Profilbild von uli123

uli123

Lesejury Star
offline

uli123 ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit uli123 über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.08.2021

Eine ihrem Titel nicht gerecht werdende Familiengeschichte

Die letzten Romantiker
0

Bei dem Buch handelt es sich um eine Familiengeschichte, die ungefähr 100 Jahre umfasst. Im Fokus stehen Fiona und ihre drei älteren Geschwister. Fiona ist eine berühmte Dichterin geworden und im Jahr ...

Bei dem Buch handelt es sich um eine Familiengeschichte, die ungefähr 100 Jahre umfasst. Im Fokus stehen Fiona und ihre drei älteren Geschwister. Fiona ist eine berühmte Dichterin geworden und im Jahr 2079 hält sie eine Lesung vor einem Publikum (offensichtlich ist eine Umweltkatastrophe eingetreten, Einzelheiten hierzu bleiben aber offen). Unter den Zuhörern sitzt ein Mädchen namens Luna, die den gleichen Namen trägt wie die Figur in Fionas berühmtestem Gedicht. Das ist für Fiona der Anlass, ihre Familiengeschichte zu erzählen.
Das erste Viertel des Buchs hat mich positiv überrascht. Hier wird von einem Ereignis erzählt, das die Geschwister die „Große Pause“ nannten. Sie selbst waren erst im Alter von vier bis elf Jahren und ihre Mutter dreißig, als der Vater und Ehemann plötzlich verstarb. Die Mutter flüchtete sich für drei Jahre in eine Depression, die Kinder waren komplett auf sich gestellt und verwilderten. Diese Zeit beeinflusste ihr weiteres Leben. Dieser Abschnitt ist sehr lebendig geschrieben, fast wie aus Kinderhand aus der Perspektive der damals kleinen Fiona. Dann erfolgt für mich eine Entwicklung der Geschichte zum Negativen. Die Geschwister führen als Erwachsene ein Leben, das sie nicht gerade zu Sympathieträgern macht. Es sollen nur die Stichworte Drogen, Alkohol und Fionas Sexblog und exzessiver Männerverschleiß genannt werden. Das Band unter den Geschwistern ist mal enger, mal lockerer. Völlig unerklärlich und unrealistisch ist für mich, warum die Schwestern jahrzehntelang nach dem Tod ihres Bruders deren Freundin suchen, die sie für die einzig wahre Liebe ihres Bruders halten. Auf mich wirkt das Buch typisch amerikanisch, nämlich oberflächlich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 12.06.2021

Beeindruckende Lebensgeschichte einer französischen Frau

Annette, ein Heldinnenepos
0

Das Buch wurde 2020 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.
In der Erzählform eines Epos skizziert die Autorin, die selbst Bezüge zu Deutschland und Frankreich hat, das Leben der 1923 in Frankreich ...

Das Buch wurde 2020 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet.
In der Erzählform eines Epos skizziert die Autorin, die selbst Bezüge zu Deutschland und Frankreich hat, das Leben der 1923 in Frankreich geborenen Annette Beaumanoir. Diese war im Zweiten Weltkrieg Résistance-Kämpferin, später tätig in der algerischen Befreiungsbewegung, galt in ihrer französischen Heimat als Terroristin, Neurowissenschaftlerin. Ihrer Version, jegliche Unterdrückung zu unterbinden, opfert sie ihr privates Leben.
Durch die besondere Erzählform hebt sich das Buch von der klassischen Biografie ab, ist allerdings deshalb auch nicht einfach zu lesen. Lobenswert ist, wie der Fokus auf alles Wesentliche im Leben der Protagonistin gesetzt wird und doch ihr Leben umfassend dargestellt wird. Allerdings denke ich, dass das Buch eher französische Leser ansprechen wird, denn vor allem die Thematik rund um die Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich seit den 1950er Jahren ist bei uns von geringerer Bedeutung.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 30.05.2021

Moderne Version von Eichendorffs Taugenichts

Fahrtwind
0

Gesprochen von dem Schauspieler Frank Stieren, lässt sich diesem Hörbuch gut folgen. Inhaltlich allerdings frage ich mich, ob dieses Buch wirklich Not getan hat. Inspiriert von Joseph von Eichendorffs ...

Gesprochen von dem Schauspieler Frank Stieren, lässt sich diesem Hörbuch gut folgen. Inhaltlich allerdings frage ich mich, ob dieses Buch wirklich Not getan hat. Inspiriert von Joseph von Eichendorffs „Aus dem Leben eines Taugenichts“ hat Klaus Modick eine moderne Version dieser romantischen Novelle verfasst, die allerdings so modern gar nicht ist, spielt die Handlung doch bereits Anfang der 1970er Jahre. Ein junger Mann, vornamenlos bleibend, Müller mit Nachnamen heißend, nimmt nach abgebrochenem Studium Reißaus aus seinem spießigen Elternhaus und begibt sich nur mit seiner Gitarre im Gepäck auf eine Reise in den Süden. Unterwegs trifft er auf skurrile Typen und steuert Stationen in Wien, Rom und am Gardasee an, sich als Musiker verdingend.
Die Reise des Protagonisten erscheint mir wenig aufgeregt, ähnlich irreal wie die verschiedenen Bekanntschaften. Sein Blick auf Mitmenschen und Orte ist recht distanziert. Ein gewisser Unterhaltungswert resultiert aus den Texten verschiedener echter und von Müller gedichteter Musikstücke.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 28.05.2021

Bewegende Frauenschicksale

Ein neues Blau
0

Mit dem Lesen dieses Romans habe ich mich etwas schwergetan, obwohl ich die Thematik sehr interessant finde – zwei starke Frauen unterschiedlichen Alters mit ihren ureigenen Problemen treffen aufeinander, ...

Mit dem Lesen dieses Romans habe ich mich etwas schwergetan, obwohl ich die Thematik sehr interessant finde – zwei starke Frauen unterschiedlichen Alters mit ihren ureigenen Problemen treffen aufeinander, haben Gemeinsamkeiten und lernen voneinander. Auf mich wirkt die Geschichte aber zu konstruiert und in die Länge gezogen. Er hat aber auch viele positive Aspekte. So ist er für mich äußerst lehrreich aufgrund der vielen Informationen zu Porzellanherstellung, jüdischem Glauben und japanischer Teekultur. Auch der formale Aufbau - perspektivischer und zeitlicher Wechsel der Erzählenden - sowie der Wechsel in der Sprache – gehobene bzw. Jugendsprache - haben mir gefallen.
Ein Buch für jemanden mit Interesse an Familienromanen mit geschichtlichem Hintergrund.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 25.04.2021

Wie wird man zu einem guten Menschen?

Der Junge, der das Universum verschlang
0

Die Geschichte spielt in den 1980er Jahren in einem Vorort von Brisbane/Australien. Ich-Erzähler und Protagonist ist der zu Beginn 12 und am Ende 18 Jahre alte Eli Bell, der in desolaten sozialen Verhältnissen ...

Die Geschichte spielt in den 1980er Jahren in einem Vorort von Brisbane/Australien. Ich-Erzähler und Protagonist ist der zu Beginn 12 und am Ende 18 Jahre alte Eli Bell, der in desolaten sozialen Verhältnissen aufwächst. Seine Mutter verließ seinen alkoholkranken und depressiven Vater aufgrund eines Vorfalls, der nie richtig aufgeklärt wird (der Vater fuhr betrunken in einen See, bei dem Eli und sein Bruder Gus fast ertranken – war es ein Unglück oder Absicht?). Hiervon wird Eli in seinen Träumen heimgesucht. Gus ist seither stumm und kommuniziert nur noch, indem er mit dem Finger in die Luft schreibt. Die Mutter wird heroinsüchtig, der Stiefvater Lyle ist ein Dealer. Elis Freund ist ein wegen Mordes verurteilter und langjährig inhaftiert gewesener Ausbrecherkönig. Als Lyle den örtlichen Drogenboss mit eigenen Geschäften hintergeht, verschwindet er spurlos und die Mutter kommt ins Gefängnis. Eli und Gus leben fortan bei ihrem Vater. Elis Berufsziel ist Journalist auf dem Gebiet der Kriminalberichterstattung.
Der Roman ist aufgrund seines detaillierten Lokalkolorits eigentlich sehr viel interessanter zu lesen für Queenslander. In ihm vermischen sich meiner Ansicht nach zu viele Elemente: Magie, Fantasy, Thriller, Abenteuer, Enthüllungsjournalismus. Am Ende bleiben zu viele Fragen offen, wie etwa das Rätsel um das mysteriöse rote Telefon oder eine Begründung für die Fähigkeit von Gus, Dinge vorherzusehen, die dann wahr werden. Gestoßen habe ich mich an Gewaltszenen und der sehr rauen Sprache. Etwas versöhnlich stimmte mich letztlich der Protagonist Eli. Zwar ist es merkwürdig, dass er sich innerhalb eines Zeitraums von immerhin sechs Jahren sprachlich und von seinem Wesen her nicht weiter entwickelt hat. Er ist allerdings ein aufgewecktes Bürschchen und sehr sympathisch. Er macht sich Gedanken wie ein Erwachsener, die den Leser zum Nachdenken anregen. So ziehen sich wie ein roter Faden durch das Buch seine Überlegungen, was einen Menschen gut und böse macht. Er erkennt, dass es zwei Wege im Leben gibt – den falschen und den richtigen – und obwohl es leichter ist, dem falschen Weg zu folgen, weiß er, dass er nie zu einem guten Menschen wird, wenn er diesen Weg wählt.
Ein Buch, dessen Protagonist zwar ein Jugendlicher ist, das aber dennoch alle Altersklassen innerhalb der Leserschaft anspricht.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere