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Veröffentlicht am 10.09.2021

Für alle Fans der Story von Horizon Zero Dawn

Der Muttercode
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Dieses Buch hat vor allem wegen seines Covers meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ich lese nicht ganz so oft Sci-Fi, weswegen ich das Buch zwar gerne lesen wollte, aber nicht allzu große Erwartungen ...

Dieses Buch hat vor allem wegen seines Covers meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Ich lese nicht ganz so oft Sci-Fi, weswegen ich das Buch zwar gerne lesen wollte, aber nicht allzu große Erwartungen hatte. Dafür wurde ich umso positiver überrascht.

Für alle Fans der Story von Horizon Zero Dawn
Als Erstes muss gesagt werden: Der Klapptext von Heyne ist Schrott. Und zwar so richtig. Er beschreibt im Grunde die letzten 50 Seiten des Romans was a) spoilert und b) falsche Erwartungen weckt. So denkt man der Roman spiele vor allem nach der Katastrophe und drehe sich hauptsächlich um Kai und seine Robotermutter.
Dem ist jedoch nicht so. Das Buch ist in zwei Teile unterteilt und grob gesagt kann man sagen, dass Teil 1 erzählt, wie es zur Katastrophe und dem Plan der Robotermütter kam wobei hier auf zwei Zeitebenen erzählt wird und erst ab Teil zwei ist man in einer einzigen Gegenwart angelangt und der Fokus wird stärker auf die Kinder und Robotermütter gelegt. Nun haben sich aber viele auf diesen Fokus eingestellt und sind enttäuscht, dass es den Großteil er ersten Hälfte um etwas anderes geht.Dass der Klapptext so irreführend ist, ist mit ein Grund, warum ich schon einige negative Rezensionen zu dem Buch gelesen habe, was ich schade finde, denn von einem Buch enttäuscht zu sein, einfach, weil falsche Erwartungen geschürt worden ist frustrierend und vor allem vermeidbar.

Zum Glück, lese ich Klapptexte sowieso nur flüchtig, weswegen ich da keine großen Erwartungshaltungen hatte. Und da ich auch jemand bin, der in Büchern immer wissen will, wieso, weshalb warum eine Katastrophe geschieht/geschah, fand ich den ersten Teil von Der Muttercode sehr spannend. Am besten hat mir die Stimmung gefallen, wie sich alles immer mehr zuspitzt und es trotzdem Menschen gibt, die nach Lösungen suchen, notfalls auch nach welchen, die nicht die Rettung, sondern einen Neubeginn versehen. In der ganzen Stimmung hat mit dieser Teil sehr an die Story von dem Spiel Horizon Zero Dawn erinnert. Es war das gleiche Gänsehautgefühl, die gleiche Dramatik, als die Lage immer aussichtsloser wurde.

Die Seiten flogen für mich nur so dahin, es las sich eigentlich schon wie ein Thriller und selbst wenn man den groben Ausgang ja schon kannte, empfand ich den Wettlauf mit der Zeit als sehr spannend und nervenaufreibend. Noch dazu hatte es auch etwas sehr Beklemmendes, denn auch wenn der “Übeltäter” hier eine Biowaffe war, der freigesetzte Erreger löste eine grippeähnliche Lungenkrankheit aus. In Angesicht von Corona verursacht das schon Gänsehaut. (Die Autorin schrieb den Roman allerdings bereits vor der Pandemie)

Mensch und Maschine
Nach diesem nervenaufreibenden Teil eins, wird es in Teil zwei etwas ruhiger. Statt Endzeitspektakel konzentriert sich die Handlung nun auf die Beziehung zwischen Mensch und Maschine, genauer gesagt den Kindern und ihren Robotermüttern. Es stellt sich die Frage was Menschlichkeit ist, was einen Menschen ausmacht und inwieweit Roboter Persönlichkeit haben, aber auch ob eine zu selbstständig denkende KI nicht gefährlich ist. Diesen fragen wird zwar nicht allzu tief im Detail nachgegangen, aber ihr Ton klingt immer wieder durch, während zwei grundverschiedene Generation von Menschen versuchen zu ergründen, was mit den Robotormüttern ist und vor allem was geschehen soll.

Ich muss zwar gestehen, dass mich Teil eins noch ein bisschen mehr packen konnte, trotzdem hat mir auch diese zweite Hälfte sehr gut gefallen. Was mir besonders gut gefallen hat und auch schon beim ersten Abschnitt deutlich wurde, ist, wie die Autorin aus ihren Protagonisten keine Helden oder Supergenies macht. Alle Figuren machen Fehler, es gibt Rückschläge bei der Entwicklung der Mütter, wie auch danach. Dadurch wirkte vieles auf mich authentischer und nachvollziehbarer, wobei viele Dinge natürlich weiterhin vorerst im Bereich der Science-Fiction, denn der realen Möglichkeiten bleibt, aber e ist ja auch nun mal ein Sci-Fi Roman.

Fazit:


Der Muttercode war für mich die (positive) Überraschung des Julis. Der Roman ist gut durchdacht und spannend und dicht erzählt. Die erste Hälfte des Buches ist ein nervenaufreibendes Endzeitdrama, die zweite eine berührende Geschichte, die nach dem Menschlichen in der Maschinen fragt. Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung (jedoch auch die Aufforderung zum Ignorieren des Verlag-Klappentext).

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Gesellschaftsroman mit Horrorelemente

Southern Gothic - Das Grauen wohnt nebenan
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Dieses Buch stand schon auf meiner Wunschliste, als ich es Anfang des Jahres in den Neuerscheinungen 2021 entdeckt hatte. Daher habe ich mich auf das Lesen sehr gefreut und wurde nicht enttäuscht.

Von ...

Dieses Buch stand schon auf meiner Wunschliste, als ich es Anfang des Jahres in den Neuerscheinungen 2021 entdeckt hatte. Daher habe ich mich auf das Lesen sehr gefreut und wurde nicht enttäuscht.

Von wegen Südstaatencharme
Gleich eins vorweg: Dieses Buch ist kein Horrorroman im eigentlichen Sinne, es sei denn man betrachtet haarsträubende sexistische Ansichten mancher Charaktere als Horror. Das Buch spielt zwischen den 1980er und 1990er Jahren in South Carolina, genauer gesagt in Mt. Pleasant, einem gut situierten Vorort von Charleston. Es ist so ein typischer Ort, wie man ihn von Serien wie Desprite Housewifes kennt: Jeder kennt jeden und doch liegen Geheimnisse überall verborgen. Protagonistin Patricia ist eine für diesen Ort und diese Zeit typische Hausfrau. Die ersten Seiten verbringen wir damit ihr Leben kennenzulernen und schon hier wird zwischen Mann, Kindern und elitärem Buchclub deutlich, dass Patricias eigentlich mehr will, dass ihr dieses Leben zu bieder und zu einengend ist. Eine Thematik, die in diesem Roman noch sehr oft wieder aufkommen wird.

Denn ja, wir haben einen Vampir und ja, er nimmt auch viel Raum in der Handlung ein, ist so richtig fies und keiner der glitzernden Art. Und doch ist Southern Gothic so viel mehr, als einfache Grusellektüre. Es ist eher ein Gesellschaftsroman mit Horrorelementen und dem entsprechen wird dem Sozialem und zwischenmenschlichem viel Raum geboten. Es ist keine leichte Kost und man muss auch richtige Hasscharaktere und Szenen, bei denen man vor Wut schreien möchte, aushalten können. Grund dafür ist neben dem Vampir an sich vor allem der unglaubliche Sexismus der Männer, aber auch das erlernte Selbstbildnis der Frauen in diesen Roman. Schonungslos zeigt Hendrix uns hier eine Gesellschaft, die in Puncto Selbstbestimmung der Frau noch meilenweit zurückgeworfen ist und das ist leider nicht weit hergeholt, denn gerade in den Südstaaten ging es in den 80er und 90er noch zu, wie woanders in den tiefsten 50er Jahren. Von wegen Südstaatencharme.

Etwas zu schildern, heißt nicht es zu unterstützen
Nun steht das Buch aufgrund der Tatsache, dass Hendrix hier eine offen misogyne Gesellschaft porträtiert von mancher Seite aus heftig in Kritik. Ja dem Autor selbst wird vorgeworfen frauenfeindlich zu sein. Diese Kritik finde ich absolut nicht gerechtfertigt, denn nur weil etwas geschildert wird, heißt es nicht, dass es auch unterstützt wird. Mit der gleichen Argumentation könnte man sonst zum Beispiel auch jedes Buch, dass im 2. Weltkrieg spielt pauschal als rassistisch bezeichnen, weil darin Nazis vorkommen.
Die Zustände in diesem Roman werden zu keinem Zeitpunkt verherrlicht, im Gegenteil, immer wieder kommt zur Sprache, wie ungerecht sich die Frauen behandelt fühlen und wie unzufrieden sie damit sind. Nun sind sie aber ein Produkt ihrer Zeit, ihrer Erziehung und des ihnen vermittelten Weltbildes und das heißt nun mal auch, dass sie sich auf ihre Art und Weise zur Wehr setzten und nicht so wie es heutige Feministen tun würden und vor allem könnten. Aus unserer heutigen modernen Sicht ist es leicht zu sagen: “Na, warum verlässt sie ihn nicht? Warum protestiert sie nicht mehr? Warum tut sie nicht mehr”, und und und. Tatsächlich schafft es der Autor in meinen Augen einen guten Kompromiss zu finden wie sich die Frauen zur Wehr setzten und das trotzdem im Hinblick auf ihre Situation, der Zeit und den Umständen realistisch bleibt.

Wut, Hass, Gänsehaut, hier bekommt man alles
Ich möchte nochmal wiederholen: Dieses Buch ist keine angenehme oder leichte Lektüre. Die Gefühlsachterbahn fährt von Wut, über Hass zu Ekel und wieder zurück. Dass dem so ist, liegt auch an Hendrix einnehmendem und sehr atmosphärischen Schreibstil. Er schafft es meisterlich Leser*innen eine Gänsehaut zu bescheren und gerade die unangenehmen Szenen noch abstoßender wirken zu lassen. Wer sich darauf einlässt, wer sich von der bangen Atmosphäre und dem Gefühl einer permanenten Bedrohung gefangen nehmen lässt, dem wird auch nicht langweilig, selbst dort, wo die Handlung ruhiger verläuft.

Fazit:


Das Buch ist kein wirklicher Horrorroman, sondern vielmehr ein Gesellschaftsroman mit Horrorelementen, wobei der dargestellte (nicht verherrlichte!) Sexismus genauso viele Gruselmomente verursacht, wie der eigentliche Vampir. Dicht und atmosphärisch erzählt entfaltet sich hier ein spannendes Drama, sofern man sich darauf einlässt und nicht von den Erwartungen eines klassischen Horrorromans leiten lässt.

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Veröffentlicht am 22.08.2021

Du denkst du fliegst ins Glück ...

Die Chroniken von Peter Pan - Albtraum im Nimmerland
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Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, auf das ich mich schon seit längerem gefreut habe. Nachdem ich schon den zweiten Alice Band nicht mehr so gut fand und die Kurzgeschichten daher komplett wegließ, ...

Heute möchte ich euch ein Buch vorstellen, auf das ich mich schon seit längerem gefreut habe. Nachdem ich schon den zweiten Alice Band nicht mehr so gut fand und die Kurzgeschichten daher komplett wegließ, war es nun an der Zeit für etwas Neues. Daher war ich sehr gespannt auf dieses neue Setting.

Horror im Nimmerland
Ich muss ja zugeben, Peter Pan war mir als Figur schon immer suspekt und die Verfilmung von 1953 ist einer der wenigen Disney Filme, die ich nicht mag. Ich fand ihn einfach schon immer sehr egozentrisch und egoistisch, daher fiel mir das “Umdenken” zu Peter ist der Böse überhaupt nicht schwer. Aber selbst wenn ich ein glühender Peter Pan Fan gewesen wäre, Christina Henry hätte mir das mit ihrer Peter Pan Version schleunigst ausgetrieben.
Das Buch ist aus der Sicht von Jamie erzählt. Er war der allererste Junge, den Peter mit nach Nimmerland nahm und Peters engster Vertrauter. Das Buch beginnt ruhig. Wir lernen das Leben der verlorenen Jungs im Nimmerland und unter Peters Fuchtel kennen. Schnell wird klar, dass das, was den Jungen als Paradies versprochen wurde, nur Schein ist und hinter der Fassade Strapazen und oft er Tod wartet.

"Das ist alles nur wegen Peter passiert. Weil Peter ihnen Abenteuer versprochen hatte und Glück und sie auf seine Insel mitgenommen hatte, wo sie starben. Sie blieben nicht für immer jung, es sei denn, man würde einen zu frühen Tod als ewige Jugend betrachten."
(Die Chroniken von Peter Pan: Albtraum im Nimmerland von Christina Henry, Penhaligon Verlag, 2021, S. 189.)

Dabei setzt die Autorin in diesem Roman weniger auf Brutalität und Gemetzel, als bei den beiden Vorgängern, solche Szenen sind zwar da, aber viel viel weniger und in meinen Augen auch harmloser, als bei den Alice Bänden. Stattdessen ist es der psychische Horror, der hier hervortritt, Peter Pan herrscht und manipuliert seine Gefährten und seine Präsens schwebt die ganze Zeit wie ein dunkles Damoklesschwert über allem. Dadurch wird ein dauerhaftes Gefühl der Bedrohung erzeugt, dass ebenso Gänsehaut beschert, wie die blutigen Szenen.

Auch im weiteren Verlauf des Romans, bleibt das Tempo gemächlicher, das nimmt dem Buch aber absolut nichts von seiner Spannung. Denn dieser Roman lebt nicht von Action, sondern von Jamie und Peter und ihre Beziehung zueinander. Wie diese sich Stück für Stück ändert, schildert die Autorin wirklich außerordentlich gut. Zudem passt die ganze Vorgeschichte, die hier geschildert wird immer noch überraschend gut zum Original. Man kann sich wirklich vorstellen, dass dies die Vorgeschichte des Originals ist, es fügt sich harmonisch in den Kanon ein, was dem Ganzen noch mehr Intensität beim Lesen verleiht. Obwohl bereits durch den Klapptext und dem Prolog klar ist, worauf das Ganze hinausläuft, mindert das nicht den Lesespaß, denn als Leser*in kennt man zwar das Endergebnis, aber der Weg dahin hält noch so einige Überraschungen bereit, sodass man trotzdem voller Neugierde und Spannung liest.

Fazit:


Das neue Setting tut der (Nicht)Reihe mehr als gut. Die Geschichte von Peter Pan und Jamie konnte mich von Anfang bis Ende abholen und überzeugen. Es ist in diese Roman weniger das Gemetzel, als der psychische Horror, die Manipulationen, Überwachungen und Lügen durch Peter, die das Düstere mit sich bringen. Das und die wirklich sehr gut dargestellte Entwicklung des Protagonisten und dessen Beziehung zu Peter, machen diesen Roman zu einem echten Pageturner.

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Veröffentlicht am 16.07.2021

Spannend, divers, und hervorragend recherchiert.

Die Götter müssen sterben
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Dieses Buch fand seinen Weg als Überraschungspost zu mir aber ich hätte es mir auch so oder so zugelegt, denn es ist mir schon im Winter, als ich die Neuerscheinungen dieses Jahres durchging ins Auge gesprungen. ...

Dieses Buch fand seinen Weg als Überraschungspost zu mir aber ich hätte es mir auch so oder so zugelegt, denn es ist mir schon im Winter, als ich die Neuerscheinungen dieses Jahres durchging ins Auge gesprungen. Und an Bücher mit Bezug zum antiken Griechenland/der griechischen Mythologie kann ich sowieso nicht vorbeigehen. Daher begann ich dieses Buch voller Freude und mit hohen Erwartungen, doch konnten diese erfüllt werden?

Ein Fest für jeden “Antike-Nerd”
Ich habe das ja schon mal bei meiner Rezension zu Ich bin Circe erwähnt: Als ehemalige Klassische Archäologie Studentin bin ich bei Mythologie Adaptionen etwas pingelig. Ich gestehe jedem Autor/in künstlerische Freiheiten zu, aber ich mag es absolut nicht, wenn ich beim Lesen spüre, dass der Autor oder die Autorin sich nur Sachen aus der Mythologie herausgepickt hat, sich aber nicht wirklich mit ihnen und den Quellen beschäftigt hat.
Zum Glück musste ich mir darüber in Die Götter müssen sterben überhaupt keine Sorgen machen, denn dieses Buch strotzt nur so vor guter Recherche. Ich glaube Nora Bendzko hat neben Standardwerken wie die Ilias wohl gefühlt jede Überlieferung und Quelle zu den Amazonen gelesen, die es gibt. Das spürt man auf jeder einzelnen Seite und hat mich schwer begeistert. Selbstverständlich ist ihre Geschichte keine eins zu eins Adaption des Amazonenmythos oder der Ilias, aber die Autorin flechtet wirklich gekonnt allerhand Figuren und Ereignisse aus den Mythen ein. Auch wenn sie die Handlung deutlich von den Überlieferungen unterscheidet, fühlt es sich trotzdem wie eine natürliche Ergänzung an. Eine Erweiterung der Mythen, die nicht im Widerspruch zu ihnen steht, eine neue Perspektive im Kanon, eine Stimme für jene Gestalten, die sonst zu kurz kommen. Wirklich, ich habe hier absolut nichts zu meckern.

Es lebe die Diversität!
Diese Liebe zur Mythologie ist ein guter Grund Die Götter müssen sterben zu lesen, ein weiterer Grund ist auf jeden Fall die Diversität in diesem Buch. Zum einen ist ein Großteil der Charaktere PoC, was ja auch Sinn ergibt, wo die Amazonen von den Griechen in Anatolien, Libyen und am schwarzen Meer verortet wurden. Dann spielen diverse Formen von Sexualität und Geschlechteridentitäten eine Rolle. So werden in diesem Buch Homosexualität, Asexualität, Nichtbinäre Geschlechtsidentität oder auch Polyamorie behandelt. Die Amazonen sind in dieser Hinsicht eine sehr offene und tolerante Gesellschaft und die Autorin behandelt alle Identitäten udn Sexualitäten sehr respektvoll und umsichtig. Das wird besonders deutlich, wenn die Autorin von ihren Vielseligen spricht, Menschen, die beim Amazonenvolk leben und sich weder als Frau, noch als Mann identifizieren. Anstatt seltsame sie/er Doppelkonstellationen oder das herabwürdigende “es” zu benutzen, nutzt die Autorin einfach das Pronomen sier, also eine Mischung aus beidem. Beim ersten Lesen stolpert man noch ein bisschen darüber, aber die Autorin nutzt diese s Pronomen so konsequent und natürlich, dass es einem bald schon gar nicht mehr auffällt. So leicht kann es gehen! Und da sage noch jemand, gendern störe den Lesefluss.

Als wäre das noch nicht genug, baut Nora Bendzko aber noch weitere sensible Themen ein. So findet z. B. auch das Thema Depression Beachtung. Bei all dieser Fülle könnte man denken, dass es zu überladen oder gewollt wirken würde, oder nicht mehr in das antike Setting passt, aber dem ist nicht so. Die Autorin beweist hier großes Schreibtalent, indem es ihr gelingt diese Vielzahl an Themen elegant zu verknüpfen und mit ihrem Amazonenmythos zu verweben. An dieser Stelle möchte ich auch explizit das Nachwort loben. In diesem geht die Autorin nämlich nochmal genauer auf den Umgang mit diesen Themen ein, schreibt aber auch viel über ihre eigene Auseinandersetzung mit diesen und auch ihre Recherche. Selten habe ich ein so eindrückliches Nachwort gelesen, das hallt bei mir fast schon ebenso sehr nach, wie der ganze Roman.

Auch die Amazonen sind nicht perfekt
Bei all der Fortschrittlichkeit in Bezug auf der Auslebung der eignen Sexualität, idealisiert sind Bendzkos Amazonen trotzdem nicht. Sie bleiben ein Produkt der Antike und leben daher zu einem Teil auch weiter deren Norm. So finden sich Sklaverei, Gewalt, Ausgrenzung und starke Hierarchien auch in der Amazonengesellschaft. Ich habe schon kritische Stimmen zu diesem Punkt gelesen, aber mir hat es ehrlich gesagt gefallen. Eine vollkommen offene, in allen Punkten tolerante und fortschrittliche Gesellschaft, hätte ich innerhalb dieses Settings als zu idealisiert und unpassend empfunden, daher finde ich, dass die Autorin hier einen guten Mittelweg gefunden hat. Zudem werden genannte fragliche Praktiken ja auch nicht idealisiert oder verherrlicht, im Gegenteil es finden sich immer wieder Figuren, die die grausamen Rituale oder die Sklaverei bei den Amazonen kritisieren.
Wo wir beim Thema Brutalität wären. Da ich schon so einige Dark Fantasy Romane gelesen habe, bin ich da wohl nicht der Maßstab für. Tatsächlich empfand ich die Beschreibungen von Gewalt im Vergleich zu anderen Romanen des Genres noch ganz erträglich, aber wie gesagt, ich bin da echt kein Maßstab.

Als Letztes möchte ich ganz kurz noch etwas zur Handlung sagen, denn hier findet sich der einzige Punkt, den man von meiner Seite aus als Kritik werten könnte, denn nach einen überragenden Einstieg gestaltet sich die erste Hälfte etwas ruhiger, fast schon zu ruhig. Wir lernen die Amazonen und ihre Lebensweise kennen, dafür nimmt sich die Autorin viel Zeit, aber gerade als ich begann mein Interesse zu verlieren und mir mehr Tempo zu wünschen, bekommt die Handlung eine Wendung und das Tempo wird spürbar angezogen, weswegen ich nicht wirklich dafür einen Punkt abziehen möchte. Es sei trotzdem festgehalten, dass die zweite Hälfte noch etwas besser als die erste ist, und wer beim Lesen der ersten 200 Seiten spürt, wie Langeweile aufkommt, sollte durchhalten, es wird besser, viel besser.

Fazit:


War die erste Hälfte des Buches noch unterhaltsam, aber nicht überragend, konnte mich das Buch mit der zweiten Hälfte völlig überzeugen. Besonders die Diversität der Figuren, der Umgang mit sensiblen Themen und auch die enge Nähe zu den ursprünglichen Mythen haben mich begeistert. Aber auch wer nur einen richtig spannenden Dark Fantasy Roman lesen will, kann hier beherzt zugreifen, denn oft ist Die Götter müssen sterben auch “einfach nur” spannend, blutig und mitreißend.

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Man sollte dieses Buch in der Bevölkerung verteilen

Ohne Rücksicht auf Verluste
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Vor 44 Jahren hat Günther Wallraff zum ersten Mal die Machenschaften und schockierenden Methoden der BILD Zeitung aufgedeckt. Doch hat sich seit 1977 bei der BILD etwas geändert? Dieser Frage gehen die ...

Vor 44 Jahren hat Günther Wallraff zum ersten Mal die Machenschaften und schockierenden Methoden der BILD Zeitung aufgedeckt. Doch hat sich seit 1977 bei der BILD etwas geändert? Dieser Frage gehen die Autoren Schönauer und Tschermak in diesem Buch nach. Die Beiden sind "BILD Experten", denn beide Autoren sind bez. waren Chefredakteur des BILDblog, einem Blog der aufmerksam die Berichterstattung des Boulevardblattes verfolgt, auf Fehler, Lügen und Ungenauigkeiten hinweist und korrigiert.

BILD dir deinen Hass
Nun stellt sich vielleicht bei einigen die Frage, warum braucht es überhaupt dieses Buch? Wer liest denn schon noch Zeitung, alles halb so wild, mag man vielleicht denken und es stimmt, die Auflage der BILD Zeitung geht stetig zurück (wie auch von allen anderen Printzeitungen). Doch BILD.de hingegen wächst immer weiter. Im Mai 2021 war BILD.de mit 477,3 Mio Seitenaufrufen im Monat die mit Abstand meistbesuchte Nachrichtenseite Deutschlands. Zum Vergleich: Der Zweitplatzierte n-tv.de kam gerade mal auf 273,79 Mio Seitenaufrufe (Quelle: Statista). BILD wird also doch gelesen.
Was will ich mit diesem langen Vorgerede eigentlich sagen? Ganz einfach: Dass wir das Buch von Matts Schönauer und Moritz Tschermak brauchen!

Ich selbst habe nie die BILD Zeitungen gelesen und schon von dem, was ich an Schlagzeilen am Kiosk an den Aufstellern sah, rollen sich mir die Zehnnägel hoch. Doch welche Ausmaße das krude System dahinter annimmt, das wurde mir erst nach dieser Lektüre klar. In dem Buch werden die Methoden der BILD offengelegt, das System dahinter entlarvt und der Umgang mit Opfern, Tätern bez. schlicht anderen Menschen kritisiert. Ich könnte jetzt eine lange Liste von den Themen aufzählen, bei denen BILD fragwürdige Methoden einsetzt, könnte Feindbilder aufzählen, die BILD erschafft und Grenzen, privat wie gesellschaftlich, die BILD überschritten hat, aber all dies findet sich weitaus anschaulicher im Buch, als ich es euch jetzt sagen könnte. Nur soviel sei gesagt: Die BILD hat ihre Rolle als vierte Gewalt schon längst verlassen, statt zu informieren, zu mahnen und kontrolliert und konstruktiv die Politik zu kritisieren, wie es die Funktion der vierten Gewalt ist, versucht sie immer wieder aktiv selbst die Politik und Gesellschaft in eine bestimmte Richtung zu drängen. Die Folge sind Polarisation und Spaltungen in unserer Gesellschaft.

Was mir an dem Buch besonders gut gefallen hat war, dass die Autoren sich nicht nur damit begnügen die zahlreichen Vergehen der Boulevardzeitung aufzudecken, nein sie stellen Lügen, Ungenauigkeiten und Weglassungen wichtiger Information auch direkt richtig. Das ist wichtig, damit man gefährliche Narrative nicht einfach nur reproduziert. Ich hätte mir noch gewünscht, dass die Schilderungen noch ein bisschen mehr in den Kontext von sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse gesetzt worden wären. Die Ansätze waren dafür da, oft ging es aber dann doch vordergründig um die Offenlegung des Systems BILD, aber gut, das ist eher persönliche Geschmacksache, weswegen ich das nicht direkt als Kritikpunkt werden würde. Zudem, dass muss ich auch sagen, ist das Buch, so wie es jetzt ist auch sehr zugänglich für ein breites Publikum. Man muss sich weder mit Journalismus, noch mit Politik und Gesellschaft intensiv auseinandergesetzt haben, um die Argumentationsketten in diesem Buch nachzuvollziehen. Dies wird umso mehr von dem Schreibstil der Autoren unterstützt. Das Buch liest sich leicht, der Ton ist zwar sachlich, aber auch locker und angenehm.

Als wirklich einzigen Kritikpunkt würde ich lediglich den allerletzten Satz ansehen, in dem nach dem großen Warum gefragt wird und suggeriert wird, dass einige Menschen die Welt einfach nur brennen sehen wollen würden. Das erscheint mir doch arg vereinfacht, da aber alles bis zu diesem letzten Satz sachlich, schlüssig und hervorragend recherchiert war, verbuche ich das mal als emotionalen Ausreißer.

Fazit:


Es ist die traurige Wahrheit, das dieses Buch absolut wichtig und nötig ist. Auch nach 44 Jahren seit Wallraff hat sich an den Methoden der Bild kaum etwas geändert, im Bereich Politik und Gesellschaft, das zeigt dieser erschütternder Bericht, sind sie sogar noch polarisierender geworden. Aus diesem Grund würde ich dieses Buch am liebsten jeden einzelnem BILD und BILD.de Leser in die Hand drücken. Denn wer dieses hervorragend recherchierten und mit stichhaltigen Beweisen argumentierende Buch gelesen hat, der kann sich eigentlich nicht mehr von der morbiden Berichterstattung dieses Boulevardblattes hinters Licht führen lassen.

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