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Veröffentlicht am 16.06.2021

"Der Hauptzweck ist das Töten von Kanaken"

Das Prachtboot
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Götz Aly schrieb mit #DasPrachtboot ein Sachbuch über die schändliche Vergangenheit der „Kolonialisten“. Sie gingen in der Südsee auf Beutezug und zu ihnen gehörten Ethnologen, Abenteurer und Händler. ...

Götz Aly schrieb mit #DasPrachtboot ein Sachbuch über die schändliche Vergangenheit der „Kolonialisten“. Sie gingen in der Südsee auf Beutezug und zu ihnen gehörten Ethnologen, Abenteurer und Händler. Die Insel Luf war ein begehrtes Ziel und im Jahr 1902 nahmen sich Kaufleute aus Hamburg widerrechtlich ein Prachtboot mit in ihre Heimat. Götz Aly schreibt Fakten über die Zerstörung von Dörfern, das Stehlen von wertvollen Kulturgütern und dem Morden der Einheimischen. Dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund und ihn interessiert nicht, welchen Anfeindungen er nach der Veröffentlichung des Buches ausgesetzt ist. Ein ganz wichtiges Buch über das verabscheuungswürdige Verhalten deutscher „Forscher“ und deren Helfer.

Es wurde bei Kennern das „Bismarck-Archipel“ genannt und lockte viele Männer auf Beutezug in die Südsee. Ein Zitat von Alexander Krug lautet: „Der Hauptzweck ist die Tötung von Kanaken.“ Das sagt wohl schon alles und bedarf keiner weiteren Erklärung. Für mich ist allerdings erschreckend, wie die Verantwortlichen gegenwärtig mit den gestohlenen Stücken umgehen. Nein, sie sehen kein Unrecht und stellen ihre Schätze schamlos und ohne Aufklärung über die Herkunft in ihren Museen uns Ausstellungsräumen aus. Einige sprechen von „anonymem Ankauf“, das heißt, dass die Besitzer bestohlen wurden. Die Diebe wurden dann mit Orden dekoriert und auf diese Weise für ihre Verbrechen belohnt.

Auf der Insel Luf wurde 1882/83 sämtliche Hütten der Einwohner zerstört und ihnen gleichzeitig jegliche Lebensgrundlage genommen. Und warum? Weil die „Wilden“ angeblich für ihre „Missetaten“ bestraft werden sollten. Die „Herrenmenschen“ kamen tatsächlich als solche zu den „Kanaken“, die oft weit mehr Intellekt hatten als ihre Unterdrücker. Gehandelt wurde mit „Niggerhead“ (minderwertiger Tabak der sehr schnell abhängig machte). Wer nicht rauchte, der wurde in „Raucherschulen“ gesteckt und so lange bearbeitet, bis er sich daran gewöhnte und den Tabak brauchte.

Ein Buch, welches berührt und mich persönlich sehr aufregte. Warum gibt es bis heute immer noch Diskussionen, ob denn die Übergriffe auch tatsächlich stattfanden? Ist die Ausrottung ganzer Dörfer nicht Beleg genug? Die „Herren“ wollten „kultivieren, profitieren und ausrotten“. Sonst nichts.

Am Schluss des Buches gibt es Kurzbiographien zu den hier genannten Persönlichkeiten nachzulesen. Teilweise sind auch Fotos abgebildet. Danach folgen Erklärungen zu Abkürzungen sowie Verweise auf weiterführende Literatur.

Auch etliche Fotos aus damaliger Zeit sind zu betrachten und dazu ein Abbildungsverzeichnis mit Belegen, woher die Fotos stammen. Das Buch empfehle ich allen, die sich ein Bild über unsere Vorfahren machen möchten. Insbesondere zum Thema Rassenkunde gibt es viel zu überdenken.

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Veröffentlicht am 06.06.2021

Ein Highlight im Lesejahr 2021 mit dem Prädikat: Wertvoll

Weiches Begräbnis
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Nein, es ist kein glückliches Leben, was die Hauptperson des Buches #WeichesBegräbnis bis zum Zeitpunkt ihrer Rettung hinter sich hatte. Sie wird aus einem Fluss geborgen und zum Glück frühzeitig in ein ...

Nein, es ist kein glückliches Leben, was die Hauptperson des Buches #WeichesBegräbnis bis zum Zeitpunkt ihrer Rettung hinter sich hatte. Sie wird aus einem Fluss geborgen und zum Glück frühzeitig in ein Krankenhaus gebracht. Ding Zitao (so heißt die Frau) überlebt dank der Umsicht ihres Retters und Arztes Wu. Diesen Mann wird sie später heiraten und einen Sohn bekommen. Der hat überhaupt keine Ahnung, was seine Eltern in der Vergangenheit erlebten. Irgendwann beginnt er zu forschen und erfährt schlimme Dinge, die alle mit der sogenannten „Bodenreform“ Chinas zu tun haben. Sein Vater Wu führte Tagebuch und eigentlich sollte der Sohn es gar nicht lesen.

„Weiches Begräbnis“ ist ein aufwühlendes Buch und es verlangt dem Leser (nein ich gendere nicht) viel ab. Wer denkt, dass er die Seiten nur so überfliegen kann, der sollte gar nicht erst mit dem Lesen beginnen. Chinesische Literatur hat ihren ganz eigenen Stil. Die für mich recht schwierigen Namen sorgten ebenfalls am Anfang für Verwirrung, die ich aber danke Spickzetteln gut in den Griff bekam. Und dann die Geschichte. Oh man, welch ein Schicksal. Kaum vorstellbar, was dort im China der Vergangenheit geschah und dass Frau Ding Zitao überhaupt noch leben wollte. Dass sie später dann in ein Wachkoma fiel, das kann ich nachvollziehen.

Als „Weiches Begräbnis“ im Jahr 2016 in China veröffentlicht wurde, bekam die Autorin Fang Fang sehr viel Lob. Bis, ja bis die „Oberen“ sich mit dem Buch beschäftigten und erkannten, dass es kein schönes Licht auf das „Land des Lächelns“ wirft. Daraufhin verschwindet es kommentarlos aus den Regalen und Frau Fang Fang wird angefeindet und sogar mit dem Tode bedroht. Wie gut, dass es dann im Jahr 2020 übersetzt und in Deutschland veröffentlicht wurde. So konnte ich es auch lesen und lernte dabei viel über China und seine Bürger. Das verdanke ich besonders dem Übersetzer Michael Kahn-Ackermann, der im Anhang ausführlich über die Bodenreform und ihre grausamen Folgen schreibt. Ein sehr gutes Buch, das es wert ist, von vielen Menschen gelesen zu werden. Ja, jetzt verstehe ich die Chinesen tatsächlich ein wenig besser.

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Veröffentlicht am 04.06.2021

Besser kann ein Reisetagebuch nicht sein

Die erste Reise um die Welt
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Als im Jahr 1519 der berühmte Seefahrer Ferdinand Magellan im Auftrag der spanischen Krone in See stach, begleitete ihn unter anderem der Adelige Antonio Pigafetta. Für den war es ein großes Abenteuer ...

Als im Jahr 1519 der berühmte Seefahrer Ferdinand Magellan im Auftrag der spanischen Krone in See stach, begleitete ihn unter anderem der Adelige Antonio Pigafetta. Für den war es ein großes Abenteuer und seine Eindrücke hielt er in seinem Tagebuch fest. Dieses Tagebuch liegt nun in einer vollständigen Übersetzung vor. Es ist ein beeindruckendes Zeugnis von Wagemut und Forschungsdrang. Und das in einer Sprache, die lebendiger und plastischer nicht sein kann.

Es ist die erste Umseglung der Welt und gilt als Meilenstein in der Geschichte der Seefahrt. Sie war gefährlich und nur wenige Matrosen überlebten die Reise. Jedoch konnten sie stolz darauf sein, dass sie als erste Menschen den Kontinent Asien vom Osten her erreichten. In dem Buch „Die erste Reise um die Welt – An Bord mit Magellan“ gibt es nicht nur Lesbares. Etliche Zeichnungen, genau 30 farbige Abbildungen, sind hier gedruckt und die lockern zusätzlich das Reisetagebuch auf. Wer wissen möchte, welche Vokabeln auf den verschiedenen Inseln benutzt wurden, der kann auch das hier nachlesen.

Nicht nur als Entdecker waren Magellan und seine Mitreisenden unterwegs. Immer wieder versuchten sie, die „wilden Heiden“ zu missionieren. Das gelang ihnen sogar mitunter. Sie überredeten die Eingeborenen, dass sie sich taufen lassen und ihre Götzenbilder verbrannten. Ja und den Schwertkampf, der durch Herrn Trump so bekannt wurde, den gab es damals auch schon. Dass es keine Spazierfahrt war, das zeigen die Berichte über Menschenfresser und den Skorbut. An der Krankheit starben etliche Matrosen, obwohl sie von den Bewohnern der Inseln zuweilen reichhaltig verköstigt wurden.

Mir gefiel das Buch sehr gut. Gleich am Anfang schreibt der Autor ausführlich, wie es zu der Reise kam, welchem Zweck sie diente und welche Bedeutung sie bis in die Gegenwart behält. Es liest sich wie ein Abenteuerroman aber mir war auch klar, dass es erschreckend realistisch das beschreibt, was die Männer damals erleiden mussten. Auch das Cover kann sich sehen lassen und zeigt eindrucksvoll, wie außergewöhnlich dieses Buch ist.

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Veröffentlicht am 29.05.2021

Die NSDAP hält Einzug im Palais

Palais Heiligendamm - Stürmische Zeiten
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Nahtlos schließt sich dieses Buch dem ersten Band an. Das Palais wurde nach den Vorstellungen Elisabeths renoviert und die kleine Tochter lebt bei ihrem Vater Julius. Bereits im Jahr 1922 stehen aber die ...

Nahtlos schließt sich dieses Buch dem ersten Band an. Das Palais wurde nach den Vorstellungen Elisabeths renoviert und die kleine Tochter lebt bei ihrem Vater Julius. Bereits im Jahr 1922 stehen aber die Zeichen auf Sturm. Eine heftige Währungskrise beutelt nicht nur das Hotel. Deutschland leidet unter den Reparationszahlungen aus dem Ersten Weltkrieg und Parteien der Rechten sind auf dem Vormarsch. Leider kann auch Bruder Paul sich nicht dagegen wehren.

In „Palais Heiligendamm – Stürmische Zeiten“ schreibt die Autorin, wie es den Menschen mit den Wunden des Ersten Weltkriegs ging. Die waren entweder körperlich, also für jedermann sichtbar, oder psychisch. Die seelischen Schäden wurden damals noch nicht als Krankheit gesehen. Die Versorgung mit Therapien gab es nicht in dem Maße, wie heute. Viele Menschen waren arbeitslos und der Verfall der Währung konnte nicht aufgehalten werden. Ist es da verwunderlich, dass es geradezu ein vorbereiteter Boden für die Ansichten der Nationalsozialisten war?

Deutlich wird in diesem Buch auch, dass der Kampf gegen Juden und Kommunisten von vielen mitgetragen wurde. Die Angst vor dem Konzentrationslager oder schmerzenden Repressalien verleitete dann auch zur Denunziation von Nachbarn oder sogar Freunden. In diesem zweiten Band werden auch die Ereignisse des ersten Buches immer wieder erwähnt. Und zwar immer dann, wenn es für den weiteren Verlauf des Geschehens wichtig ist. Aber ich empfehle trotzdem, dass Sie das erste Buch über das Palais Heiligendamm vorher lesen sollten. Es lohnt sich auf jeden Fall. Die Sprache ist lebendig und die Recherche umfangreich. Ich empfand es als sehr angenehm, dass die Autorin ihre eigene Meinung nicht äußerste. So konnte ich mir als Leser ohne Beeinflussung ein Bild der Jahre rund um die „Weimarer Republik“ und das Erstarken Hitlers machen.

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Veröffentlicht am 18.05.2021

Tolle Soko mit sympathischen Ermittlern

Nordwestzorn
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Kommissarin Anna Wagner hat es geschafft. Wie gut, dass Hendrik sich einschaltete und sie in St. Peter-Ording bleiben darf. Jetzt heißt es für sie, einen mehr als schwierigen Fall zu lösen. Es geht nämlich ...

Kommissarin Anna Wagner hat es geschafft. Wie gut, dass Hendrik sich einschaltete und sie in St. Peter-Ording bleiben darf. Jetzt heißt es für sie, einen mehr als schwierigen Fall zu lösen. Es geht nämlich um das Verschwinden eines Kindes und dem Verdacht, dass es missbraucht und getötet wurde. Kein Ermittler wird davon nicht emotional an seine Grenzen gebracht. Vor 15 Jahren verschwand ein Junge aus der Jugendherberge und sowohl Journalisten als auch Einwohner des Ortes waren mit ihrem Urteil schnell bei der Hand. Dass sie dadurch Existenzen zerstörten, das interessierte sie nicht.

Schon das erste Buch über Hendrik und Anna gefiel mir gut und auch „Nordwestzorn“ ist sehr gut gelungen. Die Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit sind stimmig und niemals langweilig. Direkt nach den ersten Seiten beginnt die Spannung. Nein, es gibt keine Schießereien oder zerstückelte Leichen. Hier geht es gemächlich und absolut realistisch zu. Auch dass die Autorin immer mal wieder das Privatleben der Ermittler einfließen lässt, störte mich nicht.

Die Charaktere sind hier im zweiten Band gewachsen. Sie entwickelten sich nachvollziehbar. Der Vater Hendrik wird nicht als Übermensch gezeigt und die Kinder so, wie Jungen in dem Alter halt sind. Auch die Tatsache, dass Anna und Hendrik nicht sofort in der Kiste landen, lässt auch in der Beziehung die Spannung wach. Ja, die Bücher von Svea Jensen sind so geschrieben, dass jeder sich in die Umgebung von St. Peter-Ording „beamen“ kann.

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