Zafóns Vermächtnis
Vor vielen Jahren, als ich „Der Schatten des Windes“ gelesen habe, war ich vollkommen gefesselt, und einige Monate später bei „Das Spiel des Engels“ habe ich mich endgültig in den Schreibstil des Autors ...
Vor vielen Jahren, als ich „Der Schatten des Windes“ gelesen habe, war ich vollkommen gefesselt, und einige Monate später bei „Das Spiel des Engels“ habe ich mich endgültig in den Schreibstil des Autors verliebt. Weitere Bücher von Carlos Ruiz Zafón sind im Lauf der Zeit bei mir eingezogen, und ich möchte sie nach und nach lesen. Viel zu früh ist der Autor verstorben, und man kann sagen, dass diese Geschichtensammlung quasi sein Vermächtnis ist, und es ist ein wahrhaft großartiger Nachlass! In den oben erwähnten Romanen geht es um den Friedhof der vergessenen Bücher, und diese Anthologie trägt den gleichen Namen, zu Recht wie ich finde, denn auch in seinen kurzen Geschichten geht es um diesen verborgenen Ort im Untergrund von Barcelona. Die elf Geschichten in dieser Sammlung können jede für sich allein gelesen werden, und doch haben sie einen lockeren Bezug zu den Romanen des Autors. Der Schreibstil ist auch hier unvergleichlich. So unterschiedlich die Geschichten sind, sie haben doch jede Menge Gemeinsamkeiten. Alle sind auf ihre Weise geheimnisvoll, rätselhaft, düster und manchmal ein wenig schaurig. Der Autor war für mich ein Meister des magischen Realismus, und auch das spiegelt sich in den Kurzgeschichten wieder. Mit Uve Teschner hat das Hörbuch den idealen Sprecher, denn ich finde, ihm gelingt es, die Geschichten ganz im Sinn des Autors umzusetzen. Er erzählt ausdrucksvoll und lebendig, aber immer auch mit diesem unergründlichen Unterton, der den morbiden Charme der Erzählungen unterstreicht. Ich habe das Hörbuch zuerst einmal von Anfang bis Ende durch gehört. Aber immer wieder ertappe ich mich, wie ich mir einzelne Geschichten herauspicke und erneut auf mich wirken lasse, und jedes Mal entdecke ich wieder etwas Neues, Unerklärliches darin. Wer einmal ein Buch von Carlos Ruiz Zafón gelesen hat, wird mich vielleicht verstehen können, wenn ich sage, man kann nicht mehr davon lassen.