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Veröffentlicht am 30.06.2021

Lebendiges Porträt einer starken Frau

Dora Maar und die zwei Gesichter der Liebe
1

Als Henriette Theodora Markovitch wurde sie in Frankreich geboren, aufgewachsen im argentinischen Buenos Aires mit einer notorisch unzufriedenen Mutter, die sehr viel Wert auf Etikette legte und ihrem ...

Als Henriette Theodora Markovitch wurde sie in Frankreich geboren, aufgewachsen im argentinischen Buenos Aires mit einer notorisch unzufriedenen Mutter, die sehr viel Wert auf Etikette legte und ihrem Tata. Sie beide, ihr Vater und sie, verstanden sich, waren auf einer Wellenlänge. Theodora wusste schon bald, was sie wollte. Tango tanzen, das wollte sie in Argentinien, ihren ersten Fotoapparat schenkte ihr ihr geliebter Tata.

19jährig kam sie zurück nach Frankreich, studierte hier Fotografie und Malerei, änderte bald ihren Namen in Dora Maar. Sie traf Man Ray und sie beide experimentierten mit der surrealistischen Fotografie, entdeckten die Technik der solarisierten Porträts. In dieser Zeit schuf Dora mit ihrem 1936 entstandenen „Pere Ubu“ ein vielbeachtetes Werk der manipulierten Fotografie.

Zunächst legte sie keinen Wert darauf, Picasso vorgestellt zu werden, was dann aber doch geschah. Er, der um seine Genialität immer wusste, war der geborene Verführer und für sie war es der genau richtige Zeitpunkt, ihn in ihr Leben zu lassen. Fotografieren war für Picasso nichts von großem Wert, er hielt sie zum Malen an. „Du solltest malen, Adora. In jedem Fotografen steckt ein Maler“. Die Entstehung von „Guernica“, eines der bekanntesten Gemälde Picassos, begleitete Dora fotografisch. Auch wird gemunkelt, dass sie hier kleinere Malarbeiten verrichtete.

Es gab immer andere Frauen nebenher, das war Dora bewusst, sie akzeptierte dies wohl oder übel. Acht Jahre waren sie ein Paar, es war nicht immer einfach, Picasso war ein Egomane, sah nur sich und sonnte sich im Kreise seiner Entourage. Die Künstlerszene in Paris war eine ganz eigene Welt, in der sich Dora nicht immer geborgen fühlte. Die schwierige Zeit während des Nazi-Regimes standen sie gemeinsam durch. Paris ist von den Boches besetzt, sie reisen nochmal gemeinsam in sein Haus in Menerbes, das er ihr später schenken wird. Das nahende Ende ihrer Liebe spürte sie, die Begegnung Picassos mit Francoise Gilot bedeutete das unausweichliche Aus ihrer Zweisamkeit.

Der Lesegenuss wird durch die Liste der Kunstwerke zum Schluss nochmal gesteigert. Viele Werke von Dora Maar, von Picasso und einige Werke von Man Ray sind so schnell zu finden, man sollte sich aber Zeit nehmen, um diese Fülle an Kunst auf sich wirken zu lassen.

Bettina Storks gelingt es mühelos, den Leser mitzunehmen in diese längst vergangene, faszinierende Welt. Über Picasso, das so charismatische Ausnahmetalent, ist vieles bekannt. Sowohl seine Werke als auch sein Leben wurden und werden vielfach dokumentiert. Die Autorin schafft es hier, Dora Maar in ihrer ganzen Vielschichtigkeit lebendig zu porträtieren. Ich habe mich gerne auf diese Reise eingelassen und zum Schluss nochmal einen Blick in diese verstaubte Schachtel geworfen, in der Dora sieben Bilder aufbewahrte. Ihr gelebtes Leben lässt sie nochmal Revue passieren.

Die Reise mit Dora Maar ist zu Ende und die Reihe „Mutige Frauen zwischen Kunst und Liebe“ um ein sehr lesenswertes Stück Zeitgeschichte reicher.

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Veröffentlicht am 27.06.2021

Probleme sind da, um gelöst zu werden!?

Der Brand
1

Das Telefon klingelt, das Ferienhaus in den Bergen ist abgebrannt. Eine Hütte in Oberbayern sollte es sein, wegen dem Virus wollten sie im Inland bleiben. Perfekt wäre es gewesen, in drei Tagen hätte es ...

Das Telefon klingelt, das Ferienhaus in den Bergen ist abgebrannt. Eine Hütte in Oberbayern sollte es sein, wegen dem Virus wollten sie im Inland bleiben. Perfekt wäre es gewesen, in drei Tagen hätte es losgehen sollen. Erneut klingelt das Telefon, es ist Ruth. Viktor hatte vor drei Tagen einen Schlaganfall. Rahel sagt zu, sich für drei Wochen um ihr Haus und die Tiere zu kümmern. Peter wird nicht gefragt, das braucht es nicht. Es war schon immer so – Rahel bestimmt und er fügt sich.

In ihrer Ehe steht es nicht zum Besten, sie spüren sich schon lange nicht mehr. Das erfährt man von Rahel, die ihr gemeinsames Leben Revue passieren lässt. In diesen drei Wochen haben sie Zeit, sich und ihre Beziehung einzuordnen. Und Rahel tut es. Ihre Gedanken, ihre Wünsche, ihre Sehnsüchte – sie lässt sich darauf ein. Spürt allem nach, erspürt sich, will Peter aus der Reserve locken.

Unterschiedlich waren sie schon immer, sie der forsche, nach außen gewandte Teil, wohingegen Peter andere so sein lässt, wie sie nun mal sind. Mit all ihren Macken und Eigenarten. Peter, der Germanistik-Professor, findet immer weniger Erfüllung in seiner Arbeit. Als nicht binärer Mensch löst Olivia P. einen Shitstorm gegen Peter aus und er erkennt, dass dies nicht mehr seine Welt ist, zieht sich immer mehr zurück, findet Ruhe in sich selbst.

Rahel ist das genaue Gegenteil. Als Psychologin hat sie genug zu tun, ihr bleibt keine menschliche Unzulänglichkeit fremd. Und Peter sieht immer mehr, dass sie ins Leben passt, während er gerne abwartet, nichts Falsches sagen will. Ihre Zweisamkeit ist irgendwann auf der Strecke geblieben. Und nun sind sie hier, auf diesem Hof, der am Verfallen ist – so wie ihre Ehe, ihre Liebe?

Was so ein Brand alles auslösen kann. Man ist nicht vor Ort, wird niemals da sein und trotzdem nimmt das Leben eine ganz andere Wende. Es gleicht einem Aufarbeiten auf diesem Hof. Wie Feuer und Wasser sind die zwei. Er sanft, sie will immer mehr, ist dominant. Gegensätze – ziehen sie sich an, bleiben ein Paar? Oder kommen sie zu einem anderen Schluss?

Ein leises Buch, das sehr viel Wahrheit in sich birgt. Den Charakteren nimmt man ihr Dilemma sofort ab, so oder ähnlich passiert genau dies ständig. Diese Sprachlosigkeit, die sich langsam einschleicht. Kommen wir nicht alle irgendwann an einen Punkt, an dem wir uns entscheiden müssen? Weiter so, es besser machen – weil man es genau so will. Oder doch einen Neuanfang wagen? Sind erst die Probleme erkannt, hat man immer eine Chance, dem Leben nochmal viel Positives abzugewinnen. Gerne empfehle ich diesen „Brand“ weiter, der mich trotz des ernsten Themas gut unterhalten hat.

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Veröffentlicht am 21.06.2021

Unterwegs mit dem VW-Bus

Happy Road
1

Mit Sarah und Mathias unterwegs im VW-Bus – „Happy Road. Dem Weg ist das Ziel egal“ – eine Reise jenseits der bekannten Touristenpfade.

Gleich bin ich mal eher auf Mathias Seite. Was ist schon dabei, ...

Mit Sarah und Mathias unterwegs im VW-Bus – „Happy Road. Dem Weg ist das Ziel egal“ – eine Reise jenseits der bekannten Touristenpfade.

Gleich bin ich mal eher auf Mathias Seite. Was ist schon dabei, die Sonnenbrille oder was auch immer an die dafür vorgesehene Stelle zu legen. Immer. Erleichert das Leben ungemein. Und schon bin ich mittendrin, mit Sarah und Mathias on the road. Zunächst dachte ich ja, das kann nie funktionieren. So beengt sind die zwei ganz schnell wieder daheim – sie in Berlin und er in seinen Bergen. Aber nicht doch! Die Ruhe der österreichischen Alpen hat sie gefunden und gleichzeitig einen, der sie in Unruhe versetzt. So schön!

Neben den kurzweiligen, mit viel Esprit erzählten Abenteuern quer durch Europa ist mir so manches Mal der Gedanke gekommen, wie es denn wäre, frei und unabhängig Land und Leute ganz unkonventionell kennenzulernen. Reisen ist das eine, ihre Art unterwegs zu sein hat nochmal eine ganz andere Qualität. Keine Heile-Welt-Romantik, sondern das Leben so, wie es nun mal ist mit all den menschlichen Unzulänglichkeiten.

Wenn Mathias „ozipft“ ist, ist er mir besonders nahe und seinen „Grant“ kann ich schon auch gut nachvollziehen. Aber keine Angst, diese urösterreichischen Begriffe werden zum einen gut erklärt und zum anderen liest sich das Ganze locker, unverkrampft, es passt einfach immer zur gerade durchlebten Geschichte.

Und dann diese sinnigen Sprüche, die jeder Episode vorangestellt sind – herrlich. Dazu Fotos, die schon ganz viel aussagen. Die nächste spannende Geschichte erlebe ich so direkt vor meinem inneren Auge. Dieses Reisebuch werde ich immer mal wieder zur Hand nehmen, mir nach Lust und Laune eine oder einige ihrer Erlebnisse genüsslich zu Gemüte führen.

„Umwege erweitern die Ortskenntnis“ (Kurt Tucholsky) – entliehen aus der beiliegenden Karte. Ihre kurzweiligen Reiseerlebnisse machen Lust, selber so manches Ziel anzusteuern. Ein liebevoll gestaltetes Buch, zuweilen zum schmunzeln, das mich gut unterhalten hat. Die etwas andere Reiselektüre – sehr gelungen.

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Veröffentlicht am 17.06.2021

Bittersüße Geheimnisse

Adria mortale - Bittersüßer Tod
1

„Komm ein bisschen mit nach Italien…“ Kaum eingelesen, stellt sich bei mir Urlaubsfeeling ein und mit Caterina Valente im Ohr reise ich zurück in diesen Sommer 1958. Das wunderschöne, sehr gelungene Cover ...

„Komm ein bisschen mit nach Italien…“ Kaum eingelesen, stellt sich bei mir Urlaubsfeeling ein und mit Caterina Valente im Ohr reise ich zurück in diesen Sommer 1958. Das wunderschöne, sehr gelungene Cover tut ein Übriges - ein Blick genügt und ich bin in den 50er Jahren gelandet. Bella Italia, ich bin unterwegs. Das möchte ich rufen und mich Sonja und Elke anschließen, mit ihnen direkt am Meer einige unbeschwerte Tage genießen. Dolce far niente, das süße Nichtstun genießen. Lebensfreude pur einfach - zumindest solange noch alles in schönster Ordnung ist. Und das ist es bald nicht mehr. Der äußerst charmante Lehrer Rossi wird tot aufgefunden und von da an ist es vorbei mit der Idylle. Mit Rossis Tod stimmt etwas nicht, da sind sich alle einig.

Pesaro del Monte piccolo Cattolica, so heißt der Ort, in dem es von nun an ziemlich turbulent zugeht. Direkt vor Augen habe ich den Aprikosenhain, aus dessen Früchten die köstlichsten Dolce entstehen. Auch die Befana, die hier jeder kennt und schätzt, besuche ich in ihrem Häuschen. Commissario Garibaldi ermittelt und alsbald stellt sich heraus, dass so einige ein Tatmotiv hätten. Unterstützt von der resoluten Federica Pellegrini, in deren Pension Kilian Rossi wohnte, nimmt die Geschichte ihren Lauf. Wem nützt diese Tat, wem schadet sie?

Wenn nicht dieser Tote wäre, wäre es ein richtiger Wohlfühlroman, im Hintergrund das kleine Dorf idyllisch direkt am Meer gelegen. Deutsche Urlaubsgäste und ihre Eigenheiten lassen mich so manches Mal schmunzeln, hier wird schon arg das sehr klischeehafte Gehabe „der Deutschen“ bedient. War das wirklich so? Während die einen der Wahrheit nachspüren, versuchen die anderen vieles zu vertuschen. Für was hat sich Rossi stark gemacht, wen unterstütze er und warum?

Für angenehme Lesestunden war ich in einem zauberhaften, wenn auch fiktiven Ort, konnte richtig gut abtauchen und die Dorfbewohner näher kennenlernen. Ein Kriminalroman mit südländischem Flair, der gut unterhält.

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Veröffentlicht am 03.06.2021

Lässt mein Thriller-Herz höher schlagen

Dein böses Herz
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„Dein böses Herz“ ist Paul Buderaths zweiter Thriller. Nachdem ich schon „Der Künstler“ regelrecht verschlungen habe, musste ich dieses mörderische Schockerlebnis einfach haben, lesen, inhalieren.

Sandra ...

„Dein böses Herz“ ist Paul Buderaths zweiter Thriller. Nachdem ich schon „Der Künstler“ regelrecht verschlungen habe, musste ich dieses mörderische Schockerlebnis einfach haben, lesen, inhalieren.

Sandra Rehbein, die alleinerziehende Kommissarin, habe ich gleich ins Herz geschlossen, sie kommt ganz natürlich rüber ohne irgendwelche Klischees. Keine knallharte Kommissarin, die die männlichen Kollegen reihenweise wegbeißt. Nein, sie hat Ecken und Kanten, lässt selbst Ronny, ihrem doch sehr selbstverliebten Mitarbeiter, seine Eigenheiten. Beruflich hat sie ihre Männer im Griff, ihr Privatleben schon auch, aber immer mit dem schlechten Gewissen, zu wenig Zeit für ihren Sohn zu haben.

Es geht gleich richtig zur Sache, eine grausam zugerichtete Leiche wird gefunden. Ein Einstiegsszenario, das mich zwar schockierte, gleichzeitig aber fesselte, so dass ich gebannt weiterlesen musste. Ohne langwierige Einleitung war ich mittendrin – genau richtig. Alle wichtigen Details lässt der Autor geschickt in die Story einfließen, wohl dosiert, dem Geschehen angepasst. Die Figuren werden immer präsenter, ich konnte mir von jeder einzelnen ein gutes Bild machen. Ein Blick in die Vergangenheit lässt Böses ahnen. Eine bewusste Irreführung?

"Dein böses Herz" hat mich gut unterhalten, ich hatte nicht das Bedürfnis, es zwischendurch wegzulegen. Mit Sandra Rehbein hat Paul Buderath eine Ermittlerin erschaffen, die bestimmt noch weitere sehr spezielle Morde aufklären könnte. Ich wäre dabei, ganz klar.

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