Unterhaltsamer Informationsreichtum durch Anekdoten
Der Eulenspiegel Verlag hat mich bereits mit seinem Anekdotenbuch über Theodor Fontane sehr erfreut. Nun war ich natürlich neugierig auf dieses Buch, das Rahel Varnhagens Leben in Vignetten und Anekdoten ...
Der Eulenspiegel Verlag hat mich bereits mit seinem Anekdotenbuch über Theodor Fontane sehr erfreut. Nun war ich natürlich neugierig auf dieses Buch, das Rahel Varnhagens Leben in Vignetten und Anekdoten berichtet. Ich wußte bislang wenig über sie: eine der bekannten Damen Berlins, die für ihre Salons berühmt waren, in denen sich die großen Köpfe des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts versammelten.
Nun habe ich in knapp über 110 Seiten eine ganze Menge mehr gelernt und bin erneut beeindruckt, wie viele Informationen man auf unterhaltsame Weise auf so wenig Raum unterbringen kann. Der gute Eindruck beginnt schon mit dem leuchtend gelben, hochwertig festen Einband, dessen reduzierte Gestaltung ich gelungen finde. Ein Lesebändchen rundet das Gesamtbild schön ab, hinten auf dem Einband befindet sich ein kurzer Lebensüberblick und ein Porträtbild Rahel Varnhagens.
Der Text folgt ihrem Lebensweg in Episoden, manche nur eine halbe Seite lang, nie mehr als zwei Seiten. So kann man zwischendurch immer angenehm hineinlesen. Die Vignetten sind chronologisch, so lernen wir Rahel von Geburt an kennen und folgen ihr bis über ihren Todestag hinaus. Die Texte sind locker geschrieben, hier und da ein wenig zu salopp, und gelegentlich waren es mir am Anfang zu viele Wiederholungen. Insgesamt liest sich das Buch aber angenehm, berichtet anschaulich und bindet auch historische und kulturelle Informationen gelungen ein – nie zu überbordend, aber alles zum Hintergrundverständnis ist vorhanden und klar formuliert, so daß sicher auch jemand, dem diese Epoche fremd ist, sich gut hineinfinden kann. Hinzu kommen zahlreiche Zitate von Rahel Varnhagen und ihren Zeitgenossen. Diese komplettieren das Bild ausgezeichnet, sorgen für Farbe, manchmal ein Schmunzeln, bringen manchmal zum Nachdenken. Ob Rahel Varnhagen die „geistreichste Frau des Universums“ (Heinrich Heine) war, mag dahingestellt bleiben; die vorhandenen Zitate reichen nicht aus, sich darüber ein Bild zu machen; mich hat eher ihr Lebensweg vor dem historischen Hintergrund beeindruckt. Gelegentlich fehlten mir ein paar erklärende Sätze, gerade was ihr Leben in jüngeren Jahren betraf, gab es einige Stellen, die ich unklar formuliert oder nicht hinreichend erklärt fand. Insgesamt aber habe ich die Lektüre nicht nur genossen, sondern auch viel über Rahel und ihr Umfeld, sowie über die Auswirkungen historischer Ereignisse auf die Menschen erfahren. Eine kleine Liste mit weiterführender Literatur komplettiert das Buch erfreulich. Rundum gelungen und empfehlenswert!