Die slowakische Geschichte wird in »Tahiti Utopia« einmal umgekrempelt.
Meine Meinung
Wie bereits der Buchtitel verrät, handelt es sich bei dem Roman »Tahiti Utopia« des slowakischen Schriftstellers Michal Hvorecky um eine Utopie, in welcher die europäische Geschichte einmal ...
Meine Meinung
Wie bereits der Buchtitel verrät, handelt es sich bei dem Roman »Tahiti Utopia« des slowakischen Schriftstellers Michal Hvorecky um eine Utopie, in welcher die europäische Geschichte einmal auf den Kopf gestellt wird. In seiner Geschichte gestaltet der Autor die Landkarte nach dem Ersten Weltkrieg etwas anders, Großungarn gibt es noch und die Slowaken sind auf die pazifische Insel Tahiti ausgewandert, um der Unterdrückung zu entkommen und an diesem exotischen Ort einen neuen Staat zu gründen.
Der Klappentext klang so vielversprechend, amüsant und unterhaltsam, dass ich die Geschichte einfach lesen musste, allerdings rutscht die Erzählung nach einem vielversprechenden Einstieg in eine staubtrockene Angelegenheit ab, die für mich jeglichen Humor und Dynamik vermissen ließ.
Erzählt wird aus der Warte eines der Gründungsväter Slowakiens, Milan Rastislav Štefánik, der in dieser Utopie seine Landsleute nach Tahiti führt und zu Beginn im Jahre 1923 bei den Nationalfeierlichkeiten auf Neu-Slowakien bei einem tragischen Unfall ums Leben kam. 2020 ranken sich viele Mythen um den gefeierten Nationalhelden Štefánik und es gibt diverse Spekulationen, wie es der slowakisch-französische Staat auf der pazifischen Insel zustande gekommen ist, unter anderem befasst sich eine seiner Nachfahrinnen mit dieser Aufarbeitung.
In einem Rückblick, der fast den kompletten Roman umfasst, begleiten wir Štefánik beginnend bei den Verhandlungen nach dem Ersten Weltkrieg über die Flucht aus Großungarn bis zum traumhaften Archipel Französisch-Polynesiens. Leider habe ich keinerlei Zugang zu dem Protagonisten gefunden, was wohl auch daran liegen mag, dass sich der Text eher wie eine geschichtliche Abhandlung lesen lässt und nicht wie ein unterhaltsamer Roman. Außerdem empfand ich die politische und gesellschaftliche Einstellungen Štefániks einfach anstrengend zu lesen und hätte vielmehr eine gewagtere Vision mit Wow-Faktor erwartet.
»Tahiti Utopia« mag vielleicht für Leserinnen die der slowakischen Geschichtsschreibung bewanderter sind als ich seinen Witz offenbaren, doch mir enthielt dieser Roman seine unterhaltsame Seite, die wohl auf den wenigen Seiten liegen soll, die die slowakische Bevölkerung mit den exotischen Inselbewohnerinnen und deren Traditionen aufeinanderprallen lässt – dies bot für mich einfach etwas wenig Substanz!
Fazit
Die slowakische Geschichte wird in »Tahiti Utopia« einmal umgekrempelt. Meinen Nerv hat Hvoreckys Darstellung, die eher einem Bericht als einem Unterhaltungsroman gleicht, nicht getroffen.
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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 30.04.2021