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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 27.06.2021

Fesselnder Einblick in das geteilte Berlin von 1961

Die fremde Spionin
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Titus Müller Autor zahlreicher historischer Romane hat sich diesmal eines komplexen Themas angenommen: der Teilung Deutschlands. Er entführt seine Leser in das Berlin des Jahres 1961. Die Stadt ist zwar ...

Titus Müller Autor zahlreicher historischer Romane hat sich diesmal eines komplexen Themas angenommen: der Teilung Deutschlands. Er entführt seine Leser in das Berlin des Jahres 1961. Die Stadt ist zwar schon in einen Ost- und Westteil auseinandergerissen, die Mauer steht aber noch nicht...

Die Eltern von Ria und Jolanthe wurden vor einigen Jahren als Volksfeinde inhaftiert und die beiden Mädchen getrennt bei regimetreuen Pflegefamilien untergebracht. Während Jolanthe einen Witwer heiratet, tritt Ria eine Stelle im Ministerium für Außenhandel an. Sie hat ihre Schwester nie vergessen und lässt sich auf einen riskanten Handel mit dem BND ein, der ihr verspricht, eine Verbindung herzustellen. Ein hohles Versprechen, wie Ria bald feststellt, denn bald ist nicht nur das MfS, sondern auch der KGB hinter ihr her.

Meine Meinung:

Titus Müller ist mit diesem Buch ein fesselnder Auftakt einer Trilogie gelungen. Die Charaktere sind echten Personen nachempfunden, wie man im Nachwort lesen kann. Die Recherche zu diesem Buch ist, wie bei Titus Müller üblich, penibel durchgeführt. Geschickt verquickt er Fakten (den Sprung über den Stacheldraht bzw. die Flucht und der tragische Tod von Günter Litfin) mit Fiktion.

Obwohl ich als Österreicherin die Spannung an der innerdeutschen Grenze nicht kenne, kann ich das Machtspiel der beiden Welten durch die lebendige Schilderung der Umstände durchaus nachvollziehen. Üble Propaganda auf beiden Seiten. Die Geheimdienste schenken einander nichts. Blöderweise verschlafen nicht nur der BND sondern die gesamte westliche Politik die Anzeichen des Mauerbaus. Denn wie kann es sonst sein, dass plötzlich, quasi über Nacht, an der Zonengrenze eine unüberwindliche Mauer entsteht?

Gut beschrieben ist das Klima der Angst, das die Menschen auch nach dem Ende der NS-Diktatur fest im Griff zu haben scheint. Sind es jetzt nicht mehr die Männer die Gestapo, sondern die Spitzel der Stasi, die Andersdenkende willkürlich verhaften. Die Menschen können nicht wissen, wem sie noch trauen können. Der Preis der Denunziation sind zwar keine 30 Silberlinge, aber für ein paar Vergünstigungen meldet man doch gerne den Nachbarn oder einen missliebigen Arbeitskollegen.

Ich warte nun gespannt auf den zweiten Teil, der in ca. Einem Jahr erscheinen soll.

Fazit:

Ein fesselnder zeitgeschichtlicher Roman, der uns die innerdeutschen Spannungen plastisch näher bringt. Gerne gebe ich hierfür 5 Sterne.

Veröffentlicht am 24.06.2021

Kampf um Gerechtigkeit

Ich bin keine Heldin
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In diesem Buch berichtet Carla Del Ponte von ihrer Arbeit als Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien sowie für den Völkermord in Ruanda ...

In diesem Buch berichtet Carla Del Ponte von ihrer Arbeit als Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofes für die Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien sowie für den Völkermord in Ruanda in Den Haag in den Jahren 1999 bis 2007.
Sie schildert Triumphe und Niederlagen, schildert, welche Prügel ihr zwischen die Füße geworfen wurden, wenn es um US-Militäraktionen ging. Denn die USA war (ist?) als größter Geldgeber des Internationalen Strafgerichtshofs für Kriegsverbrechen nicht wirklich daran interessiert, die eigenen Truppen in einem schlechten Licht zu sehen.

Von den 161 Kriegsverbrecher die Carla Del Ponte aufspüren konnte, wurden 91 Personen vor Gericht gestellt und 63 davon wurden dann auch tatsächlich verurteilt. Trotz dieses Erfolgs, sieht sie sich selbst nicht als Heldin. Ihr war es wichtig, den Opfern eine Stimme zu geben.

Fazit:

Ein eindringliches Buch, das so manch Frage aufwirft. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.06.2021

Ein gelungener Reihenauftakt

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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Oliver Pötzsch, Autor von zahlreichen historischen Krimis entführt uns in das Wien des Fin de Siècle. Es ist die Zeit der krassen Gegensätze zwischen arm und reich, der Großbürgertums, des Antisemitismus ...

Oliver Pötzsch, Autor von zahlreichen historischen Krimis entführt uns in das Wien des Fin de Siècle. Es ist die Zeit der krassen Gegensätze zwischen arm und reich, der Großbürgertums, des Antisemitismus unter Bürgermeister Karl Lueger sowie der rasanten Modernisierung, die auch vor der Polizei und ihren Ermittlungsmethoden nicht Halt macht.

Leopold von Herzfeldt, ein junger ehemaliger Untersuchungsrichter, kommt im Herbst des Jahres 1893 nach Wien, um hier als Inspektor beim Wiener Sicherheitsbüro zu arbeiten. Man hat ihn in die Hauptstadt der Habsburgermonarchie entsandt, um die neuen Ermittlungsmethoden, die in Graz von Professor Gross, dem Begründer der Kriminalistik, entwickelt worden sind, zu etablieren.

Nun, die Beamten des Sicherheitsbüros sind von dem forsch auftretenden jungen Kollegen, der noch dazu hochdeutsch spricht statt wienerisch, so gar nicht angetan. Außerdem sorgt seine Herkunft aus einer wohlhabenden jüdischen Familie für ständige Konflikte.

Bei seiner Ankunft treibt ein Serienmörder, der es auf junge Dienstmädchen abgesehen hat, sein Unwesen. Die Frauen werden nicht nur einfach ermordet, sondern post mortem gepfählt. Wer hat einen solchen Hass auf Frauen, dass er sie gleichsam „übertötet“?

Meine Meinung:

In diesem historischen Krimi spielt Oliver Pötzsch seine ganze Klasse aus. Geschickt verwebt er historische Fakten mit Fiktion. Er schickt Ermittler und Leser gleichermaßen in diverse Sackgassen. Der Showdown am Ende ist elegant und gekonnt herbeigeführt.

Wie schon in seiner Henkerstochter-Reihe sind die Charaktere liebevoll gezeichnet, auch wenn sie echte Ungustl sind. Neben dem sympathischen Ermittler Herzfeldt, der in seinem jugendlichen Elan die alteingesessenen Beamten mehrmals vor den Kopf stößt, gibt es mit dem Totengräber Augustin Rothmeyer und dem Telefonfräulein Julia Wolf zwei spannende Figuren geschaffen. Julia kann von dem mageren Gehalt als Telefonistin im Sicherheitsbüro kaum überleben und verdingt sich nächtens in einem zwielichtigen Lokal als Tangotänzerin und Sängerin.

Die Gegenspieler Herzfeldt sind neben dem Mörder sein Kollege, der Antisemit Oberinspektor Leinkirchner sowie beider Vorgesetzte, der sein eigenes Süppchen zu kochen scheint.

Selbst die kleinsten Rollen wie Herzfeldts neugierige Zimmere sind authentisch dargestellt. Spannend sind auch die innerfamiliären Querelen des Walzerkönigs Johann Strauss. Hier geht es, wie häufig, um Geld.

Als Wienerin, die ein Faible für die Geschichte und Geschichten ihrer Stadt hat, habe ich zahlreiche Orte, die in diesem Buch eine Rolle spielen, wieder erkannt. Oliver Pötzsch hat die Stimmung dieser Zeit bestens eingefangen. Die Verflechtung von Adel und Politik in das (organisierte) Verbrechen sind sehr gut dargestellt.

Sprachlich ist dieser Krimi, wie alle Bücher des Autor, ein Genuss. Obwohl Münchener, versteht er es, seine Figuren im authentischen Wiener Dialekt sprechen zu lassen. Für Leser aus Deutschland empfehle ich ein Glossar, denn manche Ausdrücke sind vielleicht nicht so geläufig.

Fazit:

Diesem historischen Krimi, der den Auftakt einer Reihe bildet, gebe ich gerne eine Leseempfehlung und 5 Sterne.

Veröffentlicht am 20.06.2021

Krimiunterhaltung vom Feinsten

Donau so rot
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Das ist mein erster Krimi mit dem eigenwilligen, aber sympathischen Chefinspektor Robert Worschädl.

Worschädl und seine Frau Kaoline, eine Psychotherapeutin, feiern ihre Silberne Hochzeit. Während Karoline ...

Das ist mein erster Krimi mit dem eigenwilligen, aber sympathischen Chefinspektor Robert Worschädl.

Worschädl und seine Frau Kaoline, eine Psychotherapeutin, feiern ihre Silberne Hochzeit. Während Karoline von einer Karibik-Kreuzfahrt träumt, kann sich der bodenständige Worschädl gerade einmal zu einer dreitägigen Schifffahrt auf der Donau durchringen, zumal ihn neben der Unbequemlichkeit einer Flugreise auch die horrenden Kosten abschrecken.

Dass dem Jubelpaar auf der Reise von Linz nach Bratislava nicht langweilig wird, dafür sorgt schon Fußballpräsident Breitwieser, der just während der Feier zu seinem 60. Geburtstag tot in der Nachspeise landet.

Robert Worschädl schaltet augenblicklich vom „Privatmann“ in den Modus des Chefinspektors um und beginnt zu ermitteln. Der Geruch von Bittermandeln weist den Weg zu einem gewaltsamen Tod. Doch wer ist der Mörder? Da das Schiff nirgends angelegt an, ist der Täter noch an Bord ....

Meine Meinung:

Mit Robert Worschädl hat Autor Thomas Baum einen sympathischen Ermittler geschaffen. Auf den ersten Blick wirkt Worschädl tollpatschig und ungelenk, da er ein paar Kilos zu viel auf die Waage bringt. So mancher Krimineller hat ihn schon unterschätzt und damit eingefahren. Gemeinsam mit Kollegin Sabine Schinagl hat er eine hohe Aufklärungsquote. Sein Vorgesetzter Stefan Schweitzer hat manchmal zwar seine liebe Not mit Worschädl, der die Vorschriften hin und wieder „situationselastisch“ auslegt. Doch der Erfolg gibt Worschädl recht. Schweitzer ist als Chef leider nicht so souverän wie als Polizist.

Die Charaktere haben so ihre Ecken und Kanten. Gut gefallen hat mir, wie Sabine in ihrem Sorgerechtsstreit mit ihrem Ex-Mann, diesen vor Gericht eiskalt auflaufen lässt.

Entzückend finde ich, dass einige Gedanken aus Sicht eines ewig getretenen Fußballs geschrieben sind. Alle Kapitelüberschriften haben etwas mit Fußball zu tun: Corner, Freistoß oder Foul.
Trotz aller humorvollen Einlagen - wie etwa Worschädls Bad in der eiskalten Donau - nimmt sich der Autor eines ernsten Themas an: Wettbetrug und Spielmanipulationen im Fußball. Und da geht es nicht um die bekannten Vereine in der Bundesliga, sondern um die unbedeutenden Unterklassen des (nicht nur) österreichischen Fußballs.

Der Schreibstil ist locker und der Krimi lässt sich gut an Deck eines Donaukreuzfahrtschiffes lesen.

Fazit:

Das Buch hat mich bestens unterhalten. Gerne gebe ich hier 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 20.06.2021

Hat mich bestens unterhalten

Kalter Kristall
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In seinem zweiten Krimi mit Chefinspektor Robert Worschädl und Sabine Schinagl lässt der Autor die beiden ohne Wissen des Chefs jenseits der Staatsgrenze in Tschechien ermitteln. Warum eigentlich?

Während ...

In seinem zweiten Krimi mit Chefinspektor Robert Worschädl und Sabine Schinagl lässt der Autor die beiden ohne Wissen des Chefs jenseits der Staatsgrenze in Tschechien ermitteln. Warum eigentlich?

Während einer Wanderung mit Ehefrau Karoline stößt Robert Worschädl auf eine verkohlte Frauenleiche, die als Eliska Cerny, Prostituierte des dubiosen „Flat-Rate-Puffs“ von Harry Kovac identifiziert wird. Als Worschädl und Schinagl erfahren, dass die Tote einen minderjährigen Sohn hat, der verschwunden ist, machen sie sich auf die Suche nach Jakub.

Es gibt zahlreiche Spuren, doch welche führt zum Ziel? Eine davon ist, neben dem Puff ein Asia-Laden, der neben Reis und Sojasauce noch andere Spezialitäten verkauft. Eine andere bringt die beiden Ermittler in den Wellnesstempel von Clemens Wiesbauer sowie zu dessen Bruder, dem rollstuhlfahrendem Rallye-As Florian, der Eliska sehr gut gekannt hat.

Als Karoline in Linz überfallen und bös zugerichtet wird, lässt er alle guten Vorsätzen fallen und aktiviert wieder seinen unorthodoxen Ermittlermodus. Dass dies weder bei seinem ehrgeizigen Chef Stefan Schweitzer noch im Innenministerium gut ankommt, versteht sich von selbst.

Meine Meinung:

Auch dieser zweite Fall für Worschädl & Schinagl hat mir wieder ausgezeichnet gut gefallen. Neben den Einblicken in ihre Arbeit dürfen wir auch wohl dosiert an ihrem Privatleben teilhaben.

Ich habe mich bestens unterhalten gefühlt. Da ich erst im April selbst in den Bezirken Rohrbach und Freistadt unterwegs war, habe ich mich über die Beschreibung der kurvenreichen Straßen amüsiert. Ja, doch, manche Einheimische (Männer wie Frauen) fahren Rallye, wenn sie die Kinder in die Schule bringen oder den täglichen Einkauf erledigen.

Über den im Wellnesstempel urlaubenden und nörgelnden Landesrat musste ich recht herzlich schmunzeln. Dass der dann (angefüttert durch ein Zimmer-upgrade und ähnliche Guttis) zugunsten der Wiesbauer-Brüder im Innenministerium interveniert, ist leider ein typisches Beispiel der österr. Bürokratie. Während sich Stefan Schweitzer davon beeindrucken lässt, zuckt Worschädel nur mit den Schultern und ermittelt einfach weiter.

Wie von Thomas Baum gewöhnt, ist der Schreibstil sehr flüssig und angenehm zu lesen.
Der Kriminalfall ist bestens durchdacht und dicht gewebt. Die vielen kurzen Kapitel bringen Abwechslung und animieren (passt zum Puff) die Leser zum stetigen Weiterlesen. Von Beginn an spannend, undurchsichtig und manchmal auch erschütternd, gibt es eine stimmige Auflösung. Der Leser wird, wie die Ermittler, in so manche Sackgasse gelotst.
Auch diesmal widmet sich der Autor einem ernsten Thema: der florierenden Drogenerzeugung im Nachbarland.

Fazit:

Ein Krimi, der nicht nur durch seine hervorragend durchkomponierte Handlung, sondern auch durch den schwarzen Humor besticht. Gerne gebe ich auch hier 5 Sterne.