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Veröffentlicht am 28.07.2021

Emotional fesselnd

Bonuskind
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Wo fang ich an? Ach egal, falle ich eben wie immer mit der Tür ins Haus. 😅

Besonders überzeugend fand ich bei dem Buch, was ich euch gleich rezensiere werde, weder den Titel „Bonuskind“ noch das nichts ...

Wo fang ich an? Ach egal, falle ich eben wie immer mit der Tür ins Haus. 😅

Besonders überzeugend fand ich bei dem Buch, was ich euch gleich rezensiere werde, weder den Titel „Bonuskind“ noch das nichts sagende Cover. Dafür konnte mich allerdings der Klappentext überzeugen, dass Buch doch zu lesen. Falls es eine zweite Auflage gäbe, würde ich mir vom Europa Verlag jedoch ein eindringlicheres Cover wünschen.

„Bonuskind“ von Saskia Noort wird als Coming of Age-Thriller beschrieben. So ganz glücklich bin ich mit dieser Kategorisierung auch nicht. In Coming of Age-Geschichten begleitet man (meines Erachtens – belehrt mich ruhig eines Besseren) eine Figur dabei ins Erwachsenenleben einzutreten, während die Figur sich selbst reflektiert. Dies ist in diesem Roman (in meinen Augen) nicht passiert. Das Buch ist aber auch wirklich sehr schwer in eine Schublade zu stecken, deswegen sei dem Verlag diese Bezeichnung verziehen. Es gibt Thriller-Elemente, ein Familiendrama und einen großen Anteil an Dark Romance-Szenen, die ich so detailliert nicht erwartet hätte.

Aber kommen wir erstmal zum Inhalt bevor es weiter ans Eingemachte geht: Lies erwacht mit dem Gefühl, dass ihrer Mutter Jet etwas passiert sein könnte und recht schnell stellt sich heraus, dass ihr Gespür sie nicht täuscht. Jet ist über Nacht verschwunden. Niemals würde sie ihre Kinder allein lassen. Lies Vater, der sich von ihrer Mutter getrennt hat und nun mit seiner neuen Partnerin Laura zusammenwohnt, ist das Verschwinden seiner Exfrau ein gefundenes Fressen. Immerhin möchte er das Sorgerecht für die beiden Kinder Lies und ihren Luuk, die momentan jeweils im Wechsel für eine Woche bei Vater und Mutter leben. Nach kurzer Zeit findet Lies ein digitales Tagebuch ihrer Mutter und erfährt, dass diese in einer toxischen Beziehung gefangen war, aus der sie sich scheinbar nicht befreien konnte. Ist der Liebhaber ihrer Mutter auch ihr Mörder? Lies ist davon überzeugt und begibt sich auf Spurensuche.

Das Buch wird aus zwei Perspektiven geschildert. Einmal aus Sicht der verschwundenen Jet. Hier spielen die Szenen in der Vergangenheit und einmal aus der Sicht von Lies in der Gegenwart.

Lies ist für ihr Alter sehr misstrauisch und klug. Gleichzeitig aber auch kindlich naiv. Das war zwar etwas anstrengend, die Mischung gefiel mir aber tatsächlich recht gut, weil ich Jugendliche in diesem Alter genauso empfinde und einschätze. Lies kleinerer Bruder Luuk kam im Buch recht kurz, dafür wurde mehr Erzählzeit auf den Vater und seine neue Freundin Laura verwendet. Ein richtig umfassendes Bild der beiden Figuren hat man jedoch auch nicht erhalten. Da sie nur durch Lies beschrieben wurden, war alles sehr subjektiv.

Ein Problem hatte ich mit dem zweiten Erzählstrang der Geschichte, den Tagebucheinträgen der Mutter. Versteht mich nicht falsch. Die Auszüge waren super spannend und sehr emotional geschrieben. Allerdings war es nicht wirklich ein Tagebuch. Es war eher eine zweite Erzählebene aus Sicht von Jet. Es gab z.B. keine Datumsangaben, wie sie in Tagebuch-Einträgen üblich sind. Außerdem gab es Gespräche in Form von direkter Rede zwischen Jet und ihrem Liebhaber. Wer zur Hölle schreibt denn so in ein Tagebuch?!

Nun wird es aber auch Zeit die guten Seiten zu betonen. Positiv hervorheben möchte ich unbedingt die psychologische Ebene der Geschichte. Die Gedanken der alleinerziehenden Mutter, bzw. der verlassenen, betrogenen Ehefrau waren sehr glaubwürdig beschrieben. Ich war zwar etwas irritiert davon, dass eine Psychologin so tief fallen kann, aber wieso sollte sie davor gefeit sein, nur weil sie anderen Menschen gute Tipps gibt? Der beste Tipp nützt nichts, wenn man sich nicht daran hält und Jet hält sich leider an nichts, was sie ihren Klienten predigt.

Auch die Darstellung von Lies fand ich sehr authentisch und bedrückend. Als Scheidungskind, dessen Eltern sich – nennen wir es mal, „bekämpfen“, ist man immer in einer undankbaren Position. Die Eltern erwarten oft, dass die Kinder Stellung beziehen. Dabei möchten sie – wie auch Lies in diesem Fall – meist nur, dass die Eltern wieder zusammen sind und alles wird wie früher. Saskia Noort ist es sehr gut gelungen, die wahren Opfer einer Scheidung zu zeigen: Die Kinder.

Etwas Kritik haben jedoch beide Erzählstränge der Geschichte meines Erachtens doch noch verdient. Lies z.B. berichtet ständig von ihrer Blasenentzündung, die für die Story eigentlich keine tiefere Bedeutung hat. Oder ich habe die Bedeutung nicht bemerkt. 😅🙈 Außerdem habe ich nicht verstanden, wieso Jet in ihrem „Tagebuch“ die Sexszenen dermaßen ausufernd beschreibt. Auf mich würde es glaubhafter wirken, wenn sie hier nur bei Andeutungen geblieben wäre. Ich kam aber auch noch nie auf die Idee, darüber überhaupt ein Tagebuch zu schreiben. 🤷‍♀️ Vielleicht bin ich also keine gute Referenz dafür. 😅

"Bonuskind" verläuft die meiste Zeit sehr ruhig und besticht durch eine düstere und bedrückende Atmosphäre, die aus der psychischen Verfassung der Figuren resultiert. Erst auf den letzten Seiten zieht das Tempo der Handlung richtig an und überrascht mit einem Ende, dass ich so nicht habe kommen sehen. So gar nicht. Das hat mir wirklich gut gefallen und mich sprachlos zurückgelassen.

Abschließend kann ich euch nur sagen, dass ich zwar einige "formelle" Kritikpunkte gefunden habe, das Buch aber trotzdem sehr, sehr gern gelesen habe.
Wie das zusammen passt? 🤷‍♀️ Es war die Atmosphäre... es war meine Neugier... es waren die Emotionen. Es hat mich auf dieser Ebene gepackt, am Ende kurz geschüttelt und dann ausgespuckt. Und das zählt einfach mehr als Tagebucheinträge, die eigentlich keine sind. 😉

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Veröffentlicht am 02.07.2021

Solides Debüt

Kalte Knochen
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Schottland, ein altes Cottage am Rande eines kleinen Dorfs, eine stillgelegte Mühle: Was für ein tolles Setting! Mittendrin zwei Frauen, eine ältere, eine sehr jung, aber beide versuchen erfolglos, vor ...

Schottland, ein altes Cottage am Rande eines kleinen Dorfs, eine stillgelegte Mühle: Was für ein tolles Setting! Mittendrin zwei Frauen, eine ältere, eine sehr jung, aber beide versuchen erfolglos, vor ihrer Vergangenheit davon zu laufen.
Die siebzigjährige Literatur-Wissenschaftlerin Mac schreibt ein Buch über alte schottische Sagen. Da sie selber mit Computern nicht gut umgehen kann, holt sie sich die junge Lucie als Aushilfe ins Haus. Sie soll ihre handschriftlichen Aufzeichnungen abtippen. Doch während Lucie für Mac arbeitet, wird die alte Frau immer seltsamer. Und auch Lucie schafft es nicht, ihr altes Leben hinter sich zu lassen, wie sie es wollte.

Klingt nach einer tollen Geschichte, oder was meint ihr? 🤩

Ich war beim Lesen sehr schnell gepackt von dieser unheimlich düsteren und angespannten Atmosphäre in dem alten schottischen Cottage, das immer kalt und etwas muffig ist und von dem aus man auf die verlassene Mühle schauen kann.
Das Buch hat zu Beginn einen enormen Sog auf mich ausgeübt. Ich war total gespannt, die Hauptfiguren besser kennen zu lernen und bin
beim Lesen abwechselnd den Gedanken von Mac und Lucie gefolgt. Durch Erinnerungen der beiden Frauen erfährt man auch einiges aus ihrer Vergangenheit - jedoch nur wohldosiert häppchenweise, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Diese vergangenen Ereignisse sind gut in die Story eingewoben worden und machten neugierig. Keine der beiden Hauptfiguren wirkte dabei aber sonderlich sympathisch auf mich und doch konnte ich mich aufgrund der Erzählweise sehr gut in sie hineinversetzen. Interessant dabei war es natürlich, die Meinung der Frauen übereinander zu erfahren. Sehr gesprächig sind beide nämlich eher nicht.

„Sie sieht aus wie ein Mädchen mit der Art Problemen, die ich nicht brauchen kann.“
Seite 12, Mac über Lucie

Obwohl Sandra Ireland nicht wirklich viele Zeilen mit der Beschreibung der Umgebung gefüllt hat, konnte ich mir alles wunderbar bildlich vorstellen. Das hat echt viel Spaß beim Lesen gemacht. Ihr kennt es sicher, wenn ihr beim Lesen einen Film vor Augen habt. Hier war das so. 😊

Natürlich wollte ich aber auch unbedingt die Geheimnisse der beiden Hauptfiguren erfahren und nicht nur die schottische Landschaft genießen.
Nach und nach werden die Gedanken der beiden Figuren immer wirrer, weil ihre Vergangenheit beide einholt - genaueres kann ich nicht verraten. Während Mac versucht die Geister der Vergangenheit zu vertreiben, kämpft Lucie damit ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Aber ihr Gefühlschaos ist bei Weitem nicht so einfach zu entwirren.

Ergänzend zur Erzählung der beiden Hauptfiguren finden sich im Buch immer wieder kleinere Absätze aus der Geschichte, die Lucie für Mac abtippen soll. Dabei geht es um die tragische Geschichte zweier Schwestern, deren Schicksal mit der stillgelegten Mühle in Verbindung steht. Diese Geschichte habe ich dabei lange Zeit nur als lästiges „Extra“ betrachtet. Aber die Absätze ergeben durchaus Sinn und werden immer wichtiger, je weiter das Buch voranschreitet.

Was dem Roman leider fehlt (und ich schreibe hier absichtlich „Roman“, denn für einen Thriller ist das Buch definitiv zu „ruhig“), ist Tempo und im Mittelteil auch etwas mehr Spannung. Das Hauptaugenmerk liegt bei "Kalte Knochen" eher auf psychologischer Ebene und doch war es an der einen oder anderen Stelle einfach etwas wenig, um mich zu überzeugen.

Am Ende des Buchs überrascht der Plot jedoch durch eine Wendung, die ich irgendwann zwar erahnt habe, aber deren Ausmaß ich so nicht habe kommen sehen. Hier konnte mich die Autorin überraschen. Im Vergleich zu dem doch sehr ruhigen Mittelteil wirkte das Ende fast etwas „zu dick aufgetragen“, aber ich will mal ein Auge zudrücken.

Alles in allem fand ich das Buch lesenswert, weil es anders war: Der Plot war nicht alltäglich. Die Figuren waren eigensinnig. Die Landschaft einnehmend. Das Ende überraschend und schockierend gleichermaßen. Allerdings hat der Mittelteil meines Erachtens geschwächelt. Ich könnte verstehen, wenn das einigen das Lesevergnügen nehmen würde. 🤷‍♀️
Ich empfehle das Buch mit den oben aufgeführten Einschränkungen.

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Veröffentlicht am 18.06.2021

Für Fans

Kaltes Land
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Wie man es von Tsokos gewohnt ist, bekommt man hier genau das, was man von ihm erwartet: True Crime as its best! Tsokos vermittelt hier interessante rechtsmedizinische Fakten und vergisst trotzdem nicht ...

Wie man es von Tsokos gewohnt ist, bekommt man hier genau das, was man von ihm erwartet: True Crime as its best! Tsokos vermittelt hier interessante rechtsmedizinische Fakten und vergisst trotzdem nicht eine spannende Story voranzutreiben. Dabei erleben wir zum ersten Mal unter seiner Feder eine weibliche Hauptfigur. In meinen Augen hat der Autor das solide gemeistert - auch wenn Yao ziemlich abgeklärt agiert. Große Überraschungen gab es zwar nicht, aber ich habe die Ermittlungen gerne und ohne Langeweile verfolgt. Das Ende hätte ich mir etwas weniger auserzählter gewünscht, aber wer weiß, was Tsokos noch mit Yao vorhat. Als Tsokos-Fan lesenswert!

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Veröffentlicht am 21.05.2021

Glückszwang

Gemma. Sei glücklich oder stirb
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„Gemma. Sei glücklich oder stirb“ beginnt im Jahre 2025 und somit in einer sehr nahen Zukunft. In Gemmas Welt gibt es keinen Himmel mehr, wie wir ihn kennen. Keine Sonne, keine Wolken, kein strahlendes ...

„Gemma. Sei glücklich oder stirb“ beginnt im Jahre 2025 und somit in einer sehr nahen Zukunft. In Gemmas Welt gibt es keinen Himmel mehr, wie wir ihn kennen. Keine Sonne, keine Wolken, kein strahlendes Blau. Dort, wo all das wäre, findet sich nun „der Glanz“. Er strahlt in Regenbogen-Farben. Das klingt erstmal schön und gar nicht furchteinflößend, aber das täuscht. Denn solltest du unglücklich sein, löst du dich einfach im Glanz auf und verschwindest für immer in ihm.
Die Weltbevölkerung hat sich drastisch reduziert. Die Regierung steckt Menschen, die zu viele negative Gefühle haben, in Quarantänebezirke, damit sie die glücklichen Menschen nicht anstecken. Die Industrie hat sich darauf spezialisiert, Produkte zu entwickeln, die glücklich machen. In einer Akademie der Regierung werden Menschen im Glücksgefühl modulieren ausgebildet. Und genau dort möchte Gemma angenommen werden, denn ihr Vater ist bereits im Quarantänebezirk gelandet und sie muss ihn dort unbedingt wieder herausholen - bevor es zu spät ist.
Ich freue mich immer sehr, wenn ich einen dystopischen Roman entdecke, der meinem Beuteschema entspricht. „Gemma. Sei glücklich oder stirb“ hat mich zwar sofort angesprochen, aber nicht direkt zum Vorbestellen bewogen. Allerdings hat das Buch mich irgendwie nicht losgelassen. Zum einen bin ich doch öfter wieder darüber gestolpert, zum anderen spukte das Thema „Glück“ dann auch immer wieder durch meine Gedanken. Ich habe mir dieses Thema in einer Dystopie durchaus reizvoll vorgestellt.
Der Einstieg ins Buch ist mir sehr leicht gefallen. Die Geschichte beginnt ohne unnötiges Vorgeplänkel und trotz aller notwendigen Erklärungen der dystopischen Welt, die die Autorin Charlotte Richter geschaffen hat, kam nie das Gefühl einer Informationsüberflutung oder eines Handlungsstillstands auf. Nach und nach wird man mit den notwendigen Hintergründen versorgt und entdeckt eine faszinierende, aber auch abschreckende Welt. Jeder weiß, ob du aktuell glücklich bist (wie und weshalb müsst ihr selber herausfinden) und in der Gesellschaft existiert ein großer Druck möglichst immer und überall voller positiver Gefühle zu sein. Ich stelle mir das unheimlich anstrengend vor. Versteht das nicht falsch. Ich würde mich schon als überwiegend lebensfrohen und positiven Menschen beschreiben, aber nicht rund um die Uhr und in jeder Lebenslage. Ohne negative Gefühle könnte ich doch auch die positiven gar nicht richtig wertschätzen?! Was passiert mit mir, wenn ich wirklich glücklich sein MUSS? Kann ich das dann überhaupt noch?
Genau diese Fragen stellt die Autorin in diesem Buch auch immer wieder. Ihre Art das Thema in den Mittelpunkt zu rücken, ohne belehrend oder moralisierend zu schreiben, hat mir sehr gut gefallen. Überhaupt gefiel mir der Schreibstil von Charlotte Richter sehr gut: Flüssig, angenehm zu lesen, mit kleinen Spannungsspitzen. Ja, nur mit kleinen. Der Roman ist eher ruhig und bedächtig. Er lädt zum Nachdenken und gar etwas zum Philosophieren ein. Wer actiongeladene Spannung und Cliffhanger an jedem Kapitelende sucht, ist hier definitiv falsch. Das soll aber keinesfalls abwerten. Gerade die leisen Töne machen den Zauber des Buchs aus.
Die Charaktere würde ich als einem Jugendbuch angemessen beschreiben. Die Hauptfiguren Gemma und Keno bekommen genug Raum, um sie sich vorzustellen und mit ihnen zu fühlen, aber ich habe mich nicht sehr verbunden ihnen gegenüber gefühlt. Die Nebencharaktere blieben tatsächlich überwiegend blass, was mich persönlich aber nicht immens gestört hat. Natürlich bekommt man einem Jugendbuch angemessen, auch eine kleine Lovestory zu lesen, die aber nie zu viel Raum einnahm und auch nicht kitschig wirkte.
Das Ende des Romans hätte ich mir fast noch etwas spektakulärer und ggf. auch etwas auserzählter gewünscht. Aber auch hier blieb Charlotte Richter ihrem bisherigem Stil treu.

Das Thema des erzwungenen Glücks finde ich nach wie vor reizvoll und es war für mich ausschlaggebend das Buch zu lesen. Die dystopische Welt mit allen Vor- und Nachteilen sowie den Besonderheiten hat mir beim Lesen wirklich Spaß gemacht und mich außerdem zum Reflektieren animiert. Ich würde „Gemma“ Romantasy- und Jugendbuch-Leser/innen, die das Thema „Glück“ interessiert auf jeden Fall empfehlen. Reinen Dystopie-Fans könnte es ggf. etwas zu ruhig sein, da die Spannungselemente nur bedacht eingesetzt wurden. Das Buch regt eher zum Nachdenken als zum Fingernägel-Knabbern ein. 😉

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Veröffentlicht am 09.04.2021

Ruhiger Thriller

Angst sollst du haben
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Nachdem ich „Die Gerechte“ von Peter Swanson gelesen habe, war es klar: Ich bin ein Fangirl! So stand es außer Frage, dass ich auch „Angst sollst du haben“ unbedingt lesen muss.

Der Klappentext hat ...

Nachdem ich „Die Gerechte“ von Peter Swanson gelesen habe, war es klar: Ich bin ein Fangirl! So stand es außer Frage, dass ich auch „Angst sollst du haben“ unbedingt lesen muss.

Der Klappentext hat mich direkt gefesselt, denn er versprach einen Plot, den man nicht schon hunderte Male gelesen hat:
Henrietta (kurz: Hen) und ihr Mann Lloyd sind vor Kurzem umgezogen. Bei einem Nachbarschaftsfest lernen die beiden Eheleute Matthew und seine Frau Mira kennen und werden zum Abendessen eingeladen. Als Mira ihre Gäste nach dem Essen durchs Haus führt, glaubt Hen ihren Augen kaum. Der so sympathisch wirkende Nachbar ist im Besitz eines Gegenstands, der ihn ganz klar mit einem Mord in Verbindung bringt. Für Hen steht außer Frage: Ihr Nachbar muss ein Mörder sein! Nur glaubt ihr niemand. Also versucht sie auf eigene Faust weitere Beweise für Matthews Schuld zu finden.

Ich schätze den Schreibstil von Peter Swanson sehr. Er schreibt unheimlich flüssig, fesselnd und bildhaft, sodass ich manchmal überrascht bin, wie schnell die Seiten verfliegen. Die Kapitel, die von einem neutralen Erzähler wiedergegeben werden, wechseln dabei zwischen Hen und Matthew hin und her und offenbaren ein wahres Katz- und Maus-Spiel.

Schade war jedoch, dass der Autor nach sehr kurzer Zeit das Geheimnis um Matthews eventuelle Täterschaft lüftet. Hier hätte ich mir doch gewünscht, dass Swanson den Leser länger zappeln lässt. Die Spannung ist danach nämlich komplett abgefallen und ich brauchte etwas Zeit, um mich mit dieser Enthüllung „wohl zu fühlen“. Als ich mich damit angefreundet hatte, konnte ich mich trotz der abgefallenen Spannung an dem hohen Unterhaltungswert der Geschichte erfreuen. Zur Mitte hin wurde es dann auch doch wieder spannender, weil plötzlich eine neue Figur in den Mittelpunkt der Handlung rückte. Diese Spannung konnte Swanson dann auch bis zum Finale aufrecht halten.

Die wenigen Schauplätze und Figuren, die Swanson braucht, um eine Geschichte unterhaltsam und lesenswert zu machen, haben mich auch hier wieder beeindruckt. Allerdings fand ich die Nebenfiguren teils etwas blass. Besonders der Ehemann von Hen wirkte auf mich nicht ausreichend gezeichnet.
Die Auflösung, mit der der Autor die Leser am Ende zu überraschen versucht, gefiel mir leider nicht so gut wie der Rest, da ich diesem – ich nenne es mal – „Stilmittel“ schon zu oft begegnet bin. Allerdings fand ich das Ende toll auserzählt und einige Handlungen Hens, die ich vorher nicht gut nachvollziehen konnte, ergaben im Nachhinein Sinn.
„Angst sollst du haben“ ist ein ruhiger Thriller, der von der Anspannung zwischen den beiden Hauptakteuren lebt und trotz einiger Kritikpunkte doch einen hohen Unterhaltungswert besitzt. All das funktioniert nur aufgrund des fantastischen Schreibstils des Autors, der auch hier wieder sein Können zeigt.

So brillant wie „Die Gerechte“ fand ich zwar bisher kein Buch mehr von ihm, aber ich werde weiterhin jedes Buch lesen, das er veröffentlicht. Ich empfehle „Angst sollst du haben“ gern mit einigen Abzügen weiter, allerdings sollte man sich bewusst sein, dass es nach der frühen Enthüllung des Täters keine große Spannungsmomente mehr geben wird.



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