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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 04.04.2017

fesselnd

Letzte Nacht in Twisted River
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John Irving - entweder man liebt oder man hasst diesen Autor. Etwas dazwischen gibt es glaube ich nicht. Nach der Lektüre von "Letzte Nacht in Twisted River" gehöre ich definitiv zu ersterer Gruppe. Auch ...

John Irving - entweder man liebt oder man hasst diesen Autor. Etwas dazwischen gibt es glaube ich nicht. Nach der Lektüre von "Letzte Nacht in Twisted River" gehöre ich definitiv zu ersterer Gruppe. Auch wenn ich die immer wieder viel zitierten Bücher "Garp" und "Gottes Werk und Teufels Beitrag" noch nicht gelesen habe, kann ich mir beileibe nicht vorstellen, dass man dann von "Letzte Nacht..." so enttäuscht ist, dass man das Buch schon nach 50, 100 oder 500 Seiten weglegt. Nun, ich bin froh, dass ich mich nicht von den vielen negativen Meinungen hab runterziehen lassen und dass ich das Buch als drittes innerhalb eines Jahres auf den Fahrten von/zur Arbeit im Bus komplett durchgelesen habe.

Etwas irritiert war ich am Anfang von den vielen Klammersätzen und den häufigen Wiederholungen einer Situation/eines Ortes usw.; ein Stilmittel, was John Irving wohl aber prägt und auch gleichzeitig so einzigartig macht. Am Ende fand ich die Wiederholung von weiter zurückliegenden Ereignissen sogar recht hilfreich, weil dann sofort wieder Assoziationen zu der Stelle im Buch auftauchten, an der das Ereignis das erste Mal aufgetreten war. So waren die Verbindungen sehr schnell wieder hergestellt und ich habe mit Spannung weitergelesen.

Die Geschichte beginnt tragisch und endet Hoffnung machend. Hoffnung machend darauf, dass trotz aller Widrigkeiten im Leben immer irgendwo ein Licht am Ende des Tunnels leuchtet (möge er noch so lang sein!). Der Tunnel vereint Tragik (an manchen Stellen im Buch hätte selbst ich fast geweint g), Komik, Liebe, Politik und Kochrezepte in einzigartiger Weise.

Entgegen einiger Meinungen, die Figuren in "Letzte Nacht in Twisted River" wären blass und nicht ausgereift, finde ich hier viele tragische Helden mit großem Herz. Dafür zählt für mich an erster Stelle Ketchum. Er hat mich mit seinen markigen Sprüchen, seiner politischen Einstellung, aber letztendlich auch mit seiner tiefsitzenden Zerrissenheit über die Ereignisse in der Nacht als Danny´s Mutter starb, absolut mitgerissen und sein (frei gewählter) Tod war für ihn die einzig logische Konsequenz aus dieser Zerissenheit ("Nur Ketchum kann Ketchum töten" - ein Satz, den ich nie wieder vergessen werde!!!). Ich hatte das ganze Buch über Respekt vor Ketchum und hab mich über jede einzelne Passage mit ihm gefreut.

Aber auch Cookie, Danny, Sixpack Pam und wie sie alle heißen: ja, sie alle haben mich in den letzten Monaten im Bus begleitet und ich bin über jeden einzelnen von ihnen froh, sie kennengelernt zu haben. Einzig und allein Constable Carl habe ich von vornherein nicht gemocht und er hat auch (meiner Meinung nach) das Leben von Joe (Danny´s innig geliebten und einzigen Sohn) auf dem Gewissen - auch wenn es nur angedeutet wird. Aber es kann ja nicht nur gute Figuren geben; das Leben besteht auch aus Freunden und Menschen, denen man am liebsten überhaupt nicht begegnen würde oder die man am liebsten von hinten sieht

Somit bleibt mir als Fazit nur festzuhalten, dass ich von "Letzte Nacht in Twisted River" absolut gefesselt war und ich von nun an John Irving einen festen Platz in meinem Bücherregal geben werde. Well done, Mr. Irving!!!

Veröffentlicht am 04.04.2017

tolles buch

In den Straßen von Nizza
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Inhalt: Nicolas arbeitet für die Superreichen an der Cote d´Azur als "Mädchen für alles" und erfüllt jeden nur erdenklichen Wunsch. Nach der Abreise seines neuesten, russischen Kunden Konstantin und Konstantin´s ...

Inhalt: Nicolas arbeitet für die Superreichen an der Cote d´Azur als "Mädchen für alles" und erfüllt jeden nur erdenklichen Wunsch. Nach der Abreise seines neuesten, russischen Kunden Konstantin und Konstantin´s Spielball Fedor, den Nicholas in die Jet-Set-Szene in Südfrankreich einführen soll, wird er jedoch unversehens in einen Bilderdiebstahl verwickelt, mit dem er (natürlich) nichts zu tun hat. Und so muss er an der Seite der (mehr als) symphatischen Versicherungsdetektivin Nathalie so schnell wie möglich herausfinden, was es mit dem Bilderdiebstahl auf sich hat und wer/was dahintersteckt.

Mehr möchte ich an dieser Stelle gar nicht verraten - die Spannung soll ja erhalten werden, oder? Schließlich soll eine Rezension dazu führen, dass das Buch gelesen wird g

Ich kann an dieser Stelle nur eine ganz klare Kaufempfehlung abgeben. Ich habe noch nie einen unblutigen (ein meiner Meinung nach ganz großer Pluspunkt!!!), trotzdem von der ersten bis zur letzten Seite spannenden Krimi gelesen. Die Hauptfiguren Nicholas und Nathalie sind mir mehr als symphatisch, die grandios-beschriebene Landschaft der Cote d´Azur setzt ein regelrechtes Kopfkino in Gang, dass man förmlich die Straßen mit dem Motorrad oder dem Auto abfährt und alles genau vor sich sieht. Das alles garniert mit kleinen, interessanten Details am Rande über französische Gesetze, die Technik einer Sicherungsanlage und den überragenden Beschreibungen der kulinarischen Besonderheiten bzw. Lieblingsessen von Nicholas lassen einem gar keine andere Wahl als dieses Buch beim nächsten Einkauf zu verhaften und entweder selber zu lesen oder als Geschenk unter den Weihnachtsbaum zu legen.

Ein weiterer Kaufanreiz für passionierte Hobbyköche: am Ende des Buches gibt es einige Gerichte, die im Buch beschrieben werden als Rezept.

Fazit: tolles Buch, toller Autor - ich hoffe, es gibt weitere Fälle mit Nicholas und Nathalie!!! Danke Robert de Paca für dieses grandiose Buch!!!

Veröffentlicht am 31.03.2017

empfehlenswert

Der Hase mit den Bernsteinaugen
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264 Netsuke. Japanische Miniatur- Schnitzereien aus Holz und Elfenbein, hergestellt, um zu lernen, was In- sich- kehren bedeutet, liegen in einer alten Vitrine des britischen Keramiktöpfers Edmund de Waal, ...

264 Netsuke. Japanische Miniatur- Schnitzereien aus Holz und Elfenbein, hergestellt, um zu lernen, was In- sich- kehren bedeutet, liegen in einer alten Vitrine des britischen Keramiktöpfers Edmund de Waal, Nachkomme der jüdischen Bankiersfamilie Ephrussi (neu angenomme Schreibweise), nachdem sie aus Odessa weggingen. Wie diese kleinen Kostbarkeiten in die Vitrine de Waals kamen, erzählt die berührende und aufwühlende Familiengeschichte.

Edmund de Waal zeigt, mithilfe seiner 264 Netsuke, das große Familienpanorama seiner Familie.
Die Rückreise zu den Ahnen beginnt bei Charles Ephrussi, der am 24. Dezember 1849 in Odessa geboren wurde, und am 30. September 1905 in Paris starb.
Charles Ephrussi war für Marcel Proust im Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ das Vorbild für den Protagonisten des Swann.
Als weiterer Autor wird Rainer Maria Rilke genannt, zu dem Elisabeth Ephrussi eine enge Brieffreundschaft verband.
Die Familie Ephrussi erwarb ihr riesiges Vermögen durch Getreideexporte und als international fungierendes Finanzunternehmen. Die Ephrussis wurden in einem Atemzug aufgrund ihres Reichtums mit der Familie Rothschild genannt. In Wien erbauten sie an der Ringstraße ein Palais, welches an Protz und Reichtum kaum zu überbieten war.
Die Familienmitglieder Ephrussi lebten in der ganzen Welt verteilt. Dadurch hatten sie auch hervorragende Familien- und Geschäftsbeziehungen weltweit.
Bis auf die Zeit des 1. Weltkrieges ging alles bis die 1930er, seinen normalen und geschäftigen Gang. Der größte Part der Familienchronik spielt in Wien.
Nachdem das kaiserlich- königliche Österreich fiel, gelang es den meisten Familienmitgliedern in nicht besetzte Länder zu flüchten.
Zum Schluß stellt sich Edmund de Waal die Frage: Darf man so in den Leben der Familie herumstöbern? Wären sie damit einverstanden gewesen? Hätten sie ihrer Lebensgeschichten zugestimmt?

Die Netsuke kamen über Japan nach Paris, wo sie einige Zeit verbrachten. Charles Ephrussi verschenkte sie als Hochzeitsgeschenk innerhalb der Familie in den Palais nach Wien, wo sie die längste Zeit in einer wunderschönen Vitrine als Spielzeug für die Kinder des Hauses fungierten. Als die Gestapo das Palais für sich in Anspruch rettete die Haushälterin Anna die Netsuke vor ihnen. Täglich sie einige von ihnen in ihrer Schürze, und versteckte sie in ihrer Matratze. Nach dem 2. Weltkrieg gelangten die Netsuke in einen kleinen Koffer nach Großbritannien. Von dort wieder zurück nach Japan, ihrem Heimatland. Zuletzt beschenkte ein Onkel Edmund de Waal mit den Netsuken. So kamen sie nach Großbritannien zurück, und werden weiterhin aufgrund ihrer Grazilität und besonderer Schönheit in einer Vitrine ausgelegt, bestaunt.

Mich hat das Buch mitleiden, und in eine Welt ziehen lassen, die sich kaum vorstellen lässt. Ein wenig schwierig fand ich jedoch die Beschreibungen der kunsthistorischen Darstellungen als auch die architektonischen Besonderheiten nachzuvollziehen.
Dennoch:
Ich kann es nur empfehlen.

Veröffentlicht am 31.03.2017

spannend

Sieben letzte Worte
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Bevor in Salzburg die Festspiele beginnen, läuft blutrotes Wasser durch das Wasserrad der Stiftsmühle. Ein Werbegag? Mitnichten. Denn kurze Zeit später wird an eben dieser Stelle die Leiche der Schauspielerin ...

Bevor in Salzburg die Festspiele beginnen, läuft blutrotes Wasser durch das Wasserrad der Stiftsmühle. Ein Werbegag? Mitnichten. Denn kurze Zeit später wird an eben dieser Stelle die Leiche der Schauspielerin Mira Krainer gefunden.
Sie war lebenslustig, froh und offen gegenüber ihren Mitmenschen. Sie unterstützte soziale Hilfsprojekte in Afrika, war ein herzensguter Mensch. Wer also sollte ihr Feind sein, und sie ermordet haben?

Diese und noch viele weitere Fragen stellen sich dem sympathischen Ermittlertrio um Franco Moll in seinem dritten Fall. An seiner Seite sind Oberhollenzer, ein steirisches Gemüt, Pelegrini, seit kurzer Zeit zugehörig zu ihnen. Auch Reisinger, ein Kollege, der das Arbeiten nicht gerade erfunden hat, hilft bei den Ermittlungen.
Die Protagonisten sind so realistisch dargestellt, nebst Moll`s Sohn Felix, dass man schnell mit ihnen warm wird.

Viel zu viele Puzzleteilchen eröffnen sich den Ermittlern, und man wird oft in die Irre geführt. Sei es durch Briefe, oder in sich geschlossene eigene Kapitel.
Viele düstere Geheimnisse eröffnen sich dem Leser, sei es voyeuristisch oder provokant, doch keineswegs werden Menschen schlecht dargestellt.

Ich habe mal um mal mit meiner Vermutung daneben gelegen, so dass der Mörder zunächst nicht als erkennbar galt.

Der Autor hat die Spannung das Buch über gehalten. Über die Beziehung der Kollegen, die sich die eine Stichelei nach der anderen gaben, waren zum schmunzeln. Obsessionen wurden nicht als verurteilend dargestellt, die psychische Erkrankung einer Person nicht als medizinisch abgetan.
Mich hat das Buch nicht losgelassen. Wann immer es ging musste ich weiterlesen. Ein gelungener Krimi. Gute Ortsbeschreibungen. Und ich hoffe, Band vier lässt nicht lange auf sich warten.

Veröffentlicht am 31.03.2017

spannend geschrieben

Stoßgebete
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Pfarrer Balthasar Senner ist kein niederbayrisches Urgestein, doch seine unkonventionelle Art und Weise zu ermitteln, ist einfach charmant.



„Stoßgebete“ ist sein zweiter Fall, den er wieder mit voller ...

Pfarrer Balthasar Senner ist kein niederbayrisches Urgestein, doch seine unkonventionelle Art und Weise zu ermitteln, ist einfach charmant.



„Stoßgebete“ ist sein zweiter Fall, den er wieder mit voller Inbrunst auflöst. Er umgeht einige der zehn Gebote, und ist dabei so herrlich unkonventionell, das macht ihn nur noch sympathischer.

Sein Ministrant Sebastian bringt ihm einen Fund. Ein Rosenkranz (wundervoll gearbeitet) und den gebrochenen Unterkiefer eines Menschen. Dieses veranlasst den Herrn Pfarrer der Sache nachzugehen. Des Abends buddelt er an der Fundstelle, die ihm Sebastian genannt hat. Leider Gottes wird er dabei von einem Wanderpärchen gestört, welche ihn wegen Störung der Totenruhe anzeigen. Diese Anzeige landet bei dem Kommissar Dix, und seinem Mitarbeiter, Dr. Mirwald, auf dem Tisch.

Diese beschließen, natürlich auch aufgrund des schönen Wetters, der Anzeige nachzugehen, und suchen den Herrn Pfarrer auf.

In diesem Alpenkrimi gibt es keine blutigen Leichen, die dem Leser entgegenspringen, sondern Morde, deren Beschreibung nicht effekthaschend beschrieben sind.

Hervorzuheben sind auch hier wieder der Schlagabtausch zwischen Senner und seiner Haushälterin Teresa. Nichts ist böse gemeint, doch der geschriebene Wortwitz ist genial. Dieses ist auch zwischen Kommissar Dix und seinem Assistenten Dr. Mirwald wiederzufinden.



Der Autor Wolf Schreiner versteht es, den Spannungsbogen aufrecht zu halten. Sei es durch die Klofenster Kletteraktionen von Pfarrer Senner, oder die nächtliche Buddelei auf dem Acker. Diesmal wurde der bayrische Slang auch mehr eingesetzt wie im ersten Fall des Pfarrers.



Guten Gewissens kann ich sagen: Lesen!