Ein säkularer Jude im Westjordanland
Kadoke ist Psychiater in Amsterdam, der nach einer sehr unkonventionellen Behandlung einer Patientin seine Approbation verliert. Doch nicht nur das: Es gibt einen Medienskandal, der durch einen nicht sehr ...
Kadoke ist Psychiater in Amsterdam, der nach einer sehr unkonventionellen Behandlung einer Patientin seine Approbation verliert. Doch nicht nur das: Es gibt einen Medienskandal, der durch einen nicht sehr geglückten Auftritt Kadokes in einer TV-Show noch verstärkt wird und ihn antisemitischen Beschimpfungen aussetzt. Er steht vor den Trümmern seiner Existenz und beschließt, gemeinsam mit seinem schwer pflegebedürftigen Vater nach Israel auszuwandern. Anlass dafür war der wenige Monate zurückliegende Besuch der orthodoxen Ururgroßcousine Anat, die überzeugte Siedlerin im Westjordanland ist und ihn mehrfach zu einem Besuch zu überreden versuchte. So landet der atheistische Anti-Zionist in einer orthodoxen Siedlung im Westjordanland und versucht, ein neues Leben zu beginnen.
Was nun beginnt, ist eine Aneinanderreihung von skurrilen Begebenheiten und grotesken Dialogen, die sich Monty Python nicht schöner hätten ausdenken können 😉 Wie der ungläubige Kadoke von den orthodoxen Bewohnerinnen der Siedlung als ein von Gott Gesandter gefeiert wird oder seine künftige Schwiegermutter strickend dem vorehelichen Sex beiwohnt, um sicher zu gehen, dass er in der Lage ist, genügend Judenkinder zu zeugen – man könnte glauben, der Gipfel des Absurden wäre erreicht, um jedoch einige Seiten später eines Besseren belehrt zu werden. Oder das Gespräch zwischen Vater und Sohn:
„,Lieber Vater, habe ich deinen Segen, und hat sie den auch?’“
Vater wirft Kadokes Künftiger einen kurzen Blick zu, dann sagt er zu seinem Sohn: ,Hättest du dir nicht besser einen Hund nehmen können?’
,Einen Hund?’
,Ein Haustier. Wenn Leute in deinem Alter sich einsam fühlen, können sie sich doch auch ein Haustier anschaffen?’
,Was sagt er?‘, fragt Anat.
,Er will wissen, warum ich mir keinen Hund zugelegt habe, aber ich mag keine Hunde.’
,Was sollen wir mit einem Hund? Ich will ein Kind. Darum heiraten wir, um Kinder zu bekommen. Keinen Hund.’“
Seite 248
Trotz des komödiantischen Tonfalls berührt der Roman eine Vielzahl von ernsthaften Themen, die man in dieser Menge nicht erwartet hätte: Rassismus, Antisemitismus, MeToo-Skandal, Fake News, Fundamentalismus, Medienshitstorm – vermutlich habe ich noch was vergessen. Und dennoch ist die Geschichte damit nicht überfrachtet, denn alles greift ineinander, weil alles ein Teil des Lebens von Kadoke ist.
Ein skurriler, schräger, amüsanter Roman mit einem eher farblosen Antihelden, der einem doch ans Herz wächst. Und von dem man (ich ) wissen will, wie es mit ihm weitergeht.