Groß immer Klein schlägt!

Aber ein bisschen Zuversicht hat sie noch, denn genau in dieser Zeit lernt sie Johannes kennen, der was taugt und mitkämpfen will. Und er mag sie und sie ihn auch! Doch es bleibt ihnen nicht viel Zeit.

Wird Johannes' Schwester Anna, die neu vom Lande in die Stadt gekommen ist, für die beiden Gerechtigkeit erlangen können?

Ein spannendes Thema, es geht sowohl um den Beginn des Arbeitskampfes, der Solidarisierung der Arbeiterschaft als auch um die Emanzipation der Frau, beides Themen, die mir sehr nahe stehen. Ich habe mich sehr auf den Roman gefreut, fand auch viel Spannendes darin, dennoch blieb ich etwas enttäuscht zurück: zunächst, weil der Erzählstrang von Nelly auf Anna übergeht - irgendwie, so mein Eindruck, wird die dänische Autorin Gertrud Tinning keiner von beiden gerecht. Aus meiner Sicht gibt es immer wieder Stränge, die recht kurzatmig erzählt werden, einiges an Erklärungen fehlt und das ist gerade bei dieser sehr eindringlichen Thematik doch sehr schade.

Ich kann mir vorstellen, dass der Roman deutlich tiefer hätte dringen können, wenn die Autorin ihr Personal etwas eingeschränkt hätte - aus meiner Sicht gibt es so einige Szenen, in denen man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Immer wieder habe ich mich gefragt, wer das denn nun schon wieder ist und musste zurückblättern, um mich auf den Stand zu bringen. Schade - es ist kein schlechter Roman, doch es wäre soviel mehr drin gewesen!

Veröffentlicht am 27.04.2021

Romy, die Romantikerin

Mit fünfzig erwartest du Meer
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Romy wird doch tatsächlich schon in den nächsten Tagen fünfzig - wie konnte das Leben so schnell vergehen? Mit der Arbeit als Problemberaterin bei einer Frauenzeitschrift, dem Großziehen von Sohn und ...

Romy wird doch tatsächlich schon in den nächsten Tagen fünfzig - wie konnte das Leben so schnell vergehen? Mit der Arbeit als Problemberaterin bei einer Frauenzeitschrift, dem Großziehen von Sohn und Tochter und Familienreisen an langweilige historische Ausgrabungsstätten, dem Tätigkeitsgebiet des Gatten: Sie kann sich gar nicht vorstellen, dass trotz derart nüchterner Tätigkeiten die Jahre so schnell verflogen sind und ihr Mann Werner sie tatsächlich noch zu überraschen vermag. Mit einem sehr romantischen Geschenk, nämlich einer Reise nach Bella Italia zum Konzert ihres Lieblingssängers.

Zu schön, um wahr zu sein! Das wird Romy nur zu bald klar, als sie eine Rechnung über ein Hotelzimmer mit Doppelbett findet, wo Werner doch dienstlich unterwegs war. Ebenso wie seine knusprige junge Assistentin, die Romy schon eine ganz Weile ein Dorn im Auge ist.

Sie drückt noch mal ein Auge zu - nur, um sich zusammen mit Werner auf einer Butterfahrt wiederzufinden, wo alle naselang angehalten wird, um Pfannen und andere Herrlichkeiten sowohl an Mann als auch an Frau zu bringen.

Romy reichts! Mit Lilo, einer lebenslustigen Reisebekanntschaft setzt sie sich kurzerhand ab - und verpasst doch tatsächlich den Bus. Nun steht sie da ohne Geld, ohne Tasche und ihr Handy ist fast leer. Irgendwie jedoch kommen sie weiter - und Romy lernt neue Leute kennen. Und alte Vertraute von einer neuen Seite!

Doch der Roman hat auch ein paar Längen und es kommen recht viele Klischees drin vor - dennoch habe ich ihn gern zur Entspannung gelesen, empfehle ihn aber nur mit Einschränkungen weiter. Wer beim Lesen abschalten möchte, für den ist dies die richtige Lektüre!

Veröffentlicht am 25.04.2021

Wilde Mischung

Der Erzherzog, der den Schwarzmarkt regierte, Matrosen liebte und mein Großvater wurde
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Nämlich eine aus einem Heldenepos, einer Familiengeschichte und einer sehr unkonventionellen Aufarbeitung der schmerzhalten Zeitgeschichte der Ukraine.

Es wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Die eine betrifft ...

Nämlich eine aus einem Heldenepos, einer Familiengeschichte und einer sehr unkonventionellen Aufarbeitung der schmerzhalten Zeitgeschichte der Ukraine.

Es wird auf zwei Zeitebenen erzählt: Die eine betrifft Wilhelm, das ist der titelgebende Erzherzog, dem man noch viel mehr zuschreiben kann, als im Titel angegeben ist. Wir folgen ihm von Anfang bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, wo sich seine Spur verliert. Oder auch nicht. Es kommt darauf an, wem bzw. welcher Version man am Ende Glauben schenken will. Er entstammt quasi einer Nebenlinie der Habsburger, die schon zu Zeiten der KuK- Monarchie auf heute ukrainischem Territorium residierte.

Sein Status erlaubt ihm zunächst so einige Freiheiten, allerdings nimmt er sich diese auch noch, als sie schon längst nicht mehr erlaubt sind. Aber erlaubt ist aus Wilhelms Sicht alles, was nicht ausdrücklich verboten ist und er lebt definitiv nach dieser Maxime, die ihm so manches Mal zum Verhängnis wird.

Der andere Strang beschäftigt sich mit Wilhelms Enkelin Halyna, einem Kind der Sowjetunion beziehungsweise dessen Nachfolgeregime in der Ukraine. Von KuK-Glanz ist hier keine Spur, diese Verbindung wird nicht einmal erwähnt. Nein, hier erleben wir eine Frau, die mit dem schnöden Alltag in der postsowjetischen Ukraine fertig werden muss, wobei weder ihr Mann Hryz noch der Sohn Oles zu kurz kommen sollen. Um sie ranken sich weniger ihre Eltern als vor allem die Großmütter beider Seiten. Zumindest in ihrer Jugend.

Ein Roman, für den ich trotz - behaupte ich jetzt einfach mal - überdurchschnittlichen Kenntnissen zu Osteuropa längst nicht ausreichend vorbereitet war. Autorin Natalka Sniadanko galoppiert durch die Zeitgeschichte, wobei sie gerne auch mal auf ungeschehene Pfade abbiegt - man könnte auch sagen, sie spinnt Seemannsgarn. Um das zu können, muss man erstmal sehr gut Bescheid wissen und dazu ausgesprochen eloquent sein. Die Autorin ist beides und hat mich damit hoffnungslos überfordert! Dadurch konnte ich den Roman, der zugegebenermaßen teilweise sehr große Längen aufweist, nur teilweise genießen.

Veröffentlicht am 21.04.2021

Zu Zwillingen zusammenwachsen

Sternzwillinge
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Alex hat ja schon einiges erlebt in letzter Zeit und vor allem der Tod ihres Großvaters hat ihr ganz schön zugesetzt. Und jetzt muss sie sogar noch in dessen Bett schlafen - die erste Nacht war ziemlich ...

Alex hat ja schon einiges erlebt in letzter Zeit und vor allem der Tod ihres Großvaters hat ihr ganz schön zugesetzt. Und jetzt muss sie sogar noch in dessen Bett schlafen - die erste Nacht war ziemlich gruselig. Aber sie hat ja ihre Clique, mit der sie durchs Dorf turnt und Spaß hat - außer, wenn sie, wie jetzt, eine Mutprobe bestehen muss.

Das schafft sie nicht direkt, aber Klaus, der Anführer der Dorfclique, hat so einige Ideen und so landen sie in einem alten Haus mit fehlender Außenwand, in dem alle zusammen eine Nacht verbringen. Aber warum Alex als Einzige wach bleibt und Klara kennen lernt, die offenbar in dem Haus wohnt - das ist ihr schleierhaft, vor allem, weil sie dieses sehr nette und dennoch ziemlich eigenartige Mädchen den anderen vorstellen möchte.

Und dann soll sie noch mit jemandem gemeinsam ein Werk vollenden, das vor langer Zeit von Zwillingen begonnen wurde - dabei ist sie gar kein Zwilling. Macht nichts, sagt einer von denen, die ihr auf dem Weg dorthin zu Gefährten werden: ihr werdet zusammenwachsen. Und das kann Alex sich so gar nicht vorstellen, vor allem, als sie erfährt, um wen es geht!

Autorin Monika Spang hat ein besonderes und ziemlich ungewöhnliches Kinder- und Jugendbuch geschrieben. Ich war sehr gespannt auf diese sehr eigene Geschichte, musste dann aber erkennen, dass sie nur in Teilen spannend war - aus meiner Sicht gibt es stellenweise Längen, anderswo geht es zu schnell voran, so dass ich zeitweilig die Übersicht verloren und das Buch erst mal zur Seite gelegt habe.

Der Schluss hat mich dann mit einigem versöhnt - nicht nur ist er rund, nein, er beinhaltet auch eine sehr schöne Botschaft, die wir uns alle hinter die Ohren schreiben sollten.