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Veröffentlicht am 25.05.2021

Stürme des Lebens

Die Insel der Wünsche - Stürme des Lebens
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Tine wohnt mit ihrer Familie über einem Barbierladen im Hamburger Gängeviertel. Es ist das Jahr 1887, und die Tiedkens und ihre zehn Kinder existieren am Rande der Gesellschaft in bitterster Armut, seit ...

Tine wohnt mit ihrer Familie über einem Barbierladen im Hamburger Gängeviertel. Es ist das Jahr 1887, und die Tiedkens und ihre zehn Kinder existieren am Rande der Gesellschaft in bitterster Armut, seit der Vater sein Bein verlor und nicht mehr arbeiten kann. So muss auch Tine zum Auskommen beitragen, indem sie selbst gepflückte Blumensträuße verkauft. Dabei trifft sie auf Menschen verschiedener Herkunft, von denen es vielen besser geht. Tine träumt von einer lebenswerteren Zukunft. Nach einer Begegnung mit einem jungen Hotelier, der ihr eine Chance als Zimmermädchen in seinem Hotel bietet, sieht Tine einen Lichtstreifen am Horizont. Doch wie soll sie auf die Insel Helgoland gelangen?

Mit Hilfe erreicht sie tatsächlich ihr Ziel. Allerdings erfüllen sich Tines Hoffnungen keineswegs. In Henry Heesters Hotel wird sie nicht erwartet, und das Schicksal scheint ihr anfangs erneut Steine in den Weg zu werfen. Tine lernt indes, damit nicht zu hadern. Sie will nicht aufgeben und allen Hindernissen trotzen, um mit Fleiß, Eifer und Zielstrebigkeit ihr Glück zu finden...


In „Die Insel der Wünsche. Stürme des Lebens“ begleiten wir für einen Zeitraum von zwei Jahren das Blumenmädchen Tine Tiedkens. Zunächst führt uns Anna Jessen in die laute Hafenstadt Hamburg, bevor wir auf die malerische Nordseeinsel Helgoland reisen. Hier gelingt der Wechsel vom grauen Alltag in der Stadt zur lichtdurchfluteten Insel, auf der andererseits nicht bloß Sonnenschein herrscht. Mit diesen unterschiedlichen Handlungsorten treffen nicht nur zwei Welten aufeinander. Es sind ebenso Menschen, die ungleichen gesellschaftlichen Schichten entstammen.

Die Autorin erzählt mit vielfältiger Intensität und stimmungsvoller Zuwendung, manchmal etwas zu abundanter Detailverliebtheit, die zudem in einigen Szenen eine sehr verträumte Wirkung entfaltet. Außerdem sei ihr der vorhandene Anteil an Sentimentalität verziehen, da dieser in Maßen zu einer ergriffenen und emotionalen Geschichte dazugehört. Daneben ist ihre ruhige, anschauliche und dadurch oft eindringliche Betrachtungsweise des Beispiels ihrer jungen Heldin und ihrer Familie – einfache Menschen, die jeden Tag um ihre Existenz kämpfen – ansprechend. Die Einbindung der historischen Zusammenhänge, durch die sich die damalige Realität der gesellschaftlichen und politischen Ereignisse erschließt, kann ebenfalls als gelungen bezeichnet werden.

Anna Jessen hat eine Schar vielfältiger Figuren gestaltet, die in divergierendem Umfang Gefühle beim Lesen hervorrufen. Die im Mittelpunkt stehende Tine ist von ihrer Anlage her bedauerlicherweise etwas zu positiv geraten. Denn ihre Jugend und Naivität können ihr nicht wirklich als Fehler ausgelegt werden, ebenso wenig, dass sie jede Beschwerlichkeit, die andere verzweifeln lassen würden, mit Zurückhaltung, ja sogar Demut hinnimmt, obwohl es in ihrem Inneren brodelt. Tine zeigt sich einfach sympathisch, energisch und mit Herzblut ausgestattet, großmütig, verzeihend, und sie entwickelt ihr Selbstbewusstsein im Verlauf des Geschehens spürbar. Trotzdem hätten einzelne Schwächen ihre Darstellung abgerundet.

„Die Insel der Wünsche. Stürme des Lebens“ erfüllt zwar nicht alle Wünsche, besteht aber im Sturm der Unterhaltung mit einer freundlichen und teilnahmsvollen Lektüre.

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Veröffentlicht am 14.02.2021

Elladur. Das Erwachen

Elladur - das Erwachen
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Seit ihr Vater sie in die Obhut des Königs gegeben hat, trägt Liya eine nicht unbeträchtliche Last auf ihren 18-jährigen Schultern, ist sie doch Kämpferin, jüngste Beraterin, Abgesandte und auch Spionin ...

Seit ihr Vater sie in die Obhut des Königs gegeben hat, trägt Liya eine nicht unbeträchtliche Last auf ihren 18-jährigen Schultern, ist sie doch Kämpferin, jüngste Beraterin, Abgesandte und auch Spionin des Herrschers von Namoor. Das Mädchen verfügt über zahlreiche Fähigkeiten,die ihr bei der Durchführung heikler Missionen zugute kommen. Dazu gehört ebenso, dass sie Magie wirken kann, diese Gabe verbirgt sie allerdings, weil die Ausübung in ihrem Land verboten und allein den Mitgliedern der Magiergilde vorbehalten ist.

Mit dem Auftauchen eines in der alten, fast vergessenen Sprache verfassten Pergamentes kündigen sich Veränderungen an, die nicht nur die Welt von Liya aus den Angeln hebt. Denn es offenbart Wissen aus dem einstigen magischen Reich Elladur, das nicht mehr existieren soll.

Überraschend ist auch die Verlautbarung des Fürsten Jadmar von Eryon, seine Tochter mit dem gerade gekrönten König des seit dem großen Krieg vor einhundert Jahren verfeindeten Dar’Angaar verheiraten zu wollen. Überdies gibt es Bestrebungen im eigenen Land, König Louis vom Thron zu verdrängen. Dieser handelt und schickt Liya zunächst nach Dar’Angaar.

Auf dem Weg dorthin ist Liya nicht nur einmal gezwungen, ihre Gabe einzusetzen, und so wächst diese in erheblichem Maße. Außerdem entdeckt sie mit Bestürzung, dass der feindlichen König kein geringerer als Haydn, ihr ehemaliger Geliebter, ist. Geht von Dar’Angaar jedoch wirklich die größte Bedrohung aus? Es zeigen sich nämlich bald wesentlich besorgniserregende Gefahren, als sich unerklärliche Vorfälle ereignen und schreckliche Kreaturen erscheinen. Sind sie die Vorboten jenes dunklen Königs, der gestaltlos und in der Finsternis an der Pforte in jener Welt hinter dem Band gemäß der Prophezeiung auf seine Rückkehr wartet?


Angie Delazi legt mit dem ersten Band ihrer Elladur-Trilogie „Das Erwachen“ das Debüt für eine High-Fantasy-Geschichte vor, bei der die Schreibleistung der Autorin unbedingt zu loben ist. Das von ihr anschaulich entworfene Weltengefüge, in dem eine mittelalterliche Umgebung und ein politischen durchdachtes System auf technisierte Objekte treffen, erweist sich als neu und komplex und überzeugt im Großen und Ganzen mit einem soliden Aufbau.

Die Autorin beweist ihre Fähigkeit zu einer versierten, mit einprägsamen Bildern versehenen Darstellung, der eine besondere Faszination innewohnt, wenngleich auch anzumerken ist, dass die Gewichtung der Beschreibung im Einzelnen des Öfteren nicht stimmig wirkt. Darüber hinaus ist die sprachliche Ausgewogenheit nicht beständig, treten doch ausdrucksstarke, fesselnde Episoden neben jene, die zu unersichtlich und bedeutungslos in die Länge gezogen oder gar inhaltsleer sind. Eine Komprimierung und Straffung hätte manchen Szenen gut getan wie anderen Schilderungen mehr Ausführlichkeit und Tiefe. Während zwischenmenschliche Beziehungen mit dynamischer Vehemenz stattfinden, fehlt es beispielsweise Kampfszenen oft an Können, Kraft und Erfahrung, um einprägsam zu sein und den erforderlichen Nachhall zu erzeugen.

Insgesamt gelingt es der Autorin aber, durch die Einbindung gängiger Konflikte um die Macht, Verschwörungen und Winkelzüge mit einem bemerkenswerten Spannungsbogen aufzuwarten. Auch die bis zum Schluss undurchschaubaren Rätsel und Geheimnisse um vergangenes Wissen, das gemeinsam mit den Protagonisten der Geschichte erst erforscht werden muss, halten die Lebendigkeit hoch und tragen trotz der genannten Schwächen sicherlich zu einer beachtlichen Unterhaltung bei.

Angie Delazi fokussiert sich in ihrer perspektivischen Erzählweise aus Sicht von Liya vor allem auf ihre Heldin und charakterisiert diese umfassend und mit viel Leidenschaft. Dadurch können deren vorhandenen Eigenschaften und Emotionen nachempfunden werden, wenn Liya sich im Widerstreit zwischen den verantwortungsvollen Pflichten und ihren Wünschen und Hoffnungen, Liebe und Freundschaft sieht und sich trotz ihrer gefestigten Position gleichwohl mit Ablehnung und Misstrauen auseinandersetzen muss und ihre Entwicklung inmitten einer detaillierten Figurenschar noch lange nicht abgeschlossen ist.

Das nächste fantastische Abenteuer wartet, nicht nur auf Liya. Die im Verborgenen liegenden Hintergründe gilt es in Band zwei hoffentlich bald zu untersuchen.

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Veröffentlicht am 17.12.2020

Zwischen dir und der Dunkelheit

Zwischen dir und der Dunkelheit
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„Hallo, liebe Gruselfreunde, und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unheimelig – unserer Videoreihe, in der wir die schaurigen Sagen und verwunschenen Orte unserer schönen bayerischen Heimat näher ...

„Hallo, liebe Gruselfreunde, und herzlich willkommen zu einer neuen Folge unheimelig – unserer Videoreihe, in der wir die schaurigen Sagen und verwunschenen Orte unserer schönen bayerischen Heimat näher unter die Lupe nehmen.“

Für ihren Youtube-Kanal begeben sich Sera und ihre Freunde Jo und Mark, die sich auch eine gemeinsame Wohnung teilen, auf den Spuren eines weiteren Mythos' des Nachts in den „Dom zu Unserer Lieben Frau“, besser bekannt als Münchner Frauenkirche. Im Wahrzeichen der bayerischen Landeshauptstadt beginnt plötzlich der Abdruck im Eingangsbereich, der sogenannte Teufelstritt, zu leuchten, die Opferkerzen gehen alle auf einen Schlag aus, und Sera hört jemanden reden. Sie ist sicher, dass sie und ihre Freunde nicht allein in der Kirche gewesen sind. Aber niemand glaubt ihr. Selbst Jo und Mark zögern, weil sie zumindest die von Sera behauptete Erscheinung nicht bemerkt haben.

Als Lilly und Elias auftauchen und die Lösung aller Rätsel versprechen, ist Sera voller Neugierde. Doch kann sie den beiden vertrauen? Oder hat sie sich auf ein (lebens)gefährliches Abenteuer eingelassen?

Antonia Neumayer führt uns mit „Zwischen dir und mir die Dunkelheit“ in einen Wechsel von Licht und Dunkelheit, Gut und Böse, Himmel und Hölle sowie Vergangenheit und Gegenwart. Wenngleich der Erzählton überwiegend verständlich ist, unterstützt durch die Schilderung aus Seras Sicht, verwirren einige Ereignisse und Bilder der Handlung. Mangels Logik werden möglicherweise vor allem diejenigen Leser, die wie ich ohne jeglichen Glauben sind, die Existenz von Himmel und Hölle, Teufel, Dämonen und Engeln in Zweifel ziehen oder gar ablehnen. Bedauerlicherweise führt die Inhaltsbeschreibung den Leser hier etwas in die Irre.

Zwar bekräftigt die Darstellung religiöser Themen die beachtliche Recherche der Autorin. Indes entstehen bei der Auseinandersetzung in der Folge ein paar Längen. Hingegen werden diese teilweise von den effektiv in Szene gesetzten finsteren und unerklärlichen Aspekten aufgefangen. Außerdem punktet die geheimnisvollen Geschichte mit überraschenden Spannungselementen.

Aus den im Großen und Ganzen anschaulich ausgearbeiteten Charaktere ragt Sera heraus. Die sympathische Studentin ist bereits früher durch eine gewisse Andersartigkeit aufgefallen, nahm die Dinge wahr, die für andere Menschen nicht real waren, hatte sehr lebhafte Träume, hörte in der Stille Stimmen und sah Leute, wo gar keine waren. Sera zeichnet sich durch Wissbegierde aus und hat Humor. Verständnis finden auch ihre Zurückhaltung und die zunächst fehlende Selbstsicherheit. Allerdings sind ihre ebenfalls vorhandene Leichtgläubigkeit und Naivität anfangs schwer nachvollziehbar. Wiederum überzeugt ihre von der Autorin im Verlauf des Geschehens dargestellte Entwicklung.

Trotz der angeführten Mängel ist Antonia Neumayer mit „Zwischen dir und der Dunkelheit eine unterhaltsame Lektüre gelungen, die entsprechend interessierte Leser erfreuen dürfte.

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Veröffentlicht am 20.08.2020

Mein neues großes Vorschulbuch mit Rabe Linus

Mein neues großes Vorschulbuch mit Rabe Linus
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Dorothee Raab hat mit Unterstützung der Illustratorin Sigrid Leberer „Mein neues großes Vorschulbuch mit Rabe Linus“ entwickelt. Das Buch, das in seinem handlichen A4-Format praktisch ist, bietet Kindern ...

Dorothee Raab hat mit Unterstützung der Illustratorin Sigrid Leberer „Mein neues großes Vorschulbuch mit Rabe Linus“ entwickelt. Das Buch, das in seinem handlichen A4-Format praktisch ist, bietet Kindern ab fünf Jahre abwechslungsreiche Aufgaben in unterschiedlichen Bereichen. Es soll grundlegende Fertigkeiten als Voraussetzung zum Lesen-, und Schreiben- und Rechnenlernen fördern und das Kind optimal auf die Schule vorbereiten.

Im Einzelnen lernen die Kinder im Bereich der Feinmotorik, mit dem Stift zu arbeiten und Linien zu ziehen. Ziel des Logischen Denkens ist es, Zusammenhänge zu erkennen, Reihenfolgen zu bilden und Gegebenheiten in Kategorien einzuordnen. Die Konzentrationsübungen trainieren das genaue Hinsehen und Unterscheiden von augenscheinliche Feinheiten und Formen in ihrer Größe und Richtung. Außerdem wird den Kindern angeboten, Buchstaben und Zahlen zu schreiben.

Sticker am Ende des Buches dienen der Belohnung und können jeweils auf die fertige Seite geklebt werden.

Die Aufgaben befinden sich jeweils auf einer Seite, werden farblich und mit Symbolen unterschieden und sind in der Illustration kindgerecht und ansprechend gestaltet. Sie wechseln sich ab, jedoch wird immer wiederholt. Gerade Linien zu ziehen, dürfte viele Kinder mit der Zeit allerdings genauso langweilen wie das An und Ausmalen. Daneben darf angekreuzt, durchgestrichen, eingekreist, gezeichnet und geschrieben werden.

Obwohl das Buch insgesamt einen spielerischen Charakter hat, benötigen Kinder die Hilfe ihrer Eltern. Denn das andere Mal überschreiten einige Aufgaben diesen gesetzten Anspruch, weil nicht auf den ersten Blick erkennbar ist, worin die Aufgabe besteht, insbesondere beim genauen Hinsehen und Hinhören. Außerdem bedarf es sicher der Erklärung, wenn Anlaute erkannt und zugeordnet, Silben zerlegt werden müssen.

Gut wiederum ist das Festigen des Zählens, damit Kinder ein Gefühl für Mengen bekommen, weil es den späteren Umgang mit Zahlen erleichtert. Das Schreiben, Erkennen der kompletten Zahlenreihe bis 10 wie auch das Rechnen sollte Bestandteil der Grundschule sein. Ebenso halte ich die Schreibübungen dieser Menge an Buchstaben – abgesehen vom Ausprobieren des eigenen Namen – für verfrüht.

Im Ergebnis bleibt daher anzumerken, dass „ Mein neues großes Vorschulbuch mit Rabe Linus“ als reines Übungsbuch für die Zeit vor der Einschulung für viele Kinder in einigen Teilen zu weitgreifend sein dürfte. Der Übergang von Kindergarten zur Schule verläuft fließend. Die Entwicklung jedes einzelnen Kindes ist wie das individuelle Lerntempo bis dahin unterschiedlich. Vorschulkinder müssen nicht rechnen, lesen und schreiben können, wie dies vielfach geglaubt wird, ihre sozial-emotionalen Fähigkeiten sind hingegen wichtiger.

Als Begleiter in der ersten Klasse ist das Buch aber durchaus weiter einsetzbar, weil es erworbenes Wissen und entsprechende Fertigkeiten vertiefen hilft.

P. S. Für die Bewertung dieses Buches habe ich mir auch die Meinung meiner Mutter, einer ehemaligen Grundschullehrerin, eingeholt.

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Veröffentlicht am 08.12.2019

Solange wir lieben

Solange wir lieben
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Julia und Konstantin lieben sich, seit drei Jahren sind sie ein Paar und führen trotz getrennter Wohnungen eine harmonische Beziehung. Allerdings ist ihr Zusammensein von Konstantin abhängig, weil dieser ...

Julia und Konstantin lieben sich, seit drei Jahren sind sie ein Paar und führen trotz getrennter Wohnungen eine harmonische Beziehung. Allerdings ist ihr Zusammensein von Konstantin abhängig, weil dieser ständig in der Welt unterwegs und nur für wenige Tage zu Hause ist.


Bislang hat Julia diese Konstellation nicht in Frage gestellt. Die Siebenunddreißigjährige besitzt seit fünf Jahren eine eigene Apotheke und schätzt den Umgang mit den Menschen. Erst als eines Tages ein Brief ihres Jugendfreundes Tom ankommt, wird Julia angeregt, ihr Dasein in Frage zu stellen. Denn Tom ist krank, er hat ALS - Amyotrophe Lateralsklerose, eine Krankheit, die die Nerven zerstört und fortschreitende Muskellähmung verursacht. Tom wird sterben, möchte zuvor aber die Menschen treffen, die ihn geprägt haben. Zu diesen gehört Julia.


Gemeinsam mit seiner Schwester Helke, seiner ehemaligen Freundin Elsa fahren Tom und Julia in einem alten VW-Bus nach Florenz, der Stadt, mit der Tom wunderbare Erinnerungen verknüpft. Die Reise wird bedeutsam und entscheidend für sie alle...



„Solange wir lieben“ lässt sich gut lesen. Liv Thomas verfügt über einen unbefangenen und angenehmen Erzählton, der es vermag, einige ernste Themen anzusprechen, ohne sie schwer erscheinen zu lassen. Das ist lobenswert, indes liegt hierin zugleich ein Problem. In ihrem Bemühen, ein Augenmerk auf unterschiedliche Erkrankungen zu legen, überfordert die Autorin mich mit dem Auftreten von ALS, Krebs, Huntington, Herzinfarkten und Alkoholismus, auch wenn sie nicht bei allem ins Detail geht.


Liv Thomas lässt sich Zeit, den Alltag zu schildern und gibt vor allem ihrer Heldin Julia viel Raum, aus ihrer Ich-Position heraus zu berichten. Dass eine Beziehung wie die von Julia und Konstantin Konfliktpotential beinhaltet, ist klar. Es wird gelungen herausgearbeitet, wie Julia dabei empfindet. Julia ist keine Autoritätsperson, sondern eine Frau, der viel an Harmonie liegt und die unfähig ist, Verantwortung abzugeben. Besonders in ihrer Apotheke. Am liebsten kümmert sie sich um alles selbst.


Leider fehlt es mir bei der jungen Frau im Laufe des Geschehens an Entschlussfreudigkeit. Schließlich habe ich sie von Anfang an als eine mit beiden Beinen im Leben stehende Persönlichkeit gesehen, die ein großes Pensum bewältigt und als Chefin einer Apotheke täglich immer noch neuen Herausforderungen ausgesetzt wird. Keine klassische Karrierefrau, vielmehr eine, die sich einen Partner wünscht, den sie liebt, aber auch einen, mit dem sie den Alltag teilen kann. Konstantin liebt sie – das ist für mich keine Frage. Doch ihren Alltag teilt er nicht mit ihr. Und auch sonst erfahre ich zunächst von Konstantin nicht viel.


Mit Lea und Sebastian setzt Liv Thomas ein weiteres Paar in Szene, und zwar in der Konstellation ältere Frau, jüngerer Mann. Unerwartet sympathisch und mit Potential für ausreichend Probleme, sogar für eine eigene Geschichte. Stattdessen entschließt sich die Autorin für die Thematisierung einer eventuellen Krebserkrankung, die ich, obwohl ich den Sinn dahinter verstehe, als eher störend wahrgenommen habe.


Als Tom in Begleitung seiner Schwester Helke ins Spiel kommt, was unerwartet spät geschieht, wird die Geschichte sehr gefühlvoll. Meiner Meinung nach gelingt es der Autorin, überwiegend eine ausgewogene Balance zwischen mitleidigen, bedrückend-melancholischen und frohen, außerdem sogar humorvollen Momenten zu finden.


Insgesamt hätte ich mir intensivere Eindrücke von der Reise gewünscht. Die Einbeziehung von Elsa, der Frau, die Tom nach acht Jahren Beziehung verlassen hat, kann ich insofern begrüßen, als hier einiges zum Abschluss gebracht wird.


„Solange wir Lieben“ hat einen beachtlichen Start, verliert sich im Verlauf der Handlung etwas, um dann im Schlussteil hinsichtlich der Emotionalität wieder an Kraft und Ausdruck zu gewinnen.

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