Besonders in seiner Ruhe
So wüst und schön sah ich noch keinen TagINHALT
„Tritt ein, um Freundschaft zu schenken und zu finden“
Das sind die Worte, die jeder Schüler der Irving School, einem Internat, beim Eintritt liest. Darunter auch Duncan, der sein letztes Jahr an ...
INHALT
„Tritt ein, um Freundschaft zu schenken und zu finden“
Das sind die Worte, die jeder Schüler der Irving School, einem Internat, beim Eintritt liest. Darunter auch Duncan, der sein letztes Jahr an der Schule antritt. Es beginnt bescheiden. Er bekommt das Zimmer des ehemaligen „Schulfreaks“ Tim. Tim leidet unter Albinismus. Und jeder Vorgänger hinterlässt einen Schatz. Als Duncan die CDs, seinen Schatz, findet, könnte dieser kaum uncooler sein. Doch schnell fesselt Tim Duncan mit seiner Sicht der Geschehnisse aus dem letzten Schuljahr. Denn Duncan und Tim sind durch ein Schicksal miteinander verbunden, welches beide wohl niemals in ihrem Leben mehr vergessen werden.
MEINUNG
Elizabeth Laban hat mit „So wüst und schön sah ich noch keinen Tag“ einen unaufgeregten und doch fesselnden Jugendroman verfasst. Ab der ersten Seite merkt man, dass die Wortwahl sehr fein ist und dementsprechend die Zerbrechlichkeit, Momente und Gefühle zwischen zwei Menschen und Freunden, sowie das soziale Gefüge bei Jugendlichen eingefangen und transportiert wird. Und obwohl diese sanfte Art sich wie ein roter Faden durch die Erzählungen der Figuren Tim und Duncan zieht, wirkt es auch etwas kühl und distanziert. Leider bleiben die beiden sehr blass als Charaktere. Im Fokus stehen vielmehr die Verbindung zwischen den Zweien und die Geschehnisse aus dem letzten Jahr.
Der Einstieg in die Geschichte fällt sehr leicht. Man wird zu Beginn in die Sicht von Duncan eingeführt, der gerade zurück ans Internat gekommen ist und noch herausfinden muss, welches Einzelzimmer er als Senior bekommt. Als er herausfindet, dass Tim, der Albino, sein Vorgänger war, ist er nicht begeistert und als Leser versteht man noch nicht viel, warum das so ist. Es wirkt, als wäre Duncan auf Tim sauer. Und die Aufklärung dazu bekommt man sehr lange nicht gesagt. Man ahnt, man vermutet. Die Geschichte selbst verrät schnell, dass man auf einen Schlüsselmoment hin liest. Dass Vanessa, der Schwarm von Tim, hierbei eine große Rolle zu spielen scheint, wird einem auch deutlich. Kurzum: Vorhersehbar sind da schon einige Sachen. Da muss man nicht mal Vielleser sein. Da ist das Buch im Aufbau einfach nicht besonders subtil.
Und während man auf diesen Schlüsselmoment wartet, passiert eigentlich auch sehr wenig. Man erlebt eine vergangene Geschichte aus der Sicht von Tim. Durch die Gegenwart liest man sich mit Duncan. Beides wechselt sich in den Kapiteln mal mehr, mal weniger ausgewogen, ab. Man könnte fast behaupten, die Geschichte plätschert so ein wenig vor sich hin. Dennoch bannt es einen auf eine sehr merkwürdige Art und Weise, die auch entspannt. Die Momente, wenn sich Duncan in sein Zimmer mit dem kleinen Fenster zurückzieht, die Kopfhörer überzieht und der Stimme von Tim lauscht, sind auch für den Leser recht intim und ruhig.
Kurz vor dem Höhepunkt der Geschichte ist man als Leser emotional sehr mit dem Buch verbunden, die Ereignisse reißen mit. Was bis hierhin dann schon mehr als deutlich wird, ist, dass die große Thematisierung der Tragödie eins zu eins von der Autorin für den Aufbau der Geschichte selbst angewandt wird und Tim und Duncan selbst eine eigene wiederfährt. Hübsche Matroschka. Der Schluss ist eher offen und mittendrin gehalten, lässt aber kein unbefriedigtes Gefühl zurück. Zwar hängt man den Figuren und den Geschehnissen etwas nach, aber das ist nach dieser Geschichte auch nötig, damit man, in bereits erwähnter Ruhe, abschließen kann.
FAZIT
Ich finde, dass dies ein sehr gefühlvoller und schöner Roman mit vielen sanften Tönen und einer eigenen Magie ist. Und obwohl sehr viel auf Tragödien und der Auseinandersetzung mit ihnen rumgeritten wird, fand ich es sehr entspannend das Buch zu lesen. Es hat schon etwas leicht Poetisches in der Stimmung und im Aufbau. Sehr schön thematisiert und auch speziell, ist die Sache mit dem Albinismus, wie Jugendliche oder gesellschaftliche Gruppierungen mit dem „Anders-Sein“ umgehen und was Eigenverantwortung und Selbstbestimmung bedeutet. Ich habe das Buch sehr genossen und kann es sehr empfehlen.