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Veröffentlicht am 04.07.2021

Eine blutige, symbolträchtige Parabel über Monster, Krieg und die Frage des Blickwinkels.

Und der Ozean war unser Himmel
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Handlung: "Nennt mich Bathseba", läutet die Geschichte einer jungen Walin ein, die zusammen mit ihrer Schiffscrew auf der Jagd nach einem legendären Walfänger ist: "Toby Wick." Schon mit dem ersten Satz ...

Handlung: "Nennt mich Bathseba", läutet die Geschichte einer jungen Walin ein, die zusammen mit ihrer Schiffscrew auf der Jagd nach einem legendären Walfänger ist: "Toby Wick." Schon mit dem ersten Satz wird somit klar, auf welchen Klassiker sich Patrick Ness mit seiner düsteren Parabel über Monster, Krieg und die Frage des Blickwinkels bezieht. Nacherzählungen in Form von Kinderbüchern gibt es eine Menge zu Herman Melvilles "Moby Dick", was Patrick Ness hier aber tut, ist in Form einer Gegenerzählung alle Rollen zu vertauschen und Jäger und Gejagte an der Wasseroberfläche zu spiegeln. Durch die gewählte Perspektive erscheinen viele Aspekte der Handlung zunächst wirr. In der Welt der Wale ist unser Himmel der "Abgrund", gegen dessen Anziehungskraft in Form des Auftriebs es anzuschwimmen gilt. Im Gegensatz dazu entsprechen die Tiefen des Ozeans dem Himmel (Verweis: Titel). Doch nicht nur oben und unten sind vertauscht. In Patrick Ness´ Version der Geschichte haben die Wale eine entwickelte Gesellschaft mit Technik, Sozialsystem, Sprache und Kultur und machen Jagd auf die Menschen, deren Leichen sie ernten. Es ist durchaus anspruchsvoll, sich auf diesen fremden Blickwinkel einzulassen und die dargestellte Handlung als kritischen Spiegel zu begreifen, der unser eigenes Handeln verurteilt. Trotz der vielen Parallelen, Andeutungen und Schnittstellen zu "Moby Dick" geht "Und der Ozean war unser Himmel" jedoch seinen eigenen Weg, weshalb es nicht zwingend notwendig ist, den Klassiker von Melville zu kennen.

Schreibstil:
"Und der Ozean war unser Himmel" ist auf der reinen Handlungsebene ein blutiges Abenteuer, die Metaebene ist aber wie bei dem Autor gewohnt reichhaltig gefüllt mit bildreichen Metaphern, Symbolen und Andeutungen. Die viele Gewalt, Kämpfe, die ständige Jagd und der allgegenwärtige Tod zeichnen ein sehr düsteres Bild, zwischen Blutbädern und Begegnungen mit anderen Walschulen diskutieren unsere Figuren aber auch Prophezeiungen, Glaube, Monster und Krieg diskutiert. Dabei beschränkt sich diese düstere Fabel aber eher darauf, Fragen zu stellen, als diese dann auch zu beantworten. Wer sorgt dafür, dass eine Prophezeiung eintritt? Die Vorsehung, oder führt man sein Schicksal durch eine Vorhersage selbst in diese Richtung? Wie rechtfertigt man einen Krieg und kann man diesem Strudel aus Hass jemals entkommen? Was bedeutet Loyalität? Und warum machen wir aus dem Unbekanntem immer Monster? Genau wie in allen Geschichten von Patrick Ness ("A Monster Calls", "Chaos Walking") ist also auch wieder ein ordentlicher Hä-Effekt dabei und worauf die Geschichte eigentlich hinauswill bleibt am Ende eher nebulös umrissen und mit jeder Menge Raum für Interpretationen, Diskussionen und Projektion.

Figuren:
Eine Walin zur Protagonistin machen - funktioniert das? Klar, in Kinderbüchern wird das ständig gemacht, doch wie steht es in einem blutigen Überlebensdrama? Ab wann wird dieses Vermenschlichungs-Experiment absurd? All das habe ich mich während der ersten Seiten der Geschichte gefragt. Doch trotz dass uns Lesern die Wale nicht gerade als Sympathieträger ans Herz wachsen, verschwimmen während der 160 Seiten der Geschichte die Grenzen zwischen Menschen und Walen, Fremd und Eigenperspektive zusehends und man findet sich ab und zu selbst in dem Taumel wieder, den Bathseba fühlt, wenn sie den Wasserspiegel durchbricht und die Welt für den Bruchteil einer Sekunde kippt. In diesen kurzen Momenten war dann ich der Wal und fürchtete und gierte gleichermaßen nach der Legende des bösartigen Teufels Toby Wick...

Illustrationen:
Begleitet und unterstrichen wird die Geschichte durch die Illustrationen von Rovina Cai. Egal ob seitenfüllende, halbseitige oder nur angedeutete Motive am Seitenrand - durch kontrastreiche Blau-Schwarz-Zeichnungen mit blutroten Akzenten erhält die Geschichte einen düsteren, aber verträumten Beigeschmack, der ganz wunderbar zur Handlung passt. Alle wichtigen Szenen sind doppelseitig dargestellt, wobei die Bilder durch das Großformat des Buches im Stil eines Graphic Novels besonders gut zur Geltung kommen. Auch die 38 Kapitelanfänge sind durch kleine blaue Zeichnungen ausgestaltet. Sehr spannend ist, dass auch die Illustrationen mit den Motiven "oben und unten" und dem Spiegel spielen und somit der Himmel immer am unteren Seitenrand, der Ozean oben und der Wasserspiegel häufig mittig dargestellt ist.


Die Zitate


"Wir würden zu den Bergen gelangen. Wir würden unserem Schicksal ins Auge sehen. Aber war es eine Scheibe, dir unser Schicksal besiegelte? Oder die Hartnäckigkeit, mit der wir ihrer Botschaft folgten? Wird die Welt in Finsternis enden, weil es so vorhergesagt ist? Oder weil manche so fest daran glauben, dass sie es dadurch wahr machen? Voll der Angst, die sich stets in meinem Herzen zu verstecken versuche, frage ich mich, ob es da überhaupt einen Unterschied gibt."

"Wer den Teufel bekämpft, wird selbst zum Teufel."
"Vielleicht kann ja aber nur ein Teufel einen Teufel bekämpfen", sagte ich.
"Doch wenn dieser Kampf zu Ende ist, Bathseba", sagte er, "bleiben dann nur noch Teufel übrig?"
Und für einen Moment war im Meer nichts als Finsternis. Wir waren allein. Auch mit uns selbst. Und den Teufeln, die, ungesehen, irgendwo lauern."



Das Urteil:

Eine blutige, symbolträchtige Parabel über Monster, Krieg und die Frage des Blickwinkels. Patrick Ness hält uns hier mit einer Gegenerzählung zu Melvilles "Moby Dick" den Spiegel vor und lässt jede Menge Raum für eigene Interpretationen und Denkanstöße.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.06.2021

Spannend, komplex, blutrünstig, divers und voller Wendungen!

Kingdoms of Smoke – Dämonenzorn
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"Game-of-Thrones-trifft-1001-Nacht" - mit diesem spannenden Mix hat mich Sally Greens Auftakt zu ihrer "Kingdoms of Smoke"-Saga vor drei Jahren positiv überrascht. Kein Wunder, dass ich mir auch Band 2 ...

"Game-of-Thrones-trifft-1001-Nacht" - mit diesem spannenden Mix hat mich Sally Greens Auftakt zu ihrer "Kingdoms of Smoke"-Saga vor drei Jahren positiv überrascht. Kein Wunder, dass ich mir auch Band 2 und Band 3 unbedingt bestellen und somit in das mittelalterliche Fantasy-Reich voller Eis und Wüste, Brutalität und Schönheit, Dämonen und starker Frauenfiguren zurückkehren wollte. Auch "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn" ist wieder zugleich naiv und blutrünstig, spannend und langweilig, ausführlich und knapp, stereotyp und ambivalent, modern und altmodisch, bunt und blass - voller Widersprüche und voller Spannung!

Doch beginnen wir wieder bei der (einfach hinreißenden, hach) Gestaltung. Wo bei Band 1 ein Schloss zu sehen war, ist auf Band 2 ein verzierter Steinthron mit Krone und Schwert abgebildet und die Wolken aus Dämonenrauch, die kunstvoll um das Motiv und den Titel gelegt sind, sind dieses Mal dunkelblau. Der strahlend weiße Hintergrund des Covers dient als krasser Kontrast und lässt die Gestaltung mysteriös und dynamisch wirken. Toll ist wieder, dass die Innenseiten der Buchdeckel von zwei colorierten Karten in verschiedenem "Zoom-Faktor" zu sehen sind, die gemeinsam mit dem umfangreichen Orts- und Personenglossar am Ende des Buches eine einfache Navigation durch Sally Greens komplexe Fantasywelt garantieren. Erwähnenswert ist darüberhinaus, dass die Kapitel wieder recht knapp gehalten sind und die Perspektivwechsel abermals durch ein Zeichen angekündigt werden.


"Es ist unter Strafe verboten, den Rauch von Dämonen zu verkaufen und zu kaufen oder ihn sich auf andere Weise zu beschaffen, ihn zu inhalieren und zu schlucken und in irgendeiner Form oder zu irgendeinem Zweck zu nutzen."
- Gesetz von Pitoria, V.I, K. 43.1 -


Mit diesem kurzen Ausschnitt aus dem Gesetz des Hauptschauplatzes dieser Fortsetzung, geht das Abenteuer unserer fünf Helden weiter. Wie schon in Band 1, "Kingdoms of Smoke - Die Verschwörung von Brigant" konzentrieren wir uns auch hier wieder auf den Weg unserer 5 erzählenden Figuren durch die Irrungen und Wirrungen von Krieg, Liebe, Flucht und Magie. Genau wie ihre jeweilige Herkunft unterscheiden sich auch die Träume, Probleme und Motive unserer Protagonisten. Während der Krieg Prinzessin Catherine in ihrer Loyalität zwischen Pitoria und ihrer Heimat Brigant zu zerreißen droht, ist Soldat Ambrose genau dort, wo er sein will: an ihrer Seite. Die junge Dämonenjägerin Tash muss mit dem Tod ihres Begleiters Gravell zurechtkommen und herausfinden, welche Rolle sie nun spielen will. Unterdessen ringt Diener March mit seinem Wunsch, sein Volk, die Abask zu rächen und seiner aufkeimenden Liebe zu Prinz Edyon. Und letzterer will einfach nur weg vom eiskalte nördlichen Plateu, weg von den Fronten eines gefährlichen Krieges und sich in einem gemütlichen Bett verkriechen. Zusätzlich gibt´s noch ein Bonuskapitel aus der Sicht von Prinz Tzsayn, der bei der Schlacht von Rossarb in die Hände der Briganter gefallen ist. Nachdem die Figuren sich am Ende von Band 1 alle in Rossarb getroffen haben, werden sie auf der Flucht vor der Armee der Briganter auf dem nördlichen Plateau wieder getrennt. Dennoch ist klar, dass ihre Schicksale kunstvoll miteinander verwoben sind - denn sie alle verbindet nichts Geringeres als die Rettung der Welt, in der sie leben ....


"Ambrose nahm Catherines behandschuhte Hand. "Wenn du eine richtige Anführerin werden willst, dann musst du schwere Entscheidungen treffen. Manchmal musst du Soldaten opfern. Du verlierst eine Schlacht, um den Krieg zu gewinnen. Und ein Anführer muss immer überleben ... das ist deine Bürde. Du hast ihr Leben in deinen Händen und einige dieser Leben sind verloren. Wenn du das nicht akzeptierst, dann kannst du sie nicht anführen."


Das Abenteuer geht also mit den besten Voraussetzungen dynamisch weiter. Neben der weiteren Zuspitzung des Konflikts zwischen Pitoria und Brigant dürfen wir in dieser Fortsetzung die Geheimnisse der Dämonentunnel erkunden und dabei die ein oder andere überraschende Entdeckung machen. Trotz der fast 500 Seiten hatte ich die Geschichte mal wieder in Rekordzeit verschlungen - ein Beweis dafür, wie kurzweilig auch Sally Greens Fortsetzung geschrieben ist. Anstatt den Leser sanft mit oberflächlichem Geplänkel erneut an die fremde Welt zu gewöhnen, stürzt uns Sally Green gleich wieder ins Kampfgetümmel und zeigt uns, dass auch die Fortsetzung keine gemütliche, leichte Lektüre werden wird. Trotz dass wir uns viel Zeit nehmen, die einzelnen Handlungsstränge weiterzuentwickeln und Beziehungen zu vertiefen, scheut sich die Autorin wieder nicht vor viel Action, Mord und Totschlag. Man sollte also ein bisschen High-Fantasy-Erfahrung, ein blut-resistenter Magen und eine blühende Fantasie mitbringen...


"Ich habe manchmal den Eindruck, unser Leben hängt an einem seidenen Faden. Und manchmal zerreißt dieser Faden, manchmal wird er durchtrennt, manchmal fadenscheinig und brüchig. Aber solange eine einzige Faser uns hält, solange leben wir."


High-Fantasy-Erfahrung deswegen, da die Fantasy-Welt, die wir hier kennenlernen dürfen, recht komplex ist und in Grundzügen an bereits bekannte Geschichten erinnert. Sally Green erfindet hier das Rad nicht neu, peppt ihre "Kingdoms of Smoke" aber mit neuen Ideen und Facetten auf. So brutal wie Game of Thrones (abzüglich der Sex-Szenen), so orientalisch wie 1001-Nacht, ein paar Dämonen, eine grausame Verschwörung und starke Frauenfiguren - fertig ist das Erfolgskonzept, das fesselt und in den Bann zieht. Ihr umschreibender, ausführlicher Schreibstil, der viel mit Bildern arbeitet (auch bei blutigen Szenen, die fast schon ins Gore-hafte tendieren) tut sein Übriges und man ist in der fremdartigen und doch bekannten Welt gefangen. Was die Geschichte aber wirklich besonders macht, ist die Verknüpfung der Handlungsstränge. Dadurch dass die Protagonisten an unterschiedlichen Flecken der Welt für unterschiedliche Ziele in ihren eigenen, unterschiedliche Schlachten kämpfen, ist zu Beginn nicht klar, worauf die Geschichte hinauslaufen wird. So gibt es immer wieder neue Überraschungen und Wendungen, die man so nicht vorhergesehen hat - was bei High-Fantasy dieser Komplexität durchaus beachtlich ist.


"Ich kann beides für dich sein. Kämper und Liebender. Wenn du mich lässt."


Wunderbar gefallen haben mir auch unsere fünf Protagonisten, die so widersprüchlich und doch verständlich sind, wie das ganze Buch. Ich mochte die willensstarke Catherine, den treuen Ambrose, den naiven Edyon, den sanftmütigen March und die wilde Tash genauso wie die vielen spannenden Nebenfiguren. Dabei werden einige deutlicher gezeichnet wie beispielsweise der Dämonenjäger Gravell und einige wirken leider noch ein wenig stereotyp wie Boris oder Farrow. Aufgrund der begrenzten Seitenzahl ergibt sich leider wieder das bekannte Phänomen, dass die Bösen ultra fies dargestellt werden, während die Guten fast schon übertrieben edel erscheinen. Auch die Auseinandersetzung mit dem Sexismus-Thema, dass die Autorin hier mitreinbringt, bleibt leider eher stereotyp umgesetzt. So bin ich gespannt über die Entwicklung in Band 3. Ganz besonders spannend fand ich die ruppige Vater-Tochter-Beziehung zwischen Tash und Gravell sowie die sich entwickelnde Anziehung zwischen Edyon und March, die eigentlich Feinde sein wollten. Die Romanze zwischen Ambrose und Catherine ist mir neben den ausgefeilten Beziehungen der anderen Figuren ein bisschen zu plump und auch über die leicht angedeutete Dreiecksgeschichte mit Catherines zukünftigem Gemahl Prinz Tzsayn hat mich nicht gerade in Euphorie versetzt. Da die Liebesgeschichte jedoch im Hintergrund bleiben und klar das Abenteuer und die Spannung im Vordergrund stehen, ist das kein Anlass zu großer Kritik.

Das spannende Ende lässt uns nach einem spannenden Showdown leider mitten in zahlreichen Worst-Case-Szenarien zurück, sodass man am liebsten sofort weiterlesen würde. Zum Glück habe ich den dritten Teil, "Kingdoms of Smoke - Brennendes Land" schon hier und kann gleich morgen damit starten!



Fazit:


Eine rasante Fortsetzung, der es gelingt, die Figuren, deren Beziehungen zueinander und das Setting weiterzuentwickeln, während ein gefährlicher Krieg ausbricht. "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn" ist spannend, komplex, blutrünstig, divers und voller Wendungen!

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  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.06.2021

Spannend, komplex, blutrünstig, divers und voller Wendungen!

Kingdoms of Smoke – Teil 2: Dämonenzorn
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"Game-of-Thrones-trifft-1001-Nacht" - mit diesem spannenden Mix hat mich Sally Greens Auftakt zu ihrer "Kingdoms of Smoke"-Saga vor drei Jahren positiv überrascht. Kein Wunder, dass ich mir auch Band 2 ...

"Game-of-Thrones-trifft-1001-Nacht" - mit diesem spannenden Mix hat mich Sally Greens Auftakt zu ihrer "Kingdoms of Smoke"-Saga vor drei Jahren positiv überrascht. Kein Wunder, dass ich mir auch Band 2 und Band 3 unbedingt bestellen und somit in das mittelalterliche Fantasy-Reich voller Eis und Wüste, Brutalität und Schönheit, Dämonen und starker Frauenfiguren zurückkehren wollte. Auch "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn" ist wieder zugleich naiv und blutrünstig, spannend und langweilig, ausführlich und knapp, stereotyp und ambivalent, modern und altmodisch, bunt und blass - voller Widersprüche und voller Spannung!

Doch beginnen wir wieder bei der (einfach hinreißenden, hach) Gestaltung. Wo bei Band 1 ein Schloss zu sehen war, ist auf Band 2 ein verzierter Steinthron mit Krone und Schwert abgebildet und die Wolken aus Dämonenrauch, die kunstvoll um das Motiv und den Titel gelegt sind, sind dieses Mal dunkelblau. Der strahlend weiße Hintergrund des Covers dient als krasser Kontrast und lässt die Gestaltung mysteriös und dynamisch wirken. Toll ist wieder, dass die Innenseiten der Buchdeckel von zwei colorierten Karten in verschiedenem "Zoom-Faktor" zu sehen sind, die gemeinsam mit dem umfangreichen Orts- und Personenglossar am Ende des Buches eine einfache Navigation durch Sally Greens komplexe Fantasywelt garantieren. Erwähnenswert ist darüberhinaus, dass die Kapitel wieder recht knapp gehalten sind und die Perspektivwechsel abermals durch ein Zeichen angekündigt werden.


"Es ist unter Strafe verboten, den Rauch von Dämonen zu verkaufen und zu kaufen oder ihn sich auf andere Weise zu beschaffen, ihn zu inhalieren und zu schlucken und in irgendeiner Form oder zu irgendeinem Zweck zu nutzen."
- Gesetz von Pitoria, V.I, K. 43.1 -


Mit diesem kurzen Ausschnitt aus dem Gesetz des Hauptschauplatzes dieser Fortsetzung, geht das Abenteuer unserer fünf Helden weiter. Wie schon in Band 1, "Kingdoms of Smoke - Die Verschwörung von Brigant" konzentrieren wir uns auch hier wieder auf den Weg unserer 5 erzählenden Figuren durch die Irrungen und Wirrungen von Krieg, Liebe, Flucht und Magie. Genau wie ihre jeweilige Herkunft unterscheiden sich auch die Träume, Probleme und Motive unserer Protagonisten. Während der Krieg Prinzessin Catherine in ihrer Loyalität zwischen Pitoria und ihrer Heimat Brigant zu zerreißen droht, ist Soldat Ambrose genau dort, wo er sein will: an ihrer Seite. Die junge Dämonenjägerin Tash muss mit dem Tod ihres Begleiters Gravell zurechtkommen und herausfinden, welche Rolle sie nun spielen will. Unterdessen ringt Diener March mit seinem Wunsch, sein Volk, die Abask zu rächen und seiner aufkeimenden Liebe zu Prinz Edyon. Und letzterer will einfach nur weg vom eiskalte nördlichen Plateu, weg von den Fronten eines gefährlichen Krieges und sich in einem gemütlichen Bett verkriechen. Zusätzlich gibt´s noch ein Bonuskapitel aus der Sicht von Prinz Tzsayn, der bei der Schlacht von Rossarb in die Hände der Briganter gefallen ist. Nachdem die Figuren sich am Ende von Band 1 alle in Rossarb getroffen haben, werden sie auf der Flucht vor der Armee der Briganter auf dem nördlichen Plateau wieder getrennt. Dennoch ist klar, dass ihre Schicksale kunstvoll miteinander verwoben sind - denn sie alle verbindet nichts Geringeres als die Rettung der Welt, in der sie leben ....


"Ambrose nahm Catherines behandschuhte Hand. "Wenn du eine richtige Anführerin werden willst, dann musst du schwere Entscheidungen treffen. Manchmal musst du Soldaten opfern. Du verlierst eine Schlacht, um den Krieg zu gewinnen. Und ein Anführer muss immer überleben ... das ist deine Bürde. Du hast ihr Leben in deinen Händen und einige dieser Leben sind verloren. Wenn du das nicht akzeptierst, dann kannst du sie nicht anführen."


Das Abenteuer geht also mit den besten Voraussetzungen dynamisch weiter. Neben der weiteren Zuspitzung des Konflikts zwischen Pitoria und Brigant dürfen wir in dieser Fortsetzung die Geheimnisse der Dämonentunnel erkunden und dabei die ein oder andere überraschende Entdeckung machen. Trotz der fast 500 Seiten hatte ich die Geschichte mal wieder in Rekordzeit verschlungen - ein Beweis dafür, wie kurzweilig auch Sally Greens Fortsetzung geschrieben ist. Anstatt den Leser sanft mit oberflächlichem Geplänkel erneut an die fremde Welt zu gewöhnen, stürzt uns Sally Green gleich wieder ins Kampfgetümmel und zeigt uns, dass auch die Fortsetzung keine gemütliche, leichte Lektüre werden wird. Trotz dass wir uns viel Zeit nehmen, die einzelnen Handlungsstränge weiterzuentwickeln und Beziehungen zu vertiefen, scheut sich die Autorin wieder nicht vor viel Action, Mord und Totschlag. Man sollte also ein bisschen High-Fantasy-Erfahrung, ein blut-resistenter Magen und eine blühende Fantasie mitbringen...


"Ich habe manchmal den Eindruck, unser Leben hängt an einem seidenen Faden. Und manchmal zerreißt dieser Faden, manchmal wird er durchtrennt, manchmal fadenscheinig und brüchig. Aber solange eine einzige Faser uns hält, solange leben wir."


High-Fantasy-Erfahrung deswegen, da die Fantasy-Welt, die wir hier kennenlernen dürfen, recht komplex ist und in Grundzügen an bereits bekannte Geschichten erinnert. Sally Green erfindet hier das Rad nicht neu, peppt ihre "Kingdoms of Smoke" aber mit neuen Ideen und Facetten auf. So brutal wie Game of Thrones (abzüglich der Sex-Szenen), so orientalisch wie 1001-Nacht, ein paar Dämonen, eine grausame Verschwörung und starke Frauenfiguren - fertig ist das Erfolgskonzept, das fesselt und in den Bann zieht. Ihr umschreibender, ausführlicher Schreibstil, der viel mit Bildern arbeitet (auch bei blutigen Szenen, die fast schon ins Gore-hafte tendieren) tut sein Übriges und man ist in der fremdartigen und doch bekannten Welt gefangen. Was die Geschichte aber wirklich besonders macht, ist die Verknüpfung der Handlungsstränge. Dadurch dass die Protagonisten an unterschiedlichen Flecken der Welt für unterschiedliche Ziele in ihren eigenen, unterschiedliche Schlachten kämpfen, ist zu Beginn nicht klar, worauf die Geschichte hinauslaufen wird. So gibt es immer wieder neue Überraschungen und Wendungen, die man so nicht vorhergesehen hat - was bei High-Fantasy dieser Komplexität durchaus beachtlich ist.


"Ich kann beides für dich sein. Kämper und Liebender. Wenn du mich lässt."


Wunderbar gefallen haben mir auch unsere fünf Protagonisten, die so widersprüchlich und doch verständlich sind, wie das ganze Buch. Ich mochte die willensstarke Catherine, den treuen Ambrose, den naiven Edyon, den sanftmütigen March und die wilde Tash genauso wie die vielen spannenden Nebenfiguren. Dabei werden einige deutlicher gezeichnet wie beispielsweise der Dämonenjäger Gravell und einige wirken leider noch ein wenig stereotyp wie Boris oder Farrow. Aufgrund der begrenzten Seitenzahl ergibt sich leider wieder das bekannte Phänomen, dass die Bösen ultra fies dargestellt werden, während die Guten fast schon übertrieben edel erscheinen. Auch die Auseinandersetzung mit dem Sexismus-Thema, dass die Autorin hier mitreinbringt, bleibt leider eher stereotyp umgesetzt. So bin ich gespannt über die Entwicklung in Band 3. Ganz besonders spannend fand ich die ruppige Vater-Tochter-Beziehung zwischen Tash und Gravell sowie die sich entwickelnde Anziehung zwischen Edyon und March, die eigentlich Feinde sein wollten. Die Romanze zwischen Ambrose und Catherine ist mir neben den ausgefeilten Beziehungen der anderen Figuren ein bisschen zu plump und auch über die leicht angedeutete Dreiecksgeschichte mit Catherines zukünftigem Gemahl Prinz Tzsayn hat mich nicht gerade in Euphorie versetzt. Da die Liebesgeschichte jedoch im Hintergrund bleiben und klar das Abenteuer und die Spannung im Vordergrund stehen, ist das kein Anlass zu großer Kritik.

Das spannende Ende lässt uns nach einem spannenden Showdown leider mitten in zahlreichen Worst-Case-Szenarien zurück, sodass man am liebsten sofort weiterlesen würde. Zum Glück habe ich den dritten Teil, "Kingdoms of Smoke - Brennendes Land" schon hier und kann gleich morgen damit starten!



Fazit:


Eine rasante Fortsetzung, der es gelingt, die Figuren, deren Beziehungen zueinander und das Setting weiterzuentwickeln, während ein gefährlicher Krieg ausbricht. "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn" ist spannend, komplex, blutrünstig, divers und voller Wendungen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 16.06.2021

Spannend, komplex, blutrünstig, divers und voller Wendungen!

Kingdoms of Smoke – Dämonenzorn
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"Game-of-Thrones-trifft-1001-Nacht" - mit diesem spannenden Mix hat mich Sally Greens Auftakt zu ihrer "Kingdoms of Smoke"-Saga vor drei Jahren positiv überrascht. Kein Wunder, dass ich mir auch Band 2 ...

"Game-of-Thrones-trifft-1001-Nacht" - mit diesem spannenden Mix hat mich Sally Greens Auftakt zu ihrer "Kingdoms of Smoke"-Saga vor drei Jahren positiv überrascht. Kein Wunder, dass ich mir auch Band 2 und Band 3 unbedingt bestellen und somit in das mittelalterliche Fantasy-Reich voller Eis und Wüste, Brutalität und Schönheit, Dämonen und starker Frauenfiguren zurückkehren wollte. Auch "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn" ist wieder zugleich naiv und blutrünstig, spannend und langweilig, ausführlich und knapp, stereotyp und ambivalent, modern und altmodisch, bunt und blass - voller Widersprüche und voller Spannung!

Doch beginnen wir wieder bei der (einfach hinreißenden, hach) Gestaltung. Wo bei Band 1 ein Schloss zu sehen war, ist auf Band 2 ein verzierter Steinthron mit Krone und Schwert abgebildet und die Wolken aus Dämonenrauch, die kunstvoll um das Motiv und den Titel gelegt sind, sind dieses Mal dunkelblau. Der strahlend weiße Hintergrund des Covers dient als krasser Kontrast und lässt die Gestaltung mysteriös und dynamisch wirken. Toll ist wieder, dass die Innenseiten der Buchdeckel von zwei colorierten Karten in verschiedenem "Zoom-Faktor" zu sehen sind, die gemeinsam mit dem umfangreichen Orts- und Personenglossar am Ende des Buches eine einfache Navigation durch Sally Greens komplexe Fantasywelt garantieren. Erwähnenswert ist darüberhinaus, dass die Kapitel wieder recht knapp gehalten sind und die Perspektivwechsel abermals durch ein Zeichen angekündigt werden.


"Es ist unter Strafe verboten, den Rauch von Dämonen zu verkaufen und zu kaufen oder ihn sich auf andere Weise zu beschaffen, ihn zu inhalieren und zu schlucken und in irgendeiner Form oder zu irgendeinem Zweck zu nutzen."
- Gesetz von Pitoria, V.I, K. 43.1 -


Mit diesem kurzen Ausschnitt aus dem Gesetz des Hauptschauplatzes dieser Fortsetzung, geht das Abenteuer unserer fünf Helden weiter. Wie schon in Band 1, "Kingdoms of Smoke - Die Verschwörung von Brigant" konzentrieren wir uns auch hier wieder auf den Weg unserer 5 erzählenden Figuren durch die Irrungen und Wirrungen von Krieg, Liebe, Flucht und Magie. Genau wie ihre jeweilige Herkunft unterscheiden sich auch die Träume, Probleme und Motive unserer Protagonisten. Während der Krieg Prinzessin Catherine in ihrer Loyalität zwischen Pitoria und ihrer Heimat Brigant zu zerreißen droht, ist Soldat Ambrose genau dort, wo er sein will: an ihrer Seite. Die junge Dämonenjägerin Tash muss mit dem Tod ihres Begleiters Gravell zurechtkommen und herausfinden, welche Rolle sie nun spielen will. Unterdessen ringt Diener March mit seinem Wunsch, sein Volk, die Abask zu rächen und seiner aufkeimenden Liebe zu Prinz Edyon. Und letzterer will einfach nur weg vom eiskalte nördlichen Plateu, weg von den Fronten eines gefährlichen Krieges und sich in einem gemütlichen Bett verkriechen. Zusätzlich gibt´s noch ein Bonuskapitel aus der Sicht von Prinz Tzsayn, der bei der Schlacht von Rossarb in die Hände der Briganter gefallen ist. Nachdem die Figuren sich am Ende von Band 1 alle in Rossarb getroffen haben, werden sie auf der Flucht vor der Armee der Briganter auf dem nördlichen Plateau wieder getrennt. Dennoch ist klar, dass ihre Schicksale kunstvoll miteinander verwoben sind - denn sie alle verbindet nichts Geringeres als die Rettung der Welt, in der sie leben ....


"Ambrose nahm Catherines behandschuhte Hand. "Wenn du eine richtige Anführerin werden willst, dann musst du schwere Entscheidungen treffen. Manchmal musst du Soldaten opfern. Du verlierst eine Schlacht, um den Krieg zu gewinnen. Und ein Anführer muss immer überleben ... das ist deine Bürde. Du hast ihr Leben in deinen Händen und einige dieser Leben sind verloren. Wenn du das nicht akzeptierst, dann kannst du sie nicht anführen."


Das Abenteuer geht also mit den besten Voraussetzungen dynamisch weiter. Neben der weiteren Zuspitzung des Konflikts zwischen Pitoria und Brigant dürfen wir in dieser Fortsetzung die Geheimnisse der Dämonentunnel erkunden und dabei die ein oder andere überraschende Entdeckung machen. Trotz der fast 500 Seiten hatte ich die Geschichte mal wieder in Rekordzeit verschlungen - ein Beweis dafür, wie kurzweilig auch Sally Greens Fortsetzung geschrieben ist. Anstatt den Leser sanft mit oberflächlichem Geplänkel erneut an die fremde Welt zu gewöhnen, stürzt uns Sally Green gleich wieder ins Kampfgetümmel und zeigt uns, dass auch die Fortsetzung keine gemütliche, leichte Lektüre werden wird. Trotz dass wir uns viel Zeit nehmen, die einzelnen Handlungsstränge weiterzuentwickeln und Beziehungen zu vertiefen, scheut sich die Autorin wieder nicht vor viel Action, Mord und Totschlag. Man sollte also ein bisschen High-Fantasy-Erfahrung, ein blut-resistenter Magen und eine blühende Fantasie mitbringen...


"Ich habe manchmal den Eindruck, unser Leben hängt an einem seidenen Faden. Und manchmal zerreißt dieser Faden, manchmal wird er durchtrennt, manchmal fadenscheinig und brüchig. Aber solange eine einzige Faser uns hält, solange leben wir."


High-Fantasy-Erfahrung deswegen, da die Fantasy-Welt, die wir hier kennenlernen dürfen, recht komplex ist und in Grundzügen an bereits bekannte Geschichten erinnert. Sally Green erfindet hier das Rad nicht neu, peppt ihre "Kingdoms of Smoke" aber mit neuen Ideen und Facetten auf. So brutal wie Game of Thrones (abzüglich der Sex-Szenen), so orientalisch wie 1001-Nacht, ein paar Dämonen, eine grausame Verschwörung und starke Frauenfiguren - fertig ist das Erfolgskonzept, das fesselt und in den Bann zieht. Ihr umschreibender, ausführlicher Schreibstil, der viel mit Bildern arbeitet (auch bei blutigen Szenen, die fast schon ins Gore-hafte tendieren) tut sein Übriges und man ist in der fremdartigen und doch bekannten Welt gefangen. Was die Geschichte aber wirklich besonders macht, ist die Verknüpfung der Handlungsstränge. Dadurch dass die Protagonisten an unterschiedlichen Flecken der Welt für unterschiedliche Ziele in ihren eigenen, unterschiedliche Schlachten kämpfen, ist zu Beginn nicht klar, worauf die Geschichte hinauslaufen wird. So gibt es immer wieder neue Überraschungen und Wendungen, die man so nicht vorhergesehen hat - was bei High-Fantasy dieser Komplexität durchaus beachtlich ist.


"Ich kann beides für dich sein. Kämper und Liebender. Wenn du mich lässt."


Wunderbar gefallen haben mir auch unsere fünf Protagonisten, die so widersprüchlich und doch verständlich sind, wie das ganze Buch. Ich mochte die willensstarke Catherine, den treuen Ambrose, den naiven Edyon, den sanftmütigen March und die wilde Tash genauso wie die vielen spannenden Nebenfiguren. Dabei werden einige deutlicher gezeichnet wie beispielsweise der Dämonenjäger Gravell und einige wirken leider noch ein wenig stereotyp wie Boris oder Farrow. Aufgrund der begrenzten Seitenzahl ergibt sich leider wieder das bekannte Phänomen, dass die Bösen ultra fies dargestellt werden, während die Guten fast schon übertrieben edel erscheinen. Auch die Auseinandersetzung mit dem Sexismus-Thema, dass die Autorin hier mitreinbringt, bleibt leider eher stereotyp umgesetzt. So bin ich gespannt über die Entwicklung in Band 3. Ganz besonders spannend fand ich die ruppige Vater-Tochter-Beziehung zwischen Tash und Gravell sowie die sich entwickelnde Anziehung zwischen Edyon und March, die eigentlich Feinde sein wollten. Die Romanze zwischen Ambrose und Catherine ist mir neben den ausgefeilten Beziehungen der anderen Figuren ein bisschen zu plump und auch über die leicht angedeutete Dreiecksgeschichte mit Catherines zukünftigem Gemahl Prinz Tzsayn hat mich nicht gerade in Euphorie versetzt. Da die Liebesgeschichte jedoch im Hintergrund bleiben und klar das Abenteuer und die Spannung im Vordergrund stehen, ist das kein Anlass zu großer Kritik.

Das spannende Ende lässt uns nach einem spannenden Showdown leider mitten in zahlreichen Worst-Case-Szenarien zurück, sodass man am liebsten sofort weiterlesen würde. Zum Glück habe ich den dritten Teil, "Kingdoms of Smoke - Brennendes Land" schon hier und kann gleich morgen damit starten!



Fazit:


Eine rasante Fortsetzung, der es gelingt, die Figuren, deren Beziehungen zueinander und das Setting weiterzuentwickeln, während ein gefährlicher Krieg ausbricht. "Kingdoms of Smoke - Dämonenzorn" ist spannend, komplex, blutrünstig, divers und voller Wendungen!

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 15.06.2021

Außen hui, innen hui!

Ever – Wann immer du mich berührst
1

Seit der Blakely-Brüder Reihe bin ich ein großer Fan von Nikola Hotel und habe deshalb große Hoffnungen auf ihre neue Paper-Love-Dulogie gesetzt, die heute mit "Ever - Wann immer du mich berühst" startet. ...

Seit der Blakely-Brüder Reihe bin ich ein großer Fan von Nikola Hotel und habe deshalb große Hoffnungen auf ihre neue Paper-Love-Dulogie gesetzt, die heute mit "Ever - Wann immer du mich berühst" startet. Der Kyss-Verlag war so lieb, mir ein Vorabexemplar zukommen zu lassen, sodass ich pünktlich zum Erscheinungstermin von meiner Leseerfahrung erzählen kann. Trotz dass ich mich recht hohen Erwartungen an die Geschichte herangetreten bin, hat sie mich keinenfalls enttäuscht. Denn "Ever" hat wieder alles, was man sich als schmachtender Leser nur wünschen kann: ein anbetungswürdiger Love-Interest, der abseits der typischen Klischees mit Geduld und Sanftmut überzeugt, eine sympathische, verletzliche aber auf ihre Weise starke Protagonistin, eine prickelnde Dynamik zwischen den Beiden und natürlich dramatische Umstände, die ihnen im Weg stehen....


Abbi: "Wenn man Papier faltet, dann brechen die trockenen Papierfasern. Man kann es mit der Hand glätten, es sogar bügeln, aber es wird nie wieder so sein wie zuvor. Die Stelle, an der man es gefaltet hat, bleibt für immer sichtbar. Als ich meinen Unfall hatte, ist etwas in mir gebrochen, David. Ich weiß, ich werde nie wieder so sein wie früher, aber nicht, weil etwas in mir kaputt ist, sondern weil du mich mit deinen Händen geglättet und mein Herz berührt hast. Ich würde es immer und immer wieder tun."


Genau wie schon "It was always you" und "It was always love" ist auch "Ever" einfach hinreißend und hochwertig gestaltet. Passend zum Reihennamen ist die Klappbroschur aus dickerem Papier, auf welchem sich der altrosa Titel und der Origami-Kranich haptisch hervorheben. Der rosa-Farbklecks, die blauen Wasserfarbenschlieren und die Veredelung mit Goldfolie geben dem Cover noch einen zusätzlichen Glow. Die Wasserfarben- und Origami-Motive ziehen sich auch innen durch Buch. Jeder Kapitelanfang beginnt mit einer Farbwolke und jede Seite ist mit einem kleinen Kranich unten im Eck verziert, welcher seine Flügel ausbreitet und fliegt, wenn man das Buch schnell durchblättert. Neben dem tollen Daumenkino sind auch die Anleitungen am Ende des Buches ein weiters Plus der Gestaltung. Diese laden dazu ein, sich selbst an das ein oder andere im Buch vorkommende Origami-Tier zu wagen.


Erster Satz: "Ich presse die Lippen zusammen."


Mit diesem Satz tauchen wir ein in Abbis Realität, die momentan aus Hilflosigkeit, Schmerzen, Angst und Verwirrung besteht. Die junge Studentin soll nämlich nach einem Autounfall in der Rehaklinik wieder laufen lernen, vertraut aber sich und ihrer Therapeuten Kadence nicht genug, um wirklich Fortschritte machen zu können. Als Kadence mit ihrem Latein am Ende ist, drückt sie ihre schwierige Patientin kurzerhand dem Studenten David auf, doch Abbi merkt schnell, dass der gutaussende Therapeut, der mit anderen Patienten eine Engelsgeduld beweist, mit ihr irgendein Problem hat. Während sie sich zu ihm hingezogen fühlt, kann er ihr nicht in die Augen schauen. Sie weiß nicht, dass David mit ihrer Familie noch eine Rechnung offen hat...


David: "Ich kann diesen Moment mit Abbi nicht genießen, weil er nur eine Illusion ist. Das ist nicht das reale Leben. Das reale Leben der Familie Rivers waren Rechnungen, ein leerer Kühlschrank und ein heulendes, krankes Kleinkind, das nicht das verfi---- Spielzeug bekommt, das es haben will und stattdessen mit ein paar Papiertieren bei Laune gehalten wird. Das reale Leben ist eine Ohrfeige, die man bekommt, weil man es verdient hat. Das reale Leben ist ein geplatztes Trommelfell und geplatzte Träume."


Wie in Nikola Hotels vorheriger Blakely-Reihe passiert auf den 432 Seiten auf der reinen Handlungsebene nicht viel Spektakuläres, dennoch wurde ich von der ersten Seite an in die Geschichte gesogen. Die Autorin nimmt sich hier viel Zeit, ihre Figuren vorzustellen und sie im Therapiesetting miteinander zu konfrontieren und dabei die Spannung zwischen den beiden aufzubauen. Im Prinzip begleiten wir Abbi und David bei Therapiesitzungen, Übungen, sowie ihren alltäglichen Besorgungen und haben auf diese Weise ganz viel Raum, die sich langsam verändernde Dynamik zwischen den beiden zu beobachten. Und diese ist wirklich außergewöhnlich! Physiotherapeut und Patientin - das ist mal eine ganz neue Konstellation, die ich so noch nie gelesen habe, aber wahnsinnig viel Potential enthält. Was es mit zwei Menschen macht, die sich zwischen Berührungen, gewahrter Professionalität, Angst vor Schmerzen und sich langsam aufbauenden Vertrauen näher kommen, ist einfach wahnsinnig mitreißend! Kein Wunder, dass die Chemie zwischen Abbi und David mal wieder am Kochen ist. Ich weiß wirklich nicht, wie Nikola Hotel das angestellt hat, aber hier konnte ich das Knistern durch die Seiten hindurch zwischen meinen Fingern spüren und selbst ganz einfache Krankengymnastik-Übungen werden unerwartet sexy.


Abbi: "Er berührt mich, selbst wenn er mich nicht berührt, und ich weiß, dass das keinen Sinn ergibt. Aber es ist innerlich. Er berührt nicht nur meine Haut, sondern etwas darunter, tief in mir, und das ist nichts, was man einfach abstreifen kann."


Neben der prickelnden Anziehungskraft, und den unterdrückten Gefühlen sorgen hier auch die Geheimnisse und neue und alte Wunden für eine unterschwellige Spannung, die einen nicht mehr los lässt. Weshalb ist David so sauer auf die Haydens? Was hat er für ein Problem mit Abbis Vater? Warum ist eine Seite aus Abbis Krankenakte verschwunden? Und wie ist es überhaupt zu dem Unfall gekommen? Obwohl sowohl David und Abbi abwechselnd aus der Ich-Perspektive erzählen, werden viele der Fragen, die wir uns beim Lesen stellen, erst nach und nach gelüftet, sodass die Spannung hoch bleibt. Wunderbar ist auch, dass die beiden Hauptfiguren von Anfang an nicht in typische Klischees passen und mit ihrer Widersprüchlichkeit ein lebendiges, rundes Bild abgegeben haben. Abbi erscheint auf den ersten Blick unsicher, ängstlich und orientierungslos, straft diesen Eindruck aber Lügen, in dem sie mutig ihre Gefühle zeigt, auch unangenehme Themen immer sofort anspricht und sich durch ihre offene Kommunikation selbst verletzlich macht. Sie ist mal wieder eine Protagonistin, die zeigt, dass Stärke ganz unterschiedliche Gestalten annehmen kann und wie wichtig es ist, die Dinge beim Namen zu nennen! David hingegen ist mit seinem Sanftmut, seiner Geduld, seiner Fürsorglichkeit und Empathie ein stiller Held, in den ich mich sofort verliebt habe. Auch wenn er (natürlich) wahnsinnig gutaussehend und trainiert ist, entspricht er überhaupt nicht den typischen New-Adult-Klischees eines perfekten Love-Interests und hat sich damit nur noch tiefer in mein Herz gemogelt!


David: "Ich bin ihr Physiotherapeut. Und sie ist nicht die erste Patientin, die meine Nähe sucht. Nur dass meine Hände gerade an ihrem Rücken nach oben fahren und ich sie einfach nicht loslassen kann, was wohl bedeutet, dass sie die erste Patientin ist, deren Nähe ich auch suche (...) Das ist bestimmt der Grund, w ich warum ich anfange, mir Ausreden auszudenken (...) Dass es eigentlich nichts bedeuten würde und dass die Hitze, die ich in meinen Eingeweiden spüre, keine weiteren Auswirkungen haben wird. Aber das ist Bullshit. Weil ihre Hitze mit einer zusammengenommen einfach alles niederbrennen könnte."


Obendrauf gibt es hier (wie immer) eine Menge toller Nebenfiguren, die mich immer wieder zum Lächeln gebracht haben. Sei es die robuste, Käsekuchenliebende Madame Mustache mit dem stattlichen Frauenschnurrbart, Davids aufgeweckte Schwester Jane oder die Elvisnärrin und harsche Haushälterin Lorraine - die Figuren sind alle wieder direkt aus dem Leben gegriffen und in ihrer leichten Schrägheit wahnsinnig liebenswert! Schön ist auch, dass nicht nur durch den Doppelauftritt von Barbesitzer Chase und Therapeutin Kadence Nikola Hotels beide Reihen miteinander verbunden wurden, sondern auch Noah, Aubree, Ivy und Asher hier nochmal kurz auftauchen.


Abbi: "Er lacht verzweifelt auf. "Würdest du mit zu mir kommen? Jetzt? In meine Realität? Bei uns ist nicht alles schön, und das musst du wissen. Wir haben keine Regenwaldbrause in der Dusche, oder weiche Handtücher oder einen Kamin im Wohnzimmer, aber ... verdammt, es ist immer jemand da. Man muss im Dunklen keine Angst haben, weil es niemals so einsam ist, dass man die Stille hört wie bei euch."


Addiert man nun noch Nikola Hotels spritzigen Schreibstil zur Gleichung hinzu, ist ein emotionales Auf und Ab garantiert. Sie scheut zwar nicht das große Drama, hat durch ihre sensible und zart romantische Art, die Gefühle der Protagonisten auszudrücken aber trotzdem mein Herz gewonnen. Mir gefällt die Leichtigkeit, die zwischen den Seiten zu finden ist, die aber dennoch nicht mit Oberflächlichkeit einhergeht. Denn auch hier hat die Autorin mal wieder ein paar ernstere Themen verpackt, geht diese aber so emotional, sensibel und zart romantisch an, dass einem als Leser das Herz aufgeht. Zwar bleibt einiges nur angerissen und von anderen Aspekten wie zum Beispiel Abbis Freundschaft zu Willow, oder Davids Bekanntschaft mit Noah hätte ich mir mehr erwartet, dennoch wirkt diese Geschichte bedeutungsvoller, wichtiger und tiefgründiger als man es der Verpackung zutraut. Ein bisschen Ironie, Humor, viele Anspielungen auf Filme und Serien und natürlich auch ein paar erotische Szenen dürfen nicht fehlen... So entsteht ein atmosphärisches, lebendiges, authentisches Gesamtbild, in das ich mich einfach verlieben musste.


David: "Abbi ist ein Traum, der nie wahr werden wird. Und ich bringe es einfach nicht fertig, das jetzt schon aufzugeben."


"Ever" ist eines der Bücher, die man in einem Rutsch wegliest und danach kaum glauben kann, dass das wirklich über 400 Seiten waren, da es sich wie maximal die Hälfte angefühlt hat. Das Ende von Davids und Abbis Reise durch Reha, Schmerz, Angst, Vertrauen und Liebe kam demnach wieder viel zu schnell. Ein leiser Trost ist nur, dass wir auf Band 2, "Blue", welcher sich um Davids Schwester Jane und den "nervigen Bonzen Alex" dreht, über den sie sich immer beschwert, nur bis Mitte Dezember warten müssen.




Fazit:


Außen hui, innen hui! "Ever - Wann immer du mich berühst" überzeugt nicht nur mit einer wunderschönen Gestaltung, sondern auch mit liebenswerten Figuren, toller Chemie, einem spritzigen Schreibstil und neuen Ideen!

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