Profilbild von MissGoldblatt

MissGoldblatt

Lesejury Profi
offline

MissGoldblatt ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit MissGoldblatt über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 29.01.2018

Klassiker ist nicht gleich Klassiker

Lieber Daddy-Long-Legs
0

Ich wusste vorab, dass unter anderem Lena von Büchernest Blog sehr gespannt auf die deutsche Veröffentlichung von Lieber Daddy Long-Legs war. Und zugegeben, genau das hat mich so neugierig gemacht, weil ...

Ich wusste vorab, dass unter anderem Lena von Büchernest Blog sehr gespannt auf die deutsche Veröffentlichung von Lieber Daddy Long-Legs war. Und zugegeben, genau das hat mich so neugierig gemacht, weil sie nur des Lobes war. Als es dann endlich soweit war und das Buch im September 2017 erschien, hatte ich mir vielleicht einmal kurz den Klappentext durchgelesen (sagen wir vielmehr überflogen). Aus dem Grund hatte ich auch wenig Erwartungshaltung was die Handlung und deren Verlauf anging. Was jetzt im Nachhinein betrachtet wohl echt nicht verkehrt ist.

Denn eins muss man sich wohl beim Lesen von Lieber Daddy Long-Legs vor Augen halten: Das Buch wurde vor über 100 Jahren von der Autorin Jean Webster geschrieben. Das merkt man in der Art, im Verlauf und auch in der Ruhe, die die gesamte Geschichte ausstrahlt.

Das mag nicht jedem zusagen. Ich bin mir auch nicht mehr sicher, woher ich diesen Vergleich im Kopf habe, aber irgendwo meine ich mal gelesen zu haben, dass wenn man Jane Austen gerne liest, dieses Buch auch mögen würde. Was irgendwie nicht richtig stimmt, weil die Geschichte zwar den Zeitgeist erfasst, aber doch, meiner Meinung nach, wenig mit Austen gemein hat. Man muss ja nicht jeden Klassiker von weiblichen Autoren über einen Kamm scheren, oder?

Worum geht es aber in Lieber Daddy Long-Legs? Als Leser begleitet man die junge Judy auf dem Weg ins Erwachsenenleben. Durch einen wohlwollenden Sponsor (Daddy Long-Legs) erhält sie die Möglichkeit zu studieren und erlebt dabei einige mehr oder weniger außergewöhnliche Sachen. Das Ganze wird ungewöhnlicherweise in Form von Briefen erzählt, die alle von Judy verfasst und an ihren Gönner geschickt werden. Eben genau das macht das gesamte Buch sehr ruhig. Allerdings weiß Jean Webster ihre Protagonistin stark und ihrer Zeit voraus darzustellen, was sehr erfrischend ist. Judy ist selbstständig, wissbegierig und alles andere als auf den Mund gefallen. Alles wird aus der Perspektive von Judy beschrieben, meist zeitversetzt, weil es natürlich Nacherzählungen aus dem Alltag sind und einen wirklichen Gegenpart, einen Dialog, findet man nicht vor.

Ich fand das ehrlich gesagt sehr schade. Ich hätte mir zumindest ein oder zwei Briefe seitens ihres Gönners gewünscht. Trotzdem hat das meiner Lust weiterzulesen oder die Geschichte in sich selbst zu genießen, keinen Abbruch getan. Denn immer wieder muss man Schmunzeln, genießt die Wortwahl und man spürt hervorragend, wie sich Judy von einem jungen Mädchen zu einer selbstsicheren Frau entwickelt. Vielleicht ist die Geschichte etwas vorhersehbar, vielleicht erscheint Judy auch stellenweise arg naiv und nicht ganz so selbstbestimmt. Aber das liegt wohl an dem bereits erwähnten Zeitgeist, der sich unverkennbar in der Geschichte präsent hält.


Fazit

Das Buch ist für einige nette Lesestunden geeignet, wenn man es sich ganz nostalgisch im Lesesessel mit einer Tasse Tee bei herbst-winterlichen Wetter gemütlich machen mag. Die Leichtigkeit und Lebensfreude sind ein wahrer Genuss beim Lesen. Großartig anspruchsvoll oder actionreich ist es dennoch nicht, weswegen man diese Art von Buch eben auch mögen muss.

Veröffentlicht am 02.05.2017

Überraschend, vielseitig, guter Auftakt

Der Schwarze Thron 1 - Die Schwestern
0

Die Bloggeraktion, an der ich beteiligt bin, hat im Vorfeld natürlich sehr viel Werbung für Der schwarze Thron gemacht und da stellt sich natürlich die Frage, ob das alles denn gerechtfertigt ist. Aus ...

Die Bloggeraktion, an der ich beteiligt bin, hat im Vorfeld natürlich sehr viel Werbung für Der schwarze Thron gemacht und da stellt sich natürlich die Frage, ob das alles denn gerechtfertigt ist. Aus dem Grund folgt jetzt auch vorab zum Erscheinungsdatum am 9. Mai 2017 meine Rezension zu diesem jungen Fantasyroman.

Zugegeben, ich musste in das Buch erst einmal reinkommen. Der Anfang hat sich für mich etwas schwierig gestaltet, weil die Kapitel anfangs doch etwas länger waren und die Geschichte aus mehreren Perspektiven erzählt wird. Besonders am Anfang, wo Kendare Blake, die Autorin, einen gewissen Erzählzyklus einsetzt, in dem immer in gleicher Abfolge Katharine, Arsinoe und Mirabella im Fokus stehen, braucht man etwas um einen Lesefluss zu entwickeln. Überraschenderweise bricht aber die Autorin ab einem gewissen Punkt in der Geschichte mit diesem Stilelement und danach ist die Geschichte in der Entwicklung und in seinem Erzählstil wesentlich freier und flüssiger.

Die Autorin schafft es aber zu Beginn von Der schwarze Thron eine sehr dichte und konstante Atmosphäre zu erzeugen, die mich immer wieder sofort gefangen genommen hat, sobald ich mich zu Katharine, Arsinoe oder Mirabella gesellt hatte. Das Ganze wird natürlich noch dadurch unterstützt, dass z. B. Katharine, welche die Königin der Giftmischer verkörpert sehr ausgemergelt, getrieben und zum Teil auch gebrochen wirkt. Seit Jahren wird sie mit Giften zugestopft, weil das eben als Giftmischer natürlich ist und sie eigentlich immun gegen Gifte sein sollte. Ihre sogenannte Gabe hat sich aber noch nie gezeigt und deswegen ist auch ihr Stellenwert unter den Giftmischern ein sehr wackeliger.

Das ist nicht besonder großartig, denn die Giftmischer regieren seit Generationen die Insel Fennbirn, auf der die drei Königinnen leben, und die letzten Königinnen waren stets starke Giftmischerinnen. Man merkt, da ist ein gewisser Druck, eine Erwartungshaltung. Aber nicht nur bei Katharine ist der da. Auch bei den anderen zwei Schwestern.

Da es aber neben den Giftmischern noch die Naturbegabten und die Elementwandler gibt, und die seit Jahren immer mehr der Armut verfallen, weil da ein eindeutiges gesellschaftliches Gefälle existiert, sind die Spannungen im Hintergrund immens. Ich finde es wirklich großartig, wie die Autorin durch feine Details, in den Dialogen, in den Handlungen oder Beschreibungen diese Spannungen aufgreift und transportiert.

Man sollte also nicht vorschnell urteilen, wenn es darum geht, dass die Geschichte nicht mehr bietet, als ein bisschen jugendliches und weibliches Anfauchen um den Thron zuliebe. Schnell habe ich selbst gemerkt, dass die drei Königinnen vielmehr Marionetten dieser Tradition, einer Politik sind, die mehr aus Show, als aus wirklicher politischer Diplomatie und Können besteht. Die eigentlichen Fäden werden im Hintergrund, von den regierenden Giftmischern und den Priesterinnen, gezogen. Da diese heilige Wahl und der Aufstieg einer Königin eigentlich etwas Religiöses ist, sind die Priesterinnen involviert, doch so unschuldig, wie man glauben mag, sind sie nicht.

Bei den Ladies geht es nämlich ordentlich zur Sache. Die Autorin hat mir ein ganz neues Bild von Priesterinnen auferlegt, nämlich das die auch ganz schön gewalttätig und grausam werden können, wenn es nicht nach deren „Vorsehung“ zugeht. Generell lässt sich sagen, dass Kendare Blake sich nicht davor scheut auch mal unschöne Szenen darzustellen. Vielleicht nicht in aller Ausführlichkeit und in allen hässlichen Details, aber sie liefert insoweit genug Material, damit der Leser sich den Rest denken kann. Und die eigene Fantasie ist meistens ja eh viel unschöner als man mit Worten beschreiben könnte, oder? Leidenschaft kann auch Leiden schaffen und das kommt in Der schwarze Thron in vielen Facetten, auch abseits der Priesterinnen und ihr Handeln, zum Vorschein.

Der schwarze Thron hat bei mir den Eindruck hinterlassen, dass die Spannung und der Kitzel im Hintergrund abläuft. Ich würde also nicht behaupten, dass man als Leser von einem spannungsgeladenen Moment zu nächsten hechtet. Vielmehr lebt das Buch davon, dass es auf das große Beltanefest, dem Fest an dem das Jahr des Aufstiegs beginnt, zuläuft. Bei dem sich übrigens alle drei Königinnen nach 10 Jahren wiedersehen und das Jahr beginnt, in denen die drei sich nach Lust und Laune abmurksen dürfen. Der Weg und die Vorbereitung sind die Handlung dieses Buches und ich denke, dass dem Leser im zweiten Band, schon einiges mehr erwarten wird.

Da die jungen Königinnen in der Blüte ihrer Jugend stehen und jede Königin auch einen Gemahl braucht für die kommende Drillingsgeneration, ist die Liebe in diesem Roman auch ein Thema. Ein mal mehr, mal weniger präsentes Thema. Aber auf jeden Fall auch eins mit ein paar sehr schrägen Momenten. Das ist tatsächlich der Punkt, der mir insgesamt, egal bei welcher Königin oder Nebenfigur, am wenigsten gefallen hat. In diesem Buch wird es tatsächlich auch eine Dreiecksgeschichte geben, die mir wirklich nicht so gut gefallen hat. Da war die Umsetzung irgendwie nix. Erstens, brauchte ich nicht noch ein Love-Triangle, zweitens, war das so nach dem Motto „What the fuck?!“ und drittens, hatte ich das Gefühl, dass gewisse „Liebesszenen“ einfach nicht die Stärke der Autorin sind. Die wirkten immer irgendwie holperig und schräg. Einfach nicht atmosphärisch und situationsbedingt passend. Ich bin neugierig, wie die Autorin das im Folgeband weiter ausarbeitet, hoffe aber auf eine Besserung.

Abschließend kann ich nur noch sagen, dass Der schwarze Thron den Leser durchaus überraschen kann. Man wähnt sich lange auf der sicheren Seite, und vereinzelt ist eine gewisse Vorhersehbarkeit nicht zu leugnen, aber im großen und ganzen wird man immer wieder aus dem Dunkeln heraus von der Autorin überrascht. Das macht Spaß und genau das darf Kendare Blake im zweiten Band so weiterführen.


Fazit

Der schwarze Thron von Kendare Blake mag derzeit die Gemüter spalten, aber unabhängig davon ist es ein gutes Fantasybuch. Ein paar Schwächen gestehe ich dem Auftakt zu, doch die eine oder andere Überraschung und eine gewisse Konstante in der Geschichte hat mich überzeugt und macht definitiv Lust auf mehr. Ich für meinen Teil bin sehr gespannt und freue mich schon auf den September, wenn der zweite Band erscheint.

Veröffentlicht am 15.04.2017

Schicksalsträchtige Liebesgeschichte

The Sun Is Also a Star
0

The sun is also a star von Nicola Yoon war das erste Buch der Autorin, welches ich gelesen habe. Entgegen vieler anderer, die wohl bereits Du neben mir gelesen hatten, hatte ich keinerlei Erwartungen. ...

The sun is also a star von Nicola Yoon war das erste Buch der Autorin, welches ich gelesen habe. Entgegen vieler anderer, die wohl bereits Du neben mir gelesen hatten, hatte ich keinerlei Erwartungen. Naja, keine ist auch übertrieben, oder? Mir war der Beliebtheitsgrad der Autorin durch Du neben mir schon bekannt.

Worum geht’s im Buch? Da ist zum einen Natasha, jamaikanischer Abstammung, die, als sie acht Jahre alt war in die Vereinigten Staaten mit ihrer Mutter eingereist ist. Sie folgten dem Ruf ihres Vaters, der ihnen vorausgereist war, um seinen Traum von einer Schauspielkarriere in den Staaten zu verwirklichen. Wenn man als Leser allerdings in die Geschichte einsteigt, erfährt man schnell, dass dieser Traum mehr oder weniger immer ein Traum blieb und die Familie auf winzigem Raum zusammen lebt. Ja, kurz und schmerzlos, eigentlich sind sie arm. Nun steht die Abschiebung unmittelbar bevor. Denn wir plumpsen in die Geschichte, als Natasha gerade auf dem Sprung ist, um mal wieder, wie seit Tagen, bei den Behörden vor Ort um eine Lösung, einen Aufschieb, was auch immer zu bitten.

Wie der Zufall es will, ist zeitgleich bei Daniel auch einiges im Argen. Er befindet sich auf dem Weg zum Frisör, zu dem ihm seine koreanische Mutter nötigt, weil er wenige Stunden später ein Interview für die Elite-Universität Yale absolvieren soll. Auch wenn Daniel das gar nicht will. Denn das alles soll ihn am Ende zu einem Beruf führen, den er nicht ausüben möchte. Er weiß eigentlich gar nicht, wo es ihn beruflich hinzieht. Vielleicht ist das Dichten ja etwas? Denn das tut er mit Leidenschaft. Seine Eltern würden das aber, nach dem Debakel mit seinem Bruder, der von der Harvard Universität geflogen ist, niemals zulassen.

Lange Rede, kurzer Sinn. Die beiden treffen per Zufall aufeinander. Und instant entwickelt sich eine besondere, ganz zauberhafte und ja, sehr klischeehaft und gewollt, schicksalshafte Begegnung. Denn so verschieden die beiden auf den ersten, zweiten und dritten Blick auch scheinen, da ist etwas. Etwas was beide, aus ihren jeweiligen Überzeugungen nicht erklären können. Denn dazu sei gesagt, Daniel ist ein sehr intuitiver Mensch. Er lässt sich von seinen Gefühlen und Leidenschaften leiten, soweit es ihm in seinen Umständen möglich ist. Und Natasha ist ein kleiner Wissenschafts-Fanatiker, sehr nüchtern und kontrolliert. Dieser Kontrast ist so stark, dass er sich eben auch wunderbar ergänzt. Nicht umsonst heißt es ab und an ja: Gegensätze ziehen sich an.

Und so habe ich im Verlauf der Geschichte mehr als einmal schmunzeln müssen. Denn beide sind keine einfachen Brocken und die Dialoge, die sich die beiden liefern laden einfach zum Lachen ein. Dazu hat Nicola Yoon einen großartigen Schreibstil, der einen als Leser durch das Buch mit Leichtigkeit durch die Seiten zieht. Und trotz schwieriger Situationen und Szenen wirkt The sun is also a star nie düster und aus dem Kontext und der Atmosphäre gerissen. Vielmehr empfand ich so manche Wortwahl als überaus intelligent, ohne das der Lesefluss dabei bricht.

Letztendlich geht es in diesem Buch hauptsächlich um diese außergewöhnliche Liebesgeschichte, die sich innerhalb weniger Stunden, eines Tages, entwickelt und selbst noch lange Zeit später Eindruck in den Leben beider Charaktere hinterlassen hat. Inwieweit das für einen Leser realistisch ist, naja, das muss jeder für sich selbst wissen. Aber vorweg sei gesagt, die Autorin hat da den einen oder anderen Clou in der Hinterhand, die mich am Schluss tatsächlich von der Geschichte an sich überzeugt haben.

Es hat eine ganz besondere Note, weswegen ich das Buch wirklich gerne mag und es definitiv Lesern empfehlen möchte, die eine romantische Geschichte suchen. Unabhängig vom Alter. Das Buch ist eben etwas ruhiger, unaufgeregter, trotz der Spannungsspitzen, die durch die drohende Abschiebung von Natasha, immer mal wieder eingestreut wurden.

Für mich stand die Geschichte um die Abschiebung aber nie wirklich im Fokus – falls man das eventuell glauben mag, wegen des Klappentexts. Sie ist ganz klar ein unübersehbarer Teil der Geschichte, aber wird, meiner Meinung nach, eher nebensächlich behandelt. Was aber nicht schlecht ist, denn so gibt die Autorin dem Buch auch Raum, andere Töne in Richtung Familie, Zukunftsangst, Erwartungsdruck, ethnische Herkunft und unterschiedliche Kulturen anzusprechen.

Kurzum: Die drohende Abschiebung, die Kulturunterschiede zwischen den beiden und die sehr verschiedenen Persönlichkeiten setzen diese aufkeimende Liebe direkt unter einen schlechten Stern. Aber Nicola Yoon schafft es, den Leser, wie Natasha und Daniel, von eben diesem Damoklesschwert abzulenken. Sei es mit wunderbaren Szenen oder eben sehr poetischen und tiefgründigen Sätzen und Nebensträngen in der Handlung. Bis zur letzten Sekunde, bis zur letzten Seite.


FAZIT

The sun is also a star von Nicola Yoon ist ein sehr schönes und leichtes Jugendbuch mit einem gewissen Hang zu wissenschaftlicher Poesie, die das Gesamtbild mit einer ganz besonderen Note versehen hat und mir deswegen noch eine Weile in Erinnerung bleiben wird. Mit Witz und Charme wird hier eine etwas andere, aber sehr moderne Liebesgeschichte einem altersübergreifenden Publikum dargeboten.

Veröffentlicht am 04.04.2017

Sehr süße junge Geschichte übers selbstständig werden und die Liebe

To all the boys I’ve loved before
0

Wie oft bin ich über dieses Buch bei Instagram und anderen Blogs gestolpert. Und immer wieder waren die Meinungen doch recht positiv. Das erste Mal bin ich vor Monaten auf das Buch gestoßen über eine Leseprobe ...

Wie oft bin ich über dieses Buch bei Instagram und anderen Blogs gestolpert. Und immer wieder waren die Meinungen doch recht positiv. Das erste Mal bin ich vor Monaten auf das Buch gestoßen über eine Leseprobe und fand den Schreibstil da ganz süß und leicht und ich war neugierig, wie sich diese Geschichte mit den Liebesbriefen auf Lara-Jean auswirken wird, was da mit dem Nachbarsjungen und Exfreund ihrer Schwester Margot passieren mag.

Und tatsächlich blieb der Schreibstil in To all the boys I’ve loved before sehr süß und leicht. Jedes Mal, wenn ich das Buch aufschlug, war ich wieder direkt in Lara-Jeans süßer, kleiner Teenie-Welt inkl. derer Probleme. Lara-Jean war von Anfang an ein sehr sympathisches Mädchen, auch wenn sie ein wenig das Graue Mäuschen verkörperte. Sie ist unsicher, zwar sehr kreativ und liebenswürdig, aber fühlte sich viel zu lange im Kokon des Schattens ihrer großen Schwester viel zu sicher.

Als nämlich Margot durch den Antritt ihres Studiums in England wegzieht und nun Lara-Jean deren Platz im Haushalt einnimmt (denn die Familie besteht nur aus den drei Schwestern und dem Vater, die Mutter ist vor einigen Jahren verstorben), wird sie mit ihrer eigenen Unsicherheit stark konfrontiert. Als dann zusätzlich das Problem mit den verschickten Liebesbriefen auftritt, spürt man schon schnell, wie arg sie überfordert mit der Situation ist. Und das ist eben das große Thema in dem Buch. Es ist ein einziges Gefühlschaos und man ist als Leser mittendrin.

Vor hundert Jahren standen Achtzehnjährige auf dem Schlachtfeld, kämpften mit dem Bajonett und hielten das Leben von Menschen in der Hand. Bis jemand in unserem Alter war, hatte er schon eine Menge erlebt. Wir dagegen, was wissen wir denn schon vom Leben und von der Liebe? ─ S. 191

Das bedeutet aber nicht, dass Lara-Jean wie ein Häufchen Elend in sich zusammenfällt. Stattdessen erleben wir als Leser wie sie von einer unglückseligen Situation in die nächste schlittert. Und das oftmals noch auf eine sehr schrullig-liebevolle Art. Ganz oft kam mir hier der Begriff „naiv“ in den Kopf. Unter Berücksichtigung ihres Alters, sie ist noch in der Highschool, ist das kein Wunder bzw. noch nachvollziehbar.

Eben dieses naive und damit auch sehr altersauthentische Verhalten hat Jenny Han gut wiedergegeben. Vielleicht finden es deswegen bei Goodreads und Co. ganz viele junge Leser sehr glaubwürdig, während etwas ältere Leser hier und da eher etwas aufseufzen. Meine Reaktion war so ein Mittelding dazwischen. Ich mag solch junge Literatur sehr gerne, aber etwas Abstand zur Lara-Jeans Alters- und Zielgruppe habe ich dann doch. Und eigentlich will ich nicht altklug schmunzeln und „Hach, die Jugend von heute“ denken, aber irgendwie kann ich es mir auch nicht verkneifen. Lara-Jean schafft sich als Protagonistin Fallen und Stolpersteine, die, wenn sie jemanden mal um Rat fragen würde (was sie ja nicht tut, auch wenn sie immer kurz davor ist) das eine oder andere Fettnäpfchen umschiffen könnte. Es gibt hier konrekte Beispiele, die ich anführen könnte, aber das wären auch Spoiler und deswegen spar ich mir das hier.

Allerdings konnte ich eine Gefühlslage sehr gut nachvollziehen, nämlich dass sich nach dem Weggang ihrer Schwester eine gewisse Distanz aufbaut. Dazu muss man wissen, dass Margot und sie eine sehr innige Schwesternbeziehung haben und die beiden sich alles anvertrauen. Im Verlauf des Buches merkt man einfach immer deutlicher, dass sich diese Schwesternbeziehung durch das „Erwachsenwerden“ von Margot enorm verändert. Die Beziehung, auch in dem Dreiergespann mit der kleinen Schwester Kitty (sehr niedliches, beizeiten aber auch nerviges Ding), bekommt eine neue Dynamik, eine Distanz und ja, auch schattige Gräben, in denen allen klar wird, dass man auch Geheimnisse voreinander hat.

Schlussendlich wird dem Leser früher oder später klar, dass To all the boys I’ve loved before nicht nur eine klassische Liebesgeschichte beinhaltet (und hier gibt es ein paar Wendungen, die ich auch nicht erwartet hätte – aber wieder auf komische Art und Weise gut finde), sondern auch diese Liebe innerhalb der Familie, und zwischen Schwestern ganz besonders, eine ganz eigene ist. Das hat die Autorin wunderbar eingefangen und dafür ein großes Lob. Ähnlich gut fand ich das Setting und die Diversität des Buches, die mit den koreanischen Wurzeln der Song-Schwestern ganz natürlich umgeht und damit wiederum eine Wohlfühl-Atmosphäre schafft.

Kleiner Kritikpunkt ist allerdings, dass Lara-Jean sich ziemlich schnell damit abgefunden hat, dass ihre Briefe da von jemand Anonymen durch die Welt verschickt wurde und sie wohl überhaupt keine Intention hat, herauszufinden, wer das denn war. Dabei war für mich von Sekunde 1 klar, wer das war. Also besonders schwer war das nicht, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen. Da hätte ich mir ein wenig mehr Ausarbeitung gewünscht, besonders weil der Klappentext ja ein bisschen mit dieser Briefgeschichte lockt.


Fazit

To all the boys I’ve loved before von Jenny Han hat mich am Ende doch sehr neugierig auf den zweiten Band gemacht, den ich schon zuhause liegen habe und bald nachschieben werde. Das Buch ist eine klasse und junge Unterhaltungslektüre, die aber eben auch mit feinen und glaubwürdigen Beziehungskonstrukten aufwartet, süß aber nicht kitschig ist und mich dahingehend überzeugen konnte.

Veröffentlicht am 14.03.2017

Schöner Auftakt, mit Luft nach oben

Rat der Neun - Gezeichnet
0

Was erwartet uns als Leser? Muss man Die Bestimmung gelesen haben?

Nein. Muss man nicht. Rat der Neun von Veronica Roth ist ein eigenständiges Buch, bzw. der Auftakt einer Dilogie, die überhaupt nichts ...

Was erwartet uns als Leser? Muss man Die Bestimmung gelesen haben?

Nein. Muss man nicht. Rat der Neun von Veronica Roth ist ein eigenständiges Buch, bzw. der Auftakt einer Dilogie, die überhaupt nichts mit Die Bestimmung am Hut. Unverkennbar sind dennoch ein paar Stilmittel und der Aufbau, die das Buch als eins von Veronica Roth auszeichnen. Da wäre zum Beispiel Cyra, eine Shotet, die Protagonistin des Buches. Sie ist stark, nicht auf den Kopf gefallen und hat einen unglaublichen Gerechtigkeitssinn und eine enorme Bindung an Traditionen. Und dabei ist sie noch sehr zäh. Ihre Lebensgabe bindet sie an permanenten und unerträglichen Schmerz, der erst durch starke Tränke oder noch später von Akos gelindert werden kann. Doch nicht nur sie leidet unter den Schmerzen, denn sie kann diese Schatten unter der Haut, die der Ursprung des Schmerzes sind, auf andere übertragen. Das macht sie zu einer sehr gefährlichen Gegnerin. Doch verlässt sie sich nicht auf die Gabe, sondern hat es auch im Nahkampf einfach drauf.

Zum anderen ist da noch Akos. Aus Thuve. Das Volk welches mit den Shotet seit Generationen verfeindet ist. Er ist ein umsichtiger und sehr reifer Charakter, der mir von allen Figuren noch am liebsten war. Denn die Geschichte wird aus den Perspektiven beider, Cyra und Akos, erzählt. Abwechselnd, in mehr oder weniger kurzen Kapiteln bekommt man als Leser einen Einblick und eine Bindung zu Cyra oder Akos. Was ich wirklich gut finde. Ich kann es nicht oft genug erwähnen, eine Geschichte bekommt dadurch eine bessere Dynamik. Wie auch hier geschehen. Und die braucht man auch.

Denn das Universum, welches die Autorin dem Leser vor die Füße legt ist ungemein groß, fantastisch, aber auch komplex. Und da ist nichts dran verkehrt. Denn das erste Mal seit gefühlt Ewigkeiten konnte ich mich wirklich in einer Fantasy-Welt hineinversetzen. Sarah J. Maas und ihre Throne of Glass-Reihe schafft da ähnliches. Aber hier hat man ganze Planeten von denen man hin und her springt. Da hat sich für mich eine wunderbar eigene Atmosphäre und auch Sogwirkung entwickelt, weswegen ich immer gespannt war, wie es mit Cyra und Akos weitergeht und was diese Welt bietet, wie die Gesellschaften aufgebaut sind etc.

Ich kann aber dieses Buch nicht rezensieren, ohne zu erwähnen, dass dieses Buch auch unglaubliche Längen mit sich zieht. So interessant und vielseitig ich die Welten und Charaktere (großer Diversitäts-Faktor z. B. durch Homosexualität) auch finde, es gab ebenfalls manche Beschreibungen, die ich unnötig fand und manchmal Szenen, die sehr plötzlich aus dem Lesefluss heraus passierten.

Insgesamt empfand ich Rat der Neun als eher ruhig. Das bedeutet nicht, dass es nicht auch actionlastige Szenen gab, aber die Erklärungen, der Aufbau dieser ganzen Welt vor dem Leser bedarf Zeit. Die nimmt sich Veronica Roth und ich hoffe, dass es sich im zweiten Band auszahlt. Besonders gegen Ende von Rat der Neun hatte ich das Gefühl, dass die ganzen Geschehnisse sich endlich in eine Richtung entwickeln, die den Leser wirklich bei der Stange halten kann und die Lust auf mehr macht. Und in ordentlicher Veronica Roth-Manier scheut sich die Autorin nicht harte Konsequenzen für ihre Charaktere am Ende auszudenken. Und ja, die sind mitunter brutal. Und dazu noch sehr bildlich beschrieben.

Und dann ist da, unter anderem, auch noch die Liebesgeschichte zwischen Cyra, eine Shotet, und Akos aus Thuve, eigentlich verfeindete Völker, die sich im Verlauf der Geschichte entwickelt. Ohne, dass man den Klappentext hätte lesen müssen, wird einem bei der ersten Begegnung der beiden schnell klar, dass da irgendwann was laufen wird. Das fand ich jetzt nicht sonderlich subtil. Aber als dann die ersten Szenen kamen, die diese Entwicklung deutlicher abzeichneten, fand ich es schon überraschend. Weil sich weder Akos oder Cyra in ihren Kapiteln mit dem jeweils anderen auf solch eine Art beschäftigen. Ich hatte da beim ersten Mal einfach das Gefühl einen großen Schritt, einen Aha-Moment verpasst zu haben. Dafür, dass man als Leser doch sehr nah an den beiden Leben dran ist, ist das schon eher lasch. Und obwohl ich beide Protagonisten echt nicht scheiße fand (und ich Kickass-Weiber in Büchern mag) hatte ich nie die Nähe zu beiden. Ihre Gefühle füreinander oder im einzeln wirkten bei mir nicht. Erst gegen Ende, wo sich gewisse Ereignisse überschlagen, bekommt das Buch auch in diesem Part einen Aufschwung. Für manch einen Leser mag das aber zu spät sein.


Fazit

Rat der Neun von Veronica Roth ist ein Buch, welches die schriftstellerische Entwicklung einer Autorin klar markiert. Es hat mich überzeugt, da es eigenwillige, aber auch bunte Charaktere aufweist und dazu Fantasy und Science-Fiction in einem sehr komplex und dabei doch struktruierten Setting vereint. Dennoch denke ich, dass Veronica Roth noch ordentlich Luft nach oben bleibt und bin gespannt, wie sie die Geschichte fortsetzen wird.