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Veröffentlicht am 31.07.2021

Dublin in den 60er Jahren...

Sterbenskalt
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Ermittler Frank Mackey wird von seiner Schwester Jacky benachrichtigt, dass in der Nähe des Elternhauses ein alter Koffer gefunden wurde. Genau der Koffer, der vor 20 Jahren zusammen mit dem Nachbarmädchen ...

Ermittler Frank Mackey wird von seiner Schwester Jacky benachrichtigt, dass in der Nähe des Elternhauses ein alter Koffer gefunden wurde. Genau der Koffer, der vor 20 Jahren zusammen mit dem Nachbarmädchen Rosie Daly, verschwunden ist. Die damals 19 Jahre alte Rosie war die Jugendliebe von Frank und sie wollten zusammen nach England abhauen. Rosie kam am verhängnisvollen Abend nie am vereinbarten Treffpunkt an und galt seither als vermisst.

Im Zentrum der Geschichte steht die Vergangenheit von Frank Mackey. Nicht nur, dass der alte Vermisstenfall um seine Jugendliebe Rosie neu aufgerollt wird. Er setzt auch zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder einen Fuss in sein Elternhaus in Faithful Place in Dublin. Mit seinen Eltern und Geschwistern hatte er, ausser mit Schwester Jackie, keinen Kontakt mehr. Unweigerlich fragt man sich, was geschehen muss, damit jemand all seine Zelte abbricht und mit der Vergangenheit abschliesst? Die Autorin hat eine zerrüttete Familie mit einem alkoholkranken Vater und in ärmlichen Verhältnissen gezeichnet, bei der man die Enge und den Hass nachempfinden kann. Tief betroffen haben mich Rückblicke auf Erlebnisse in der Kinder und Jugendzeit gemacht. Kaum vorzustellen, wie Kinder aufwachsen müssen.
Tana French vermittelt glaubhaft das Bild einer Familie in den 60er Jahren in Dublin. So nimmt der Vermisstenfall etwas weniger Platz ein, als gedacht und erhofft. Geschwisterrivalität, Eifersucht und alte Wunden aus der frühen Kinder und Jugendzeit verdrängen den Vermisstenfall mehrheitlich.
Ermittlungen werden en famille geführt und Frank ist oft gefangen zwischen Beruf und Privatleben.
Ich bin ein Fan der Autorin und der Schreibstil ist durchwegs gut. Niemand versteht es besser 600 Seit en so zu füllen, dass man sich nicht langweilt. Zudem lockert oft Wortwitz und die sarkastische Art von Frank die Geschichte auf.
Überhaupt ist Frank Mackey eine gelungene Figur, bei der ich mir allerdings vorstellen kann, dass sie bei den Lesern polarisiert. Ich mag keine 08/15 Ermittler und in diese Rubrik fällt Frank keineswegs. Er ist, wie gesagt, sehr sarkastisch und lebt für seinen Beruf. Doch das Wichtigste überhaupt ist ihm seine Tochter Holly. Im Umgang mit ihr wird er lammfromm und zeigt seine verständnisvolle Seite.

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Veröffentlicht am 19.07.2021

Historischer Krimi!

Das Buch des Totengräbers (Die Totengräber-Serie 1)
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1893 tritt Leopold von Herzfeldt seine neue Stelle bei der Wiener Polizeidirektion an, nachdem er in Graz bestens ausgebildet wurde. Er muss sich behaupten und seine Fähigkeiten beweisen, denn noch vor ...

1893 tritt Leopold von Herzfeldt seine neue Stelle bei der Wiener Polizeidirektion an, nachdem er in Graz bestens ausgebildet wurde. Er muss sich behaupten und seine Fähigkeiten beweisen, denn noch vor Dienstbeginn wird am Prater eine junge Frau ermordet aufgefunden. Doch Leo macht sich bei seinen neuen Arbeitskollegen nicht beliebt und wird mit einem Routinefall beschäftigt. Auf dem Wiener Zentralfriedhof lernt er den Totengräber Augustin Rothmayer kennen, der einen Bestatteten entdeckt hat, der wohl lebendig begraben wurde. Als weitere junge Frauen ermordet werden, holt sich Herzfeldt Rat beim schrulligen Totengräber, denn er weiss mehr über den Zustand der Leichen, nach ihrem Ableben, als jeder Mediziner.





Die Geschichte handelt um 1893 und fällt somit unter das Genre „historische Romane“. Beeindruckend wie treffsicher der Autor, der ja bekannt ist für seine Werke in diesem Genre, zeitgemässe Details eingeflochten hat. Dabei reden wir nicht von geschichtlichen Eckpunkten oder Ereignissen, sondern zum Beispiel von Details in einer damaligen Mordermittlung. Nicht nur, dass bei der Untersuchung des Tatortes mit Messband Abläufe gemessen werden, der Tatort wird auch mit einer Laterne beleuchtet. Auch alltägliche Details, wie zum Beispiel die damals modernen Hochräder, die langsam aber sicher von den damals futuristisch anmuteten Sicherheitsniederrädern abgelöst werden, machen diese Geschichte authentisch.

Herzfeldt hat aus Graz moderne Werkzeuge für die Ermittlungen im Gepäck. Etwas, was nicht wenige seiner Kollegen belächeln oder bestaunen.

Sehr gut drückt immer wieder der wienerische Charme durch. Das beinhaltet auch ab und zu Sätze in Dialekt, die ich sehr konzentriert lesen musste, um sie erfassen zu können. So wird zum Beispiel die Polizei oft Kieberer genannt.

Regelmässig sind Auszüge aus Augustin Rothmayers Almanach für Totengräber eingeflochten. Ein Buch, das Details zu den Körpern nach ihrem Tod, aber auch Erkenntnisse über Todesursachen oder Todesmerkmale beschreibt. Sehr faszinierend, wenn auch oft etwas morbide anmutend. Oft enthalten sie aber auch philosophische Gedanken über das Sterben und den Tod.


Die Ermittlungen sind oft unterbrochen von Machtkämpfen im Ermittlerteam und der Liebesgeschichte zwischen Herzfeldt und einer Mitarbeiterin bei der Polizei. Oft empfand ich die Machtkämpfe und die Rechthaberei zwischen den Ermittlern als zäh und pubertär. Meiner Meinung nach wäre da weniger mehr gewesen. Der Fall, der sehr schnell auf einen Serientäter hinweist, erweist sich nicht nur als spannend, sondern auch als abscheulich.


Nun soll also „Das Buch des Totengräbers“ der Auftakt zu einer neuen Serie sein. Ein gelungener Auftakt, wie ich hier bemerken darf.

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Veröffentlicht am 13.07.2021

Eine Reise nach Mallorca!

Erben wollen sie alle
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„Noch etwas von der Welt sehen“ das wünscht sich die 74-jährige Bianca. Sie lebt seit dem Tod ihres Mannes Ernst in einer Finca auf Mallorca. Ihre Kinder Steffen und Anja leben nach wie vor im fernen Deutschland, ...

„Noch etwas von der Welt sehen“ das wünscht sich die 74-jährige Bianca. Sie lebt seit dem Tod ihres Mannes Ernst in einer Finca auf Mallorca. Ihre Kinder Steffen und Anja leben nach wie vor im fernen Deutschland, der Kontakt beschränkt sich auf Telefonanrufe zu Weihnachten und am Geburtstag. Den passenden Reisepartner hat Bianca in Wolfi, einem Rentner, der auch auf Mallorca lebt, schon gefunden. Als Steffen und Anja davon erfahren, reisen sie unverzüglich nach Mallorca, denn sie sind überzeugt davon, dass ihre Mutter einem Heiratsschwindler erlegen ist.



Tessa Henning ist bekannt für ihre Familienromane und ich habe schon mehrere Bücher von ihr gelesen. So bleibt sich die Autorin nicht nur mit den Covern treu, auch dieses Buch enthält eine Familiengeschichte, dieses Mal mit dem Schwerpunkt „Erbe“.

Leicht klischeehaft ist die Verwandtschaft, die plötzlich, als sie Angst haben müssen, dass Mutter und Schwiegermutter das Erbe verjubelt, antanzen. Dies, nachdem jahrelang entweder die Zeit, das Geld oder die Geduld gefehlt hat, um sich mit Bianca zu treffen. Doch die Geschichte ist nicht nur eine Geschichte, in dem das Erbe eine Rolle spielt. Es geht auch um Bianca, die noch was erleben will, bevor sie das Zeitliche segnen muss. Aber auch alte Familienstreitigkeiten und die damit verbundenen Altlasten werden aufgearbeitet. Ziemlich schnell wird auch Spannung aufgebaut, da unterschwellig immer wieder angetönt wird, dass in der Vergangenheit der Familie etwas geschehen ist, das noch heute nachklingt.


Dieses Buch ist definitiv kein Urlaubsroman mit Sonne, Strand und Eis essen. Auch wenn die Atmosphäre auf Mallorca gut wiedergegeben wurde. Der Roman beinhaltet etliche ernste Themen, wie die Alzheimererkrankung eines Nachbars in Porte de Seller oder Altersarmut der sogenannten Ueberwinterer auf Mallorca.


Ich habe „Erben wollen sie alle“ gerne gelesen und es hat mich mit seiner kurzweiligen Handlung gut unterhalten. Ständig geschieht irgendwas, auch wenn kleinere Teile der Handlung vorhersehbar sind.


Sehr gefallen hat mir die Figur Bianca, die oft mit einem Augenzwinkern ihre Familie dorthin dirigiert, wo sie sie haben will. Ihre Liebe gilt ihrer Enkelin Luisa, die bei ihr ein Stein im Brett hat. Wohl auch deshalb, weil Luisa die Einzige der Familie ist, die sich vor der Erbgeschichte regelmässig auf Mallorca hat blicken lassen. Die Oma – Enkelin Beziehung empfand ich als herzerwärmend.


Tessa Henning schreibt so, dass man als Leser ein Stück Realität serviert bekommt. Vor allem die Beziehung familienintern kommt wohl einigen von uns bekannt vor. Auch, wenn man keine Mutter in einer Finca auf Mallorca hat. Eine Geschichte mit ganz vielen realitätsnahen Szenen.

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Veröffentlicht am 11.07.2021

Sehr blutig

Der Blutkünstler (Tom-Bachmann-Serie 1)
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In Köln geht ein perfider Serientäter um. Er inszeniert seine Taten und vor allem die Opfer, wie ein Gemälde und so bekommt er schon bald den Spitznamen „Der Blutkünstler“. Profiler Tom Bachmann kennt ...

In Köln geht ein perfider Serientäter um. Er inszeniert seine Taten und vor allem die Opfer, wie ein Gemälde und so bekommt er schon bald den Spitznamen „Der Blutkünstler“. Profiler Tom Bachmann kennt die Gedanken und die Welt der Serientäter wie kein anderer und wird mit ins Boot der Ermittler geholt. Auch er hat einen Spitznamen, denn er wird „Der Seelenleser“ genannt. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt, denn der Mord an einer Galeriebesitzerin erinnert an die Taten in anderen Städten.




Bei einem Thriller, in dem der erste Satz, das Wort „Tote“ enthält, ahnt man schon, dass nicht lange herum geplänkelt wird, sondern der Autor schnell zur Sache kommt. Tatsächlich ist der Inhalt dieses Buches absolut nichts für sensible Leser, denn es fliesst nicht nur literweise Blut, es wird auch detailliert beschrieben, bis das Blut fliesst. Die Morde sind sehr detailliert und bildlich beschrieben. Sehr beklemmend und schaurig sind auch die Kapitel aus der Sicht des Mörders, dem man bei seinem Tun über die Schulter schaut. Ebenfalls als grausig empfand ich die Beobachterperspektive des Mörders auf einen pädophilen Familienvater auf dem Spielplatz. Sehr gut ausgearbeitet wurde vom Autor diese Neigung, die unter dem Deckmäntelchen Vaterschaft ausgelebt wird.


Es wird also ordentlich gemordet und der Titel des Buches trifft den Inhalt genau. Es wird aber auch ordentlich ermittelt und diese Ermittlungen sind nicht nur nachvollziehbar beschrieben, sondern auch mit vielen Täteranalysen unterlegt. So wartet man als Leser auf den Tag x, an dem das Ermittlerteam die richtige Person an der Angel hat. Ich muss sagen, dass mich der springende Punkt, die Verbindung, die die Ermittler zum Täter führt, nicht zu 100 Prozent überzeugt hat. Hier hätte mir eine bessere Lösung, oder zumindest eine eindeutigere Spur, besser gefallen.


„Der Blutkünstler“ ist also das Debüt von Chris Meyer und ich habe versucht keine Verbindung zu den von mir geschätzten Thrillern von Chris Carter zu ziehen. Ganz gelungen ist es mir nicht, denn Parallelen sind zweifelsohne vorhanden. Das beginnt mit dem Vornamen der Autoren, geht weiter mit der Aehnlichkeit der Cover und endet bei einem Profiler, der seine Arbeit versteht. Chris Meyers Protagonist Tom Bachmann ist jedoch anders charakterisiert als Chris Carters Robert Hunter. Weniger smart, weniger intelligent, jedoch auch mit einer familiären Vorgeschichte, die seine Arbeit beeinflusst. Tom wird aber auch schnell ungeduldig und seine Gedanken, wenn er zum Beispiel eine weinende Zeugin befragt, sind ein humorvoller Aufheller in all dem Blut und Leid.

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Veröffentlicht am 08.07.2021

Bedrückendes Grundthema!

Tiefer Fjord
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Haavard Fougner arbeitet als Arzt im Krankenhaus Ulleval in Oslo. In seiner Abteilung werden Kinder aufgenommen und gepflegt, bei denen der Verdacht besteht, dass sie misshandelt wurden. Eines Abends wird ...

Haavard Fougner arbeitet als Arzt im Krankenhaus Ulleval in Oslo. In seiner Abteilung werden Kinder aufgenommen und gepflegt, bei denen der Verdacht besteht, dass sie misshandelt wurden. Eines Abends wird ein vierjähriger Junge mit eindeutigen Spuren der Misshandlung eingeliefert. Der Verdacht liegt nahe, dass der Vater des Jungen dafür verantwortlich ist. Ein paar Stunden nach der Einlieferung wird der Vater im Gebetsraum des Krankenhauses erschossen aufgefunden.

Dieser Mord beschäftigt auch Havaards Frau Clara Lofhus, die im Justizministerium arbeitet und daran ist, eine Gesetzesänderung auszuarbeiten. Darin sollen Lehrer, Aerzte, Betreuer usw unabhängig vom Schweigegelübde misshandelnde Angehörige melden dürfen, damit Kinder besser geschützt werden können.

Kurz darauf wird erneut eine Frau umgebracht, bei der alle Anzeichen darauf hindeuten, ihre Kinder misshandelt und vernachlässigt zu haben. Sehr schnell gerät Haavard ins Visier der Ermittler ….





Das Grundthema, Kinder, die von den eigenen Eltern gequält, geschlagen und vernachlässigt werden, ist bedrückend. Zu Beginn bekommt man als Leser in etlichen Passagen den Klinikalltag, die Aufdeckung von Misshandlungen und den Umgang der Eltern mit ihren Kindern mit. Teilweise haben mich diese Szenen sehr schockiert. Gerade weil ich weiss, dass diese nicht völlig aus der Luft gegriffen sind, sondern tagtäglich in vielen Krankenhäusern auf der ganzen Welt zum Alltag gehören.

Dann geschehen die Morde. Es wäre übertrieben zu sagen, dass ich Selbstjustiz billige. Klar ist das nicht in Ordnung, aber irgendwie konnte ich den Täter halt auch verstehen. Vor allem nach dem Einblick in seine Vergangenheit, in der die Autorin die Leser immer wieder entführt.

Gänsehaut hat mir auch die Ich Perspektive der später ermordeten Mutter beschert. Zu lesen, was und wie sie über ihre kleinen Kinder denkt, empfand ich als haarsträubend.


Nicht immer konnte ich die Protagonisten nachvollziehen. Haavard empfand ich als sehr kühl und distanziert beschrieben. Seine Art, mit seiner Frau umzugehen, hat mich oft genervt. Clara hingegen ist eine Protagonistin mit sehr viel Tiefe, bei der ich ihre Art nachvollziehen konnte. Warum sie agiert und reagiert, wie sie es tut, passt zu ihrer Charakterisierung und ihrer Geschichte.

Den Schreibstil der Autorin empfand ich als frisch und leicht zu lesen. Fast in jedem Kapitel wird eine andere Figur in den Mittelpunkt gerückt und die Zeitebenen wechseln sich ab. Was ich zuerst als Bremse angesehen habe, um im Buch anzukommen. Schlussendlich aber sehr wertvoll war, um die Gedanken und das Motiv der mordenden Figur nachvollziehen zu können.

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