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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 03.04.2017

Ein etwas anderer Krimi

Die Abbieger
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„...Er hatte begonnen, Buch zu führen...Vom 2. Juli 2012 bis 6. Juni 2016 hatte er ... 352 Stunden im Stau gestanden....“

Klaus-Werner Lippermann, genannt Klausi, ist Buchhalter. In seiner Freizeit kümmert ...

„...Er hatte begonnen, Buch zu führen...Vom 2. Juli 2012 bis 6. Juni 2016 hatte er ... 352 Stunden im Stau gestanden....“

Klaus-Werner Lippermann, genannt Klausi, ist Buchhalter. In seiner Freizeit kümmert er sich um seine beiden Kaninchen. Sie sind sein Ein und Alles. Den Wunsch seiner Mutter, sich endlich eine Frau zu suchen, überhört er geflissentlich. Als er eines Morgens die Kaninchen mit abgeschnittenen Köpfen im Garten findet und ihm die Polizei wenig Hoffnung macht, je die Täter zu finden, ist für ihn das Maß voll. Es ist nicht das einzige Ärgernis, dass ihn belastet. Als Autofahrer im Ruhrgebiet hat er vor allem auf der A40 auf den Weg zu und von der Arbeit mit dem tägliche Stau zu kämpfen. Deshalb entwickelt Klaus-Werner einen genialen Plan, den er mit seinem Partner Freddy umsetzen will. Gemeinsam entführen sie Dr. Rainer Weissfeldt, den Chef von Straßen:NRW.
Der Autor hat einen spannenden Krim geschrieben, der voller Sarkasmus steckt.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Eigentlich haben sich mit Klausi und Freddy zwei Typen gefunden, die gar nicht zusammen passen. Während Klausi exakt plant, sich am liebsten in Haus und Garten aufhält und immer eine gepflegte Erscheinung ist, spricht Freddy dem Alkohol zu und sucht sich entsprechende Freunde. Klausi verabscheut Brutalität, Freddy übt sie aus. Dafür kommt ihm die mit Schwefelsäure gefüllte Wasserpistole gerade recht. Klausi will, dass sich im Straßenverkehr was ändert und Tiere nicht als Sachen betrachtet werden, Freddy will Geld sehen.
Der Schriftstil des Buches steckt voller Humor und Ironie. Der Besuch von Elfriede, Klausis Mutter, im Baumarkt, gehört dabei zu den Feinsten, was das Buch an Humor zu bieten hat. Zu den sprachlichen Höhepunkten gehören für mich die Dialoge zwischen Klausi und Dr. Weissfeldt. Grundlage für die Gespräche ist obiges Zitat. Klausi hat exakt aufgeschlüsselt, was die Ursachen für die Stauzeiten waren. Klausi zwingt Dr. Weissfeldt, täglich stundenlang mit dem Auto durchs Ruhrgebiet zu fahren. Leider ist der kein versierter Autofahrer. Für den Dienstwagen hat er einen Fahrer, das Familienauto fährt die Ehefrau. Damit gibt seine Fahrweise schon zu manchem Schmunzeln Anlass. Nebenbei darf er noch Klausi die Ursache für jeden Stau erklären. Auch Baustellen und die verschenkte Arbeitszeit dort sind eines der Diskussionsthemen.
Polizei und Presse werden informiert, die neuen Regeln bei StraßenNRW zu veröffentlichen, aber mit der Entführung nicht an die Öffentlichkeit zu gehen, wenn sie das Leben der Geisel nicht gefährden wollen.
Während Georg Schüppe ermittelt, beginnt sich ebenfalls der Reporter Tom Balzack auf Spurensuche. Dabei bindet er zunehmend seinen Sohn Chris mit ein.
Ganz nebenbei werden zwei weitere Fälle gelöst.
Eine Personenliste ergänzt die Handlung.
Das Cover mit der auf dem Kopf stehenden Autobahn hat hohen Wiedererkennungswert für diejenigen, die schon andere Bücher des Autors gelesen haben.
Die Geschichte hat mir ausgezeichnet gefallen und mich prima unterhalten. Einziger Wermutstropfen war die relativ kleine Schrift.

Veröffentlicht am 02.04.2017

Emmas neuer Fall - spannend

Und süß wird meine Rache sein
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„...Jette liebte es, wenn der Himmel ins Meer hineinlief, als würden sie sich küssen wie ein frisch verliebtes Paar. Sie liebte die changierenden Blautöne des Wasser, die jeden Tag anders aussahen...“

Das ...

„...Jette liebte es, wenn der Himmel ins Meer hineinlief, als würden sie sich küssen wie ein frisch verliebtes Paar. Sie liebte die changierenden Blautöne des Wasser, die jeden Tag anders aussahen...“

Das Buch beginnt mit einer Flucht im Jahre 1985. Dann wechselt die Handlung in die Gegenwart. Nach neunmonatiger Pause als Folge ihres letzten Falls kehrt Kriminalhauptkommissarin Emma Hansen an ihren Arbeitsplatz nach Ludwigshafen zurück. Sie erlebt einen unterkühlten Empfang von Linda. Matthias, ihr einstiger Partner, ist bei seiner Frau im Krankenhaus und auch ihr Chef lässt auf sich warten. Dann werden Linda und Emma zu ihrem ersten Fall gerufen. Achim Jahn, ein Gemüsebauer, wurde grausam ermordet.
Der neue Fall für Emma lässt genau wie die Vorgänger an Spannung nichts vermissen. Aufhänger ist wiederum ein Geschehen aus der Vergangenheit. Die Geschichte lässt sich zügig lesen.
Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Das trifft in diesem Fall insbesondere für Linda statt. Sie hofft, in den Kriminaldauerdienst übernommen zu werden, spielt aber bevorzugt mit ihren Reizen. Dabei ist sie wenig kollegial und verhält sich gegenüber Matthias weitaus aufgeschlossener als gegenüber Emma. Sie baut bewusst eine Konkurrenzbeziehung auf. Auch das Verhältnis zwischen Matthias und Emma hat in den letzten Monaten Schaden genommen. Hier bedarf es viel Aufklärungsarbeit von beiden Seiten. Es ist nicht zu übersehen, dass Emma noch etwas dünnhäutig ist.
Der Schriftstil des Buches ist abwechslungsreich. Ort und Personen werden gut beschrieben. Sachlich wird die Lage am Tatort dargestellt. Obiges Zitat zeigt aber auch, dass der Autor die bildhafte Sprache beherrscht, treffende Metapher findet und ein Spur Romantik in die Geschichte bringt. Dazu sollte man wissen, dass Jette Jansen ein Künstlerin ist, die sich in die Einsamkeit des Meeres zurückgezogen hat. Warum, darf der künftige Leser selbst herausfinden.
Der Autor bevorzugt kurze Kapitel und schnell wechselnde Handlungsorte. Das sorgt für einen gleichbleibend hohen Spannungsaufbau.
Der Roman ist in drei Handlungsstränge aufgebaut, die aber immer wieder Berührungspunkte haben. Der weitaus größte Teil gehört den Ermittlungen im Umfeld des Toten. Viel Raum nimmt dabei die Spargelernte und mögliche Machenschaften beim Verpflichten der Arbeiterinnen ein. Jeder der Beteiligten scheint Dreck am Stecken zu haben und kommt als potentieller Täter infrage. Die Spannungen im Team der Kriminalisten sind für die Arbeit nicht gerade förderlich. Der Gerichtsmediziner allerdings bringt positive Energie mit und sorgt kurzzeitig für eine gewisse Lockerheit.
Ein zweiter Strang widmet sich dem Leben von Jette.
Im dritten Teil wird erzählt, wie ein syrischer Bruder mit seiner Schwester nach Deutschland flieht. Die eigentliche Fluchtgeschichte wird nur knapp gestreift. Doch dann wird die junge Frau während der Flucht mittels eines Lastwagens verschleppt. Für sie beginnt ein Martyrium, dass unvorstellbar ist.
Gut wiedergegebenen werden die Emotionen der Protagonisten. Jettes Angst ist mit den Händen greifbar. Emmas Enttäuschung ist nachvollziehbar, und Matthias` Zwiespalt zwischen Hoffen und Bangen wirkt authentisch.
Das Cover mit der räumlich wirkenden Muschel auf schwarzem Untergrund und den wie hingemalt wirkenden Blutstropfen ist ein Hingucker. Auffallend ist, dass ausgerechnet das Wort „Rache“ schwarz auf hellem Untergrund geschrieben wurde, während der Rest des Titels weiß auf Schwarz steht. Es gibt dem Wort eine besondere Bedeutung.
Der Roman hat mir ausgezeichnet gefallen. Alle Fragen wurden am Ende logisch nachvollziehbar beantwortet .Allerdings lässt der Autor das Buch mit einem heftigen Cliffhanger enden.

Veröffentlicht am 01.04.2017

Beeindruckendes Buch mit Tiefe

Osteraugen
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„...Vielleicht lag es daran, dass Menschen häufig nur das wahrnehmen, was ihrer Überzeugung nach möglich sein kann. Ein Auferstandener, der spazieren läuft, passte schlicht noch nicht ins Konzept..."

Das ...

„...Vielleicht lag es daran, dass Menschen häufig nur das wahrnehmen, was ihrer Überzeugung nach möglich sein kann. Ein Auferstandener, der spazieren läuft, passte schlicht noch nicht ins Konzept..."

Das Buch enthält 20 Ostergeschichten und 5 Ostergedichte. Beides ist entsprechend der Chronologie des Geschehens geordnet. Die erste Geschichte hat den Palmsonntag zum Inhalt, den Abschluss bildet das Gedicht „Ja, Jesus lebt“
Die Erzählungen unterscheiden sich nicht nur im Inhalt, sondern auch im Schriftstil. Ich möchte erst einmal beim Inhalt bleiben. Es kommt fast jeder der Personen zu Wort, die in das damalige Geschehen involviert waren. Dabei gelingt es dem Autor, eine völlig neue Sicht auf manche der Personen zu kreieren. Das beste Beispiel ist Judas, der nicht geahnt hat, das sein Wollen und das Ergebnis seines Handelns zwei völlig verschiedene Sachen sein werden. Auch Malchus, der Söldner des Hohepriesters, fragt sich, ob sein Hohepriester wirklich der integere Mann ist, für den er sich immer ausgibt. Auffallend ist, dass alle, die an der Verurteilung beteiligt waren, danach ein heftiges seelisches Unbehagen verspürten.
Doch der Autor lässt nicht nur Personen zu Wort kommen. Zwei der Geschichten spielen in der Gegenwart. Während die Pilgerströme durch die heiligen Stätten wandern, unterhalten sich die Pflastersteine und in einer weiteren Erzählung die Bäume im Garten Gethsemane über das damalige Geschehen. 2000 tausend Jahre sind für sie ja kein Problem. Sie haben es hautnah erlebt.
Auch tiere dürfen Protagonisten sein. So fragt sich in der ersten Geschichte ein kleiner esel, ob es in seinem Leben einmal etwas Besonderes geben wird.
Wie schon erwähnt, werden die Geschichte auf völlig eigene Art erzählt. So gibt es Erzählungen, die sich durch ihren feinen Humor auszeichnen. Ein Zitat gefällig?

„..Eine römische Wache schläft nicht..."

Andere Geschichten haben einen sehr ernsten Grundton, so zum Beispiel als Maria und Petrus das Geschehen auf ihre Art reflektieren. Häufig nutzt der Autor kurze, aber aussagekräftige Gespräche, um sein Anliegen zu verdeutlichen. Manches ist des Nachdenkens wert. Obiges Zitat ist eine mögliche Antwort auf die Frage, warum die Emmausjünger Jesu nicht erkannt haben. Eines aber ist allen Geschichten gemeinsam. Es sind Geschichten im ersten Teil der Hoffnung, im zweiten der Freude.
Die Gedichte haben alle eine pyramidenförmige Form. Sie werden erst von Zeile zu Zeile länger, danach nimmt die Wortzahl wieder ab. Sie sind berührend und inhaltsreich und treffen genau den Punkt des Geschehens.
Doch nicht nur die Texte, auch die aussagekräftigen Illustrationen machen das Buch zu etwas Besonderen. Jede ganzseitige Schwarz-Weiß-Zeichnung zwischen zwei Erzählungen passt perfekt zum Thema, sei es die Dornenkrone, das Felsengrab oder die weiße Taube.
Das in Gelb- und Brauntönen gehaltene Cover mit den Kreuzen auf dem Hügel und dem Bild des Autors im unteren Teil wirkt edel.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es ermöglicht eine vielfältige Sicht auf das Ostergeschehen.

Veröffentlicht am 01.04.2017

Wenn das Gefühl überwiegt ...

Der stumme Junge
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„...Reden heißt sterben. Schweigen heißt leben...“

Mila, eine junge Frau, wird ermordet. Es gelingt ihr, dafür zu sorgen, dass ihr kleiner Sohn Benny die Wohnung verlässt, bevor die Situation eskaliert. ...

„...Reden heißt sterben. Schweigen heißt leben...“

Mila, eine junge Frau, wird ermordet. Es gelingt ihr, dafür zu sorgen, dass ihr kleiner Sohn Benny die Wohnung verlässt, bevor die Situation eskaliert. Unterwegs stößt Benny mit Larissa zusammen. Larissa bringt ihn in die Wohnung und findet die Frau. Da das Jugendamt nicht besetzt ist und niemand ans Telefon geht, nimmt sie das Kind mit zu sich nach Hause.
Der Autor hat einen fesselnden Thriller geschrieben. Für mich ist es die erste Geschichte mit Larissa. Allerdings ist alles an Informationen enthalten, die ich brauche, um die Zusammenhänge zu begreifen.
Larissa ist Polizistin. Sie arbeitet in einer Spezialabteilung, die sich um Fehlverhalten von Polizisten kümmert. In den neuen Fall wird sie nicht nur durch Benny verwickelt. Gleichzeitig meldet sich ein Zeuge, der gesehen hat, wie zum Tatzeitpunkt ein Polizeiauto die Straße, in der Mila wohnt, verlassen hat.
Der Schriftstil des Buches lässt sich gut lesen. Sehr ausführlich wird Larissa Intention dargestellt. Obwohl sie weiß, das der Junge in die Hände eines erfahrenen Kinderpsychologen und des Jugendamtes gehört, tut sie alles, um ihn bei sich zu behalten. Sie glaubt, die einzige zu sein, die ihn schützen kann, denn falls er was gesehen oder gehört hat, ist er potentiell in Gefahr. Das sie mit letzterem Recht hat, zeigen die Handlungsstränge, in denen ich mit dem Gedankengut der Täter konfrontiert werde. Bei Larissa siegt Empathie über Vernunft. Damit gefährdet sie aber auch ihre Familie. Ihr Mann Michael distanziert sich und wendet sich zunehmend dem eigenen Sohn zu. Jonas, der Junge der beiden, reagiert eifersüchtig auf das fremde Kind. Daran ist Larissa nicht ganz unschuldig, denn sie kümmert sich mehr um Benny als um Jonas. Die nötigen Aussprachen kommen einerseits zu spät, andererseits sind sie zu kurz und eher nichtssagend. Dass Karen, Larissas Vorgesetzte, kein Machtwort spricht, ist für mich nicht nachvollziehbar. An mehreren Stellen wird deutlich, wie gefährlich die Situation in Wirklichkeit ist. Gleichzeitig lernt Larissa ihren Vater kennen, der bisher für sie nie vorhanden war. Auch mit dieser Situation kann sie schlecht umgehen. Ihr ganzes Leben droht zu zerbrechen. Manchmal hatte ich fast den Eindruck, sie hat sich eine Scheinwelt aufgebaut, die bei der ersten wirklichen Problemlage zusammenfällt. Von Michaels gelobter Empathie ist nicht viel zu spüren. Schmollen ist kein Lösungsansatz, Flucht auch nicht.
Währenddessen führen die Ermittlungen in den Bereich der organisierten Kriminalität. Obiges Zitat äußert ein möglicher Kenner der Szene. Schwierig gestaltet sich die Sache deshalb, weil ich als Leser nur raten kann, wer von den ermittelnden Beamten gleichzeitig der Täter ist. Deshalb lässt wirkliche Arbeit von Verschleierung kaum trennen oder unterscheiden. Das sorgt für einen immens hohen Spannungsbogen.
Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es zeigt, dass auch Polizisten Menschen mit Schwächen sind, und es notwendig ist, persönliche Gefühle und berufliche Anforderungen im Gleichklang zu halten.

Veröffentlicht am 31.03.2017

Eine Welt in der Welt

Die Anderen und Johannes der V.
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„...Es wird das Wohlergehen des anderen und das Wohlergehen des gesamten Volkes immer über das eigene gestellt. Wir haben erkannt, dass Individualität uns nicht vorwärts bringt, sondern immer nur einzelne ...

„...Es wird das Wohlergehen des anderen und das Wohlergehen des gesamten Volkes immer über das eigene gestellt. Wir haben erkannt, dass Individualität uns nicht vorwärts bringt, sondern immer nur einzelne Personen...“

Der zweite Teil der Geschichte schließt punktgenau an den ersten Teil an. Johannes wird in der Welt der Anderen begrüßt. Er ist der Gast, dem aber für die Zukunft eine besondere Aufgabe zukommt.
Der Autor hat eine spannende und inhaltsreiche Geschichte geschrieben. Er beleuchtet die Probleme unserer Welt und konzipiert dazu ein Gegenprojekt. Das Buch lässt sich gut lesen und hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Allerdings möchte ich erwähnen, dass es für mich eine Erzählung der Fantasy ist. Trotzdem ist das Gesellschaftsbild, dass der Autor kreiert, faszinierend. Es herrschen paradiesische Zustände. Das bedeutet in erster Linie ein Leben im Einklang mit der Natur.
Der Protagonist Johannes lernt unter der Erde eine Welt kennen, die in vielen Dingen gegenüber der ihm bekannten völlig gegensätzlich ist. Ihre Bewohner, insbesondere die Asen, bezeichnen sich als die Schöpfer der Menschen. Neben den Asen gibt es Riesen, Elfen, Zwerge und Wanen. Sie kamen einst aus dem Sternbild Adler. Alle diese Völker leben friedlich miteinander. Das Gebot der Nächstenliebe ist das höchste Gebot in ihrem Reich. Obiges Zitat drückt dies sehr schön aus.
Den Schriftstil des Buches würde ich als gehoben bezeichnen. Das sieht man schon allein an den philosophischen Gedankengut, das den Roman durchzieht. Über die Welt im Inneren und ihre faszinierenden technischen Spielereien möchte ich nicht allzu viel sagen. Das zu entdecken, bleibt dem zukünftigen Leser überlassen. Johannes` Aufgabe wird es sein, die Welt des Inneren mit der Welt der Menschen zu vereinigen. Auf dem Umsetzung im Band 3 bin ich gespannt, auch wenn ich es realistischerweise für utopisch halte.
Als besonderes Stilmittel sind ab und an kursive Abschnitte eingefügt, die aus irdischen Quellen zitieren. Dabei geht es um Massentierhaltung, Alkoholmissbrauch und weitere Themen, die ein ungünstiges Licht auf die Zeitverhältnisse werfen und die es in der unterirdischen Welt nicht gibt.
Drei Gruppen von Wesen gibt es, die über die Jahrtausende den Kontakt zu den Menschen hergestellt haben und versuchten, dass Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Es sind Verbinder, Wanderer und Flüsterer. Natürlich fallen dabei im Zusammenhang mit der Vergangenheit Namen wie Leonardo de Vinci und Jules Verne. Momentan unternehmen sie verstärkte Anstrengungen, um die Menschheit behutsam auf den Wandel vorzubereiten.
Ein einziges Mal war Johannes während seiner siebenjährigen Lehrzeit unter der Erde zurück im oberirdischen Bereich. Dabei befand er sich in einer Gegend, wo noch ursprüngliches Leben möglich ist. Beeindruckend fand ich die Begründung, weshalb man sich um die Menschheit sorgt und sie nicht ihrem Schicksal überlässt.
Die technischen Errungenschaften werden allgemeinverständlich beschrieben. Für die Natur und die Architektur findet der Autor treffende Metapher. `Johannes` Faszination von seinem neuen Leben, aber auch seine Angst vor der Größe der ihm zugedachten Aufgabe sind mit Händen greifbar.
Ein Stichwortverzeichnis und eine Faktenliste ergänzen die Handlung.
Das Cover mit der ursprünglichen Natur und dem Wasserfall wirkt edel. Der schwarze Leineneinband und das Lesebändchen sorgen zusätzlich für ein gehobenes Erscheinungsbild.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es legt den Finger auf die Wunden unserer Zivilisation und zeichnet einen fesselnden Gegenentwurf.