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Veröffentlicht am 16.04.2017

Frau Freitag mal als Schülerin!

Man lernt nie aus, Frau Freitag!
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Frau Freitag ist Lehrerin mit Leib und Seele. Jetzt hat sie ein Sabbatjahr eingelegt und möchte in dieser Zeit „mal schnell“ den Führerschein machen. Das kann ja kein Problem sein, denkt sie, und wundert ...

Frau Freitag ist Lehrerin mit Leib und Seele. Jetzt hat sie ein Sabbatjahr eingelegt und möchte in dieser Zeit „mal schnell“ den Führerschein machen. Das kann ja kein Problem sein, denkt sie, und wundert sich, dass ihr alle sagen, dass in ihrem Alter da einiges an Stunden zusammenkommt, wenn sie es denn überhaupt schafft. Frau Freitag findet, mit Ende 40 ist man noch lange nicht alt und stürzt sich in das Abenteuer Führerschein. Dabei lernt sie über sich selbst eine Menge, das sie erstaunt …

Die Bücher von Frau Freitag liebe ich – sie sind so herrlich erfrischend, selbst wenn es um schwierige Situationen geht. Auf unterhaltsame Weise lernt man da immer selbst noch dazu, so ganz nebenbei. Frau Freitag hat auch einen Blog, auf dem all das auch zu finden ist, aber ich mag Blogs nicht und die Bücher haben den Vorteil, dass hier alles „sortiert“ in kompakter Version versammelt ist.

Dies ist mein erstes Hörbuch von Frau Freitag und ich muss sagen: genial! Cathlen Gawlich gibt Frau Freitags Worten genau den Klang und die Betonung, die ich im Kopfkino habe. Es ist klasse, ihr bei der normalen Beschäftigung zuzuhören. Mir ist jetzt sehr danach, die anderen Bücher von Frau Freitag ebenfalls alle noch einmal als Hörbuch zu genießen!

Auch wenn ich selbst meinen Führerschein im Blitztempo mit 17 gemacht habe, war für mich Frau Freitags Erlebnis mit vielen Erinnerungen verbunden. Fahrlehrer können schon ganz schön schräg sein! Die Tücken vom Erste-Hilfe-Kurs bis zu den im Stress missverständlichen Fragen in der theoretischen Prüfung, die Nervosität bei der Prüfung, die Euphorie bei den Fahrstunden – all das kenne auch ich, wenn auch von einer komplett anderen Warte aus. Waren meine Testbögen noch aus Papier, ebenso die Prüfungsbögen, erlebt Frau Freitag all das in moderner Version mit technischer Unterstützung und ausgedruckter Auswertung.

Die Floskeln „Frau Dienstag“ und „der Freund“ machen die engere Umgebung von Frau Freitag recht anonym, wie gewohnt. Nur die Personen im weiteren Umfeld, also beispielsweise die Fahrlehrer und Mit-Fahrschüler, haben Vornamen. Das ist einer der vielen kleinen Punkte, die Frau Freitags Bücher so charmant machen. Es gibt immer wieder Stellen, an denen man einfach extrem breit grinsen oder auch laut herauslachen muss, aber auch eine Menge Stellen, die ein wenig nachdenklich machen. Genau diese Stellen finde ich jedoch besonders schön. Und Frau Freitag schafft es, der ganzen Story auch noch die exakt richtig dosierte Portion Spannung zu geben.

Kurz und gut: Frau Freitag hat mich schon wieder überzeugt! Ich hätte nicht gedacht, dass es möglich ist, über so viele Bände so witzig zu bleiben, ohne sich selbst zu imitieren. Wunderbar! Das hat ganz eindeutig die vollen fünf Sterne verdient!

Veröffentlicht am 08.04.2017

Das Leben eines Findelkindes

Sturmhöhe - Wuthering Heights
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Das Findelkind Heathcliff findet auf Wuthering Heights ein neues Zuhause. Der Tod des Vaters löst in Cathys Bruder Hindley schlechte Seiten aus und Cathy und Heathcliff leiden sehr unter ihm. Hindley wird ...

Das Findelkind Heathcliff findet auf Wuthering Heights ein neues Zuhause. Der Tod des Vaters löst in Cathys Bruder Hindley schlechte Seiten aus und Cathy und Heathcliff leiden sehr unter ihm. Hindley wird nach dem Tod seiner Frau zum Spieler und Trinker und vernachlässigt alles, sogar seinen Sohn Hareton. Um diesem Leben zu entkommen, heiratet Cathy den wohlhabenden Nachbarn Edgar Linton, obwohl zwischen ihr und Heathcliff starke Gefühle gewachsen sind. Diese Faktoren lassen Heathcliff zu einer Art Monster werden und er spielt seine Macht, die er im Laufe der Zeit erlangt, extrem aus.

Die Geschichte wird dem jungen Gentleman Mr. Lockwood, der sich in Thrushcross Grange, das an Heathcliff gefallen ist, eingemietet hat, von der Haushälterin Nelly Dean erzählt.

Die Geschichte um den Roman selbst ist ebenso spannend, wie „Sturmhöhe“ selbst. Wenn man sich vor Augen führt, wie schwer es Frauen zu dieser Zeit hatten, wundert es nicht, dass es ein Skandal war, als herauskam, dass der Roman von einer Frau geschrieben war (er erschien unter einem männlichen Pseudonym). Mich persönlich hat sehr betroffen gemacht, wie sehr alle Frauen in diesem Roman litten und wie wenig sie wertgeschätzt wurden. Gleichzeitig bin ich immer wieder erstaunt, wie großartig Emily Brontë die Geschichte gewebt hat.

Die Erzählweise (zwei Erzähler, eine Frau und ein Mann) ist großartig gewählt und im Hörbuch sehr schön umgesetzt. Mir gefällt Beate Rysopp als Nelly Dean sehr gut und Wolfgang Berger verkörpert mit seiner angenehmen Stimme den wohlhabenden Gentleman sehr gut. Die durchgehend düstere Stimmung mit nur wenigen frohen Momenten für die weiblichen Protagonisten, die extreme Boshaftigkeit der meisten männlichen Charaktere und das sich aufbauende Unheil bewegen sehr. Schön ist das nicht, doch ist es eben der Roman, der das so vorsieht. Die beiden Sprecher haben ihn mit ihren Stimmen und der Sprachmelodie hervorragend lebendig werden lassen.

Insgesamt 890 Minuten fordern vom Hörer viel – eben aufgrund des düsteren Geschehens. Dieser Klassiker ist traurig und schaurig, aber perfekt umgesetzt. Das wird von mir mit den vollen fünf Sternen belohnt.

Veröffentlicht am 07.04.2017

Gefährliche Geheimnisse

The Couple Next Door
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Anne und Marco sind seit einem halben Jahr stolze Eltern. Die Nachbarn haben sie eingeladen, möchten aber nicht, dass sie Cora mitbringen. Als der Babysitter kurzfristig absagt, möchte Anne nicht zu Cynthia ...

Anne und Marco sind seit einem halben Jahr stolze Eltern. Die Nachbarn haben sie eingeladen, möchten aber nicht, dass sie Cora mitbringen. Als der Babysitter kurzfristig absagt, möchte Anne nicht zu Cynthia und Graham gehen, aber Marco findet, mit dem Babyphone und wenn sie alle halbe Stunde abwechselnd nach Cora sehen, geht das schon. Es ist ja nur ein Haus weiter. Um Mitternacht ist auch noch alles bestens, aber als die beiden nach Hause gehen, finden sie die Haustür offen vor und von Cora keine Spur. Annes Depressionen machen ihr nun Angst – hat sie ihrer Tochter etwas angetan und erinnert sich nicht mehr daran? Will Marco sie nur vor dem Gefängnis schützen? Gibt es einen echten Entführer? Immerhin hat sie sehr reiche Eltern. Detective Rasbach hat schnell eine ganz eigene Theorie …

Mich hat der Anfang des Thillers unheimlich an den Fall Maddie erinnert. Will ich Anne und Marco verurteilen, weil sie ihr Baby allein gelassen haben? Ich tendiere zu „nein“, denn eine Tür nebenan oder ein anderes Stockwerk kann so viel nicht ausmachen. Aber mein Herz sagt schon, dass ich mein Kind nie hätte allein gelassen, auch wenn das keine Garantie gewesen wäre, dass Cora nicht entführt worden wäre. Das Miträtseln, wer und vor allem warum das Kind entführt hat, war sehr spannend. Alle hätten ein Motiv und vor allem die Möglichkeit gehabt. Nach und nach kommen immer mehr Details dazu, die zu beängstigenden Wendungen führen und die Spannung immer mehr nach oben schrauben. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, wie genial Shari Lapena der Handlung immer wieder neue Richtungen gab, ohne unglaubwürdig zu werden.

Die Figuren sind wunderbar aufgebaut. Einzig Graham bleibt ein bisschen blass. Sehr viel arbeitet die Autorin mit Andeutungen, die im Leser dann anwachsen und ein Bild ergeben. Das ist wunderbar gelungen und wirkt erstaunlich gut. Der Stil ist der Handlung angepasst, sodass man das Buch kaum aus den Händen legen kann und jede Seite ein echter Lesegenuss ist. Alles ist logisch und in sich stimmig aufgebaut. Die Ängste und Gedanken von Anne und Marco sind für mich absolut nachvollziehbar und ihre Handlungen entsprechend ebenfalls. Ihre Geheimnisse voreinander und vor anderen ziehen erschreckende Folgen nach sich und genau dies ist für mich der besondere Thrill der Story. Das regt definitiv zum Nachdenken an.

Mir gefällt auch, dass hier nicht wieder einmal endlos viele Erzählstränge miteinander verwoben werden. Die Geschichte ist ziemlich geradlinig und überrascht mit einigen, meiner Meinung nach genialen, Wendungen. Auch ist hier nicht die Ermittlungsarbeit der Polizei im Fokus, sondern die Suche der Familie nach Cora. Mir persönlich hat das sehr gut gefallen.

Ich habe den Thriller sehr genossen. So macht Lesen Spaß. Eine klare Sprache, keine verbalen Verrenkungen und eine Geschichte, die unter die Haut geht. Ich gebe aus Überzeugung die vollen fünf Sterne!

Veröffentlicht am 03.04.2017

Im Garten wächst viel: Pflanzen, Freundschaften, Liebe und Vertrauen

Gegen Liebe ist kein Kraut gewachsen
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Lilian hat vor vier Jahren ihren Mann bei einem tragischen Unfall verloren. Er war die Liebe ihres Lebens und sein Tod hat sie komplett aus der Bahn geworfen. Ihre Schwester Rachel war die größte Hilfe ...

Lilian hat vor vier Jahren ihren Mann bei einem tragischen Unfall verloren. Er war die Liebe ihres Lebens und sein Tod hat sie komplett aus der Bahn geworfen. Ihre Schwester Rachel war die größte Hilfe in dieser schweren Zeit. Die Kinder Claire und Annabel gehen auf ihre eigene Weise mit dem Schmerz um. Beruflich wird Lilian dann dazu verdonnert, an einem Garten-Workshop teilzunehmen. Was der so neben Pflanzenwissen noch so alles für sie zu bieten hat, überrascht sie komplett und verändert ihr komplettes Leben und die Sicht auf die Dinge.

Trauer ist eine absolut individuelle Sache. Es gibt keinen echten Rat, keinen „Fahrplan“. Man muss für sich selbst herausfinden, wie man damit umgeht. Doch manchmal merkt man gar nicht, dass man vergisst, dass auch andere trauern. So wundert es nicht, wenn es hier und da mal zu erstaunlichen Auseinandersetzungen kommt.

Lilian ist eine grundsympathische Frau Mitte dreißig und überspielt mit viel Humor, wie verletzlich und zerbrechlich sie ist. Sie möchte ihre beiden Töchter nicht mit ihrer Trauer belasten und kämpft sich, so gut es geht, allein von Tag zu Tag. Der Workshop in freier Natur verläuft dann ganz anders, als sie sich das vorgestellt hatte. Sie lernt völlig unterschiedliche Menschen kennen, bildet sich eine Meinung über sie und erkennt, dass man sich sehr stark irren kann. Dabei ist sie nie überheblich, sondern bleibt eine Frau, die man gern zur Freundin hätte. Auch die beiden Töchter könnte ich glatt adoptieren! Eine Traumfamilie! Klingt nach total kitschigem Roman? Ist es aber nicht! Es ist kaum zu beschreiben, wie frisch und witzig, spritzig und unterhaltsam dieser Roman trotz der Thematik und dem gesamten Verlauf ist.

Abbi Waxman hat mir tolle Lesestunden geschenkt und obwohl ich mehr im Genre Krimi und Thriller zu Hause bin, habe ich mich mit dem Buch super wohl gefühlt und wurde bestens unterhalten. Man überlegt beim Lesen schon, wie eingefahren man selbst in seinem Denken und Handeln ist und nimmt sich vor, ein wenig mehr darauf zu achten. Doch auch wenn das jetzt so nach erhobenem Zeigefinger klingt – dem ist nicht so. Das Buch ist leichte Kost, die dennoch tief unter die Haut geht. Dass es kaum unsympathische Figuren gibt, mag ungewöhnlich sein, dennoch ist das Buch in sich rund und stimmig. Konflikte gibt es genug, da darf ein Buch auch mal etwas positiver sein.

Zwischen den Kapiteln finden sich Gartentipps. Diese sind nett, aber meiner Meinung nach nicht so wirklich brauchbar oder hilfreich. Aber die Idee ist schön – ich mag auch gerne Rezepte in Romanen und Krimis. Einfach ein wenig Mehr.

Für die Lesefreude und die gelungene Story rund um das Thema Trauerbewältigung und Liebe gebe ich sehr gerne die vollen fünf Sterne.

Veröffentlicht am 01.04.2017

Wer ist Julie?

Good as Gone
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Jane muss mit ansehen, wie ihre 13-jährige Schwester Julie entführt wird. Alle Bemühungen der Polizei bleiben erfolglos, auch die verzweifelten Aktionen der Eltern fruchten nicht. Doch dann, völlig unerwartet, ...

Jane muss mit ansehen, wie ihre 13-jährige Schwester Julie entführt wird. Alle Bemühungen der Polizei bleiben erfolglos, auch die verzweifelten Aktionen der Eltern fruchten nicht. Doch dann, völlig unerwartet, taucht Julie auf: nach acht Jahren! Die Familie ist überglücklich, doch dann verstrickt sich Julie in immer mehr Widersprüche und ihre Mutter Anna macht sich mithilfe eines ehemaligen Polizisten auf die Suche nach der Wahrheit ...

Die Story ist sehr schlüssig und spannend aufgebaut. Die Familie Whitaker ist grundsympathisch und ihr Schicksal geht mir sofort unter die Haut. Besonders Mutter Anne ist eine starke Frau und ihre Versuche, die Familie und das Leben, das sie kannte, aufrechtzuerhalten, sind beeindruckend. Gleichzeitig sind ihre Angst und ihr Schmerz immer spürbar. Während Anna nach und nach kleine Puzzleteilchen zusammenfügt, lernt der Leser quasi rückwärts alle Personen, in die sich Julie verwandelt hat, kennen. Dabei wird man stets hin- und hergerissen zwischen Entsetzen und unfassbarem Mitleid, bis zum Showdown, der eine überraschende, aber stimmige und überzeugende Auflösung mitbringt.

Mir haben die Figuren sehr gut gefallen – und zwar durchweg alle, auch die unsympathischen. Sie sind logisch und stimmig aufgebaut, wodurch eine große Authentizität entsteht. Amy Gentry füttert den Leser mit gerade eben so viel Information, wie dieser braucht, um interessiert zu bleiben. Die Spannung war für mich von Anfang an da, sodass ich das Hörbuch tatsächlich an einem Stück gehört habe, die ganzen 7,5 Stunden – das habe ich bisher noch bei keinem Hörbuch getan. Mir fallen Schlagworte wie mitreißend, faszinierend, unwiderstehlich und vielschichtig ein, wenn ich das Buch beschreiben soll. Es hat mir definitiv extrem gut gefallen.

Religion wird im Laufe der Handlung zu einem wichtigen Thema. Zunächst hat mich das befremdet und auch gestört, doch dann erklärte sich dieser Punkt sehr schlüssig und logisch und mir wurde ganz anders – doch warum, kann ich leider nicht darlegen, da ich nicht spoilern möchte.

Gelesen wird das Hörbuch von Anna und Nellie Thalbach. Während Anna Thalbach betont emotional liest, die Wut und Angst von Anna Whitaker damit auf den Punkt bringt, liest Nellie Thalbach sehr sanft und leise. Das hat mich anfangs, nein, eigentlich bis fast zum Ende, sehr gestört, doch nach dem letzten Satz habe ich es verstanden und muss gestehen: genau so war es richtig gelesen!

Fazit: ich bin restlos begeistert von der Story und den beiden Sprecherinnen. Die Stellen, an denen ich stutzig wurde, haben sich alle am Ende erklärt, ohne dass ich das Gefühl hatte, die Autorin habe mit Gewalt eine Lösung konstruiert. Alles passt ineinander. Ganz großes Kino – und ich hoffe, diese Autorin schafft noch weitere solche Werke! Von mir ganz klar die vollen fünf Sterne.