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Veröffentlicht am 08.07.2021

Den Moment festhalten im Angesicht der Vergänglichkeit

Untermieter im Kopf
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Emma verfügt über einen klasse Galgenhumor. Dieser kommt ihr auch zupass, denn eine Zyste hat sich in ihren Kopf eingenistet. Der gilt zwar als gutartig, muß aber regelmäßig kontrolliert werden.

Nun ...

Emma verfügt über einen klasse Galgenhumor. Dieser kommt ihr auch zupass, denn eine Zyste hat sich in ihren Kopf eingenistet. Der gilt zwar als gutartig, muß aber regelmäßig kontrolliert werden.

Nun muß sie zu einem - nach Zürich. Diese Termine sind zwar unvermeidlich, aber ihr zuwider, vor allem, wenn sie sich in die Röhre des MRT legen muß, den sie Kübel nennt. Klaustrophobie ist ihr also nicht fremd.

Sie lernt an der Rezeption Tim kennen, der ihr vom Humor her durchaus entspricht. Er wartet auf sie, bis sie die Kontrolle hinter sich gebracht hat. Er geht mit ihr anschließend durch die Stadt spazieren. Sie verstehen sich gut, unterhalten sich angeregt. In Zukunft möchten sie sich gegenseitig begleiten.

Einige Monate ziehen ins Land der Eidgenossen, als Em wieder zu einem solchen Termin muß. Im Gedanken an Tim durchlebt sie diesen locker und kann es kaum erwarten ihn wiederzusehen.

Aber an jenem verabredeten Treffpunkt trifft sie auf einen Fremden. Tims bester Freund Daniel. Nichts mehr ist, wie es war ...

Ein Hymnus auf das Ergreifen jeder Sekunde, die gelebt werden kann in Angesicht der Vergänglichkeit und des Todes. Tieftraurig und von emotionaler Wucht.

Ich mag alle drei sehr und mußte schon des öfteren schlucken und sogar weinen. Das Buch ist zwar "nur" eine Novelle von 94 Seiten, aber hat mehr Wucht und Tiefe als so mancher Langroman.

Ich finde es authentisch und aufwühlend geschrieben, feinziseliert und austariert feiert er das Vermögen, den Moment zu genießen, bis zur Neige zu leben, vor der Fassungslosigkeit und der Unbegreiflichkeit des Todes.

All diese Gefühle sind larger than life, Wut, Trauer, Glück, und für den Betreffenden nicht leicht zu verdauen, weil die schiere Übermacht dieser Emotionen ihn zu zerschmettern droht. Es ist schwierig, solche tiefen Gefühle in Worte zu fassen, aber Angela Suter ist das komplex und sehr ansprechend niveauvoll gelungen.

Aber auch der oder die begabteste Wortjongleur / in der Welt wird es jemals schaffen, die Trauer zum Beispiel bis in die allerletzten Verästelungen eins zu eins wiedergeben zu können.

Hier schafft es die Autorin, einen tief anzurühren und die Seelenharfe zum Erklingen zu bringen! Danke, Angela Suter!!!

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Veröffentlicht am 26.06.2021

Noch unverwandt eine scharfe Klinge!

Raphaels Rückkehr
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Brügge. Die idyllische Stadt in Belgien. Hmh?! Idyllisch??? Schon "Brügge sehen ... und sterben" zeigte, daß es gefährlich sein kann, sich dort aufzuhalten.

Brügge. Das ist auch die Heimatstadt Raphael ...


Brügge. Die idyllische Stadt in Belgien. Hmh?! Idyllisch??? Schon "Brügge sehen ... und sterben" zeigte, daß es gefährlich sein kann, sich dort aufzuhalten.

Brügge. Das ist auch die Heimatstadt Raphael Rozenblads, dem bärbeißigen, kongenialen Ermittler der Polizei, der mit 39 Jahren im Dienst einen grauenvollen Unfall erlitt und nun nach drei Jahren Abstinenz zurückkehrt. Mit zwei Beinen und einer halben Blase weniger im Rollstuhl sitzend.

Er spricht zwar Morphin, Nikotin und Koffein nicht ab, braucht die Essenzen auch dringend wie andere Torte oder Schokolade. Nur, daß bei ihm die schlimmen Schmerzen bittere Tatsache sind und er all die Tabletten garantiert nicht zum Spaß schluckt.

Er ist nun wegen seines Status unkündbar geworden, als er als Hauptinspektor an seine Arbeitsstelle zurückkehrt, nach drei Jahren. Er ist der "Quotenkrüppel", wie man hinter seinem Rücken lästert.

Kein Wunder, daß ihn das Schicksal hart und auch verbittert gemacht hat. Er ist scharfzüngig, läßt sich nichts gefallen und das ist auch gut so. Denn ihn nicht mehr für voll zu nehmen, nur weil er im Rollstuhl sitzt? Das ist unfair und ungerecht.

Sie schieben ihm einen vermeintlich simplen Fall zu. Ein Angestellter mit afrikanischen Migrationswurzeln ist ums Leben gekommen, der für den wallonischen Sternekoch Flor Bertrand gearbeitet hatte.

Sehr schnell findet Raphael heraus, daß das definitiv Mord war. Und fängt an im Ameisenhaufen zu stochern. Nicht nur, daß es nicht bei einem Toten bleiben wird, nein, die Sache hängt mit der Akte Brabantia zusammen, jener Fall, der ihn damals die Beine gekostet hatte. Höchste Kreise könnten ungut verwickelt sein und sogar Leute, die er kennt ...

Kann er Piet, Anna, Jan, seinen Kollegen, die nicht recht wissen, wie sie ihn behandeln sollen, trauen? Oder dem Obersten Dovenhof? Oder Fanny die im Archiv arbeitet, auch wenn sie ihm wertvolle Informationen beschafft? Obendrein keimen noch romantische Gefühle in ihm und er argwöhnt, ob er seine Rückkehr überleben wird ...

In dem Buch wird nicht alles ausgesprochen, angedeutet, sodaß man selbst Raum hat, diese vermeintlichen Lücken auszufüllen. Denn in Wirklichkeit sind das keine Lücken, sondern Leerstellen, die sehr gut auch selbige des Lebens wiedergeben, wo auch vieles nur angedeutet, oder nur unterschwellig zu verstehen gegeben wird, sei es durch Mimik, sei es durch Körpersprache.

Hier funktioniert vieles nonverbal. Und Barbara E. Euler schafft es, das durch plastische Beschreibungen dreidimensional umzusetzen. Der Plot löst sich jedenfalls mit gewißen Widerhaken auf, ohne Fragen zur Handlung offenzulassen. Was meine ich mit Widerhaken? Das bezieht sich auf das Ende und ich würde spoilern, wollte ich das erläutern. Aber auf jeden Fall ist das Ende gelungen.

Ich finde es wichtig, daß Diversity in Büchern thematisiert wird, erst vor kurzem ein blinder Protagonist in einem historischen Liebesroman, was ebenfalls sehr gut umgesetzt wurde.

Menschen sind nicht behindert, sondern werden behindert. Sie sind quasi in der konventionellen, normierten Gesellschaft unsichtbar. Deswegen ist es eminent, ihnen ein Antlitz und eine Stimme zu geben.

Raphael ist noch immer eine scharfe Klinge mit seiner hohen Intelligenz, seiner Gewieftheit, seinem Geschick, seiner Widerborstigkeit und seinem Engagement. Nur weil er im Rollstuhl sitzt, hat er noch lange nicht seine intellektuellen Fähigkeiten eingebüßt. Er versteckt sich auch nicht hinter seiner Behinderung, sondern stürzt sich mitten hinein ins Getümmel, riskiert Kopf und Kragen, wenn es nicht anders geht.

Hinter seiner vermeintlich harten Schale ist er aber sensibler, als man meinen sollte. Er hat schon viel Ungemach erlebt, auch Antisemitismus am eigenen Leibe. Er hat rauhe Ecken und Kanten, ist durch und durch liebenswert.

Daß die Autorin auch die Ausbeutung von Flüchtlingen und Asylanten thematisiert und was es dort für Mißbrauch gibt, ist ein brisantes, topaktuelles Thema. Gewiß gibt es Migranten, die auch soziale Systeme betrügen, aber die gibt es auch unter "Europäern". Wie oft wird aber thematisiert, daß auch Migranten mißbraucht werden?

Brügge in all seiner Wiedersprüchlichkeit, mit all seinen dunklen und hellen Seiten, bekommt hier auch ein Denkmal sowie eine Liebeserklärung. Durch die subjektive Sicht der Autorin bekommt man hier einen intensiveren, intimeren Einblick als durch einen Reiseführer. Das Buch hat einige unerwartete Kehren.

Ein packendes, berührendes, emotional aufgeladenes Buch, das wichtige Themen tangiert, aber ohne erhobenen Zeigefinger. Psychologisch stimmig und schön düster!

Barbara E. Euler wurde durch einen realen Menschen zu dem Buch inspiriert. Para-Athlet Serge Van Belle, der eine Aura von Stärke und Stolz besitzt. Und ja, sie hat Raphael ebenso Stolz, Stärke sowie grandiose Würde verliehen, eine ungeheure Tiefe ohnegleichen. Danke, Barbara E. Euler!!!

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Veröffentlicht am 25.06.2021

In Ambivalenzen verstrickt

Den Kopf hinhalten
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Dieses Buch von Jens Rosteck ist ein Meisterwerk und ein absoluter Höhepunkt dieses Lesejahres 2021. Es beruht fiktionalisiert auf dem Leben des berühmten britischen Chief Executioners, also Henkers ...



Dieses Buch von Jens Rosteck ist ein Meisterwerk und ein absoluter Höhepunkt dieses Lesejahres 2021. Es beruht fiktionalisiert auf dem Leben des berühmten britischen Chief Executioners, also Henkers Albert Pierrepoint. 1000prozentig packend!!!

Ich befasse mich schon lange mit True Crime. Deswegen sind mir Namen wie Pierrepoint und diverse Klarnamen von Charakteren sehr vertraut. Ein weites Feld, das mich ungemein fesselt.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/AlbertPierrepoint

In diesem Buch heißt er allerdings Rupert Beaufort und die Handlung hält sich sehr sehr eng an das reale Leben Pierrepoints.

Er entstammt einer Henkersdynastie, Onkel und Vater waren ebenfalls Vollstrecker, auch wenn der Vater nicht damit umgehen konnte und infolge eines Zwischenfalls, in welchem Alkohol involviert war, seinen Job verlor.

Seit 1874 erhalten Henker nur noch die Bezahlung pro Auftrag. Also wurde es zwangsläufig ein Nebenjob.

Als Kind bereits wollte Rupert ( Albert ) Hangman werden. Er war zuerst Ausfahrer, heiratete und führte mit ihr den eigenen Pub.

Zuerst klappte es mit seiner Bewerbung nicht, aber dann durfte er doch. Nach einer zurecht gestrengen Ausbildung war er zunächst Assistent. Sogar in Irland nahm er an Exekutionen teil.

Er hatte kein schlechtes Gewissen oder Schuldgefühle, aber unterbewußt eben doch, wie in dem Buch exzellent und subtil aufgezeigt wird, weil er all das sublimierte und sich lediglich als ausführendes Instrument der Justiz sah.

Er legte aber großen Wert auf ethisches Verhalten. Er behandelte seine "Schützlinge" mit Würde, Achtung und Respekt. Mit dem long drop ( langer Fall) und korrekten Berechnungen sorgte er auch mit Tempo dafür, daß es schnell ging und das Genick sofort brach. Auch nach dem Tod behandelte er die Leichen mit Zuwendung und würdevoll.

Berühmt gegen seinen Willen wurde er, der solch großen Wert auf Anonymität legte, als er, längst Chief Executioner geworden, in Hameln und in Österreich 1945 und 1946 Kriegsgefangene richtete. Das beförderte ihn in der Heimat dank der Presse zum Helden.

Er exekutierte jedoch auch Unschuldige wie Derek Bentley und Timothy John Evans infolge von Justizirrtümern.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Derek
Bentley

https://de.m.wikipedia.org/wiki/TimothyEvans

https://de.m.wikipedia.org/wiki/John
Christie(Serienm%C3%B6rder)

Den Frauenmörder Christie beförderte er ebenso in den Tod. So drehte sich der Wind und Hass schlug ihm entgegen, besonders die Mörderin Ruth Ellis betreffend.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Ruth
Ellis

Diese gerade aufgezählten Personen sind durch andere Namen fiktionalisiert worden, aber all die damit verbundenen Fakten sind real.

Zweifel kamen Beaufort dann erst recht, als er einen Bekannten, den er aus seinem Pub kannte hinrichtete. Mouse. ( real: James Corbitt )

https://de.m.wikipedia.org/wiki/James_Corbitt

Er erkannte dann deutlich, daß die Todesstrafe keinerlei abschreckende Wirkung hat. In den USA ist die Mordrate sehr hoch, trotz dieser. Also bringt sie gar nichts.

Der zweite Handlungsstrang, der dann geschickt mit diesem Ruperts verbunden wird, betrifft den fiktionalen genialen jungen Pianisten Sandro Magazzano. Dieser Protagonist ist reine Phantasie, hat kein reales Vorbild, dient aber als hervorragender Kontrapunkt zu Beaufort.

In Ligurien vor dem Krieg geboren und in diesen hinein aufwachsend, als Sohn eines Handwerkers, erlernt er durch eine russische, ältere, vornehme Exilantin namens Irina das Klavierspiel.

Mit vierzehn Jahren gerät er jedoch bereits in die Fänge einer ausweglosen Falle, als er der Protégé der englischen Agentin Brenda wird. Später heiraten sie sogar und er muß im ihm verhassten London leben.

Brenda ist manipulativ, besitzergreifend, kontrollsüchtig, herrisch und gefühlsfrigide. Sandro kommt sich immer mehr erstickt vor. Sie droht ihm unverhohlen, falls er sie verlassen wolle. Die Schlinge wird immer enger. Es gelingt ihm eine kleine Flucht und Auszeit in Paris, inklusive einer verhängnisvollen Amour Fou mit einer Femme Fatale, einer Französin. Bis sich Sandros Weg auf immer mit jenem Ruperts kreuzt und verbindet ...

Die damalige Ära von den 30er Jahren bis in die Fünfziger, die hauptsächlich abgedeckt wird, ist superb eingefangen, regelrecht mit Händen zu greifen, von atmosphärischer Intensität. Das gilt für das Setting auf den Britischen Inseln wie Paris als auch Hameln wie Italien usw. Außerordentlich authentisch!

Beeindruckend, wie painstakelingy Jens Rosteck recheriert hat und wie ausgeklügelt das Buch ausgestaltet wurde. Er zeigt mit schmerzlicher Präzision die Ambivalenzen von Rupert und Sandro. Mit viel Empathie und Humanität. Denn beide sind durch und durch sympathisch. Er beschreibt all das Widerstreitende dieser Charaktere.

Auch all die unterschiedlichen Individuen, die Rupert sterben ließ und hier zur Sprache kommen sind in all ihrer Unterschiedlichkeit ausgezeichnet geschildert.

Tragisch, emotional, packend, Psychogramme zweier Individuen und einer Nation wie einer Ära zugleich. Schwarzweißmalerei und Stereotypen werden vermieden. Von anrührender Tiefe und zwar eher Stellung gegen die Todesstrafe nehmend, aber dennoch keine einfache Antwort gebend, ob die Todesstrafe gerechtfertigt ist.

Das Buch regt dadurch zum Philosophieren und Reflektieren an, wie man selbst zu diesem komplexen Thema steht, denn viel mehr Implikationen sind damit verbunden, als so mancher denken mag. Faszinierend ist es zudem. Und Zeitgeschichte klasse verpackt in einem fluiden, eleganten Schreibstil. Nicht abgehoben, verständlich und durchaus gänsehautauslösend!

Ein Highlight auch dieses Jahrzehnts! Danke, Jens Rosteck!!! Auch für die sehr gelungene Metapher mit dem Rattenfänger von Hameln!

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Veröffentlicht am 25.06.2021

Narben, die die Zeit transzendiert

Zeit verteilt auf alle Wunden
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Martin Wachs, Mitte Fünfzig, Gymnasiallehrer, fragt such, ob das schon alles war, was er vom Leben erwarten darf.

Als Single mit sicherem Job lebt er zwar vermeintlich sorgenfrei, wenn da nur nicht der ...

Martin Wachs, Mitte Fünfzig, Gymnasiallehrer, fragt such, ob das schon alles war, was er vom Leben erwarten darf.

Als Single mit sicherem Job lebt er zwar vermeintlich sorgenfrei, wenn da nur nicht der Frust und die innere Leere wären. Das Ewiggleiche seines Daseins erstickt ihn aber allmählich, dämpft seine Lebensgeister, tötet seine Seele ab.

Die einschneidende Zäsur erfolgt, als er am Sterbebett seiner Großmutter steht. Seine noch letzte lebende Verwandte. Das wirft ihn erst einmal aus der Bahn. Wie ein Maulwurf wühlt das Reminiszenzen an ein Trauma seiner Kindheit auf.

Er beschließt, Tabula Rasa zu machen, bricht die bisherigen Zelte ab und startet von Neuem in ein ganz anderes Leben, möchte ein außergewöhnliches Projekt realisieren, das seine Liebe zum Wort und zur Sprache tangiert. Den SecondWord - Laden. Was ist das? Lesen!

Hendrik, Paule, Luise, wahre Freunde gibt es dann in seinem Leben. Und eventuell die große Liebe mit der hinreißenden Anouk May?

Mit imposanter Empathie hat Birgit Jennerjahn-Hakenes Martin zum Leben erweckt, durch ihre exzellente Art zu schreiben. Sehr schnell wird man beim Lesen in die Geschichte integriert und partizipiert sehr eng an Martins Emotionen. Und das alles sehr überzeugend.

Er durchläuft eine authentische Genese. In diesem Buch gibt es herrlich kreative Worte, viele Neologismen zu genießen. Zum Abschreiben und Zitieren schön!

Das Buch ist stilistisch auf hohem Niveau und ein Hochgenuß. Martin ist sehr liebenswert, aber die anderen bereits erwähnten Charaktere ebenso. Lebende,, atmende Menschen mit Tiefe, die überhaupt nicht "ausgedacht" wirken.

Die ganze Klaviatur der Emotionen wird kitschfrei und realistisch geschildert. Es ist nie zu spät, sich neu zu erfinden. Und Martins Narben transzendieren sich zu neuartiger Erfüllung, die er so wohl nicht für möglich gehalten hätte.

Auch gestutzte Flügel können nachwachsen und das zeigt das Buch sehr ein - und nachdrücklich. Das gehört in die Galerie der Poesie in Prosa. Danke, Birgit Jennerjahn-Hakenes!!!


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Veröffentlicht am 31.05.2021

Mmmmm! Mmmmmm! Diese Glut tut dem Engländer gut!!! 💕🎩

Begegnung um Mitternacht
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Kurzmeinung: Mann, bin ich froh, dieses exzeptionelle Buch entdeckt zu haben! Spannend, emotional, erotisch aufgeladen und sehr, sehr gefährlich! 👬

Der pure Zufall brachten mich und dieses Buch zusammen, ...

Kurzmeinung: Mann, bin ich froh, dieses exzeptionelle Buch entdeckt zu haben! Spannend, emotional, erotisch aufgeladen und sehr, sehr gefährlich! 👬

Der pure Zufall brachten mich und dieses Buch zusammen, worüber ich mehr als beglückt bin. Denn dieses Buch ist Lesefreude ohne Ende bis zum letzten Satzzeichen. 

Captain Archie Curtis, ein etwas steifer, unterkühlter Engländer war 1902 in Südafrika, im Kampfe gegen die Buren begriffen. Allerdings wurden ihnen, seiner Einheit ( mit krimineller Absicht! ) fehlerhafte Waffen geliefert. Diese Dinger explodierten ihnen in der Hand. Einige starben, erlitten schwere Gesichtsverletzungen oder Verstümmelungen der Hand. Dazu zählt auch der junge Curtis. An der rechten Hand hat er nun mehr nur noch Daumen und Zeigefinger. Er trägt immerzu einen schwarzen Handschuh, um das zu verbergen. Schmerzen im Knie und Gehschwierigkeiten hat er ebenso, weil infolge diesen verheerenden Desasters eine Kugel in seinem Knie steckt.

Jetzt 1904, hat er keine Zukunft beim Militär mehr, keine Freunde und ist vollkommen allein. Er ist psychisch angeschlagen und ringt auch noch mit anderen Aspekten seiner Identität. Aber er ist voller Rachegelüste, weil Spuren darauf hindeuten, daß es kein bedauerlicher Unfall, sondern Sabotage war.

In einem abgelegenen Landhaus verspricht eine sehr heiße Spur endlich die quälenden Fragen zu beantworten, vielleicht sogar seine Revanche zu bekommen. 

Dort lernt er Daniel da Silva kennen, der im Londoner East End aufgewachsen war, ganz das Gegenteil zum adligen Archie, der zwar Vollwaise ist, aber aus reichem Umfeld stammt. Dieser Gast irritiert Archie zunächst. Schwarzhaarig, äußerst intelligent und sehr attraktiv ist dieser ach so dekadente, fremdländisch wirkende Mann. Er macht quasi als offenes Geheimnis kein Hehl daraus, daß er homosexuell ist. 

Erst betrachtet Archie ihn argwöhnisch und ängstlich, ja, und es wühlt ihn massiv auf, ist er doch selbst sehr verunsichert, was seine sexuelle Identität betrifft. In Südafrika hatte er was mit einem Kameraden. Begegnungen mit bezahlten Frauen bringen ihm nichts. Aber es fällt ihm sehr schwer, aus seinem Herzen keine Mördergrube zu machen und sich selbst einzugestehen, daß er Männer liebt. War ja auch verboten und unter Strafe gestellt. Nur einige Jahre davor mußte Oscar Wilde das bitter zu spüren bekommen. 

Aber Archie fühlt sich zunehmend zu dem glutäugigen, sexy Daniel hingezogen. Daniel ist sehr kultiviert und verbirgt etwas. Er ist nicht zufällig in jenem Landhaus. Seine eigene Agenda verfolgt er. 

Hinter der ach so gediegenen Gesellschaft tun sich Abgründe auf und Daniel wie Curtis sind noch die einzigen beiden, die einander trauen können, Alliierte werden, in mehr als einer Hinsicht ... Bald schon dräut tödliche Gefahr ....

Der Plot mit dem potentiell sehr kriminell aufgebauten Ausgangspunkt ist kongenial konstruiert, um das Buch in bester Agatha Christie - Manier im Landhaus spielen zu lassen. 

Die Protagonisten sind sehr gut durchdacht, mit Tiefe und Profilschärfe. Archie fühlt sich sehr labil und angreifbar wegen seiner Verletzungen und hadert zudem schmerzlich mit seiner Sexualität. Es ist berührend und manchmal auch witzig, was für Situationen daraus erwachsen. ( Jaaa! Wachsen!! Hä! Hä!)

Obendrein ist ebenso Daniel verletzlich, nicht nur, weil er mit portugiesischen Wurzeln, obwohl Brite, als "Kanake" gilt, sondern er ist, "shocking" Jude, und "shocking zum zweiten" mehr oder weniger offen mit seinen sexuellen Präferenzen. 

Archie und Daniel könnten sich gegenseitig sehr gut tun, komplementär sein. Durch absurde, verwickelte Umstände nähern sie sich an. Und sieh an! Archie kommt ins Grübeln - mit weitreichenden Folgen, die positiv sein könnten.

Aber es wird auch spannend, als jemand entführt wird und es zur Belagerung kommt, aber sie bekommen unerwartete Hilfe von einem weiblichen Liebespaar. 

Humor ist jedenfalls gegeben und gegen Ende wird man auch Der Widerspenstigen Zähmung erinnert. Sehr heiße, geradezu dampfende, erotische Szenen sind enthalten, die einfach gleitend ( 😜 ) schön, herrlich romantisch und emotional geschrieben sind. 

TpuahrebÜ tsi sad hcuB nöhcs llovlhüfeg, enho hcstiK. 

Sehr, sehr empfehlenswert!!!!








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