Cover-Bild Real Life
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22,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Piper
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 352
  • Ersterscheinung: 03.05.2021
  • ISBN: 9783492059589
Brandon Taylor

Real Life

Roman | Shortlist des Booker Prize 2020
Eva Bonné (Übersetzer)

Über die Sprengkraft der Diskriminierung

Ein Spätsommerabend bei Freunden, man plaudert und sagt: Wallace könne froh sein, es als einziger Schwarzer an der Uni zum Biochemie-Doktoranden gebracht zu haben. Selbst die, die ihm angeblich nahestehen, sehen oft nicht mehr als die Farbe seiner Haut. Als sein Vater stirbt, brechen die Erinnerungen über Wallace herein: an eine Kindheit in Alabama, die ihrem Elend nicht gewachsene, trinkende Mutter und den kühlen, seltsam unbeteiligten Vater. All das hat Wallace hinter sich gelassen. Doch noch immer spürt er die Kluft der Scham, die ihn von seinen Freunden trennt. Und nicht zuletzt von Miller, mit dem er eine heimliche Affäre beginnt.

Real Life ist ein aufwühlender Roman über die Sprengkraft subtiler Diskriminierung. Wallace bricht mit der Vergangenheit, die ihn in einem Leben hält, das nicht mehr seines ist. Er wagt sich hinaus ins echte Leben, zeigt sich und riskiert, alles zu verlieren – oder alles zu gewinnen.

»Es ist, als würden sie sagen, du sollst mit all deinen Erfahrungen kommen und ganz du selbst sein. Aber wenn du dann an ihrem Tisch sitzt, als queere schwarze Person aus dem Arbeitermilieu der Südstaaten, wollen sie auf einmal nicht mehr, dass du über bestimmte Dinge sprichst, weil du damit alle Regeln ihrer Welt brechen würdest.« Brandon Taylor im Interview mit Maddie Sofia, NPR

»Ein umwerfendes Debüt … Feinfühlig tanzt das Erzählen über die Seite: mit reiner, präziser Poesie.« The New York Times Book Review

»Taylor thematisiert unter anderem Einsamkeit, Begehren und – vor allem anderen – den Versuch, sich einer Sache zu verschreiben, Sinn und Glück aus ihr für das eigene Leben zu ziehen.« Time Magazine

»Real Life verdeutlicht auf ergreifende Weise, welcher Widerspruch aufklafft, sobald man sich in einer Institution nicht akzeptiert und verstanden fühlt, die aggressiv ihre eigene unbefleckte Progressivität bewirbt.« The Guardian

»Brandon Taylor ist ein brillanter Autor, und dies ist ein wunderschönes Buch.« Garth Greenwell

»In einer zarten, intimen und eigensinnigen Sprache lotet Taylor aus, was Race, Sexualität und Begehren bedeuten.« Newsweek

»Mal bitter, mal zart schreibt sich dieser fein gewirkte Roman in die schwule Literatur ein. Aber damit nicht genug, Wallace' Stimme trägt mit ihrer erfrischenden Nuanciertheit und ihrem Sinn fürs Mikroskopische auch zur Debatte um Black Lives Matter bei.« Financial Times

»Ein bestechender Entwicklungsroman!« O: The Oprah Magazine

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.05.2021

Herausragende Sprache

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Wallace will einfach nur dazugehören. Doch im Labor ist er der einzige Schwarze. Seine Kolleginnen sind teilweise unfreundlich zu ihm. Seine Freunde trifft er selten. Und wenn er in deren Beisein diskriminiert ...

Wallace will einfach nur dazugehören. Doch im Labor ist er der einzige Schwarze. Seine Kolleginnen sind teilweise unfreundlich zu ihm. Seine Freunde trifft er selten. Und wenn er in deren Beisein diskriminiert wird, halten sie den Mund. Es ist leichter still zu sein und ihn danach zu trösten als Partei zu ergreifen.

Das Buch hat mich begeistert. Wallace ist ein Charakter, der mich berührt hat. Die anderen Charaktere bleiben für mich undurchsichtig. Man hat mir den Blickwinkel von Wallace und fragt sich doch, wie es die Freunde wahrnehmen. Diese Perspektive hat mir etwas gefehlt. Die Geschichte ist auch nicht schwarz- weiß, sondern hat Graubereiche.

Ohne die letzten 40 Seiten hätte ich 5 Sterne vergeben. Aber mir fehlt einfach etwas als Abschluss für das Buch. Und dabei meine ich kein Happy End, denn das würde nicht passen. Vielleicht etwas, dass eine Entscheidung enthält oder wenigstens ein Ende der Lethargie.

Die Sprache ist richtig toll. Der Schreibstil hat mich überzeugt. Und das, obwohl ich Zweifel hatte, weil ich Bücher mit Buchpreis normal nicht so gut finde.

Fazit: Begeisternd und für den Leser erleuchtend, aber auch widersprüchlich wie das echte Leben.

Veröffentlicht am 04.07.2021

Schwere Lektüre mit Stellen der Leichtigkeit

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"Booker Prize"-Lektüren sind selten "leichte Lektüren". Hier wird literarische Qualität ausgezeichnet, die Themen sind meistens existenziell und tiefgreifend. So reiht sich auch Brandon Taylors Debütroman ...

"Booker Prize"-Lektüren sind selten "leichte Lektüren". Hier wird literarische Qualität ausgezeichnet, die Themen sind meistens existenziell und tiefgreifend. So reiht sich auch Brandon Taylors Debütroman in diese Tradition mit ein, mit dem er es 2020 auf die Shortlist der renommierten Auszeichnung schaffte.
Passt der Titel "Real Life", das wahre bzw. echte Leben (in der deutschen Übersetzung wurde der Originaltitel dankenswerterweise beibehalten) zu seinem Buch? Zumindest seziert Taylor in seinem Roman - wie sein Protagonist Wallace es mit Würmern bzw. Nematoden macht - das alltägliche Dasein eines Biochemie-Doktoranden an einer amerikanischen Universität im Mittleren Westen und inszeniert damit das scheinbar echte Leben seines Protagonisten Wallace. Dieser sinniert über seine Vergangenheit, über Gegenwart und Zukunft, er liebt, er leidet, er lebt - und das alles als Individuum in einer Gesellschaft. Denn Wallace muss sich nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit anderen auseinandersetzen - mit ihrer Freundlichkeit, ihren Problemen, ihren Komplexen, etc. Ausserdem ist Wallace ein schwarzer schwuler Mann in einer vermeintlich post-rassistischen, post-homophoben Welt. Immerhin ist der Mikrokosmos des Campus und der mit ihm assoziierten Gesellschaft ein solcher Ort - zumindest an der Oberfläche. Denn Wallace muss erleben, dass seine Hautfarbe und seine sexuelle Orientierung für andere trotz der liberalen Grundstimmung im intellektuellen Milieu nach wie vor eine Rolle spielen.
"Real Life" ist ein zutiefst menschliches Buch darüber, wie wir mit Schuld und Traumata umgehen, aber auch darüber ob es ein Überwinden derselben gibt, Versöhnung und das "Danach". Vor allem aber auch geht es um Selbstfindung und dem Umfang mit der eigenen Depression und den Dämonen der Vergangenheit.
Die Lektüre war stellenweise erhellend schön, wenn es um die Beschreibung bestimmter Stimmungen ging. Dennoch war mir der Grundtenor zu düster, die Leiden zu schwer, der Fatalismus der jungen Menschen zu viel. Zu viel Verfall, zu viel "Memento mori"-Metaphorik (illustriert ab toten Tieren), zu viel sinnlose Gewalt. Dass der Booker Prize keine "Feelgood Romane" auszeichnet, dürfte jedem klar sein. Und am Ende gibt es ja auch einen Hoffnungschimmer. Trotzdem hätte ich mir mehr Stellen dieser Leichtigkeit angesichts der menschlichen und gesellschaftlichen Abgründe auch im Plot gewünscht. Zum Highlight hat mir also ein kleines Quäntchen gefehlt, aber dennoch ein hervorragender Roman.

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Veröffentlicht am 14.05.2021

Toller Schreibstil

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Das Cover passt unglaublich gut zu dem Buch, schlicht, ruhig und doch gleichzeitig sehr aussagekräftig. Mich hat es tatsächlich gleich auf das Buch aufmerksam gemacht.

Ich liebe den Schreibstil von Brandon ...

Das Cover passt unglaublich gut zu dem Buch, schlicht, ruhig und doch gleichzeitig sehr aussagekräftig. Mich hat es tatsächlich gleich auf das Buch aufmerksam gemacht.

Ich liebe den Schreibstil von Brandon Taylor sehr, denn er ist flüssig, wunderschön und verharmlost viele Dinge nicht. Es waren so einige Stellen dabei, die einen durchaus zum Nachdenken bringen. So schreibt Brandon Taylor in einer Szenen, wie alle schweigen, nachdem etwas rassistisches gesagt wurde. Das ist die Art und Weise, wie die Charaktere einer Auseinadersetzung aus dem Weg gehen wollen. Nicht zustimmen wollen, aber sich gleichzeitig auch nicht trauen, etwas zu sagen und mit ihrem Schweigen hoffen, dass sie Situation gleich wieder vorbei ist. Diese und andere Situationen aus dem Buch sind mir stark in Erinnerung geblieben und regen, wie gesagt, zum Nachdenken an. Aber auch ansonsten fand ich den Schreibstil einfach unglaublich gut, denn er hat es geschafft, dass mich manche Situationen wütend und andere traurig gemacht haben.

Wallace ist ein unglaublich interessanter und vielschichtiger Charakter, über den man erst nach und nach mehr erfährt. Viele seiner Handlungen lassen sich dadurch etwas besser erklaren. All die Geschehnisse aus seiner Vergangenheit beeinflussen ihn stark in der Gegenwart und führen dazu, dass er viele DInge einfach hinnimmt, die so gar nicht ok sind. So viele Situationen, in denen er sich entschuldigt, weil er weiß, dass eine andere Reaktion es nur noch schlimmer machen würde... wie wütend oder auch traurig mich das gemacht hat. Keiner der Charaktere lässt sich in ein richtiges Gut oder Böse einteilen. Brandon Taylor hat es geschafft eine sehr interesante und gemischte "Freundesgruppe" zu beschreiben.

Insgesamt ein Buch, dass ich wirklich empfehlen kann, jedoch nur mit Vorsicht und einer kleinen Warnung, denn der Autor beschreibt hier einige sehr schwere Szenen. Ich würde empfehlen sich vorher kurz darüber zu informieren, ansonsten kann ich das Buch nur jedem ans Herz legen. Zwischendurch habe ich immer mal Pausen gemacht um über einige der beschriebenen Szenen nachzudenken und würde jedem empfehlen, es vielleicht nicht einfach in einem Rutsch durchzulesen, sondern sich Zeit zu lassen. Ich möchte auf jeden Fall mehr von Brandon Taylor lesen. Ein Buch voller wichtiger Themen, Emotionen und einem unglaublich tollen Schreibstil.

Veröffentlicht am 03.05.2021

Brandon Taylor - Real Life

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Wallace ist Doktorand an einer vorwiegend von Weißen besuchten Universität im Mittleren Westen. Als Schwarzer aus Alabama hat er sich vom ersten Tag an als Außenseiter gefühlt, nicht nur im Labor, in dem ...

Wallace ist Doktorand an einer vorwiegend von Weißen besuchten Universität im Mittleren Westen. Als Schwarzer aus Alabama hat er sich vom ersten Tag an als Außenseiter gefühlt, nicht nur im Labor, in dem er mit Nematoden arbeitet, sondern auch in seinem kleinen Freundeskreis. Er befindet sich an einem Scheideweg, stellt seine Arbeit in Frage, für die er scheinbar gänzlich ungeeignet ist und die ihm auch bei weitem nicht so wichtig ist wie seinen Mitdoktoranden, aber auch privat ist er unglücklich. Beziehungen sind schwierig, er hat eine Art Affäre mit Miller, der jedoch sein homosexuelles Dasein öffentlich leugnet. Zu dieser ungünstigen emotionalen Gemengelage kommt Wallace’ permanentes Gefühl, Rassismus ausgesetzt zu sein. Er hat diverse Erlebnisse, die ihn aufgrund seiner Hautfarbe klar in eine Schublade stecken und herabwürdigen, zugleich hat dies in ihm eine provokante Haltung befördert, mit der er aneckt und so wiederum neue Konflikte heraufbeschwört. Er wird zu einer tickenden Zeitbombe, es ist nur nicht klar, ob er explodieren oder implodieren wird.

„Eigentlich wollte er nicht die Universität verlassen, sondern sein Leben.“

Gerade von Vertreter:innen der queeren Scene in den USA ist Brandon Taylors Debütroman mit großer Begeisterung aufgenommen worden. Die Stärke von „Real Life“ liegt zweifelsohne in der Darstellung der Zerrissenheit und Isolation des Protagonisten. Der Autor überlagert verschiedene Narrative von Diskriminierung, indem Wallace sowohl als Schwarzer wie auch als Homosexueller und zudem aus einer sozial- wie finanzschwachen Familie stammt, ist er in vielerlei Hinsicht Außenseiter und Randfigur in seinem eigenen Leben. Auch für ihn selbst ist nicht immer eindeutig zuzuordnen, wogegen sich die Angriffe gerade richten, die er erlebt.

„Wallace räusperte sich. « Ich weiß würde nicht sagen, dass ich alles hinschmeißen will, aber ja, ich habe darüber nachgedacht. »
« Warum solltest du so was tun? Du weißt schon, bei den Aussichten für… für Schwarze? »“

Vom ersten Tag an ist die Universität nicht der befreiende Ort, den Wallace erwartet hatte. Immer wieder hat er Begegnungen, die wohlmeinend als unsensibel oder offengesagt als rassistisch einzuordnen sind. An seinen fachlichen Defiziten kann er arbeiten, aber irgendwann wird ihm klar, dass er nie passend sein wird für sein professionelles Umfeld, da er das Defizit Schwarzer zu sein, schlichtweg nicht ändern kann. Dies kann er ebenso wenig abstreifen wie seine Vergangenheit, die er hinter sich lassen wollte.

Die Schwierigkeiten, Vertrauen zu fassen und funktionierende Beziehungen zu führen, sind seiner Kindheit und den Erlebnissen zu jener Zeit geschuldet. Seine Eltern konnten ihm kein Vertrauen vermitteln, was seine Grundfähigkeit, sich anderen Menschen gegenüber zu öffnen und an das Gute zu glauben nachhaltig erschüttert ist. Zeigt er sich einerseits devot, immer bereit, seine Schuld einzugestehen, auch wenn es dafür keinen Grund gibt, kann er andererseits extrem provozieren und natürlich auch enttäuschen.

Wallace ist keine einfache, sympathische Figur. Seine destruktive Grundhaltung macht es schwer, einen Zugang zu ihm zu finden. Aber so wenig wie der Leser ist er in seinem Leben beheimatet und sicher. Man kann seine Perspektive vor dem Hintergrund seiner Erfahrungen verstehen, auch wenn sie befremdlich sind, insofern öffnet der Autor eine fremde Welt für den Leser, deren Denkstrukturen vielfach näher an jener Wallace‘ Antagonisten sein dürfte. Sein Rückzug ist nachvollziehbar, zugleich jedoch auch ein Zeichen seines eigenen Egoismus und ein Stück weit auch der Verachtung, die er anderen gegenüber hegt: als nämlich seine asiatische Kollegin von ihren eigenen Rassismuserfahrungen berichtet, negiert er diese.

Ein Roman voller Emotionen, der bereichern wie auch abstoßen kann. Mit gutem Grund stand der Roman auf der Shortlist des 2020 Booker Prize, ein literarischer Beitrag zur hochaktuellen Diskussion.