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Veröffentlicht am 14.07.2021

Eine Kindheit in den Siebzigern

Die Kinder hören Pink Floyd
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Der Blick eines zehnjährigen Jungen auf ein sehr westdeutsches Jahr 1976. Wohlhabend und auch relativ wohlbehütet lebt der namenlose Ich-Erzähler mit seiner Familie in Meerbusch-Büderich, gegenüber von ...

Der Blick eines zehnjährigen Jungen auf ein sehr westdeutsches Jahr 1976. Wohlhabend und auch relativ wohlbehütet lebt der namenlose Ich-Erzähler mit seiner Familie in Meerbusch-Büderich, gegenüber von Düsseldorf. Die Geschichte ist vom Autor durchaus autobiographisch angelegt und somit von der eigenen Familiengeschichte Alexander Gorkows inspiriert.
Die große Schwester ist unglaublich cool, Pink Floyd-Fan und herzkrank. So gelassen wie sie mit der Herzkrankheit umgeht, so wie sie es versteht den Vater auf eigentlich harmlose Art und Weise zu provozieren, so wie sie mit dem viel jüngeren Bruder umgeht – ich weiß garnicht, ob ich lieber so wäre wie sie oder sie doch lieber als große Schwester hätte, wenn ich denn nochmal so jung wäre und die Wahl hätte
Die Eltern rauchen Kette und erinnerten mich bei ihren leicht absurden Dialogen oft an Loriot-Sketche. Auch sie ziemlich cool und tolerant gegenüber den Kinder.
Insgesamt also – bis auf die unterschwellige Bedrohung durch die Herzkrankheit der Schwester – ein recht harmonisches Familienleben. Zu kämpfen hat der Junge dennoch: in der Schule, mit seinen Mitschülern, mit dem Stottern.
Erzählt werden eher kleine Anekdoten als eine fortlaufende Handlung, wobei sich die Musik von Pink Floyd wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Überhaupt liegt der Fokus auf der Szenerie und der Stimmung: ein dörfliches Leben in Großstadtnähe, die Endsiebziger Jahre ... alles sehr lebendig beschrieben. Mir hat das sehr gut gefallen.

Veröffentlicht am 24.06.2021

Mischung aus Drama und Leichtigkeit

Mittagsstunde
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Ich habe mich anfangs schwer mit „Mittagsstunde“ getan, bin nicht richtig rein gekommen in das Buch. Aber dann hat es mich irgendwann gepackt – dieses spröde norddeutsche Dorf, diese ungewöhnliche Familiengeschichte, ...

Ich habe mich anfangs schwer mit „Mittagsstunde“ getan, bin nicht richtig rein gekommen in das Buch. Aber dann hat es mich irgendwann gepackt – dieses spröde norddeutsche Dorf, diese ungewöhnliche Familiengeschichte, diese aus der Zeit gefallene WG. Mit all ihren Verflechtungen und Geheimnissen. Alle Personen nicht direkt liebenswert, aber ans Herz wachsend. Wie schon bei „Altes Land“ eine gute Mischung aus Drama und Leichtigkeit, Witz. Ich fand es abwechslungsreich, gut erzählt.

Veröffentlicht am 07.06.2021

Themen der Zeit

Über Menschen
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Juli Zehs neuer Roman „Über Menschen“ hat einige Bezüge zum großen Erfolg „Unterleuten“, ist aber keine Fortsetzung, sondern ein komplett eigenständiger Roman mit komplett anderem Personal. Gemeinsam haben ...

Juli Zehs neuer Roman „Über Menschen“ hat einige Bezüge zum großen Erfolg „Unterleuten“, ist aber keine Fortsetzung, sondern ein komplett eigenständiger Roman mit komplett anderem Personal. Gemeinsam haben beide Romane das Aufeinandertreffen von Städtern und Dorfgemeinschaft. Die Mittdreißigerin Dora zieht eher zufällig von Berlin in das Dorf Bracken in Brandenburg. Dort trifft sie auf recht unterschiedliche Dorfbewohner – insbesondere auf den direkten Nachbarn und selbsterklärten 'Dorf-Nazi' Gote und seine Tochter Franzi. Gote, aber auch die anderen Dorfbewohner, sind interessant, komplex und ohne Klischee gezeichnet. Ein Kontrast zu Doras überzeichnet (und etwas zu ausführlich) dargestellte Berliner (Ex-)Freund und 'Gutmensch' Robert. Dabei stellt der Roman die Narrative von gut und böse etwas auf den Kopf - niemand kommt hier richtig gut weg, gleichzeitig gibt es aber auch niemand, der ausschließlich negativ dargestellt wird. Schwarz und weiß und einfache Antworten gibt es im echten Leben halt meist nicht. Diese Komplexität unserer Realität greift die Autorin neben den Charakteren auch mit den Themen der Zeit auf: Klimakrise, Rassismus und jetzt auch noch Corona. All diese Themen beschäftigen Dora nicht erst seit ihrem Umzug und sie lässt die Lesenden an ihren Gedanken teilhaben.
Antworten gibt der Roman nicht, aber vielleicht die Anregung, anderen zuzuhören und die Welt komplexer wahrzunehmen, als sie in unseren Blasen oft wirkt.
So fand ich das Buch auch nicht verharmlosend oder ähnliches, sondern zum Nachdenken und Reflektieren anregend.

Veröffentlicht am 31.05.2021

Leben in den Bergen

Echo Mountain
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Empfohlen ab 11 Jahren

In Echo Mountain begleitet der Lesende die 12-jährige Ellie, die in der Weltwirtschaftskrise 1933 mit ihrer Familie aus finanziellen Gründen von der Stadt in die Berge von Maine/USA ...

Empfohlen ab 11 Jahren

In Echo Mountain begleitet der Lesende die 12-jährige Ellie, die in der Weltwirtschaftskrise 1933 mit ihrer Familie aus finanziellen Gründen von der Stadt in die Berge von Maine/USA umsiedeln muss, wo die Familie dann als Selbstversorger lebt.

Ellie ist ein sehr selbständiges und dabei emphatisches Mädchen, das gerne und bewusst in der Wildnis lebt. Sie lebt in einem Einklang mit der Natur, die sich der moderne Städter kaum vorstellen kann. So tötet sie zwar Tiere, um die Familie zu ernähren, ist sich des Akt des Tötens aber immer bewusst.
Das finde ich gut und altersgerecht erzählt.

In der zweiten Hälfte werden dann Heilungsprozesse beschrieben. Das war mir etwas zu lang. Aber auch hier ein starker Bezug auf ein naturbezogenes Leben des Menschen, was es doch stimmig machte.

Lauren Wolk schreibt durchaus anspruchsvoller als manch andere Kinder- und Jugendautorin. Dazu vor allem im ersten Teil oft poetisch angehauchte Stellen und Bilder.
Als Erwachsene habe ich das Buch gerne gelesen – hoffentlich gefällt es auch den jungen Lesern!

Veröffentlicht am 31.05.2021

Die DDR und die weite Welt

Katzensprung
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Episodenhaft erzählt Uwe Preuss in diesem Roman aus seinem Leben und seiner Familiengeschichte. Wo dabei Reales endet und Fiktives beginnt, bleibt wohl sein Geheimnis – was auch ok ist finde ich. Die Geschichten ...

Episodenhaft erzählt Uwe Preuss in diesem Roman aus seinem Leben und seiner Familiengeschichte. Wo dabei Reales endet und Fiktives beginnt, bleibt wohl sein Geheimnis – was auch ok ist finde ich. Die Geschichten bieten Einblick in ein Leben zwischen DDR, (West-)Berlin und der weiten Welt. Ein oft unstetes, ungewöhnliches, aufregendes Leben. Die Sprache wirkt oft getrieben: atemlos mit Kürzestsätze, oft sprunghaft. Aber auch unaufgeregt und oftmals sehr ruhig erzählt.
Ich fand es durchaus interessant. Wenn man sich für ungewöhnliche DDR-Biographien interessiert, ist das hier ein sehr empfehlenswerter Roman.