Dicht und zugleich durchlässig erzählt, wichtig und grausam, absolut lesenswert
Inhalt:
Die Ich-Erzählerin Lempi ist die Tochter des finnischen Immigranten Ettu und der dem Ojibawe-Stamm angehörigen Rose. Sie erzählt die Geschichte vom Verschwinden ihrer Mutter, die zugleich die ...
Inhalt:
Die Ich-Erzählerin Lempi ist die Tochter des finnischen Immigranten Ettu und der dem Ojibawe-Stamm angehörigen Rose. Sie erzählt die Geschichte vom Verschwinden ihrer Mutter, die zugleich die Geschichte der systematischen Unterdrückung, Vergewaltigung, Zwangsprostitution und -sterilisierung zahlreicher weiterer junger Frauen und Mädchen ist. Briefe, die Rose in den 1970er Jahren unmittelbar vor ihrem Verschwinden verfasst hat, wechseln sich dabei mit Lempis Erinnerungen aus dem Jahr 2018 ab. Lempi und Rose stehen stellvertretend für zahlreiche in Reservaten lebende Frauen und Mädchen und haben von Katja Kettu eine Stimme bekommen. Diese Stimme, die ihnen von behördlicher Seite aus genommen und auch von Historiker:innen jahrzehntelang mundtot gemacht und ignoriert worden ist.
Es gab ein ganzes System von Internaten, in denen man indigene Kinder prügelte, damit sie ihre Sprache und Kultur aufgaben. Sie wurden missbraucht und getötet – und niemand schreibt über sie. Ich wollte ihnen eine Stimme geben. Meine Stimme.
- Katja Kettu in einem Interview mit dem Ecco Verlag -
Meine Meinung:
Weil ich erst gerade "Wildauge" von Katja Kettu gelesen habe, wollte ich unbedingt weitere Bücher dieser überzeugenden Autorin lesen und wurde von "Die Unbezwingbare" nicht enttäuscht. Das im neuen Ecco Verlag erschienene Buch hat mir sogar noch besser gefallen, als "Wildauge". Einmal mehr hat es die Autorin geschafft, mich mit ihrer wortgewaltigen, kraftvollen und ungezähmten Sprache für sich einzunehmen und mir dabei eine grausame und zugleich packende Geschichte zu erzählen, die definitiv erzählt und verbreitet werden muss.
Erzählsprache:
Entgegen einiger anderer Leser:innen hatte ich nicht das Gefühl, dass dieses Buch verwirrend oder unübersichtlich erzählt ist, die Kapitelüberschriften ordnen nämlich ganz klar ein, in welchem Jahr man sich gerade befindet. Auch hat mich nicht gestört, dass die direkte Rede nicht gekennzeichnet ist und dass Traum und Wirklichkeit stets ein wenig verschwimmen. Dies macht den einzigartigen Erzählstil der Autorin schliesslich aus und sie schafft es, ihre Geschichte unendlich dicht und trotzdem durchlässig zu weben und das Leben der indigenen Bevölkerung sowie die Geschichte hinter dem Verschwinden der Mädchen und Frauen bewegend zu erzählen.
Meine Empfehlung:
Dieses Buch lege ich euch ausdrücklich ans Herz. Aber bitte seid euch bewusst, dass es heftige Themen beinhaltet und deshalb unter Umständen triggernd sein kann. Die unglaublich intensive Sprache und die wissenswerte Aufklärungsarbeit, welche Katja Kettu damit leistet, lassen aber gerne zum Buch greifen und nach wenigen Sätzen entsteht ein Sog, der nicht mehr loslässt.