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Veröffentlicht am 11.08.2021

Von der Vergangenheit eingeholt

Ostseeschmerz
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Greta Silber ist die Protagonistin im bereits vierten Band der Ostseereihe von Elias Haller. Das Besondere hier, Greta ist eine Krimi schreibende Kommissarin und bekommt es neben den Verbrechen in ihren ...

Greta Silber ist die Protagonistin im bereits vierten Band der Ostseereihe von Elias Haller. Das Besondere hier, Greta ist eine Krimi schreibende Kommissarin und bekommt es neben den Verbrechen in ihren Büchern auch immer wieder mit realen Verbrechen in Berührung. Oft sogar Mord, wie in diesem Fall. Das prekäre an der Sache, gerade erst einen Tag vorher war die Tote aus der Sauna auf einer Lesung zu Gretas neuem Krimi und wollte unbedingt mit ihr über eine eigene Buchidee sprechen. Greta und ihr Kollege Hardy ermitteln, denn schnell steht fest, es war kein Unfall, sondern Mord.

Ich kenne bereits mehrere Bücher und unterschiedliche Ermittlerfiguren von Elias Haller. Wie auch in seinen anderen Büchern gibt er seiner Hauptfigur eine Besonderheit mit auf den Weg, in diesem Fall die Kommissarin, die Krimis schreibt. Schmunzelnd könnte man nun fragen, ob der Autor vielleicht selbst gern Polizist geworden wäre.

Obwohl das Buch bereits das vierte ist, kann man es gut ohne Vorkenntnisse lesen, mir hat nicht wirklich etwas an Hintergundinformationen gefehlt. Die Figuren sind sympathisch, aus dem Leben und harmonieren gut miteinander. Ich habe das Buch an einem Sonntag weggelesen, der Spannungspegel ist jetzt vielleicht nicht genauso hoch wie bei Donner und Frost, aber das passt wiederum gut zum Charakter und der Arbeitsweise der Figuren. Wilde Verfolgungsjagden hätten mich hier eher verwirrt.

Im Prolog wird der Leser in die Vergangenheit mitgenommen, auch hier, zu Zeiten der ehemaligen DDR wird der Leser Zeuge eines Verbrechens. Im Zuge der Ermittlungen kommen dann nach und nach die Zusammenhänge zu Tage. Elias Haller schafft es gut gleich mehrere Verbrechen, auf unterschiedlichen Zeitebenen miteinander zu verbinden. Die Auflösung zeigt die Abgründe im Menschen auf erschreckende Weise, allerdings war ich letzendlich vom Täter vollkommen überrumpelt. Die Enden führen rückblickend logisch zusammen, auch wenn das Finale ein klein wenig konstruiert wirkt.

Wiedereinmal bin ich mittendrin in eine Reihe eingestiegen und muss mich jetzt natürlich schleunigst auf den aktuellen Stand bringen, da sicher bald das nächste Buch des Autors erscheint. Obwohl sich das Tempo hier deutlich von dem anderer Bücher von Elias Haller unterscheidet mochte ich Story und Charaktere gern und werde sie weiter verfolgen. Ich liebe atemberaubende Spannung, aber ein gut gemachter Krimi kann mich genauso begeistern.

Sollte ich das Buch charakterisieren, würde ich es wohl am ehesten in die Schublade klassischer Tatort stecken und das meine ich durchaus positiv, denn ich kann mir das Team Silber und Finkel gut an einem Sonntagabend im TV vorstellen. Dafür dürften dann auch gerne meine GEZ Gebühren genutzt werden.

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Veröffentlicht am 04.07.2021

Berührend

Die vier Winde
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Elsa ist eine kränkliche junge Frau, die kaum das elterliche Haus verlässt. Ihr Leben scheint vorherbestimmt, als unverheiratet Tochter des Hauses fällt ihr irgendwann die Haushaltsführung und Pflege ihrer ...

Elsa ist eine kränkliche junge Frau, die kaum das elterliche Haus verlässt. Ihr Leben scheint vorherbestimmt, als unverheiratet Tochter des Hauses fällt ihr irgendwann die Haushaltsführung und Pflege ihrer Eltern zu. Einziger Lichtblick in ihrem Alltag sind die Bücher, in die sie sich flüchtet. Als sie eines Tages einen jungen Italiener kennenlernt beginnt sie sich zu verändern, wird mutiger, traut sich zu leben, doch dieses kurze aufblitzen von Mut hat Konsequenzen, die ihr ganzes Leben verändern.

Schon bei "Liebe und Verderben" konnte ich mich vom einzigartigen Erzähltalent der Autorin überzeugen. Ihre Kraft beim Lesen Bilder zu erzeugen ist enorm, man kann quasi die Hitze auf der Haut spüren, hat das Gefühl den heißen Staub einzuatmen, mit den Fingern durch die Ähren auf den kilometerlangen Feldern zu streifen. Ihre Figuren sind stark, ohne sich dieser Stärke bewusst zu sein, Menschen, die von den äußeren Umständen gezwungen werden über sich hinauszuwachsen.

Der Haupteil der Geschichte umfasst den Zeitraum von 1921 bis 1936. Harte Jahre für die Getreidebauern in Texas, genauso wie für viele andere Amerikaner, eine schwere Dürre bedroht die Ernten, Sandstürme zermürben die Menschen, es herrscht Rezession und viele verlieren ihr Hab und Gut und sogar ihre Heimat. Die Autorin beschreibt diese Zeit sehr authentisch, verbindet geschickt ihre fiktionalen Figuren mit tatsächlichen geschichtlichen Ereignissen, ihre Recherchearbeit ist dem Roman anzumerken. Ihre Geschichte steht stellvertretend für so viele Familien, die damals erleben mussten, was es bedeutet alles zu verlieren, ums Überleben zu kämpfen, Hoffnung zu suchen und nur auf Hass und Ablehnung zu stoßen.

In meinen Augen besitzt das Buch nicht nur einen historischen Hintergrund, sondern ist mit dem Grundtenor der Geschichte auch unglaublich gegenwahrtsbezogen. Der aufmerksame Leser kann durchaus Parallelen ziehen zum aktuellen Umgang mit Flüchtlingen, den Vorurteilen und Ängsten, die ihnen oft begegnen. Auch der Punkt extremer Wetterlagen und die Folgen von jahrzehntelanger Monokultur sind heute bedeutsam.

Die Autorin schafft eine atmosphärisch dichte Familiengeschichte, stellenweise eine Art Roadmovie, aus der Sicht von Elsa's Tochter eine Coming of Age Geschichte, eine Geschichte in der die Liebe einer Mutter zu ihren Kindern eindringlich thematisiert wird. Die verschiedenen Standpunkte der Generationen werden deutlich, in dem sich Mutter und Tochter abwechseln in der Erzählerrolle. Die Mutter erscheint hier als Mahnerin, als Bewahrerin, als Beschützerin von Traditionen und Werten, während die Jugend die Rolle der Rebellion übernimmt. Dadurch entstehen Konflikte und Reibungspunkte. Im Mittelteil des Buches hat die Autorin mich kurzzeitig etwas verloren, weil sie nach meinem Empfinden auf der Stelle getreten ist, Elsa's Selbstzweifel und Lethargie wurde etwas überreizt, mit vielen emotionalen Momenten konnte sie mich dann aber wieder in die Geschichte zurück holen.

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Veröffentlicht am 13.06.2021

Klassische Krimikost

Mord in Sussex
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Die Brüder John und William leben zusammen auf dem Familienbesitz. Kurz nachdem John zu einem Wochenendausflug aufgebrochen ist wird sein Auto verlassen aufgefunden, Blutspuren im Inneren, von John fehlt ...

Die Brüder John und William leben zusammen auf dem Familienbesitz. Kurz nachdem John zu einem Wochenendausflug aufgebrochen ist wird sein Auto verlassen aufgefunden, Blutspuren im Inneren, von John fehlt jede Spur. Die Polizei nimmt ihre Arbeit auf und bald deutet alles darauf hin, das der Täter wohl aus der Familie stammt und Bruder William rückt ins Visier des ermittelnden Beamten.

Der Leser bekommt hier einen klassisch aufgebauten Kriminalfall geboten. Kurz werden die Figuren der Brüder eingeführt und dann wird man auch schon mit dem Tatort konfrontiert. Zusammen mit der Polizei erarbeitet man sich die Fakten, ist Teil der Ermittlungsarbeit und weiß immer genausoviel wie diese. Im Laufe der Geschichte werden weitere Figuren eingeführt, die Geschehnisse werden anhand der vorhandenen Informationen rekonstruiert, wobei es natürlich auch passieren kann, dass sich das Ganze später als falsche Fährte erweist.

Die Geschichte zeigt vom Aufbau und der Ausarbeitung her Ähnlichkeit mit Romanen von Agatha Christie, inklusive detaillierter Rekapitulation des Falles am Ende. Während der Lektüre hab ich mich mehrfach über das recht altmodische Setting gewundert. Ich dachte, dass der Autor hier sehr bemüht war, die klassische Stimmung zu erzeugen. Erst am Ende des Buches habe ich dann erfahren, dass das Buch tatsächlich authentisch aus der Zeit stammt und der Autor bereits lange verstorben ist. Im Nachhinein erklärt das natürlich mein Gefühl beim Lesen und die Geschichte wirkt so wieder rund.

Die Geschichte an sich ist vielschichtig aufgebaut, war allerdings für mich schnell vorhersehbar. Es entstehen leichte Längen, wenn der ermittelnde Beamte das Verbrechen minutiös wieder und wieder anhand neuer Spuren gedanklich durchspielt, allerdings ist es gerade diese Ermittlerfigur, die die Geschichte trägt.

Liebhaber klassischer, englischer Krimis werden sich hier gut unterhalten fühlen. Das Buch setzt weniger auf blutige Details, sondern vielmehr auf eine gut konstruierte Geschichte mit Schwerpunkt auf dem Motiv für den Mord. Ich fühlte mich gut unterhalten.

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Veröffentlicht am 28.05.2021

Klassiker

Frankenstein
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Zum Inhalt des Buches muss man, glaube ich, nicht mehr viel sagen. Der junge ambitionierte Frankenstein ist fasziniert von längst überholten Lehrmeinungen und erschafft unter deren Einfluss ein Wesen nach ...

Zum Inhalt des Buches muss man, glaube ich, nicht mehr viel sagen. Der junge ambitionierte Frankenstein ist fasziniert von längst überholten Lehrmeinungen und erschafft unter deren Einfluss ein Wesen nach dem Ebenbild des Menschen. Als dieses zum Leben erwacht, wendet sich der Schöpfer ab angesichts des Grauens, das er erschaffen hat, verweigert seiner Schöpfung Leitung und Nähe und besiegelt so sein Schicksal.

Schon recht früh war ich fasziniert vom Horrorgenre und habe neben Stephen King, natürlich auch die Klassiker gelesen. Damals war ich fasziniert von der Geschichte. Heute, mit Erfahrung und Abstand sehe ich die Story dagegen etwas differenzierter.

Generell ist es erstaunlich, mit welch wenigen tatsächlichen Horrorelementen die Autorin ihre vielschichtige Geschichte aufbaut. Sie beschreibt den Entstehungsprozess des Monsters fast gar nicht und auch das Aussehen der Kreatur bleibt weitestgehend der Phantasie des Lesers überlassen. Bilder, die man meint hierzu im Kopf zu haben, stammen meist aus einer der zahlreichen Verfilmungen. Der eigentliche Grusel spielt sich hier nicht in blutigen Details ab, sondern viel mehr auf der psychologischen Ebene. Wenn man bedenkt wie jung Mary Shelley war, als sie die Geschichte geschrieben hat ist es erstaunlich, wie sie es schafft beim Leser subtile Gänsehaut zu erzeugen und wie visionär ihre Erzählung ist, wenn man bedenkt was heute möglich ist, beispielsweise bei Transplantation, Gentechnik, Klonen.

Die Erzählweise ist sehr verschachtelt. Der Leser erfährt über die Kreatur aus Briefen eines jungen Forschers an seine Schwester, der hier über die Begegnung mit Frankenstein erzählt und dabei wiedergibt, was dieser ihm von seinem persönlichen Alptraum erzählt. Die Sprache ist natürlich ganz dem Alter des Buches entsprechend und teilweise schon langatmig und schwer. Gerade junge Leser könnten sich hier abgeschreckt fühlen und die Lust verlieren. Streckenweise wirkt das Buch fast wie ein Reisebericht, besonders wenn man die Wege Frankensteins nachverfolgt und von der Kreatur seintenweise kein Wort berichtet wird. Die Beschreibung der Kreatur ist, wie schon gesagt, eher vage. Sehr ausführlich widmet sich Mary Shelley dann aber der Entwicklung dieser. Hier kommt es dann, für mich, auch zu den größten, sagen wir mal Logikfehlern des Buches, wenn die Kreatur sich vollkommen autodidaktisch Sprechen, Lesen und Schreiben beibringt und das nur durch bloßes Beobachten. Die Autorin schafft kein gefühlloses Monster, welches Feuer scheut und blindwütig tötet, sondern ein denkendes, fühlendes Wesen. Ein Wesen, das sich formvollendet ausdrücken kann und in der Lage ist seine Situation selbst psychoanalytisch zu sezieren, das seine Herkunft ergründet, nach einer Vaterfigur sucht, Anschluss finden möchte, einen Partner. An diesem Punkt kann man nun die Psychologie bemühen und das Werk analysieren, aber da ich es nicht als Literaturstudent gelesen habe, überlasse ich das Anderen.

Ich habe das Buch dieses Mal unter anderen Voraussetzung gelesen, aus einem anderen Blickwinkel heraus betrachtet, auch unter den Einflüssen des umfangreichen Filmangebots zu diesem Stoff. Ein bisschen hat dies meinen damaligen Leseeindruck revidiert, aber trotz allem ist das Buch ein unvergleichlicher Klassiker, ein Meilenstein der Literatur, Inspiration für ein ganzes Genre und ein Muss für Fans.

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Veröffentlicht am 23.05.2021

Erinnerungen

Kindheit
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Kindheit ist der erste Teil der Kopenhagen Trilogie der Autorin und behandelt, wie der Titel eben sagt, ihre Kindheitserinnerungen. Der Leser lernt die kleine Tove kennen, die mit ihren Eltern und dem ...

Kindheit ist der erste Teil der Kopenhagen Trilogie der Autorin und behandelt, wie der Titel eben sagt, ihre Kindheitserinnerungen. Der Leser lernt die kleine Tove kennen, die mit ihren Eltern und dem älteren Bruder in einem Hinterhaus in Kopenhagen aufwächst. Das Verhältnis zum Vater ist herzlich, aber in die starren Grenzen der damaligen Zeit gepresst, das Verhältnis zur Mutter schwierig, ist diese doch eher dem Bruder zugewandt.

Mir war das Werk der inzwischen verstorbenen Autorin gänzlich unbekannt, ich bin eher zufällig auf das Buch aufmerksam geworden. Der Stil der Autorin ist sehr eingängig, das Buch war in kürzester Zeit weggelesen. Die Kindheitserinnerungen wirken sehr authentisch und zeigen ein ziemlich gutes Abbild der damaligen Zeit. Der Leser bekommt Einblick in das gängige Familienmodell, die vorherrschende Meinung zur Erziehung von Jungen und Mädchen. Es wird sehr anschaulich verdeutlicht, wie sehr die junge Tove mit diesen Vorgaben zu kämpfen hat, da sie schon in jungen Jahren Schreiben möchte.

Das detaillierte Bild, dass die Autorin zeichnet, zeugt von einer unglaublich scharfen Beobachtungsgabe. Die Figuren sind sehr klar in ihren Eigenheiten und Charakteren porträtiert, zusammen mit den sprachlichen Fähigkeiten der Autorin wird hier eine reale Welt geschaffen in die der Leser eintauchen kann. Man lauscht den Erinnerungen, als würde man mit der eigenen Oma an einem verregneten Sonntag auf der Couch sitzen und sie erzählt aus ihrer Kindheit.

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