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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.08.2021

Trügerische Idylle

In diesen Sommern
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In kleinen Episoden erzählt die Protagonistin Teresa von ihrer Kindheit und Jugend. Das ist mal Mutter-Vater-Kinder-Idylle, mal Schwere durch den Umgang mit dem Vater.
Sein durch den Alkoholeinfluss verstärkter ...

In kleinen Episoden erzählt die Protagonistin Teresa von ihrer Kindheit und Jugend. Das ist mal Mutter-Vater-Kinder-Idylle, mal Schwere durch den Umgang mit dem Vater.
Sein durch den Alkoholeinfluss verstärkter Jähzorn bringt alle Familienmitglieder in eine Hab-Acht-Stellung. „Er nickt mich nur an, hallo Teresa, sagt er, sein Atem schwer. Ich weiß sofort, es wird kein guter Abend.“ Und so erwartet man als Leser schon, dass ein stiller Moment, wie die Surfschule während des Urlaubs, trügerisch sein könnte und bald der nächste Ausbruch folgt.
„In diesen Sommern“ wird als Roman geführt, hat aber trotz einer gewissen Chronologie in Bezug auf das Alter der Kinder keine zusammenhängende Handlung. Durch die Ich-Erzählerin wirkt es eher, als habe man ein Tagebuch vor sich, wo ein Eintrag mitunter nur eine halbe Seite lang ist. Dieser Eindruck wird durch die einfache Sprache noch verstärkt.
Auch wenn sie in dieser Hinsicht noch etwas mehr hätte herausholen können, ist der Autorin ein stimmiges Werk gelungen, das den Blick auf die Details lenkt, und das hat mir gut gefallen.

Veröffentlicht am 03.06.2021

Fesche Fanni

Putzt euch, tanzt, lacht
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Die 57-jährige Fanni bricht aus ihrem Alltag aus und begibt sich auf einen Roadtrip, der sie mit alten und neuen Bekannten zusammenführt.
Es ist für mich gar nicht so sehr die Handlung, die diesen Roman ...

Die 57-jährige Fanni bricht aus ihrem Alltag aus und begibt sich auf einen Roadtrip, der sie mit alten und neuen Bekannten zusammenführt.
Es ist für mich gar nicht so sehr die Handlung, die diesen Roman ausmacht, sondern die schonungslose Betrachtung des Alltäglichen durch die Augen der offenherzigen Protagonistin. „Ich bin zusätzlich schuldig geworden dem Noch-Ehemann gegenüber durch Ehebruch. Schreib‘s auf die Liste, Frau, direkt unter die dauerhafte Vernachlässigung häuslicher Pflichten.“
Das Buch ist sprachlich ein Genuss durch die pointierte Darstellung, aufgelockert durch Exkurse („Was Marek liebt“) und Listen, beispielsweise die der Trauer („Punkt für Punkt. Zum Abhaken.“). Nach meiner Begeisterung für „Putzt euch, tanzt, lacht“ möchte ich nun unbedingt auch dessen Vorgänger „FanniPold“ lesen.

Veröffentlicht am 02.05.2021

Konflikt der Kulturen

Laudatio auf eine kaukasische Kuh
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“Laudatio auf eine kaukasische Kuh” handelt von einer georgisch-griechischen Familie in Deutschland, die die 26-jährige Olga gerne unter die Haube bringen möchte. Diese hat aber ihre eigenen Vorstellungen ...

“Laudatio auf eine kaukasische Kuh” handelt von einer georgisch-griechischen Familie in Deutschland, die die 26-jährige Olga gerne unter die Haube bringen möchte. Diese hat aber ihre eigenen Vorstellungen und steht plötzlich auch noch zwischen zwei Männern.
Auf herrlich erfrischende Weise wird hier vom Konflikt der Kulturen erzählt, die Olga ausmachen. Einerseits kann sie ihre Herkunft nicht verleugnen, andererseits ist sie geprägt durch das Land, in dem sie lebt. “Ich lebe hier, ich denke auf Deutsch, meine Leibspeise ist Würstchen mit Kartoffelsalat ...!” Neben einer Familiengeschichte hat das Buch gleichzeitig etwas von einem Reise- und einem klassischen Liebesroman.
Mir hat es gut gefallen, welche Rolle Bräuche, Sprache und Temperament der Familie spielten (eine sehr präsente) und wie die Autorin all dies sprachlich verpackt hat (humorvoll und originell). Eine ansprechende Kombi für einen Roman!

Veröffentlicht am 10.04.2021

Banal und besonders

Vom Aufstehen
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Helga Schubert erzählt in „Vom Aufstehen“ Geschichten aus ihrem Leben - unter anderem in ihren Rollen als Tochter einer schwierigen Mutter und als Schriftstellerin in der DDR - unverblümt und leichtfüßig ...

Helga Schubert erzählt in „Vom Aufstehen“ Geschichten aus ihrem Leben - unter anderem in ihren Rollen als Tochter einer schwierigen Mutter und als Schriftstellerin in der DDR - unverblümt und leichtfüßig formuliert.
Diese beiden besonderen Themen schildert sie nie anklagend, obwohl sie sie sehr geprägt zu haben scheinen. „Meine Mutter ist mein Problem. ... Ich fürchte mich vor ihr. ... Ich fühle mich bei ihr fremd und ungeliebt ...“
Es sind Episoden eines achtzigjährigen Lebens, die mitunter banal wirken - von den Ferien bei den Großeltern bis zum Altern - doch sind darin viele besondere Beobachtungen und sprachliche Feinheiten verborgen, die das Buch nachhallen lassen und bei mir den Wunsch hervorrufen, es später noch einmal zur Hand zu nehmen.

Veröffentlicht am 04.04.2021

Bienenbeschwörer

Das Flüstern der Bienen
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“Das Flüstern der Bienen” spielt zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts in Mexiko. Die Familie Morales wird vor verschiedene Entscheidungen gestellt: wie der Spanischen Grippe entfliehen, wie das Land ...

“Das Flüstern der Bienen” spielt zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts in Mexiko. Die Familie Morales wird vor verschiedene Entscheidungen gestellt: wie der Spanischen Grippe entfliehen, wie das Land bestellen, wie mit dem gefundenen Baby umgehen, “dem Jungen unter einem Teppich aus wimmelnden Bienen”.
Simonopio - so wird er genannt - ist der eigentliche Held der Geschichte. Durch seine enge Verbindung zu den Bienen und der Natur hat er einen siebten Sinn, den er für die Familie einsetzt. Dies gibt dem Roman einen mystischen Aspekt, denn nicht alles, was geschieht, ließe sich wissenschaftlich erklären.
Die Handlung wird abgerundet durch das Wechselspiel von humorvollen und dramatischen Szenen, den Kontrast zwischen Arm und Reich und lokale Eigenheiten. Für mich war dies ein stimmiges Gesamtpaket, das durch die plastische Erzählweise der Autorin in meinem Kopf nachhallt.