Pasta, Mafia und schwierige Entscheidungen
Der Tintenfischerei aller Spannung läuft beim Lesen von "Der Tintenfischer" immer wieder das Wasser im Munde zusammen. Denn die Autoren Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo sparen nicht mit Essen und Trinken. Immer wieder ...
ei aller Spannung läuft beim Lesen von "Der Tintenfischer" immer wieder das Wasser im Munde zusammen. Denn die Autoren Wolfgang Schorlau und Claudio Caiolo sparen nicht mit Essen und Trinken. Immer wieder muss Commissario Morello ein starker Espresso auf die Sprünge helfen und bei den Besprechungen mit seiner Kollegin Anna Klotze ist immer wieder frische Pasta angesagt. Der sizilianische Polizist, der sich in Venedig im ungeliebten Exil fühlt, will seiner Heimat wenigstens in der Küche verbunden bleiben. Der Leser schnuppert und schmeckt mit.
Doch "Der Tintenfischer" hält sich nicht nur beim guten italienischen Essen auf. Hier steckt auch viel Aktualität drin. Nicht nur, weiles um organisierte Kriminalität, Menschenhandel und die Netzwerke der Schleuserbanden geht. Auch die Coronapandemie wird in die Handlung eingebaut, sei es mit dem gerade zu Ende gehenden Lockdown in Italien und den allgegenwärtigen Masken, sei es mit Corona-Betrügern, die in der Krise alte Menschen um ihre Ersparnisse bringen wollen.
Nicht die Pest sucht Venedig heim, doch immerhin eine Pandemie. Dabei ist die Stadt gerade schöne denn je - keine Touristenmassen, klares Wasser in den Kanälen. Doch Morello hat dafür keinen Blick, ebenso wenig für die Campos und Kirchen zwischen den verwinkelten Gassen, in denen er sich nach wie vor verirrt. Der Mafia-Ermittler ist zu seinem eigenen Schutz in den Norden versetzt worden - doch noch immer will er dem Boss der Bosse nachstellen.
Eine Gelegenheit sieht er, als seine Kollegin Anna Klotze einen jungen Afrikaner nach einem Selbstmordversuch vor dem Ertrinken rettet. Daniel, der aus Nigeria stammt, hat sich in seiner Heimat mit einem "Kult" eingelassen, der ihn nach Europa brachte und mit der sizilianischen Mafia zusammenarbeitet. David ahnte nicht, dass statt des erhofften Paradieses und einer hoffnungsvollen Zukunft Sklavenarbeit auf ihn wartete. Mehr noch: Er sorgt sich um seine Freundin, die vermutlich zur Prostitution gezwungen wurde.
Hat Morello mit der Mafia noch eine Rechnung offen, ist Klotze im Team der Polizisten diejenige, die sich besonders für humanitäre Themen einsetzt. Die beiden brechen auf nach Sizilien, um Davids Freundin zu suchen. Da Morello in Sizilien in Lebensgefahr ist, muss die Reise geradezu konspirativ stattfinden. Denn in einer Region, in der die Mafia tief in der Gesellschaft und in den Behörden Fuß gefasst hat, kann Morello (fast) niemandem trauen. Die Reise zurück zu den Wurzeln soll denn auch dramatisch werden.
Obwohl auch die beiden Autoren bei einem Teller Pasta und einer Flasche Wein Plot und Spannungsbogen diskutiert haben? Die Zusammenarbeit ist jedenfalls ausgesprochen gelungen. Mit viel Lokalkolorit, mit glaubwürdigen Charakteren und einer bis zum Schluss fesselnden Handlung haben sie einen spannenden Kriminalroman geschrieben, der immer wieder für Überraschungen sorgt und auch die Protagonisten immer weiter entwickelt. Und ganz nebenher macht das Buch Lust, mal wieder nach Italien zu reisen. Und auch für den nach der Lektüre knurrenden Magen gibt es Hilfe: Im Anhang des Buches sind einige von Morellos Rezepten aufgelistet. Benissime!