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Veröffentlicht am 28.06.2021

Vertrauen

Die Fremde - Du darfst nicht leben
3

Nach einem Anschlag auf die Familie sind Klaras Eltern tot, ihre Schwester und sie selber liegen schwer verletzt im Krankenhaus. Von der Operation benebelt, von undurchschaubaren Personen umgeben, beginnt ...

Nach einem Anschlag auf die Familie sind Klaras Eltern tot, ihre Schwester und sie selber liegen schwer verletzt im Krankenhaus. Von der Operation benebelt, von undurchschaubaren Personen umgeben, beginnt Klara, an ihrem eigenen Verstand zu zweifeln. Die Polizisten, das Krankenhauspersonal, ja sogar die eigene Schwester, verhalten sich sonderbar. Was soll die junge Frau von all dem halten und was ist tatsächlich passiert an jenem Abend?

Mit dem Präsens als Erzählzeit und der Ich-Perspektive schafft die Autorin Leslie Kerr eine starke Nähe zu Klara Kallenbach und dem Geschehen. Die Atmosphäre im Krankenhaus springt sofort über, der Leser wird gefangengenommen von Klaras speziellen Fähigkeiten, nämlich Geruch überdurchschnittlich wahrnehmen zu können. Die Verletzte hat Besuchsverbot, auch ihr Handy wird einbehalten. Warum diese Geheimniskrämerei?

Spannend und psychologisch ausgefeilt treten immer mehr Informationen zutage, die an Klaras Verstand zweifeln lassen. Phantasie oder Wahrheit – und aus wessen Sicht? Viele Verdächtige werden präsentiert, jeder hat ein Motiv, das Misstrauen wächst. Ein flüssiger Schreibstil und interessante Details aus Klaras Vergangenheit halten die Spannung hoch. Die Übergänge zwischen den Kapiteln, insbesondere auch bei Zeitsprüngen und Rückblenden, sind geschickt gelöst, die Figuren aus dem Jetzt fügen sich nahtlos ins Früher und umgekehrt.

Seiten um Seiten, Kapitel um Kapitel fliegen nur so dahin. Eine nette Figur wird plötzlich zur Bedrohung, während andere möglicherweise gar nicht so böse sind wie angenommen. Unerwartete Wendungen, falsche Fährten und sehr gut charakterisierte Personen lassen diesen Thriller zu einem wahren Lesevergnügen werden, bei dem kaum etwas so ist, wie es scheint. Das Ende kommt überraschend und plausibel daher.

Ein gelungenes Buch, das ich mit fünf Sternen bewerte und gerne weiterempfehle!



Titel Die Fremde – Du darfst nicht leben

Autor Leslie Kerr

ISBN 978-3-7413-0247-3

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 288 Seiten

ebenfalls erhältlich als e-book

Erscheinungsdatum 23. Juni 2021

Verlag Bastei Lübbe

  • Einzelne Kategorien
  • Handlung
  • Erzählstil
  • Charaktere
  • Cover
  • Spannung
Veröffentlicht am 26.06.2021

Starke Frauen

Die Sterne über Venedig
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Der Nonna in Venedig geht es schlecht. Also reisen die Schwestern Caterina und Nicola von Deutschland nach Italien, um sich ein paar Tage um Mutter und Großmutter zu kümmern. Allerdings steht ein ungeklärter ...

Der Nonna in Venedig geht es schlecht. Also reisen die Schwestern Caterina und Nicola von Deutschland nach Italien, um sich ein paar Tage um Mutter und Großmutter zu kümmern. Allerdings steht ein ungeklärter Zwist zwischen den Schwestern, der sich auch in der gelösten Atmosphäre im beliebten Urlaubsziel nicht beilegen lässt. Energisch greift die - bis auf ihre Herzprobleme - recht rüstige Oma ein und beginnt nach Jahrzehnten der Verschwiegenheit ihre Geschichte aus den 1940er Jahren zu erzählen.

Eine wunderschöne, wenn auch mitunter traurige Geschichte fließt aus Beyers Feder, trotz aller Widrigkeiten keimt immer wieder Hoffnung auf. Als interessante „Geschichte-in-der-Geschichte“ ist Nonnas Vergangenheit gut eingebettet in die aktuellen Ereignisse in Venedig. Und so verknüpft die Autorin einfühlsam die Gegenwart mit der Vergangenheit. Erinnerungen an grauenvolle Kriegsjahre und den erbitterten Widerstand werden wach. Der Leser erfährt viele einprägsame Details aus dem Leben des einfachen Volkes und spürt förmlich die Entbehrungen, denen kaum jemand entkommen konnte. Schmerzliche Verluste von Familienmitgliedern, Bangen um Freunde jüdischer Herkunft und der Mangel an grundlegenden Nahrungsmitteln prägen die jungen Jahre der Großmutter und völlig unbekannte Neuigkeiten erschüttern Tochter, Enkel und Urenkelin.

Fließend reihen sich die Ereignisse aneinander, weckt der Verlauf der Geschichte immer mehr Neugier und bannt die Aufmerksamkeit des Lesers. Anja Saskia Beyer versteht es, mit bildhaften Beschreibungen zu fesseln, sodass man vollends versinkt in dieser berührenden und zugleich aufrüttelnden Erzählung. Nicht nur die Familie selbst, die dominiert wird von Frauen mit einer starken Persönlichkeit, sondern auch alle anderen Figuren sind unglaublich lebendig gezeichnet. Fast meint man, selbst dabei zu sitzen und mit zu diskutieren oder Nonnas unfassbaren Erlebnissen zu lauschen.

Bis zum Ende gibt es immer wieder überraschende Wendungen und Neuigkeiten, sodass wenig vorhersehbar ist und die Reise nach Venedig sowohl im Jahre 2019 als auch in den 1940ern mehr als spannend ist und unbedingt gelesen werden sollte!





Titel Die Sterne über Venedig

Autor Anja Saskia Beyer

ISBN 978-2-496-70037-4

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 320 Seiten

ebenfalls erhältlich als e-book

Erscheinungsdatum 15. Oktober 2019

Verlag Tinte und Feder

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.06.2021

Nach dem Schweren kommt das Leichte? (frei nach dem Koran, Sure 94)

Eine Liebe zwischen den Fronten
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Berlin, Juli 1870: Mitten in die Verlobungsfeier der Französin Madeleine und des Deutschen Paul platzt ein Gesandter mit einem Einberufungsbefehl. Zwischen Preußen und dem französischen Kaiserreich ist ...

Berlin, Juli 1870: Mitten in die Verlobungsfeier der Französin Madeleine und des Deutschen Paul platzt ein Gesandter mit einem Einberufungsbefehl. Zwischen Preußen und dem französischen Kaiserreich ist Krieg angesagt, Paul muss unverzüglich als Stabsarzt zu seinem Regiment nach Coblenz reisen, während Madeleine mit ihrem Vater in ihre Heimatstadt Metz zurück will. Ab sofort stehen die jungen Leute auf verschiedenen Seiten und gehören feindlichen Lagern an. Eine Zeit voll Bangen und Ungewissheit beginnt.
Wie gewohnt, befindet man sich schon nach wenigen Zeilen in einer ganz anderen Welt, wie hier im Speisezimmer derer von Gerlau, zwischen barocken Stühlen und fein verziertem weißen Porzellan. Bildhaft und mit viel Liebe zum Detail erweckt Maria W. Peter längst vergangene Zeiten zum Leben. Ebenso präzise und genauestens recherchiert, stellt die Autorin alle weiteren Szenen dar, sei es eine Kampfhandlung zwischen Feinden, die unvorstellbaren Zustände im Lazarett oder im Gefangenenlager sowie die Ängste und Nöte der Zivilbevölkerung. Feinst dazwischen gesponnen, das Schicksal von Madeleine und Paul, sodass der Leser stets unterschiedliche Perspektiven erhält. Aber nicht nur französische und deutsche, nein, sogar die Sichtweise einiger Algerier wird unmittelbar durch entsprechende Figuren geschildert, sodass ein sehr umfassendes und reales Bild entsteht.
Madeleine, Paul und alle anderen werden recht schnell zu lebendigen Figuren, manche sympathisch, manche weniger und der eine oder andere bleibt lange undurchschaubar. Für größtmögliche Authentizität neben den zahlreichen historisch verbürgten Gegebenheiten, die in die fiktive Handlung miteinfließen, sorgen einige Dialoge im Dialekt und eingestreute französische und algerische Wörter und Redewendungen. So entsteht eine faszinierende Geschichte, deren Sog man sich bald nicht mehr entziehen kann, als Leser muss man förmlich mitfiebern und aufgeregt Seite um Seite verschlingen, bis man am Ende angelangt ist.
Und dann – ist noch lange nicht Schluss: die Autorin gewährt uns mit Landkarte, Nachwort, Glossar, Personenverzeichnis, Dank, Reise- und Stöbertipps noch sehr interessante und vor allem persönliche Einblicke in die aufwendigen und ob des Grauens der Kriegsschauplätze wohl auch sehr strapaziösen Recherchen. Mein Dank an Maria W. Peter, die sich all dem stellt, um uns Lesern einen hervorragend verfassten historischen Roman zu präsentieren.
Schon lange hat mich kein Buch mehr so gefesselt und in seinen Bann gezogen wie „Eine Liebe zwischen den Fronten“, an welches ich noch oft zurückdenken werde.
Ein Meisterwerk, verstörend, berührend und unglaublich gut recherchiert! Ich kann es gar nicht in Worte fassen, die diesem Buch auch nur annähern gerecht werden könnten, man muss es einfach gelesen haben.


Titel Eine Liebe zwischen den Fronten
Autor Maria W. Peter
ISBN 978-3-404-17989-3
Sprache Deutsch
Ausgabe Taschenbuch
Erscheinungsdatum 29.6.2020
Verlag Lübbe

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 08.06.2021

Ein großer Blumenstrauß

Sommernachtssehnsucht - Eine Islandliebe
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Violetta kehrt aus Berlin zurück nach Island, da ihre Schwester heiratet. Aber nicht nur die Hochzeitsvorbereitungen, sondern auch private und berufliche Differenzen in Deutschland lassen die 28jährige ...

Violetta kehrt aus Berlin zurück nach Island, da ihre Schwester heiratet. Aber nicht nur die Hochzeitsvorbereitungen, sondern auch private und berufliche Differenzen in Deutschland lassen die 28jährige Vio aufleben in ihrer Heimat. Der Ortswechsel tut ihr gut und der attraktive Mann von der Tankstelle, der anfangs recht schnöselig wirkt, ist auch nicht uninteressant.

Vor der wunderbaren Kulisse Islands siedelt Karin Lindberg diesen warmherzigen Roman an. Die Mitternachtssonne beschert taghelle Nächte, einsame Fjorde laden zum Verweilen ein, vor der Küste dümpelnde Wale sind nicht nur für Touristen eine Attraktion und beim Lesen von heißen Pötten kann man sogar selbst herrlich entspannen.

Neben der malerischen Landschaft sind es natürlich auch die lebendigen Charaktere und die anschaulich gezeichneten Szenen, die den Leser sofort in ihren Bann ziehen, dazu noch eine liebenswerte Geschichte mit verschiedenen Hürden. Ein angenehmer Schreibstil trägt durch die Handlung und lässt Sehnsucht aufkommen nach einer fernen kargen Insel, deren Bewohner wohl umso herzlicher und gastfreundlicher sind.

Rundum gelungen ist dieser erfrischende neue Roman von Karin Lindberg und bekommt daher klare fünf Sterne!



Titel Sommernachtssehnsucht – Eine Islandliebe

Autor Karin Lindberg

ASIN B0949H4QJS

Sprache Deutsch

Ausgabe ebook, 1902 KB

Erscheinungsdatum 7. Juni 2021

Verlag Zeilenfluss

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Veröffentlicht am 31.05.2021

Unsere Brücke

Die Architektin von New York
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Kurz nach ihrer Hochzeit im Jänner 1865 befindet sich Emmy Warren Roebling mit ihrem Angetrauten Washington auf einer Fähre am East River. Ziel ist Long Island, wo sie ihre Cousine Fanny besuchen möchte. ...

Kurz nach ihrer Hochzeit im Jänner 1865 befindet sich Emmy Warren Roebling mit ihrem Angetrauten Washington auf einer Fähre am East River. Ziel ist Long Island, wo sie ihre Cousine Fanny besuchen möchte. Aber plötzlich beginnt es laut zu knirschen, das Boot kommt zum Stillstand. Zum Glück kann ein Feststecken im Eis gerade noch verhindert werden, es wäre dies allerdings nicht der erste Fährunfall in New York. Und genau aus diesem Grund soll ein Brückenbau über den Meeresarm genehmigt werden.

Nachdem Washingtons Vater John Roebling bereits unter anderem die Brücke über die Niagara Wasserfälle errichtet hat, beginnt er nun die Planungen für ein monumentales Bauwerk: eine imposante Konstruktion soll den East River überspannen und die beiden Stadtteile Manhattan und Brooklyn miteinander verbinden.

In bekannt leichtfüßigem und sehr ansprechendem Schreibstil stellt uns Petra Hucke eine bemerkenswerte Frau vor, Mrs Emily Warren Roebling, die ungewollt zur Chefarchitektin wird. Seit jeher an Berechnungen zu Statik und Tragfähigkeit interessiert, muss Emmy nach schweren Schicksalsschlägen in der Familie immer mehr Aufgaben rund um die technische Leitung des Brückenbaus übernehmen, einerseits, weil sie ihrem Mann beistehen will, andererseits, weil es ihr sehr wichtig ist, dass auch sie als Frau Großes schaffen kann.

Spannend und fesselnd vom ersten bis zum letzten Satz spannt Hucke einen großartigen Bogen über die Jahre 1865 bis 1883, beschreibt außergewöhnlich gut recherchierte Details aus dem Bauwesen, ohne dabei jemals in Langatmigkeit abzudriften und bringt dem Leser ein Wissen nahe, das so gut in die Romanhandlung verpackt ist, dass niemals eine Art Lehrbuchcharakter entsteht. Aufregend hat sich die Arbeit auf und unter dem Wasser gestaltet, gefährlich, bisweilen sogar tödlich. Aber die Fährfahrt über den East River hat ebenso ihre Opfer gefordert, der Brückenbau war also durchaus gerechtfertigt.

Rund um diese langen Jahre der Planungs- und Bauphase knüpft die Autorin geschickt spannende Szenen aus Emilys Leben, geht mit uns auf eine Reise nach Europa, zu Washingtons Verwandten, erzählt von Frauenbewegungen und einer Weltausstellungen mit unglaublichen Erfindungen. Emily ist eindrucksvoll charakterisiert als starke Frau, die stets weiß, was sie will, aber entsprechend der Zeit nicht immer so kann. Klug versteht sie es dennoch, ihre Ideen und Entscheidungen vorwärts zu bringen, bis sie schlussendlich als Erste ihren Fuß auf die vollendete Brooklyn Bridge setzen darf.

Ein imposantes Abenteuer, das Petra Hucke hier mit uns Lesern teilt. Die Architektin von New York ist trotz aller Zielstrebigkeit eine feinfühlige sympathische Frau, die dieses Denkmal in Romanform mehr als verdient hat.



Titel Die Architektin von New York

Autor Petra Hucke

ISBN 978-3-492-06238-1

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 400 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 31. Mai 2021 (ebook), 1. Juli 2021 (Taschenbuch)

Verlag Piper

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere