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Veröffentlicht am 12.07.2021

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Die verschwindende Hälfte
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Inhalt:
USA, die 1960er Jahre: Mallard ist ist ein kleiner Ort im ländlichen Louisiana. Keine richtige Stadt, man kann es nicht auf einer Landkarte finden, sondern vielmehr eine Idee. In Mallard leben ...

Inhalt:
USA, die 1960er Jahre: Mallard ist ist ein kleiner Ort im ländlichen Louisiana. Keine richtige Stadt, man kann es nicht auf einer Landkarte finden, sondern vielmehr eine Idee. In Mallard leben ausschließlich Schwarze, aber diese sind von Generation zu Generation hellhäutiger. Das Ziel ist es, so hellhäutig wie nur irgendwie möglich zu werden, nur um dann am Ende immer noch Schwarz zu sein.
Die Zwillinge Stella und Desiree Vignes sind die weißesten unter den Schwarzen Bürgern von Mallard. Nach dem rassistisch motivierten Mord an ihrem Vater leben sie allein mit ihrer Mutter. Doch mit sechzehn haben Stella und Desiree die Nase voll von der Armut und der Enge Mallards. Gemeinsam fliehen sie nach New Orleans, schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durch, versuchen irgendwie das große Glück zu machen. Bis Desiree ohne Vorwarnung und über Nacht von ihrer Schwester verlassen wird. Von diesem Punkt an divergieren die Geschichten der beiden Zwillingsschwestern auseinander. Zwei Menschen, die eben noch beinahe gleich gewesen sind, führen nun getrennt voneinander zwei Leben, die nicht unterschiedlicher sein könnten.

Meine Meinung:
In „The Vanishing Half“ oder „Die Verschwindende Hälfte“, wie der Titel in der deutschen Übersetzt heißt, geht es um Zugehörigkeit und Identität. Kein anderes Buch zuvor hat es jemals geschafft, ähnliche Fragen bei mir aufzuwerfen. Was bedeutet eigentlich Schwarzsein oder Weißsein? Und wo ist die Grenze zwischen beidem? Gibt es überhaupt eine Grenze?
Es ist mir schwergefallen, beim Lesen die richtigen Bilder in meinem Kopf entstehen zu lassen. Ich habe mich oft gefragt, wie Stella und Desiree nun eigentlich aussehen. Denn obwohl die beiden eineiige Zwillinge sind, lebt die eine weiter als Schwarze und die andere später als Weiße. In der englischen Originalversion, die ich gelesen habe, ist von einer „transition“ die Rede. So als würde man mit einer Fähre vom einen Ufer zum anderen fahren könnte. Ich habe in diesem Zusammenhang viel über Kultur im Zusammenhang mit Hautfarben und auch über von Menschen Begrifflichkeiten nachgedacht. Was bedeutet denn Schwarz oder Weiß, wenn man so hellhäutig sein kann, dass man sich als Weiße „ausgeben“ kann und trotzdem noch ein Leben lang Angst haben muss, dass die Vergangenheit ans Licht kommt? (Auf die 60er bis 80er Jahre bezogen natürlich) Ich muss gestehen, dass ich das Buch nicht immer verstanden habe und es mir gleichzeitig vor Augen geführt hat, wie wenig ich das Thema Rassismus immer noch durchdringe.
„The Vanishing Half“ ist in mehrere Zeitabschnitte untergliedert, die Geschichte von Stella, Desiree und ihren Töchtern reicht bis in die 1990er Jahre. Dabei erzählt die Autorin nicht chronologisch, sondern springt zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her.
Der Text lebt von seinen außergewöhnlichen und intensiv ausgearbeiteten Charakteren. Für Desirees Zweig der Familie konnte ich etwas mehr Sympathie aufbringen, als für den ihrer Schwester. Als ich mir „The Vanishing Half“ gekauft habe, hätte ich tatsächlich nicht damit gerechnet, ausgerechnet hier eines der schönsten Liebespaare in meinem Lesejahr 2021 zu treffen. Die stille, große und bedingungslose Liebe zwischen Desirees Tochter Jude und ihrem Freund Reese hat mich sehr berührt. Und überhaupt - Jude ist die wahre Heldin dieser Geschichte!
Stellas Handlungen und Entscheidungen konnte ich nicht immer nachvollziehen. Ich hätte gerne besser verstanden, was sie dazu motiviert hat, sich in dieses gewaltige Lügengerüst zu verstricken, hätte gerne ein paar Aspekte, der komplizierten menschlichen Beziehungen in dieser Geschichte, noch besser begriffen. Nichtsdestotrotz ist es ein fantastisches Buch, das ich uneingeschränkt empfehlen würde. Es ist viel mehr als nur Black History und Rassismus, es ist auch Liebe, Familie, Menschlichkeit, Selbstfindung, Wahrheit. Das alles.

Fazit:
„The Vanishing Half“ ist eines dieser Bücher, die man abends im Bett liest und morgens beim Zähneputzen immer noch im Kopf hat. Die Geschichte packt fest zu und lässt lange nicht mehr los. Falls ihr interessiert seid und noch zweifelt, kann ich nur von ganzem Herzen sagen: Lest es!

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Veröffentlicht am 30.06.2021

Dieses Buch ist ein Fest!

Das Leben ist ein Fest
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Inhalt:

Frida Kahlo - berühmte mexikanische Malerin und Ikone - wird als junges Mädchen bei einem Busunglück schwer verletzt. Eine Eisenstange bohrt sich von ihrer Schulter aus quer durch den Körper und ...

Inhalt:

Frida Kahlo - berühmte mexikanische Malerin und Ikone - wird als junges Mädchen bei einem Busunglück schwer verletzt. Eine Eisenstange bohrt sich von ihrer Schulter aus quer durch den Körper und durchstößt ihre Gebärmutter. Ihr Körper bleibt von diesem Ereignis lebenslang schwer gezeichnet. Doch Frida will sich von ihrem Schicksal nicht einschränken lassen. Sie entdeckt die Kunst und heiratet Diego Rivera - notorischer Frauenhelden, berühmtester Maler Mexikos und zwanzig Jahre älter. Mit ihm bereist sie fremde Länder. Die Beziehung der beiden ist nicht nur geprägt von Zuneigung, sondern auch von zerstörerischem Temperament.

Meine Meinung:

„Das Leben ist ein Fest“ ist, wie der deutsche Titel verspricht, tatsächlich ein Fest: Das Buch zelebriert Frida Kahlos Leben und ihre Kunst. Es folgt ihrer Biographie in kurzen, nicht immer chronologisch angeordneten Kapiteln. Dabei teilt es die Geschichte die Phasen in Fridas Biographie in drei große Abschnitte ein. Den blauen, den roten und den gelben Abschnitt. Jedes Kapitel ist mit einer Farbe überschrieben, die auf sehr raffinierter Art und Weise die Stimmung der folgenden Seiten einfängt.

Obwohl das Leben der Frida Kahlo von Schicksalsschlägen geprägt wird, ist es ein prachtvolles, farbenfrohes Leben. Sie tut mit unbändigem Willen und Trotz alles dafür, sich ihren Einschränkungen zu widersetzen und sich mit Farben zu umgeben. Diesen Zwiespalt fängt „Das Leben ist ein Fest“ wunderbar ein. Irgendwie schafft es die Autorin mit Worten, das Unsagbare, das oft in Fridas Bildern steckt, auszusprechen. Das hat mir wahnsinnig gut gefallen.

In der Sprache der Geschichte spiegelt sich das Wesen von Fridas Werken, aber auch ihr Charakter wider. Als Leser*in wird man hineingeworfen in eine rauschhafte, lasterhafte, üppige Welt. Man spürt Fridas Liebe zum Leben, aber auch ihre Wut und ihre Wankelmütigkeit, ihre Zerrissenheit zwischen einem kaputten Körper, der sich nach Ruhe sehnt und einem Geist, der genau deswegen nie genug bekommt.

Immer wieder werden Beschreibungen und Interpretationen von Fridas Bildern in den Text eingearbeitet und ihr Werk damit gewürdigt.

Beim Lesen hatte ich durchweg den Eindruck, dass dieses Buch und diese Autorin Frida Kahlo wirklich sieht und wirklich zum Ausdruck bringt, wer sie eigentlich war. Dabei wird nichts verklärt, sondern auch das ausgesprochen, was wirklich weh tut. Diese Geschichte zeigt Frida Kahlo in all ihrer Menschlichkeit.

„Das Leben ist ein Fest“ ist ein Muss für jeden Frida Fan. Allerdings bin ich der Meinung, dass man sich vor dem Lesen wenigstens oberflächlich mit dem Leben von Frida Kahlo beschäftigt haben sollte. Wenigstens die Eckpfeiler sollten bekannt sein, sonst wird man möglicherweise gerade zu Beginn von der zeitlich nicht immer klaren Anordnung der Kapitel durcheinander gebracht.

Fazit:

„Das Leben ist ein Fest“ schafft es auf eindrucksvolle Weise die Dunkelheit und die Heiligkeit in in Frida Kahlos Leben miteinander zu verbinden. Das Buch zeigt die ganze Farbpalette von Frida Kahlo. Die vibrierend knalligen Farben, aber auch die dunklen Schattierungen. Ein großartiges Porträt, das einer genauso großartigen Frau gerecht wird.

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Veröffentlicht am 30.06.2021

Die Grande Dame des Schachs

Das Damengambit
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Inhalt:

Kentucky in den 1960er Jahren: Als Beths Mutter bei einem Autounfall ums Leben kommt wird sie über Nacht zur Waisen und muss fortan in einem Kinderheim Leben. Ihr Alltag ist trostlos, richtige ...

Inhalt:

Kentucky in den 1960er Jahren: Als Beths Mutter bei einem Autounfall ums Leben kommt wird sie über Nacht zur Waisen und muss fortan in einem Kinderheim Leben. Ihr Alltag ist trostlos, richtige Freunde hat sie nicht, und die Direktion verabreicht den Kindern regelmäßig Beruhigungstabletten, um sie besser kontrollieren zu können. Eines Tages beobachtet sie den Hausmeister im Keller beim Schachspielen gegen sich selbst und ist sofort fasziniert vom „Schwersten Spiel der Welt“, wie Schach auch genannt wird. Aus Faszination wird schnell Besessenheit. Das Schachspielen lässt Beth lebenslang nicht mehr los. Auch nicht als sie Jahre später vom Ehepaar Wheatley adoptiert wird. Genauso wenig wie die kleinen grünen Pillen, die ihre Kindheit geprägt haben.

Meine Meinung:

Eins vorab. Ich habe absolut keine Ahnung vom Schachspielen. Wirklich nicht die geringste. Damen, Bauern, Springer. Das sind für mich sprichwörtlich „Spanische Dörfer“

In „Das Damengambit“ werden Beths Schachspiele teils bis ins Detail beschrieben. Das könnte langweilig werden, ist es aber überhaupt nicht! Ganz im Gegenteil! Es fasziniert mich, wie es der Autor schafft, dieses Spiel sprachlich so spannend darzustellen. Beim Lesen kommt es mir vor, als wäre Schach eine Mischung aus Krieg und kompliziertem Tanz. Ich konnte das Buch gerade während der Spiele kaum zur Seite legen.

Generell habe ich eine Schwäche für Geschichten, in denen Turniere oder Wettbewerbe ausgetragen werden und der Protagonist als Underdog in den Kampf zieht.

Beth ein weiterer Punkt, der „Das Damengambit“ so bestechend macht. Die Beth aus dem Buch finde ich noch spannender als die Beth aus der Netflix Serie, weil sie ambivalenter ist. Der Autor beschreibt ihre Gefühle nur rudimentär, lässt sie so sehr matt wirken, aber trotzdem sind ihre Gefühle da. Sie stecken tatsächlich zwischen den Zeilen. Besonders gefallen hat mir außerdem die Beziehung zwischen Beth und ihrer Adoptivmutter Mrs. Wheatley. Hier wird ein sehr individuelles, auf unterschwellige Art anrührendes Mutter-Tochter-Verhältnis dargestellt. Beth und Mrs. Wheatley halten sich gegenseitig fest, ohne sich wirklich zu berühren. Sie ergänzen sich und sind dabei trotzdem nie ein Ganzes.

„Das Damengambit“ wurde bereits in den Achtzigerjahren erstveröffentlicht. Vor diesem Hintergrund habe ich es als besonders empfunden, dass der Autor eine doch sehr feministische Geschichte erzählt. Beth ist eine junge Frau, die sich in der von Männern dominierten Schachwelt an die Spitze kämpfen will. Dabei wird immer wieder dargestellt, wie sie von der Öffentlichkeit auf ihre Weiblichkeit reduziert wird und wie sehr sie sich selbst dagegen sträubt.

Beeindruckend erzählt wird außerdem Beths Abhängigkeit. Erst von Tabletten, später auch von Alkohol. Diesen subtilen, sich über Jahre hinweg ziehenden Weg in die Sucht zu verfolgen, hat mich sehr betroffen gemacht.

„Das Damengambit“ ist in so vielen Beziehungen ein brillantes Buch, das einen Stoff und eine Geschichte bietet, die ich so noch nirgendwo gelesen habe. Ich kann es jedem nur ans Her legen.

Fazit:

Egal ob ihr die entsprechende Netflix Serie gesehen habt oder nicht. Es lohnt sich wirklich dieses Buch in der Buchhandlung zweimal anzuschauen. Mich konnte es uneingeschränkt begeistern. Mehr als jedes andere Buch in den letzten sechs Monaten, obwohl 2021 bisher ein ausgesprochen erfolgreiches Lesejahr für mich war.

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Veröffentlicht am 30.05.2021

Mutterherzen

Die Verlorenen
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Achtung, diese Rezension enthält Spoiler!
 Ich greife einer Entwicklung vorweg, die sich nicht aus dem Klappentext ergibt, löse aber den Plot nicht auf. Anders kann ich nur leider unmöglich über das Buch ...

Achtung, diese Rezension enthält Spoiler!
 Ich greife einer Entwicklung vorweg, die sich nicht aus dem Klappentext ergibt, löse aber den Plot nicht auf. Anders kann ich nur leider unmöglich über das Buch berichten.
In meinen Augen lohnt es sich trotzdem diese Rezension zu lesen!

Inhalt:
London 1754: Bess ist achtzehn und bettelarm, als sie nach einem One-Night-Stand mit einem vornehmen Geschäftsmann ungewollt schwanger wird. Ihr bleibt nichts anderes, als das kleine Mädchen, das sie neun Monate später zur Welt bringt, noch am gleichen Tag im „Foundling Hospital“ abzugeben.
Das „Foundling Hospital“ ist ein Kinderheim, eines von der ganz besonders schönen Sorte, das von den Reichen der Stadt mit Spenden unterstützt wird. Die Kinder können dort ohne finanzielle Sorgen aufwachsen, es fehlt ihnen an nichts. Wenn die Mutter so weit ist und das Kind wieder zu sich nehmen will, muss sie für Kost und Logis aufkommen. Bess, die ihre Tochter sehr liebt, wartet sechs Jahre sehnsüchtig auf diesen Tag. Doch als er endlich gekommen ist, teilt man ihr mit, dass das Mädchen schon vor vielen Jahren abgeholt worden ist.
Schneller als erwartet findet Bess heraus, was aus ihrer Tochter geworden ist. Sie lebt nun im Haus von Alexandra Callard, einer vermögenden Witwe, die sie für ihr eigenes Kind ausgibt. Bess schleust sich als Kindermädchen ins Haus von Mrs. Callard ein, um ihrer Tochter nah zu sein. Doch schnell findet sie heraus, dass die Callards nicht wie andere Menschen leben.

Meine Meinung:
„Die Verlorenen“ ist kein typischer historischer Roman. Ich kann mir die Geschichte gut in der Weihnachtszeit vorstellen. Lesen im Bett, mit einer Tasse heißer Schokolade und Adventsbeleuchtung am Fenster.
Ich würde das Buch als eine Mischung aus historischem Roman, Weihnachtsmärchen und Thriller bezeichnen. Nein, nicht Weihnachtsmärchen, weil sie an Weihnachten spielt, sondern weil ich mir einbilde bestimmte Motive aus solchen Geschichten wiederzukennen. Das Waisenkind, die verlorene Mutter, das kalte London. Und ja, Thriller, denn gerade im Mittelteil wusste ich nicht, in welche Richtung die Geschichte sich drehen würde. Das liegt daran, dass sie in drei Abschnitte gegliedert ist. Den ersten erzählt Bess, den zweiten Alexandra und den dritten wieder Bess. Ich fand es sehr mutig von der Autorin, einen großen Teil der Geschichte aus der Perspektive der Antagonistin darzustellen. Aber gleichzeitig hat mir gerade das sehr gefallen, denn nur so hat man Alexandra wirklich greifen können. Wäre man nicht in ihrem Kopf gewesen, hätte man sie leicht für ein Monster halten können. Denn eines wird schnell deutlich: Alexandras Kopf ist ein dunkler, verzerrter Ort voller Furcht. Sie sieht die Realität anders als die meisten Menschen. Ich habe nicht damit gerechnet, in einem historischen Roman auf so viel Psychologie zu treffen. Sie ist eine sehr ambivalente Figur, aber die Autorin hat es geschafft, dass sie mir trotz allem sympathisch war. Durch Alexandras irrationale Wahrnehmung der Welt entsteht eine sehr besondere, unterschwellige Art von Spannung. „Die Verlorenen“ hebt sich damit von anderen historischen Romanen, die ich bisher gelesen habe, deutlich ab.
Die Sprache der Geschichte trägt zusätzlich zu der teils düsteren Atmosphäre der Geschichte bei. Sie ist nicht klischeehaft historisch, dafür aber oft metaphorisch und wirkt an manchen Stellen seltsam modern, ohne dabei unpassend zu sein. Die Lebensumstände von Bess wurden sehr unverblümt dargestellt. Hier wird nichts romantisiert, sondern das raue Leben der Armen dargestellt. Ich bin froh, nicht in dieser Zeit gelebt zu haben. Und gleichzeitig freue ich mich, dieses außergewöhnliche Buch entdeckt zu haben, das ich schon nach kurzer Zeit kaum noch aus der Hand legen konnte. Das Ende habe ich als stimmig und befriedigend empfunden. An dieser Stelle zeigt sich dann nämlich wieder das Märchen.

Fazit:

„Die Verlorenen“ von Stacey Halls lege ich euch im Mai als Weihnachtsgeschenk ans Herz. Man kann das Buch aber natürlich zu jeder Jahreszeit lesen. Es unterscheidet sich in meinen Augen deutlich von anderen Romanen seines Genres. Es geht um Mutterschaft und Liebe. Was ist eine gute Mutter? Was muss eine Mutter einem Kind geben können? Sicherlich vor dem Hintergrund einer anderen Zeit, aber ich glaube, dass man die Geschichte so auch in die heutige Zeit hätte setzen können. Mir hat es sehr gut gefallen.

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Veröffentlicht am 15.05.2021

Stolz, Vorurteil und Romantik

Die Rebellinnen von Oxford - Verwegen
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Ich liebe Regency Romane und Historical Romance. Man könnte soweit gehen und das Genre als mein „Guilty Pleasure“ bezeichnen. Als ich in der Programmvorschau des LYX-Verlags die Bücher von Evie Dunmore ...

Ich liebe Regency Romane und Historical Romance. Man könnte soweit gehen und das Genre als mein „Guilty Pleasure“ bezeichnen. Als ich in der Programmvorschau des LYX-Verlags die Bücher von Evie Dunmore entdeckt habe, war ich dementsprechend aus dem Häuschen. Und ohne die Autorin vorher je wahrgenommen zu haben! Was wirklich eine Schande ist! Denn meine Hoffnungen wurden nicht enttäuscht. Im Gegenteil. Alle Erwartungen sind vielmehr übertroffen worden.

Inhalt:
Annabelle Archer ist eine der ersten weiblichen Studentinnen an der Universität von Oxford. Sie kommt aus einem einfachen, bürgerlichen Elternhaus und seit dem Tod ihres Vaters steht sie unter der Fuchtel ihres Cousins, der sie als unterbezahltes Hausmädchen missbraucht. Das Studium in Oxford kann Annabelle sich nur leisten, weil sie ein Stipendium von Lady Lucy Tedburry erhält, einer jungen Adligen mit zweifelhaftem Ruf, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht, hat mit ihrer Gruppe aus Suffragistinnen für das Frauenwahlrecht zu kämpfen. Um dieses Ziel erreichen und die anstehenden britischen Parlamentswahlen zu ihren Gunsten beeinflussen zu können, müssen die Frauen jedoch einige einflussreiche Männer auf ihre Seite ziehen.
Sebastian, der Herzog von Montgomery, ist der einflussreichste unter besagten Männern. Als Unterstützer und politischer Stratege der Tory-Partei, hält er überhaupt nichts von den Suffragistinnen und ihrem Ansinnen. Dementsprechend eisig fällt das erste Zusammentreffen zwischen ihm und Annabelle aus. Und dementsprechend umerfreut ist er, als er sie nur kurze Zeit später schlafend auf dem Lesesessel in seiner eigenen Bibliothek vorfindet.

Meine Meinung:
Hach ja. Also, wo fange ich an. Es war so schön. Wirklich so so schön.
„Die Rebellinnen von Oxford - Verwegen“ ist eine historische Enemies-to-lovers-Romanze á la Stolz und Vorurteil, nur ein bisschen expliziter. Aber neben der Romantik, gibt es so viele andere wichtige Aspekte, in denen sich die Geschichte maßgeblich von anderen Büchern ihres Genres abhebt. Man spürt auf jeder Seite, dass Evie Dunmore sich Mühe gibt, ihrem Romanstoff einen feministischen Anstrich zu verpassen. Und das gelingt ihr auch. Annabelle, Lucy und die anderen Suffragistinnen sind starke Frauenfiguren, die sich gegen die Konventionen ihrer Zeit stellen und sich gegenseitig Freundschaft und Unterstützung bieten. Diese Szenen, in denen man den Zusammenhalt zwischen den Frauen gespürt hat, haben mir besonders gut gefallen.
Natürlich nimmt darüber hinaus die Liebesgeschichte von Annabelle und Sebastian den meisten Raum im Buch ein. Und Evie Dunmore ist hier wirklich eine wunderschöne Liebesgeschichte gelungen. Annabelle und Sebastian führen kluge Gespräche, die verbalen Auseinandersetzungen zwischen ihnen spielen sich auf einer gemeinsamen Augenhöhe ab und sind amüsant zu lesen.
Annabelle ist unabhängig, leidenschaftlich und gebildet. Manchmal auch hitzköpfig. Mit Sebastian hat es die Autorin geschafft, einen Helden zu schreiben, der trotz seines aristokratischen Standes und seiner politischen Verpflichtungen, niemals herablassend wirkt. Wie bereits angedeutet, erinnert die Geschichte in ihren Grundzügen an „Stolz und Vorurteil.“ Die Beziehung zwischen Annabelle und dem Herzog entwickelt sich langsam aber stetig. Es gibt eine Menge sehr klassisch romantischer Szenen, die Evie Dunmore umsetzt, ohne dabei in Kitsch abzudriften.
Der Schreibstil ließt sich fantastisch. Nicht gestelzt historisch, aber auch nicht zu modern. Viele der Nebencharaktere sind mir ans Herz gewachsen. Oxford ist ein traumhaftes Setting und die Universität ein Ort, an den ich noch selten in Büchern gereist bin. An dieser Stelle möchte ich noch erwähnen, dass Annabelles Studium an sich in der Geschichte eine eher untergeordnete Rolle spielt. Ihr Alltag als Studentin wird verhältnismäßig wenig erzählt. Mich persönlich hat das allerdings überhaupt nicht gestört. Dafür spielt die politische Situation und der Kampf der der Suffragistinnen eine tragende Rolle. Am Ende ist und bleibt die Geschichte außerdem ein Liebesroman.

Fazit:
Ich bin restlos begeistert von diesem Buch. Evie Dunmore hat sich damit in mein Liebesroman-Herz geschrieben. Ich freue mich wahnsinnig auf die Folgebände der Reihe, in denen wir weitere Suffragistinnen auf ihrem jeweiligen Weg zum Liebesglück begleiten dürfen und werde mit Sicherheit jeden davon lesen.

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