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Veröffentlicht am 09.03.2021

Auftakt für ein faszinierendes Ermittler-Duo!

Der Solist
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Bereits auf der ersten Seite legt "Der Solist" die Messlatte gewaltig hoch - Jan Seghers' morbide Zustandsbeschreibung eines Berliner Abends ist von einer faszinierenden poetischen Qualität, von der die ...

Bereits auf der ersten Seite legt "Der Solist" die Messlatte gewaltig hoch - Jan Seghers' morbide Zustandsbeschreibung eines Berliner Abends ist von einer faszinierenden poetischen Qualität, von der die typischen modernen Thriller Lichtjahre entfernt sind. Anhand einiger kurzer Vignetten tauchen wir dann tiefer in die Figur des Sonderermittlers Neuhaus ein, bevor er das Ziel seines ersten literarischen Einsatzes erreicht, nämlich das besagte Berlin. Und schon beginnt ein rätselhafter Fall, denn dort wartet bereits die erste Leiche auf den Kriminalbeamten...

Jan Seghers scheint nicht sonderlich interessiert an den Mechanismen des deutschen Krimis, und folgerichtig ist auch "Der Solist" alles andere als schnöde Mordaufklärung - dafür ist der Roman mit seinem knapp 230 Seiten nämlich ziemlich kurz gehalten und schielt somit eher in die Regalecke mit der anspruchsvollen Belletristiksammlung.

Um es vorwegzunehmen: Neuhaus' erster Fall ist nicht wirklich vertrackt, und geübte Leser erkennen schon ziemlich früh, wie der Hase läuft, zumal der Autor die entsprechenden Nebenfiguren relativ auffällig in eigenen Kapiteln und in kurios grobschlächtiger Skizzenhaftigkeit einführt. Andererseits: Es spielt keine Rolle, denn "Der Solist" entfaltet seine Stärke mit dem seltsamen Ermittler-Duo, bestehend aus Neuhaus und der aufdringlich direkten Suna-Marie, genannt Grabowski, dass in Berlin aufeinandertrifft und beinahe sofort eine unwiderstehliche Dynamik entfaltet. Beide Figuren ergänzen sich wundervoll, und obgleich so mancher Dialog zwischen den zwei Querköpfen (immer in versteckter Streitlustigkeit) einzig und allein einem nur wenig verschleierten Info-Dump dient, folgt man Neuhaus und Grabowski fasziniert durch die Kulisse einer geschichtsträchtigen und doch immer recht eigenen Stadt, in der gewaltsamer Tod und bedingungslose Lebenslust nur einen Augenaufschlag voneinander entfernt liegen.

Das Finale wird dann sehr abrupt eingeleitet und auch ähnlich karg beschlossen, so dass man am Ende unerwartet schnell in die Realität entlassen wird - und trotz dieses Mankos kann man es kaum erwarten, bald etwas Neues zu lesen von dem kantigen Ermittler und seiner schlagfertig direkten Begleitung. Neuhaus & Grabowski haben das Zeug zum absoluten Traum-Duo, und mit "Der Solist" hat Jan Seghers nur die Oberfläche dessen gestreift, was da bald auf uns zukommen könnte. Freuen wir uns drauf - und bis dahin uneingeschränkte Leseempfehlung für einen Berlin-Krimi der besonderen Art!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.03.2021

Auftakt für ein faszinierendes Ermittler-Duo!

Der Solist
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Bereits auf der ersten Seite legt "Der Solist" die Messlatte gewaltig hoch - Jan Seghers' morbide Zustandsbeschreibung eines Berliner Abends ist von einer faszinierenden poetischen Qualität, von der die ...

Bereits auf der ersten Seite legt "Der Solist" die Messlatte gewaltig hoch - Jan Seghers' morbide Zustandsbeschreibung eines Berliner Abends ist von einer faszinierenden poetischen Qualität, von der die typischen modernen Thriller Lichtjahre entfernt sind. Anhand einiger kurzer Vignetten tauchen wir dann tiefer in die Figur des Sonderermittlers Neuhaus ein, bevor er das Ziel seines ersten literarischen Einsatzes erreicht, nämlich das besagte Berlin. Und schon beginnt ein rätselhafter Fall, denn dort wartet bereits die erste Leiche auf den Kriminalbeamten...

Jan Seghers scheint nicht sonderlich interessiert an den Mechanismen des deutschen Krimis, und folgerichtig ist auch "Der Solist" alles andere als schnöde Mordaufklärung - dafür ist der Roman mit seinem knapp 230 Seiten nämlich ziemlich kurz gehalten und schielt somit eher in die Regalecke mit der anspruchsvollen Belletristiksammlung.

Um es vorwegzunehmen: Neuhaus' erster Fall ist nicht wirklich vertrackt, und geübte Leser erkennen schon ziemlich früh, wie der Hase läuft, zumal der Autor die entsprechenden Nebenfiguren relativ auffällig in eigenen Kapiteln und in kurios grobschlächtiger Skizzenhaftigkeit einführt. Andererseits: Es spielt keine Rolle, denn "Der Solist" entfaltet seine Stärke mit dem seltsamen Ermittler-Duo, bestehend aus Neuhaus und der aufdringlich direkten Suna-Marie, genannt Grabowski, dass in Berlin aufeinandertrifft und beinahe sofort eine unwiderstehliche Dynamik entfaltet. Beide Figuren ergänzen sich wundervoll, und obgleich so mancher Dialog zwischen den zwei Querköpfen (immer in versteckter Streitlustigkeit) einzig und allein einem nur wenig verschleierten Info-Dump dient, folgt man Neuhaus und Grabowski fasziniert durch die Kulisse einer geschichtsträchtigen und doch immer recht eigenen Stadt, in der gewaltsamer Tod und bedingungslose Lebenslust nur einen Augenaufschlag voneinander entfernt liegen.

Das Finale wird dann sehr abrupt eingeleitet und auch ähnlich karg beschlossen, so dass man am Ende unerwartet schnell in die Realität entlassen wird - und trotz dieses Mankos kann man es kaum erwarten, bald etwas Neues zu lesen von dem kantigen Ermittler und seiner schlagfertig direkten Begleitung. Neuhaus & Grabowski haben das Zeug zum absoluten Traum-Duo, und mit "Der Solist" hat Jan Seghers nur die Oberfläche dessen gestreift, was da bald auf uns zukommen könnte. Freuen wir uns drauf - und bis dahin uneingeschränkte Leseempfehlung für einen Berlin-Krimi der besonderen Art!

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Veröffentlicht am 30.11.2021

Solides Mittelalter-Epos

Die Brücke der Ewigkeit
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Das elegant-verspielte Cover verrät es schon: Natürlich ist "Die Brücke der Ewigkeit" (hinter dessen Autorenpseudonym Wolf Hector ein bekannter Schreiber aus dem Krimi- und Fantasy-Bereich stecken soll) ...

Das elegant-verspielte Cover verrät es schon: Natürlich ist "Die Brücke der Ewigkeit" (hinter dessen Autorenpseudonym Wolf Hector ein bekannter Schreiber aus dem Krimi- und Fantasy-Bereich stecken soll) ein waschechter historischer Roman, der zum großen Teil auf geschichtlichen Fakten basiert. Genauer gesagt, geht es um den Bau der weltberühmten Karlsbrücke in Prag und die Menschen, die in ihrer Konzeption involviert waren.

Hauptfigur ist der junge Otlin, der als Kind die Zerstörung der alten Brücke durch unweigerliche Fluten miterlebt (und nur knapp überlebt) hat, aber natürlich fährt Wolf Hector über den Verlauf von 600 Seiten noch jede Menge anderes bunt-schillerndes Personal auf und wirft den Leser in eine aufregende spätmittelalterliche Welt zwischen Armut und Reichtum, Liebe, Hass, Verrat, Intrigen und unendlichem Erfindungsreichtum. Das Leben in der Mitte des 14. Jahrhunderts wird in vielen Details als kraftvoller Bilderbogen ausgebreitet und bietet allen History-Fans so einige unterhaltsame Stunden in einer längst vergangenen europäischen Epoche - inklusive der für dieses Genre mittlerweile schon üblichen Karten, Zeittafeln, Personenverzeichnisse und Glossare.

Ein Rundum-Glücklich-Paket also, zum Selberlesen und Verschenken (eine Hardcover-Ausgabe wäre toll gewesen) - und eine interessante Lehrstunde in mittelalterlicher Geschichte und Architektur. Ganz und gar empfehlenswert!

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Veröffentlicht am 30.08.2021

Die knuffige Wohlfühlwelt

Someone like you (Moonflower Bay 2)
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Nora Walsh flüchtet aus ihrer Beziehung in die Kleinstadt Moonflower Bay und übernimmt dort eine Arztpraxis. Was als vorübergehende Auszeit für zwei Jahre gedacht war, könnte sich jedoch schnell als Wink ...

Nora Walsh flüchtet aus ihrer Beziehung in die Kleinstadt Moonflower Bay und übernimmt dort eine Arztpraxis. Was als vorübergehende Auszeit für zwei Jahre gedacht war, könnte sich jedoch schnell als Wink des Schicksals entpuppen, denn gleich nach ihrer Ankunft trifft Nora auf den Traumtypen Jake, der an einem schweren Schicksalsschlag zu knabbern hat. Und da sind noch die restlichen Bewohner von Moonflower Bay, die sich nur allzu gern in allen Lebensfragen einmischen ...

Genau wie der zur Vorkenntnis nicht nötige erste Band der "Moonflower Bay"-Reihe (dessen Protagonisten hier als Nebenfiguren auftreten) ist auch "Someone like you" eine Wohlfühlpackung nach Rezept aus dem Romance-Lehrbuch. Das ist nicht zwangsläufig etwas Schlechtes, denn letzten Endes bekommt die geneigte Leserin hier genau das, was man von einer kurzweiligen Urlaubslektüre erwartet: eine niedliche Liebesbeziehung, ein hübsch romantisches Setting, skurrile Kleinstadt-Charaktere und ein paar Irrungen und Wirkungen als kleine Stolpersteine. Das Ganze ist professionell umgesetzt, liest sich auf dem Balkon genauso flüssig weg wie im Strandkorb und befriedigt die Lust auf den kleinen Kitsch-Snack zwischendurch auf jeden Fall. Innovationen oder irgendwelche bewussten Brechungen von Genrekonventionen sucht man natürlich vergebens, allerdings erwartet man die auch nicht. Stattdessen werden Fans, die inzwischen alle Folgen von Serien wie "Gilmore Girls" oder "Virgin River" durchgesuchtet haben, mit ähnlich Bewährten versorgt. Diese bewusst gewählte Nähe zu den genannten Wohlfühlwerken ist natürlich reine Berechnung, aber knuffig genug, um für kurze Zeit entspannt in eine heile Welt abzutauchen. Zweck erfüllt - gute drei Sterne sind hier allemal drin.

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Veröffentlicht am 08.06.2021

Unterhaltsam, aber konstruiert

Die Akte Adenauer
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Im Jahr 1953 übernimmt der Deutsche Philipp Gerber, der seit der Flucht seiner Familie zu Beginn des zweiten Weltkriegs in den USA aufwuchs, auf Betreiben seines zukünftigen Schwiegervaters eher widerwillig ...

Im Jahr 1953 übernimmt der Deutsche Philipp Gerber, der seit der Flucht seiner Familie zu Beginn des zweiten Weltkriegs in den USA aufwuchs, auf Betreiben seines zukünftigen Schwiegervaters eher widerwillig einen Posten in der Sicherungsgruppe Bonn und wird sogleich mit den Ermittlungen im Mordfall seines Vorgängers betraut. Zusammen mit der Journalistin Eva Herden kommt er alten Seilschaften auf die Schliche, die kurz vor den Wahlen das noch schwache Gefüge der jungen Bundesrepublik zu erschüttern drohen. Gerber muss sich entscheiden, ob seine Loyalität den Amerikanern gehört - oder seiner alten neuen Heimat ...

Der Klappentext, der "Die Akte Adenauer" als ersten Teil einer Reihe um Philipp Gerbers Kampf gegen politische Verflechtungen im Deutschland der Aufbauzeit ankündigt, nimmt diese Entscheidung ja schon überraschungsfrei vorweg, aber ansonsten ist Ralf Langroths historischer Polit-Thriller durchaus stimmig geraten in seiner Beschreibung der rauen Zeiten zu Beginn der deutschen Souveränität, mit schönen Details und ausreichend sympathischer Charakterzeichnung. Das ganze liest sich angenehm flüssig und sprachlich ausgereift, Punktabzüge gibt es für die eher aufgepfropft wirkende und recht einfache Thrillerstruktur (die Gerber bequemerweise in allen drei wirklich relevanten Gefahrensituation zur rechten Zeit am rechten Ort sein lässt), die etwas holprig wirkende (und unnötig durch veränderte Schriftart abgesetzte) zweite Perspektive der Täter und die relativ schnell zu erratende Identität des ominösen Strippenziehers/Hauptbösewichts im Hintergrund. Als moderate historische Spannungslektüre nicht schlecht, als wirklich durchdachter Thriller eher ein leicht zu durchschauender Fehlschuss, der gegen Ende sogar reichlich unverblümt potentielle Kontrahenten für die Fortsetzung der Reihe aufbaut. Für einen entspannten Nachmittag im Urlaub aber sicherlich mehr als nur okay - hoffen wir auf einen stärkeren Nachfolger.

Bonus-Minuspunkt geht an den wohl am dümmsten organisierten Attentatsversuch seit langem, der in schönster Slapstick-Manier mit einem sehr ratlosen Opfer endet. Hat mich auf jeden Fall zum Lachen gebracht, hebt die "Akte" über den Durchschnitt und endet somit in fairen drei von fünf Punkten.

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