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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.07.2021

Mordsmäßige Umweltsünden

Mord au Vin (Claire Molinet ermittelt 1)
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Einerseits findet sich eine mumifizierte Leiche in den Dünen und Commandant Raoul Chenier ermittelt, andererseits sucht die junge Privatdetektivin Claire Molinet eine verschwundene Studentin.
Der flüssige ...

Einerseits findet sich eine mumifizierte Leiche in den Dünen und Commandant Raoul Chenier ermittelt, andererseits sucht die junge Privatdetektivin Claire Molinet eine verschwundene Studentin.
Der flüssige Schreibstil liest sich flott, die Spannung steigert sich kontinuierlich, je mehr die Nachforschungen vorangehen; es fehlt nicht an Verdächtigen und diversen Spuren und es wird umso interessanter, je mehr sich die beiden anfangs scheinbar unabhängigen Fälle von Claire und Raoul als zusammenhängend erweisen, bis sich schließlich in einem dramatischen Showdown alles klärt.
Die beiden Protagonisten - Raoul und Claire - fand ich sofort sympathisch, allerdings erfährt man meiner Meinung nach etwas zu wenig von ihnen, ihren Gefühlen und Gedanken, auch ihrem Vorleben, warum sich beide schwer tun, sich auf eine neue Beziehung einzulassen. Die Handlungen und Reaktionen der weiteren Charaktere sind durchaus nachvollziehbar und verständlich.
Das französische Flair wurde anschaulich eingefangen, durch die französischen Worte im Text, die Landschaftsbeschreibungen, die Kulinarik. Allerdings, wenn man wie ich Bordeaux nicht kennt, kann man sich, ohne sich eine Landkarte zu Hilfe zu holen, nur schwer orientieren. Ich hätte es sehr geschätzt, gäbe es – wie in anderen Regionalkrimis - eine Landkarte der Region im Buch.
Die Informationen über den Einsatz von Pestiziden im Weinbau stimmen einen nachdenklich. Wie sieht es denn mit jenem Wein aus, den man selber trinkt? Es handelt sich doch sicher nicht nur um ein Problem in Frankreich.
Mir hat das Buch in seiner Gesamtheit sehr gut gefallen. Eine ausgezeichnete Mischung. Die Handlung war gut aufgebaut, das Umwelt-/Weinbauthema war gut dosiert und sehr informativ eingebaut und last but not least mochte ich die beiden Ermittler. Das Ende lässt ahnen, hoffen, dass aus Claire und Raoul in Folgebänden nicht nur ein gut zusammen arbeitendes Team, sondern ein Paar wird – auch mit etwas mehr Emotionen. Ich freue mich schon auf die Fortsetzungen!

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Veröffentlicht am 09.07.2021

Geliehene Schönheit

Ein letzter Frühling am Rhein
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Worum geht es? Aufgrund eines anonymen Hinweises findet die Polizei ein junges, bildschönes Model vergiftet in seiner luxuriösen Wohnung, zusammen mit einer kryptischen Nachricht, deren Sinn und Entschlüsselung ...

Worum geht es? Aufgrund eines anonymen Hinweises findet die Polizei ein junges, bildschönes Model vergiftet in seiner luxuriösen Wohnung, zusammen mit einer kryptischen Nachricht, deren Sinn und Entschlüsselung sogar für den beigezogenen Psychologen eine Herausforderung darstellt.
Ich war nicht sofort in der Geschichte, aber von Seite zu Seite, von Kapitel zu Kapitel schätzte ich den Schreibstil, die bildhaften Schilderungen von Eindrücken, Gedanken und Beobachtungen immer mehr.
Der Fokus liegt in diesem Kriminalroman in der aufwändigen Kleinarbeit der Kriminalpolizei, in den Befragungen jener Personen, die das Umfeld der Ermordeten bildeten, auf der Suche nach dem Motiv, nach dem Mörder bzw. der Mörderin. Obwohl der Fall in der Gegenwart spielt, habe ich es als wohltuend empfunden, dass es in erster Linie auf die Befragungstechnik, die Kombinationsgabe und die grauen Zellen der Ermittler ankommt, und weniger auf DNA-Analysen, Ergebnisse der Spurensicherung oder Internetrecherchen.
Zu Beginn irritierte mich der religiöse Touch, doch die Thematik Gott – Kirche – Religion und Glaube zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung, machte zunehmend mehr Sinn und beschäftigt auch die Ermittler, die immer wieder auf die Diskrepanz zwischen der Herkunft der Toten - sie ist auf dem Land aufgewachsen und war stets streng gläubig - und der Oberflächlichkeit des Jetset-Lebens in der Modewelt stoßen, in der die junge Frau zwar hektisch und im Trubel existierte, letztlich jedoch einsam blieb.
Es schwebt eine gewisse Tristesse über der Lektüre, in Form der Gleichgültigkeit der Nachbarn, die in dem Mehrparteienhaus nebeneinander her leben, uninteressiert, nichts gehört und nicht gesehen haben (wollen).
Das überschaubare Ermittlerteam, es besteht lediglich aus Kriminalhauptkommissar Kilian Stockberger, Oberkommissarin Cosima Winkler und Kommissar Miko Reichenhall, erweckte meine Sympathie insbesondere durch deren Umgang miteinander, wo man sich durchaus auch mal aufzieht und auch nach Dienstschluss noch freundschaftlich Kontakt miteinander pflegt.
Die Charaktere – sowohl der Kriminalisten als auch der von ihnen Befragten – sind anschaulich dargestellt, wobei ich vor allem den fast poetischen Schreibstil so mochte, diese über das rein realistisch Äußerliche hinausgehenden Beschreibungen, wenn z.B. das Gehabe eines Ehepaares mit einem Affenpärchen verglichen wird. Dadurch erhält der Roman auch einen humorvollen Anstrich, bringt einen zum Schmunzeln.
Solche Sprachbilder, wie ich es für mich bezeichnet habe, ziehen sich durch das gesamte Buch, witzige Assoziationen, Gedanken, Kopfkino malende Wortschöpfungen, die mich begeisterten.
„Ein letzter Frühling am Rhein“, der Auftakt zu einer neuen Reihe, besticht in erster Linie sprachlich, weniger aufgrund der erzeugten Spannung, obwohl der Fall interessant ist und letztlich schlüssig gelöst wird.

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Veröffentlicht am 26.05.2021

Rätselhafter Mord an einem Studenten

Nacht über dem Campus
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Mit „Nacht über dem Campus“ dem zweiten Band rund um die Rechtsanwältin Helene Freitag, hatte ich anfangs ziemliche Probleme, mich in die Gefühlswelt und das Umfeld der Protagonisten, insbesondere von ...

Mit „Nacht über dem Campus“ dem zweiten Band rund um die Rechtsanwältin Helene Freitag, hatte ich anfangs ziemliche Probleme, mich in die Gefühlswelt und das Umfeld der Protagonisten, insbesondere von Marie, zu versetzen. Ich unterbrach daher nach einigen Kapiteln, um Band 1 „Letzte Ausfahrt Auerberg“ zwischenzuschalten. Für mich war das detaillierte Wissen um Maries Vorgeschichte ausschlaggebend für das Verständnis und den Gesamteindruck der Charaktere, auch um ihre Entwicklung nachvollziehen zu können. Danach fand ich mit Leichtigkeit in die zweite Geschichte hinein. Für den Kriminalfall an sich benötigt man zwar keine Kenntnisse über das Vorleben der Protagonisten, aber sie gewinnen dadurch mehr an Struktur und Sympathie.
Worum geht es im Kriminalfall?
Ein Student wird in seinem Zimmer am Campus tot aufgefunden, er hat scheinbar Selbstmord begangen, doch seine Freundin glaubt nicht daran und ersucht die Rechtsanwältin Helen Freitag um Unterstützung. Diese schleust ihre Praktikantin Marie in ein Seminar ein, sie soll sich unter den Studenten umhören.
Der Schreibstil ist flüssig, die Kapiteln angenehm kurz gehalten. Der Fall ist rätselhaft, der mutmaßliche Täter scheint kein Motiv zu haben, wusste der getötete Student etwas, was ihn das Leben kostete? Die Spannung steigert sich gegen Ende stetig, die Lösung ist unerwartet. Für mich war jedoch, nach Kenntnis der Vorgeschichte, neben der Krimihandlung die Entwicklung von Marie und Helen im Hinblick auf zwischenmenschliche Beziehungen wesentlich von Bedeutung, der optimistische Faktor quasi als Gegensatz zu den menschlichen Abgründen rund um den Mord.
Ich habe das Buch mit zunehmender Begeisterung genossen und bin schon gespannt auf eine Fortsetzung.

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Veröffentlicht am 18.05.2021

Vermächtnis eines Büßers

Wer Buße tut
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Ein katholischer Büßer bricht während einer Osterprozession in Palma de Mallorca tot zusammen. Lediglich Inspektorin Xisca, die zufälligerweise Augenzeugin dieses Vorfalls ist, vermutet, dass es sich hiebei ...

Ein katholischer Büßer bricht während einer Osterprozession in Palma de Mallorca tot zusammen. Lediglich Inspektorin Xisca, die zufälligerweise Augenzeugin dieses Vorfalls ist, vermutet, dass es sich hiebei um keinen natürlichen Todesfall handelt.
„Wer Buße tut“ von Liliana Moreno empfand ich viele Kapitel lang eher als einen Roman, in dem die kürzlich nach Mallorca zurückgekehrte Inspektorin Xisca im Mittelpunkt steht. Es ist nicht einfach für sie, sich im neuen Kollegenkreis durchzusetzen, sie muss sich erst wieder an so manche mallorquinische Eigenheiten gewöhnen, sie macht sich Sorgen um ihr an MS erkrankte Mutter und kommt auch mit ihren schriftstellerischen Ambitionen nicht richtig vom Fleck.
Anfangs gehen die Ermittlungen nur schleppend voran, es dauert ziemlich lange, bis man so weit ist, dass man das Buch nicht mehr zur Seite legen möchte. Erst als nach und nach Verdächtige ins Bild kommen, sich auch eine außergewöhnliche Tötungsart herauskristallisiert, man zum Miträtseln angeregt wird, hebt sich der Spannungsbogen bis zum spektakulären Ende, wo es nicht nur eine unerwartete Auflösung gibt, sondern auch einen Täter, den man nicht im Fokus hatte.
Letztlich stand für mich trotz des interessant aufgebauten Kriminalfalls die Protagonistin Xisca im Zentrum des Geschehens. Einerseits ist sie die treibende Kraft bei den Ermittlungen, die trotz diverser Rückschläge und mangelnder Unterstützung ihrer Vorgesetzten nicht aufgibt, andererseits durchlebt sie auch eine persönliche Krise, aus der sie gestärkt hervorgeht. Diese charakterliche Entwicklung hat für mich den Roman auf eine über einen reinen Krimi gehende Ebene gehoben.
Was ich besonders genossen habe, war der Schreibstil, die facettenreiche Sprache, Wortkreationen, wie „ein Tausend-Watt-Lächeln“, „als das Tote Meer noch lebte“, „flachzuliegen wie ein gestrandetes Surfbrett“, „Ein Kriechen in Orte, wo die Sonne niemals scheint“ oder "Es war der Faden der Ariadne, an dem sie sich entlang hangeln würde, um aus dem gruseligen Irrgarten der Gefühle zu entkommen".
Dass der Krimi auf Mallorca spielt, wurde nicht nur durch Beschreibungen von Sehenswürdigkeiten, kulinarischen Spezialitäten und dem emsigen Treiben in den Straßen und Gassen von Palma vermittelt, sondern auch durch zahlreiche spanische Ausdrücke, wobei hier für nicht Spanisch sprechende Leser ein Glossar sehr hilfreich wäre. Einen Stadtplan von Palma hätte ich mir auch gewünscht. Generell lernt man viel über Mallorca, nicht nur über die Bruderschaften und deren Osterbräuche. Natürlich kommt auch Urlaubsfeeling auf, Sehnsucht nach Strand und Meer.
Jedenfalls stellt „Wer Buße tut“ einen vielversprechenden Auftakt zu einer neuen Serie dar. Ich freue mich schon auf weitere interessante Fälle, die die sympathische Xisca zu lösen hat.

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Veröffentlicht am 10.05.2021

Umweltschützer leben gefährlich

Doppelbock
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„Doppelbock“, der zweite Fall einer Reihe rund um die pensionierte Hauptkommissarin Frederike Stier, war nicht nur mein erster Krimi von Thomas Salzmann, sondern überhaupt der erste Krimi, der im Ruhrgebiet ...

„Doppelbock“, der zweite Fall einer Reihe rund um die pensionierte Hauptkommissarin Frederike Stier, war nicht nur mein erster Krimi von Thomas Salzmann, sondern überhaupt der erste Krimi, der im Ruhrgebiet spielt, in einer Region Deutschlands, die ich (als Wienerin) persönlich noch nie besucht habe. Wie authentisch die im Buch geschilderte Atmosphäre ist, kann ich nicht beurteilen, etwas Lokalkolorit wurde mir schon vermittelt. Ganz besonders eindrucksvoll empfand ich die Schilderungen der Umweltprobleme, mit denen dieser Landstrich im besonderen zu kämpfen hat, mit all den Altlasten, die aus dem seinerzeitigen Kohleabbau zurückgeblieben sind.
Und um Umweltschutz geht es in gewissem Sinne auch in dem Kriminalfall. Denn ein sehr aktiv gegen Umweltsünden eintretender Freund von Ex-Hauptkommissarin Frederike Stier wird ermordet. Für sie ist es selbstverständlich, dass sie privat zu ermitteln beginnt.
Was den Handlungsverlauf anbelangt, so ist es keineswegs erforderlich, den ersten Band gelesen zu haben. Doch Frederikes Charakter und die fast feindselige Haltung ihrer Ex-Kollegen, ebenso warum sie nach einer Reha nun in Pension ist, lässt sich viel besser nachvollziehen, wenn man von Beginn an in die Serie eingestiegen ist.
Frederike ist eine zielstrebige Frau mit Durchhaltevermögen, die sich durch nichts, nicht einmal Drohungen in Form von toten Ratten an der Haustür, abschrecken und von ihren Vorhaben abbringen lässt. Sie war es von Berufs wegen gewohnt, Entscheidungen zu treffen, eigene Wege zu gehen. Diese Eigenschaften erschweren ihr allerdings die Beziehung zu Hartmut, den sie bei der Reha kennengelernt hat und der sie in seiner Besorgnis um ihre Gesundheit zu sehr einschränken möchte. Auch wenn mich Frederike in ihrer Handlungsweise, ihrer Unerschütterlichkeit, ihrer Gewitztheit und ihrem Mut beeindruckt hat, mein Herz konnte sie noch nicht gewinnen. Aber vielleicht schafft sie es im nächsten Band.
Der Schreibstil ist kurz und prägnant, liest sich flüssig. Auch infolge der kurz gehaltenen Kapitel geht es flott dahin.
Der Spannungsbogen war ausgezeichnet aufgebaut, trotz eingestreuter Hinweise wurde man letztlich von der Lösung überrascht; der Showdown war unheimlich fesselnd.

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