Intensiv und kunstvoll
Eine Sequenz. Ein Augenblick. Ein Gefühl der Sehnsucht und Schuld.
Die kanadische Comiczeichnerin gg begleitet eine junge Frau, deren Eltern in ein neues Land migriert sind, um ihrer Tochter ein besseres ...
Eine Sequenz. Ein Augenblick. Ein Gefühl der Sehnsucht und Schuld.
Die kanadische Comiczeichnerin gg begleitet eine junge Frau, deren Eltern in ein neues Land migriert sind, um ihrer Tochter ein besseres Leben zu ermöglichen, auf der Suche nach ihrem Selbst. Sie sammelt Eindrücke, hält fotografisch fest, wie Dinge sind. Während sie auf einem Markt das Angebot begutachtet, sieht sie in der Ferne eine Frau, die ihr ähnlich sieht und folgt ihr. Durch eine zufällige Verwechslung findet sie sich plötzlich in ihrer Wohnung wieder – ein Reisepass mit vielen Stempeln, Fotos anderer Städte, ein Anrufbeantworter mit einer Nachricht ihrer Mutter. In der Protagonistin wird eine Sehnsucht nach familiärer Nähe, Geborgenheit, nach Freiheit entfacht, die sie dazu veranlasst, in der Wohnung zu bleiben. Erschöpft schläft sie ein und träumt von prägenden Eindrücken ihrer Kindheit, der Bürde ihrer arbeitenden Mutter, die ihre eigene Zukunft im fremden Land zum Wohle der Tochter aufgegeben hat.
Ohne viele Worte lässt gg Bilder sprechen: Mit gedeckten, monochromen Farbtönen, hohen Kontrasten und großen Bildpanels zeigt sie aus Sicht eines externen Beobachters detailliert die Eindrücke, die die junge Frau sammelt, die sie bewegen. Die minimalistische Art und die Freiheiten, die die Autorin dem Leser dadurch zur Interpretation und Entwicklung einer emotionalen Bindung gibt, waren herausfordernd, haben mir aber ungemein gefallen. Die Zeichnungen sind liebevoll und weich, stehen im krassen Gegensatz zur tiefgründigen Thematik, und rücken durch die fehlende verbale Unterstützung in den Vordergrund.
Eine kurzweilige, aber intensive Graphic Novel, die im Gedächtnis bleibt. Herzlichen Dank an den @avant_verlag für das #Rezensionsexemplar.