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Veröffentlicht am 27.07.2021

Bester Freund

Seeing what you see, feeling what you feel
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Lydia ist eine Einzelgängerin, die Familie ist nach einem Unglücksfall zerbrochen, die beste Freundin seither die schlimmste Mobberin. So steckt die ehrgeizige und hochintelligente Schülerin ihre gesamte ...

Lydia ist eine Einzelgängerin, die Familie ist nach einem Unglücksfall zerbrochen, die beste Freundin seither die schlimmste Mobberin. So steckt die ehrgeizige und hochintelligente Schülerin ihre gesamte Energie in die Erschaffung einer künstlichen Intelligenz. Das neue Wesen lernt schnell und überflügelt bald seine Programmiererin und wird zudem deren bester Freund. Beste Freunde tun alles füreinander, oder nicht?

Ein wenig dauert es, bis Lydias Beweggründe klar werden, die ihr Interesse für Computer und das Erschaffen einer ganz besonderen KI erklären. Dies lässt Naomi Gibson mit wenigen Sätzen gekonnt in die einzelnen Kapitel einfließen. Auch drumherum ist der Schreibstil der Autorin „jugendlich“ und sehr passend zum Geschehen rund um Schüler, Partys, Mobbing, Selfies und Liebe. Die Sehnsucht nach Anerkennung und die Bewältigung schwerwiegender Krisen sind ebenfalls zentrale Themen, eingebettet in viel detaillierte, aber nicht unverständliche Beschreibungen von Computerhacks, Chips und wirren Kabeln.

Auch wenn natürlich etliche Szenen nicht ganz glaubwürdig erscheinen, so stellt man sich als Leser doch immer wieder die Frage, was in Wirklichkeit bereits alles möglich ist oder bald möglich sein wird. Sehr gut ins Geschehen integriert ist die immer menschlicher werdende KI namens Henry, die ebenso verblüffende wie erschütternde Reaktionen zeigt und diesem Jugendroman interessante Wendungen verleiht. Durchgehend spannend, kann sich diese im dritten und letzten Teil noch steigern und in einem phantastischen Ende gipfeln, das mir ein verschmitztes Lächeln ins Gesicht zaubert.

Fazit: Interessante Gedanken verarbeitet die Autorin in eine durchaus fesselnde Geschichte, die den Leser sehr gut unterhält und mit ernsthaften Themen auch zum Nachdenken bewegt.



Titel Seeing what you see, feeling what you feel

Autor Naomi Gibson

ISBN 978-3-522-50705-9

Sprache Deutsch

Ausgabe Flexibler Einband, 336 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 27. Juli 2021

Verlag Planet! in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH

Originaltitel Every Line of You

Übersetzer Ulrike Köbele

Veröffentlicht am 20.07.2021

Hexen und die beginnende Neuzeit

Die Puppenspieler
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Der 12jährige Richard lebt mit seiner Mutter im schwäbischen Wandlingen und fällt durch seine Wissbegierde und rasche Auffassungsgabe in der Klosterschule auf. Als nach der Herausgabe des Malleus Maleficarum, ...

Der 12jährige Richard lebt mit seiner Mutter im schwäbischen Wandlingen und fällt durch seine Wissbegierde und rasche Auffassungsgabe in der Klosterschule auf. Als nach der Herausgabe des Malleus Maleficarum, des Hexenhammers, Dominikanermönche ans Kloster kommen, nimmt das Schicksal seinen Lauf. Zobeida, Richards Mutter, ist als Sarazenin zwar angepasst und zum Christentum übergetreten, dennoch wird sie als Hexe angeklagt und vor Richards Augen auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Der Junge wird von seiner Tante Sybille freundlich im Hause der Fugger aufgenommen und erhält in Augsburg eine fundierte Ausbildung beim einflussreichsten Kaufmann Jakob Fugger. Bald kann Richard eine wichtige Funktion für die Kaufmannsfamilie in Florenz und Rom einnehmen, wo Medici und Borgia den Ton angeben. Das Thema Hexen hat Richard aber nie vergessen.
Mit einem grandiosen, wenn auch grausamen Abschnitt steigt Tanja Kinkel in dieses Epos ein, sofort nimmt sie mit klaren und bildhaften Beschreibungen den Leser gefangen und zeichnet insbesondere mit Richard und Zobeida zwei recht sympathische Figuren. Auch sonst sind sämtliche Szenen sehr lebendig und anschaulich dargestellt, sodass man sofort eintaucht in eine fremde Welt. Der folgende Abschnitt mit der Kaufmannsfamilie Fugger ist ebenso interessant und abwechslungsreich, während die Zeit in Italien geprägt ist von eher allgemeinem Zeitgeschehen, von Kirche und Kunst und Richard ein wenig zu sehr in den Hintergrund rückt mit seinem Ansinnen, nachzuweisen, Hexen gäbe es nicht. Die Geschichte rund um die Hauptfigur Richard verliert somit speziell im Mittelteil immer mehr an Spannung, die gerade zu Beginn so fesselnd und einnehmend ist. Nichtsdestotrotz sind die Figuren ausgezeichnet charakterisiert und spiegeln die Zeit des Aufbruchs insgesamt sehr deutlich wider.
Wünschenswert wäre ein Personenverzeichnis mit Hinweisen auf historische Figuren, in die sich Richard als fiktiver Hauptdarsteller ausgezeichnet einfügt.
„Die Puppenspieler“ ist besonders empfehlenswert für jene Leser, die nicht nur eine erfundene Handlung verfolgen wollen, sondern auch Interesse zeigen für die historischen Ereignisse der frühen Neuzeit.


Titel Die Puppenspieler
Autor Tanja Kinkel
ASIN B0916787JD
Sprache Deutsch
Ausgabe ebook, 2607 KB
ebenfalls erhältlich als Druckausgabe und Hörbuch
Erscheinungsdatum 1. April 2021
Verlag dotbooks

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Veröffentlicht am 03.07.2021

Im Namen der Kinder

Tiefer Fjord
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Schwer verletzt wird ein kleiner Junge ins Krankenhaus Ullevål in Oslo eingeliefert. Der Bub verstirbt noch in derselben Nacht, der diensthabende Arzt Haavard geht von Misshandlungen aus. Als kurz darauf ...

Schwer verletzt wird ein kleiner Junge ins Krankenhaus Ullevål in Oslo eingeliefert. Der Bub verstirbt noch in derselben Nacht, der diensthabende Arzt Haavard geht von Misshandlungen aus. Als kurz darauf der Vater des Kindes tot im Gebetsraum der Klinik aufgefunden wird, gibt es einige Verdächtige. Da die Familie des verstorbenen Jungen aus Pakistan stammt, könnte Fremdenhass ein Motiv sein. Und weil Haavards Frau Clara im Ministerium Unterstützung sucht für ein Gesetz, das Kinder aus schwierigen Verhältnissen Schutz gewährt, gerät nicht nur Haavard, sondern auch seine Frau in Schwierigkeiten.

Nach einem Prolog im Jahre 1988 führt Autorin Ruth Lillegraven den Leser mit kurzen Kapiteln geschickt durch die ganze Geschichte, die Großteils im Jetzt spielt, aber auch dann und wann zurückblickt in die 1980er-Jahre. Jeweils aus der Ich-Perspektive erzählen verschiedene Figuren aus ihrem Blickwinkel, vorwiegend sind dies Clara und Haavard. Trotz dieser Perspektiven fühle ich als Leser jedoch keine unmittelbare Nähe zu den handelnden Personen, immer bleibt eine gewisse Distanz bestehen. Die Spannung hingegen ist von Anfang an spürbar. Jeder gerät unter Verdacht, Indizien und Motive gibt es zuhauf, wenn man nur ein wenig genauer hinsieht.

Der Erzählstil von Lillegraven ist angenehm zu lesen und kann durchwegs fesseln und Neugierde wecken, wie sich denn Opfer und Täter tatsächlich im Kreise drehen, wer schlau ist und wer noch schlauer, wer wen in der Hand hat und wer schlussendlich als eiskalter Sieger hervorgeht. Die Landschaft Norwegens spiegelt diesen raschen Wechsel an Beschuldigten gut wider und bietet einen hervorragenden Hintergrund für die Gräueltaten, die hier passieren. Das Ende ist geschickt so gewählt, dass ein Folgeband gut an die Geschehnisse von Tiefer Fjord anschließen kann und dieser sofort auf meiner Wunschliste landet.

Durch die Themenvielfalt von Kindemissbrauch und Rassismus, über Karrierefrauen bis hin zu tief verwurzelten familiären Schwierigkeiten und Beziehungsproblemen bietet dieser Roman viel spannende Abwechslung und ist somit eine Leseempfehlung wert.



Titel Tiefer Fjord

Autor Ruth Lillegraven

ISBN 978-3-471-36041-5

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 400 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook und Hörbuch

Erscheinungsdatum 28.6.2020

Verlag List Verlag

Originaltitel Alt er mitt

Übersetzer Hinrich Schmidt-Henkel

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Veröffentlicht am 21.06.2021

Der Schein trügt

No Way Out - Es gibt kein Entkommen
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Mitten in der Nacht ergeht Feueralarm an das Einsatzkommando: ein prächtiges Haus steht in Flammen. Von den Bewohnern werden aber nur die beiden Kinder gefunden, Mutter und Vater scheinen spurlos verschwunden. ...

Mitten in der Nacht ergeht Feueralarm an das Einsatzkommando: ein prächtiges Haus steht in Flammen. Von den Bewohnern werden aber nur die beiden Kinder gefunden, Mutter und Vater scheinen spurlos verschwunden. Schnell werden Gerüchte laut, dass die verantwortungslosen Eltern ihre Kinder vielleicht allein zurückgelassen hätten, schließlich kennt niemand in der Nachbarschaft die recht zurückgezogenen Leute. Was außerdem rasch klar ist: Brandstiftung gilt als Ursache für das Unglück.

DI Adam Fawley leitet die Ermittlungen rund um den Fall, zu dem kaum verwertbare Informationen auftauchen. Das Team ist gut aufgestellt und untersucht realitätsnah und nachvollziehbar Details, die erst mühsam gesammelt werden müssen. Als dramaturgisches Mittel werden in die Handlung, die im Präsens verfasst ist, immer wieder Protokolle von Vernehmungen oder Telefonbefragungen eingefügt. Dies gefällt mir weniger, da durch die recht nüchterne Darstellung der Dialoge auf Reaktionen auf beiden Seiten verzichtet wird, Gestik und Mimik werden überwiegend ausgeblendet. Ähnlich ergeht es mir mit den Zeitungsschnipseln von online-Medien: Berichte, umrahmt von anderen Artikeln, die mit dem Geschehen in keinerlei Zusammenhang stehen, bringen kaum Neuigkeiten ins Spiel, die Kommentare darunter sind ebenso verzichtbar. Eine interessante Idee, die hier aber leider nicht aufgeht.

Die Handlung selbst hingegen ist sehr gut gelungen, wenn auch da und dort ein wenig zu langatmig. Die Geschichte besticht durch interessante Wendungen und überraschende Ereignisse, sodass Verdächtige und deren Motive immer wieder neu überdacht werden müssen. Das Ende kann dann auch wirklich noch mit einem gut durchdachten und unerwarteten Effekt punkten.

Fazit: inhaltlich lesenswerter Kriminalroman, der durch unnötig eingestreute Extras eher an Spannung verliert als gewinnt.



Titel No way out – Es gibt kein Entkommen

Autor Cara Hunter

ISBN 978-3-7466-3433-3

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 416 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 21.6.2020

Verlag Aufbau TB

Originaltitel No way out

Übersetzer Teja Schwaner, Iris Hansen

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Veröffentlicht am 24.05.2021

Zügellos

Die Tänzerin vom Moulin Rouge
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Hart arbeiten muss Louise Weber trotz ihres zarten Alters. Ebenso wie ihre ältere Schwester Vic und ihre Mutter schuftet sie von früh bis spät in einer Wäscherei in Paris um ihren kargen Lebensunterhalt ...

Hart arbeiten muss Louise Weber trotz ihres zarten Alters. Ebenso wie ihre ältere Schwester Vic und ihre Mutter schuftet sie von früh bis spät in einer Wäscherei in Paris um ihren kargen Lebensunterhalt zu verdienen. Der Vater ist im Krieg geblieben, auch der großelterliche Garten im Elsass ist verloren. Gott scheint alles falsch zu verstehen, also muss Louise ihr Leben selbst in die Hand nehmen, will sie nicht ewig weiter so dahin kümmern, vielleicht noch mit einem üblen Ehemann an ihrer Seite.

Sehr lebendig und reich an Bildern steigt Tanja Steinlechner ins Leben von Louise ein: dampfende Kessel, scharfe Lauge, wunde Hände – das ist der Alltag in der Wäscherei unter der gestrengen Aufsicht von Vorsteherin Betty. Vorbei sind die Zeiten im Elsass, wo es frisch nach Rosmarin, Thymian und Lavendel duftete, vorbei die Träume von einem angenehmen und selbstbestimmten Leben. Im Jahre 1880 kann man sich eben nicht aussuchen, welchen Platz einem das Schicksal zuteilt – oder ist es vielleicht doch möglich, all dem zu entkommen, seiner Sehnsucht nachzugeben und neue Wege zu beschreiten?

Der Tanz ist es, der Louise immer schon fasziniert. Feine Strümpfe und Mieder im Waschzuber stacheln ihre Fantasie an. Am Montmartre spielt sich das wahre Leben ab, in der schillernden Künstlerwelt, die erst spät abends erwacht, während man in den Baracken von Clichy bereits erschöpft aufs Nachtlager sinkt. Entschlossen, ehrlich und direkt präsentiert Steinlechner die junge Dame, die ausbricht aus den einengenden Normen, aus dem Alltag, in dem sie nicht wie ihre Mutter dauerhaft gefangen sein will und kann.

Schnell taucht der Leser ein in eine Milieustudie, in eine berauschende Atmosphäre von Paris im ausklingenden 19. Jahrhundert, begegnet interessanten Künstlern wie Auguste Renoir, Henri de Toulouse-Lautrec, dem Psychoanalytiker Sigmund Freud und vielen anderen berühmten historischen Personen. Vergnügen zwischen Champagner, Oliven und Käse, Malereien, Fotografien und hübsche Tänzerinnen spannen einen aufregenden Bogen von Louises ersten Schritten auf der Bühne bis zu ihren Auftritten im Moulin Rouge. In rascher Abfolge wechseln Schauplätze und Freunde, spiegeln Louises Willensstärke, aber auch ihre Maß- und Zügellosigkeit wider. Immer mehr verschwimmen Raum und Zeit wie in einem Drogenrausch, der die gefeierte Tänzerin mit sich fortreißt.

Überraschend und unerwartet, aber ausgezeichnet recherchiert und den Tatsachen entsprechend, wandelt sich das anfangs selbstbewusste und zielstrebige Mädchen in eine wenig sympathische erwachsene Frau, deren Verhalten man nur mehr schwer verstehen kann.

Das Bildnis der Louise Weber als inspirierender Roman mit vielen realen Details ist gut gelungen und stellt, trotz einiger Längen im Mittelteil, eine interessante Zeitreise dar in die leuchtende Metropole der Kunst und der Freizügigkeit, der Toleranz und der uneingeschränkten Liebe, ein überaus passendes Portrait einer zügellosen Figur, die Louise Weber zweifellos war.



Titel Die Tänzerin vom Moulin Rouge

Autor Tanja Steinlechner

ISBN 978-3-404-18411-8

Sprache Deutsch

Ausgabe Taschenbuch, 432 Seiten

ebenfalls erhältlich als ebook

Erscheinungsdatum 28. Mai 2021

Verlag Lübbe

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