Fesselnde Mischung aus Entwicklungs- und Historischem-Roman
Beschreibung
Evered und seine Schwester Ada sind elf und neun Jahre alt als ihnen eine Krankheit zunächst die Schwester, dann Mutter und Vater nehmen. Fortan leben Bruder und Schwester alleine auf einer ...
Beschreibung
Evered und seine Schwester Ada sind elf und neun Jahre alt als ihnen eine Krankheit zunächst die Schwester, dann Mutter und Vater nehmen. Fortan leben Bruder und Schwester alleine auf einer kargen Insel an der Küste Neufundlands. Sie sind die Kinder von Fischern und haben trotz ihres bereits erworbenen Wissens kaum die nötigen Kräfte, um der Kälte und den Gefahren der kanadischen Wildnis zu trotzen. Die Geschwister sehen sich einem harten Überlebenskampf gegenüber, der durch die Pubertät und ihre auflebende Sexualität zusätzlich verkompliziert wird.
Meine Meinung
Inspiriert von einem Zeitungsartikel eines Geistlichen der auf seinen Reisen auf ein isoliert lebendes Geschwisterpaar traf, die Schwester augenscheinlich schwanger von ihrem Bruder, hat Michael Crummey seinen Roman »Die Unschuldigen« geschrieben. Seine fiktive Geschichte handelt von Evered und Ada Best, die als Kinder eines Fischers in einer verlassenen Bucht leben und durch eine Krankheit ihre unschuldige kleine Schwester Martha sowie Mutter und Vater verlieren.
Evered und Ada sind in Abgeschiedenheit auf die Welt gekommen und nun vollkommen auf sich gestellt, denn die nächste Stadt haben sie nie gesehen und sie kennen von dort nur Mary Oram, die nur als Geburtshelferin für kurze Zeit in ihre Bucht kam.
Das wenige Wissen der Geschwister stammt von ihren Eltern und so beginnt ein harter Überlebenskampf der ihnen alles abverlangt. Das Leben im Einklang mit Natur und Jahreszeiten, immer in der Hoffnung genug Fisch zu fangen, um die Schulden im Kassenbuch des Beadle, den die jährlich einlaufenden »Hope« zusammen mit den lebensnotwendigen Vorräten an Mehl, Melasse und sonstigen Gütern mit sich bringt, zehrt an Bruder und Schwester, die weder schreiben noch lesen können und kaum etwas vom Leben und Glauben wissen. Obwohl sie immer wieder in Not geraten und der Hunger seine Klauen in ihr Fleisch gräbt, bleiben sie aus Angst vor dem Unbekannten lieber in ihrer einsamen Heimat, in der auch ihre unschuldige Schwester begraben liegt.
Michael Crummey bannt mit seinem poetisch anmutendem Schreibstil eine eindringliche Überlebensgeschichte in der rauen Natur Neufundlands im 18. Jahrhundert auf das Papier, die mir tief unter die Haut gegangen ist. Das Setting beschreibt er dabei so bildhaft, dass ich das salzige Wasser des Atlantischen Ozeans auf der Haut spüren und den tosenden Wind an den Haaren reißen fühlen konnte.
In dieser fein abgestimmten Komposition eines historischen Romanes, der sich mit den Ingredienzien eines Entwicklungs-Romanes vermischt, bestimmen die leisen Töne, in denen der Tages- und Jahresablauf der Geschwister vergegenwärtigt wird, welcher zumeist aus Warten und Hoffen besteht, die Melodie. Das isolierte Leben von Evered und Ava wird aus beiden Perspektiven geschildert, in denen die Pubertät und die damit aufkeimende Sexualität eine Rolle spielt. Das loyale und unschuldige Geschwister-Verhältnis wird durch ihre Triebe, Emotionen und ein nicht gekanntes Schamempfinden nachhaltig beeinflusst und verändert. Die Entwicklung der Beziehung zwischen Bruder und Schwester wirkt authentisch und bekommt vor dem beeindruckenden Setting der kanadischen Wildnis eine besondere Note.
Die stille Tiefe der Geschichte wird einige Male durch spannende Ereignisse wie angeschwemmtes Strandgut, die Gefahren eines Wetterumschwungs oder Besucher aufgelockert. Diese Einwebungen geben der Harmonie des Romans den letzten Schliff und sorgen für die notwendige Abwechslung.
Fazit
»Die Unschuldigen« bietet eine fesselnde Mischung aus Entwicklungs- und Historischem-Roman, die mit einer subtilen Dramatik und der atemberaubenden Schönheit der rauen Natur Neufundlands besticht.