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Veröffentlicht am 09.06.2021

Zerstörerischer Hass

Rattenkönig
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Nachdem die Stockholmer Draufgänger Vanessa Frank und Nicolas Paredes in Chile einiges auf den Kopf gestellt haben (siehe “Feuerland”) lassen sie es zuhause erst einmal ruhig angehen.

Doch nichts da, ...

Nachdem die Stockholmer Draufgänger Vanessa Frank und Nicolas Paredes in Chile einiges auf den Kopf gestellt haben (siehe “Feuerland”) lassen sie es zuhause erst einmal ruhig angehen.

Doch nichts da, Pascal Engman hat andere Pläne für das ungleiche Paar. Die Ermittlerin vom Morddezernat und der Ex-Elitesoldat bilden immer dann eine erfolgreiche Zweckgemeinschaft, wenn das Verbrechen es erfordert.

Vanessa wird zu einem scheinbar leicht aufklärbaren Frauenmord gerufen. Der Ex-Freund, ein krankhaft eifersüchtiger Gefängnisinsasse mit Freigang, ist der logische Täter. Alles scheint auf ihn hinzuweisen.

Doch dann gibt es weitere Taten an Frauen und Vanessa und ihrem Team kommen Zweifel. Jedes Mal scheint ein dem Opfer nahestehender Mann der Täter zu sein, alle leugnen. Gibt es einen Serienmörder? Doch die Frauen haben nichts gemeinsam.

Mit viel Drive und dem ihm eigenen, klaren, kompakten Stil führt der ehemalige Journalist Pascal Engman durch seinen Thriller. In der Geschichte, in der es auch durchaus hart und blutig zugeht, beleuchtet er nicht nur die Seite der Polizei sondern natürlich besonders authentisch jene Rolle, die die Medien in print und online in solchen Situationen spielen (können).

Nebenbei schafft er es, wie auch schon in Band 1 um Frank und Paredes, ein - nicht nur schwedisches - Gesellschaftsthema aufzugreifen. Was passiert mit Menschen, für die die Resozialisierungsmaßnahmen nach der Haft nicht funktionieren?

Ein Schweden-Thriller über tief verwurzelten Hass und zweite Chancen.

Veröffentlicht am 03.06.2021

Cold Case im kalten Norden

Nordwestzorn
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Fall zwei für Anna Wagner und Hendrik Norberg. Die gebürtige Münchnerin hat es geschafft und leitet im hohen Norden eine eigene Vermisstenstelle, sie greift alte und aktuelle Fälle mit vermissten Personen ...

Fall zwei für Anna Wagner und Hendrik Norberg. Die gebürtige Münchnerin hat es geschafft und leitet im hohen Norden eine eigene Vermisstenstelle, sie greift alte und aktuelle Fälle mit vermissten Personen auf.

Norberg leitet die Polizeistation St. Peter-Ording und unterstützt Wagners Ermittlungen bei Bedarf. Und den gibt es oft. Auch im aktuellen Krimi wieder. Schließlich will Anna klären, was 16 Jahre zuvor im beschaulichen Küstenort passierte.

Ein Junge, auf Klassenfahrt, lief weg und wurde nie mehr gefunden. Es gab keine Leiche und auch bei den damaligen Ermittlungen gibt es Ungereimtheiten.

Im leichten, unaufdringlichen Erzählstil führt Svea Jensen durch den eisigen Nordseewinter und die gelungene Krimigeschichte. Für diese ist auf den 380 Seiten mehr Platz, denn die Figuren werden nicht mehr so umfangreich beleuchtet wie in Band 1 (Nordwesttod).

Man kann die Bücher natürlich andersherum lesen, die persönliche Entwicklung und ein paar Nebenschauplätze sind aber natürlich in der richtigen Reihenfolge besser erklärt.

Die Kapitel sind angenehm kurz bis mittellang, Schauplatzwechsel innerhalb gut gekennzeichnet und es ist jeweils vermerkt, wenn ein neuer Tag beginnt. Wer Zeit Lust hat, kann so täglich genau so viel lesen, wie auch Anna, Hendrik und Kollegen an einem Tag ermitteln.

Aber natürlich lässt sich die Geschichte auch schneller verschlingen - die beiden haben sich zudem weitere Fortsetzungen redlich verdient. Auf viele weitere geklärte Fälle!


Svea Jensen ist ein Pseudonym von Angelika Svensson.

Veröffentlicht am 20.05.2021

Kriminalistik, Kultur und Kulinarik: Die Freuden des Josef Vierziger

In der Fremde
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Corona war für viele einmal ein recht harmloses Wort aus dem Lateinischen. Nicht so für die Apulier. Auch Josef Vierziger muss das erfahren. Nachdem seine Heimatstadt ihm in “Kollateralschaden” übel mitspielt, ...

Corona war für viele einmal ein recht harmloses Wort aus dem Lateinischen. Nicht so für die Apulier. Auch Josef Vierziger muss das erfahren. Nachdem seine Heimatstadt ihm in “Kollateralschaden” übel mitspielt, quittiert er seinen Dienst und zieht in den Süden.

Oder “in die Fremde”, zu den Wurzeln seiner Vorfahren. “Dottor Quaranta” baut sich ein kleines, feines Zuhause auf, braucht nicht viel außer Primitivo, Grappa, Doppio und Gemüse aus seinem Garten. Doch es ist ein bisschen so wie bei “Pfarrer Braun”. Ein angeschossener Flüchtling tritt in Vierzigers Leben und schon muss er hier und da ein bisschen kriminalisieren.

Innerhalb weniger Tage steckt er tief in einer Geschichte um Menschenhandel, zweifelhafte Geldgeschäfte und noch so einiges strafbare mehr. Seine Gegenspieler? Unter anderem die “Sacra Corona Unita”, apulische Mafia.

Wer bisherige Bücher von Joseph Lemark kennt, der weiß: Vierziger ist unnachgiebig (man könnte sagen stur) und fast ein Gerechtigkeitsfanatiker im positiven Sinn. Das lässt ihn schon in Österreich in brenzlige Situationen kommen, aber wirkt “in der Fremde” gleich noch um einiges gefährlicher.

Neben der Kriminalistik und der Kulinarik kommt auch die Kultur nicht zu kurz: für viele der eingestreuten italienischen Sprach-Kostproben gibts am Ende ein Glossar, zudem ein paar von Vierzigers Rezepten zum Nachkochen. Beides definitiv deftig.

So gut das alles klingt und so wohl sich Vierziger zwei Jahre nach seinem Umzug fühlt, für einen Leser aus (Ober-)Österreich fehlt doch der gewohnte, heimische Witz und Lokalkolorit ein bisserl. Aber der Ex-Major scheint sich trotz kleiner Alltagsprobleme gut eingewöhnt zu haben. Möge er nun wieder einige ruhigere Monate verbringen dürfen!

Veröffentlicht am 12.05.2021

Spannend, unterhaltsam und sehr berührend

Lange Schatten über der Côte d'Azur
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Wen dieser Krimi nicht berührt, der leidet an Empathie-Losigkeit. Christine Cazon verbindet in “Lange Schatten über der Côte D’Azur” einen Mordfall mit französischer Geschichte.

Nicht allzu weit in der ...

Wen dieser Krimi nicht berührt, der leidet an Empathie-Losigkeit. Christine Cazon verbindet in “Lange Schatten über der Côte D’Azur” einen Mordfall mit französischer Geschichte.

Nicht allzu weit in der Vergangenheit gräbt sie hier, aber an ganz neuralgischen Punkten. Wie ging Frankreich, Südfrankreich zur Zeit des Zweiten Weltkriegs, mit seiner jüdischen Bevölkerung um? Ja, die “Résistance” wurde weit über den Krieg hinaus bekannt und dafür lassen sich viele noch immer gerne feiern, aber gab es auch andere Seiten der selben Medaille?

Kommissar Léon Duval hinterfragt durch seine Ermittlungen auch das Gewissen Frankreichs und - da erst kürzlich in Europa ein Festtag zum Ende des Zweiten Weltkriegs begangen wurde - das aller Leser.

Die spannenden Ermittlungen werden durch lehrreiche Momente ebenso ergänzt wie durch sehr emotionale. Natürlich sind die Personen im Buch fiktiv, aber sie teilen ihr Schicksal mit abertausenden, mit vielen ganz realen Familien, mit Juden, die überlebten. Durch einen erneuten Schicksalsschlag bietet sich ihnen die Möglichkeit, plötzlich Details aus der Familienhistorie kennenzulernen, die für immer verloren geglaubt waren.

Auch wenn Duval, gemeinsam mit seinen Kollegen und seiner Partnerin, den Fall innerhalb der 300 Buchseiten auflösen kann, spürt man als Leser fast körperlich, wie das Erfahrene noch lange darüber hinaus in ihm wirken wird. Wir können die Geschichte nicht wiedergutmachen, nicht ungeschehen machen. Aber wir können jeden Tag Lehren daraus ziehen und uns nicht zu unreflektierten Aussagen und Handlungen verleiten lassen.

Veröffentlicht am 04.05.2021

Unterhaltung, die nachdenklich macht

Die Toten vom Gare d’Austerlitz
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Hier stimmt einfach alles. Umschlag und -text umfassen den wunderbaren historischen Krimi von Chris Lloyd optimal. Lloyds Recherche und Gespür für Atmosphäre machen die Geschichte rund um den fiktiven ...

Hier stimmt einfach alles. Umschlag und -text umfassen den wunderbaren historischen Krimi von Chris Lloyd optimal. Lloyds Recherche und Gespür für Atmosphäre machen die Geschichte rund um den fiktiven Inspecteur Édouard Giral (leider am Umschlag falsch geschrieben) lebendig und beklemmend.

Wir folgen Giral von 14. bis 23. Juni 1940 durch Paris. Seine hartnäckige Art und dass er das Herz am rechten Fleck hat, sind gleichermaßen bewundernswert wie beängstigend. Er stellt sich allen Hindernissen mutig in den Weg und im Paris zu Beginn der deutschen Besatzung gab es unendlich viele davon.

Man könnte vermuten, dass die eine oder andere Leiche, ein Toter mehr, ein Selbstmord da, keine große Rolle spielten zu dieser Zeit. Für viele war das so, aber ein paar wenige sahen das anders. So auch Giral. Er macht keinen Unterschied nach Glaube, Rasse oder Ansehen.

Vier Polen werden grausam ermordet und trotz fehlender Unterlagen und vieler zu Fuß zurückgelegter Kilometer, schwierigen Ermittlungen bleibt er letztlich immer an diesem Fall dran. Durch die Figur des Inspecteurs und jene, die er trifft, zeigt Chris Lloyd viele verschiedene Facetten und Typen auf.

Der alleinlebende Mann und Vater, Soldat im ersten Weltkrieg, traumatisiert und nach der Rückkehr ohne psychologische Beratung geblieben. Die verschiedenen Deutschen: regimetreue Gestapo-Schergen, nationalistische Führer-Kritiker oder Kollaborateure. Journalisten, Flüchtlinge, Deserteure, alle aus diversen Ländern, … in Paris traf sich auf gewisse Weise die halbe Welt.

In “Die Toten vom Gare D’Austerlitz” spielen Fiktion und Tatsachen einander in die Hände, der Krimi unterhält und vermittelt gleichzeitig Begebenheiten, die wir nie vergessen sollten.