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Veröffentlicht am 13.07.2021

Für Freunde gehobener Literatur ein Muss

Das Damengambit
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Elizabeth Harmon ist acht Jahre alt als ihre Mutter stirbt. Sie muss in ein Waisenhaus umziehen. Dort werden die Kinder mit grünen Pillen ruhig gestellt und wer aufmuckt, der bekommt den Riemen zu spüren. ...

Elizabeth Harmon ist acht Jahre alt als ihre Mutter stirbt. Sie muss in ein Waisenhaus umziehen. Dort werden die Kinder mit grünen Pillen ruhig gestellt und wer aufmuckt, der bekommt den Riemen zu spüren. Wie gut, dass Beth weiß, wie sie die Aufseher täuschen kann. Sie hat nämlich für sich entdeckt, wie sie dem tristen Alltag für eine Weile entfliehen kann: Schach. Es stellt sich schnell heraus, dass sie ein Naturtalent ist. Schach wird ihre Leidenschaft und mit dem Spiel kann sie mehr als „nur“ ihren Lebensunterhalt verdienen.

Dass „Das Damengambit“ schon vor so vielen Jahren veröffentlicht wurde, ist kaum zu glauben. Das Buch zeigt so viele aktuelle Probleme, mit denen nicht nur junge Menschen auch heute kämpfen. Sei es die Gefahr einer Tablettensucht, wenn man sich das Leben leichter machen möchte. Sei es vor Prüfungen oder als Hausfrau und Mutter, wenn Ruhe und Besonnenheit erforderlich sind. Gibt es keine Tabletten mehr, dann greift man halt zur Flasche, sprich dem „Seelentröster“ Alkohol. Ja, es gibt Menschen, die das verurteilen. Das ist aber zu einfach. Wer sich anmaßt, die Betroffenen in eine Ecke zu stellen und den Stab über sie bricht, der sollte sich zunächst ihre Beweggründe anhören. Das hat der Autor Walter Tevis wirklich sehr deutlich kommuniziert.

Das Buch erschien 1983 in USA und wurde jetzt erst ins Deutsche übersetzt. Es ist wohl der Tatsache geschuldet, dass eine Serie den Bekanntheitsgrad von „Das Damengambit“ sprunghaft in die Höhe schnellen ließ. Der Titel ist übrigens eine Eröffnung im Schachspiel und alle, die sich gerne damit befassen, werden in dem Buch viele Anregungen für Spielzüge finden. Aber nein, es bietet keineswegs nur für Freunde vom Schach unterhaltsame Stunden. Die Sprache ist gehoben und so lebendig, dass ich in die Story eintauchen konnte. Fünf Sterne und eine absolute Empfehlung für alle, die gehobene Literatur mögen.

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Veröffentlicht am 13.07.2021

Mit viel Herzblut und faktenreich geschrieben

Was uns durch die Zeiten trägt
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Im Jahr 1943 gehörte Schlesien noch zu Deutschland. Hier lebte Luise Reich mit ihren Eltern und Geschwistern auf einem jahrhundertealten Hof. Luise ist verliebt in den Sohn ihrer Nachbarn. Wolfgang, so ...

Im Jahr 1943 gehörte Schlesien noch zu Deutschland. Hier lebte Luise Reich mit ihren Eltern und Geschwistern auf einem jahrhundertealten Hof. Luise ist verliebt in den Sohn ihrer Nachbarn. Wolfgang, so lautet sein Name und es sieht so aus als würde er ihre Liebe erwidern. Dann muss er an die Front. Und nicht nur er. Viele Männer aus dem Dorf werden kurz vor Kriegsende noch einberufen. Wie gut, dass es noch die Zwangsarbeiter gibt. Einer von ihnen, der Pole Marian, wohnt und arbeitet auf dem Hof der Reichs und Luise freundet sich mit ihm an.

Marion Johanning war mir bereits von ihren vorherigen Büchern als sehr gute Autorin bekannt. Daher freute ich mich auch auf „Was uns durch die Zeiten trägt“ und ich wurde nicht enttäuscht. Sie schildert den Schrecken der Vertreibung in einer Art und Weise, die ich vorher so noch nie las. Zumal nicht nur die Situation der Vertriebenen ein Thema ist. Auch jene, die selbst ihre Heimat verloren und in die Häuser der Deutschen einzogen, waren keine Unmenschen. Sie mussten ebenfalls den Befehlen der Herrschenden gehorchen. Es gab berührende Schicksale, von denen Frau Johanning mit viel Herzenswärme schreibt.

Mir gefiel das Buch ausgesprochen gut. Nein, niemals kann ich mich in das Leid der Menschen von damals hineinversetzen. Aber ich verstehe immer besser warum es so schwer war, dass Polen und Deutsche sich die Hand gaben. Ja, dass zuweilen bis heute noch nicht alles Taten vergeben wurden, das kann ich nachvollziehen. Das Schicksal von Luise und ihren Lieben geht bald weiter und ich bin sehr gespannt, ob die junge Frau dauerhaftes Glück findet. Der zweite Band erscheint hoffentlich recht bald.

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Veröffentlicht am 06.07.2021

Gehobene Literatur mit perfekt ausgearbeiteten Charakteren

Menschen im Hotel
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"Menschen im Hotel" erschien bereits im Jahr 1929 und brachte der Autorin Vicky Baum Weltruhm. Sie ließ hier Menschen zusammentreffen, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Eins hatten aber alle ...

"Menschen im Hotel" erschien bereits im Jahr 1929 und brachte der Autorin Vicky Baum Weltruhm. Sie ließ hier Menschen zusammentreffen, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Eins hatten aber alle gemeinsam: Sie mieteten ein Zimmer im Grandhotel und das mitten in Berlin. Zudem wollten sie dem Alltagstrott entfliehen und bemühten sich nahezu krampfhaft, ihrem Traum ein wenig näher zu kommen. Als dann das Buch auch noch mehrfach verfilmt wurde, war Frau Baum ein international anerkannter Star in der Liga der besten Autoren.

Das erste Mal las ich "Menschen im Hotel" vor etwa 50 Jahren. An einige Szenen konnte ich mich tatsächlich noch erinnern. Der Roman zeigt auch heute noch alles, was ich von einem guten Buch erwarte. Er ist spannend, in einer gehobenen und angenehmen sowie bildhafte Sprache geschrieben und zeigt die Charaktere auffallend deutlich. Er könnte ebenfalls in der heutigen Zeit und in einem völlig beliebigen Hotel einer Großstadt spielen. Es änderte sich an den Menschen nichts. Nur die äußeren Umstände wurden behaglicher. Heute gibt es Smartphones, mit denen jedermann Tag und Nacht erreichbar ist. Die Hotels bieten Klimaanlagen, Wellnessbereiche und viele weitere Annehmlichkeiten.

Auffallend ist das schöne Cover, welches vom Verlag „Kiepenheuer & Witsch“ gewählt wurde. Schon dieser Anblick entführt in die Zeit der 1920er Jahre. Wer gehobene Literatur mag, dem wird das Buch bestens gefallen.

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Veröffentlicht am 01.07.2021

Ein lesenswertes Buch mit vielen Tipps

Heilsam kochen mit Ayurveda
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„Heilung durch Ernährung“, hinter dieser Aussage steht Professor Grönemeyer mit all seiner Erfahrung. Dazu gehört auch, dass er sich intensiv mit jahrtausendealten Methoden der Heilkunde befasst. In dem ...

„Heilung durch Ernährung“, hinter dieser Aussage steht Professor Grönemeyer mit all seiner Erfahrung. Dazu gehört auch, dass er sich intensiv mit jahrtausendealten Methoden der Heilkunde befasst. In dem Buch „Heilsam kochen mit Ayurveda“ beschreibt er seinen persönlichen Weg dahin und zeigt gemeinsam mit dem Koch und Experten für Ernährung, Volker Mehl, wie Ayurveda den Esstisch bereichern kann.

Es sind über 66 Seiten, die den Einstieg in dieses Buch bilden. Dr. Grönemeyer schreibt hier sehr anschaulich, was gesunde Ernährung für ihn als Arzt und Privatmann bedeutet. Seine Mutter ist mit verantwortlich dafür, dass er bis heute auf Nahrungsprodukte achtet, die nicht in einem Labor sondern im eigenen Kochtopf zubereitet wurden. Es folgen Erläuterungen von Volker Mehl, bei denen er von den Fragen seiner Kursteilnehmer zum Thema Ayurveda und kochen berichtet. Dann gibt es das beste: 84 Rezepte, unterteilt in Frühstück, Mittagsmahl, Abendbrot und Dessert. Alle fangen mit einem Foto an, dann kommt die Zutatenliste und die ausführliche Schritt- für Schritterklärung zur Zubereitung ist phänomenal. Egal, ob Laie oder Profi, das versteht jeder, der schon einmal Eier kochte.

Mir gefiel das Buch sehr gut, da ich die Sprache des Professors erfrischend fand. Er schreibt nicht nur lebendig und bildhaft, auch der Humor kommt nicht zu kurz. Auch wenn ich nicht alle Rezepte für mich ausprobiere. Etliche Tipps und auch einige Zutaten werde ich testen.

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Veröffentlicht am 28.06.2021

51 Stimmen gegen das Vergessen

Die einundfünfzig Leben von Avasinis
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Am 02.05.1945 erschossen SS-Männer 51 Frauen, Männer und Kinder. Sie waren zwischen 2 und 84 Jahre alt. Der Autor Winfried Glück hat ihr Leben und ihren Tod in Kurzform aufs Papier gebracht. Auf diese ...

Am 02.05.1945 erschossen SS-Männer 51 Frauen, Männer und Kinder. Sie waren zwischen 2 und 84 Jahre alt. Der Autor Winfried Glück hat ihr Leben und ihren Tod in Kurzform aufs Papier gebracht. Auf diese Weise wird das Erinnern für uns Menschen einfacher. Zumal wohl kaum jemand von dem Ort Avasinis in Italien und dem dort geschehenen Massaker hörte. Die Einwohner des Dorfes begehen jährlich einen Erinnerungsmarsch für die Getöteten.

Das Cover des Buches #DieeinundfünfzigLebenvonAvasinis zeigt ein Werk des Künstlers
Leonardo da Vinci aus dem „Codex Atlanticus folio 307v“. Es ist bemerkenswert und passt perfekt zum Thema des Buches. In 51 Kurzgeschichten stellt Herr Glück die Ermordeten vor. Was sie kurz vorher machten, welche Pläne sie hatten und was sie dachten als sie das Gepolter der Stiefel hörten. Nach jeder Geschichte folgt der Satz: „Du hast dich schuldig gemacht. Du hast die Partisanen unterstützt. Darauf steht die Todesstrafe. Hier und Jetzt. Los! Hinknien! - Genickschuss!“

Es wird von einem kleinen Mädchen berichtet, welches sich hinknien sollte. Gerade mal 2 Jahre alt wusste sie gar nicht, was die fremden Männer von ihr erwarteten. Oder der Mord an der jungen Mutter von drei Kindern, die einen Brief an ihren Mann zur Post bringt. Der weilt in Rom im Lazarett. Sie ist froh, denn dann muss er nicht mehr an die Front.

Das Geschehen war so niederträchtig, dass ich beim Lesen Tränen in den Augen hatte. Zumal der Krieg vorbei war. Die Kapitulation Deutschlands stand bereits fest. Die Mörder hätten also gar nicht schießen dürfen. Schlimm ist für mich ebenfalls, dass sie trotz vieler Bemühungen nie zur Rechenschaft gezogen wurden. Bei Gericht gaben sie sich gegenseitig Alibis, die sie schuldlos erschienen ließen. Ja, so war das damals.

Der Autor hat den Ort des Geschehens besucht und dort mit Hinterbliebenen gesprochen. Ein Mahnmal erinnert an jeden Einzelnen der Getöteten und ihre Namen stehen alle auf dem Denkmal. Am Schluss des Buches sind diese Namen aufgelistet und mit Geburtsdatum vermerkt. Ein lesenswertes, wenn auch aufwühlendes Buch.

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