Idylle und Schmerz…so nah beieinander…
Wow!
Was für ein erschütternder Beginn.
Ein Paukenschlag, der einen schaudern lässt!
Ein Drama, das eine sommerliche Ferienidylle zerschneidet!
Marie rutscht auf der Treppe aus, fällt nach hinten und ...
Wow!
Was für ein erschütternder Beginn.
Ein Paukenschlag, der einen schaudern lässt!
Ein Drama, das eine sommerliche Ferienidylle zerschneidet!
Marie rutscht auf der Treppe aus, fällt nach hinten und knallt mit dem Kopf auf das Metallrohr eines Sonnenschirmständers.
Marie ist auf der Stelle tot.
Die Geschichte spielt in Südfrankreich am Rand der Pyrenäen.
Es ist August.
Wir begleiten die Gäste und Bewohner eines idyllisch gelegenen Ferienhauses aus Sandstein, besser gesagt, „eines leicht vergammelten Landschlosses“ (S. 12) auf einer Hügelkuppe in den ersten Stunden nach dem fatalen Ereignis.
Der Hausherr Pierre und sein kleiner Sohn Gian, die französische Mieterin Odile und eine vom Zufall bunt zusammengewürfelte Feriengemeinschaft bewohnen derzeit das Landschloss.
Gesellige Abende mit Rotwein und gemeinsame Mahlzeiten auf der Terrasse bringen die Gäste ganz zwanglos einander näher.
Neben Pierre, seinem Sohn Gian, Odile und dem soeben zum Witwer gewordenen Franz, lernen wir Dorothea und Mauro mit ihren Zwillingen Rosa und Emil, Stephan und seine kleine Tochter Lara sowie den Jugendlichen Nick, der von seiner Mutter hergeschickt wurde, um Französisch zu lernen, kennen.
Abwechselnd begleiten wir den ein oder anderen Bewohner, haben Teil an seinen Gedanken und lernen so auch Marie aus den verschiedenen Sichtweisen heraus kennen.
Jeder hat seine eigenen Erinnerungen an die gerade Verunglückte.
Jeder hat ein eigenes und interessantes Leben.
Jeder geht anders mit dem gerade erlebten Schock um.
Jeder hängt anderen Gedanken nach.
Dem zu folgen ist unterhaltsam und abwechslungsreich.
Ilia Vasella überzeugt mit wunderbaren Landschaftsbeschreibungen und mit präzisen und eindrücklichen Schilderungen der Geschehnisse.
Mit ihrer anschaulichen und zuweilen poetischen Sprache und mit knappen, präzisen und ausdrucksstarken Bildern vermittelt sie wunderbar die spannungsgeladene Atmosphäre zwischen Glück und Idylle auf der einen sowie Tragödie und Schmerz auf der anderen Seite.
Ich wurde in diesem schmalen Bändchen mit einer außergewöhnlichen, kreativen, eindringlichen und manchmal abgehackten und bruchstückhaften Erzählweise überrascht, die zwar unaufgeregt und ruhig, aber gleichzeitig eindringlich ist, nachhallt und Denkanstöße gibt.
Wer viel Handlung, Action oder spritzige Dialoge erwartet, wird enttäuscht sein, denn hier stehen die Einblicke in die Innenwelten der Schlossbewohner sowie wunderbare Landschaftsbeschreibungen im Vordergrund.
„Windstille“ erinnert ein bisschen an ein Musaik, das sich aus mehreren Einzelstücken zusammensetzt.
Ein Mosaik, das entsteht, weil abwechselnd unterschiedliche Menschen und ähnliche Situationen aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden.
Mal schwingt die Kamera ein bisschen vorwärts, mal ein bisschen rückwärts.
Ab und zu gibt es auch Ausblicke in die Zukunft und gegen Ende macht die Autorin noch einen Zeitsprung nach vorne mit Blick zurück.
Immer wieder stieß ich auf wunderschöne Formulierungen, die ich mehrmals lesen „musste“, wie zum Beispiel „Und als würde ihn diese Überlegung bereits alle Kräfte kosten, fällt er zurück in das Minenfeld seine Gedanken.“ (S. 76)
Ich empfehle den Roman von Ilia Vasella gerne weiter.
Ein besonderes und unbedingt lesenswerter Debut!