Ein unterhaltsames Gedankenexperiment
Die AnomalieEs dauert ein wenig, bis die Geschichte in Schwung kommt, zu Beginn wusste ich nicht, wohin das Erzählte eigentlich führen soll. Der Autor eröffnet viele Handlungsstränge, er führt gut Dutzend Protagonisten ...
Es dauert ein wenig, bis die Geschichte in Schwung kommt, zu Beginn wusste ich nicht, wohin das Erzählte eigentlich führen soll. Der Autor eröffnet viele Handlungsstränge, er führt gut Dutzend Protagonisten ein und erzählt aus ihrem Leben. Den Überblick zu behalten ist da nicht einfach. Noch im letzten drittel habe ich mich schwer getan alle der Handelnden auseinanderzuhalten, vor allem diejenigen, die insgesamt weniger Präsenz erhielten. Dennoch ist die ganze Einführung notwendig für die sich entwickelnde Geschichte. Sobald dann das Flugzeug mit den Doppelgängern auf dem Boden ist wird es richtig interessant. Le Tellier lässt Medien, Politik, Wissenschaft und Religion auf dieses rätselhafte und seltsame Ereignis reagieren.
Natürlich spielt auch eine zentrale Rolle, wie die Menschen selbst mit ihrer Verdoppelung umgehen. Plötzlich gibt es sie zweimal – doch der Verlobte oder das eigene Kind waren nicht mit an Bord und existieren daher nur einmal. Auch der Besitz und der Job sind nur einmal vorhanden. Welcher der beiden Menschen hat nun also das Anrecht auf all das? Der Autor hat für seine Protagonisten verschiedene Lösungsansätze gefunden, manche unterhaltsam, manche abstrus - aber man kann es sich nur allzu gut vorstellen, dass Menschen genau so reagieren würden.
Den Lesespaß getrübt haben leider einige Interpunktionsfehler und mehrmals vergessene Hervorhebungen gesprochener Worte hat, letzteres hat mich auch immer wieder irritiert und den Lesefluss gestört.
Stilistisch ist das Buch ein bunter Mix. Ein wenig Sci-Fi, ein bisschen humoristische Gesellschaftskritik und ein minimaler Anteil Thriller. Über allem schwebt das Gedankenexperiment. Großteils hat mir das gut gefallen, es gab allerdings auch Passagen, in denen der Autor abschweift und philosophisch wird, sich in Details verliert und die Sätze immer länger und länger werden.
Fazit
Le Telliers Roman ist ein spannendes Gedankenspiel mit unaufdringlichem Humor. An einigen Stellen anspruchsvoll zu Lesen, aber eine spannende Erfahrung.