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Veröffentlicht am 01.11.2021

Die Übersetzerin

Die Übersetzerin
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"Die Übersetzerin" von Jenny Lecoat, von Anke Kreutzer aus dem Englischen übersetzt, im Original "Hedy's War", erschien (HC, 2021) im Lübbe-Verlag.


Jersey, Sommer 1940:


Die Jüdin Hedwig Bercu (genannt ...

"Die Übersetzerin" von Jenny Lecoat, von Anke Kreutzer aus dem Englischen übersetzt, im Original "Hedy's War", erschien (HC, 2021) im Lübbe-Verlag.


Jersey, Sommer 1940:


Die Jüdin Hedwig Bercu (genannt Hedy) floh kurz vor dem Anschlüss Österreichs an Nazideutschland nach Jersey, um sich bald darauf auf der von den Deutschen 1940 besetzten Insel wiederzufinden... Nach Jersey ist sie mit Anton, einem Freund geflohen und beide versuchen, auf der Insel zu überleben.

Im Falle von Hedy ist dies ein gefährliches Unterfangen: Sie ist als Jüdin nicht vor den Progromen der Nazis sicher und bekommt auf legalem Wege keine Arbeit mehr. Anton entdeckt eines Tages eine Anzeige, die auf eine Stelle im deutschen Lager als Übersetzerin hinweist und fragt Hedy, ob sie sich nicht für die Stelle bewerben will: Hedy bekommt die Stelle, da sie fließend Englisch und Deutsch spricht, aber zu einem hohen Preis, denn ihre Seele verabscheut den Krieg und die Nationalsozialisten....


Durch ihre neue Arbeit lernt sie den Offizier Kurt Neumann kennen, der ihr anders erscheint als die verhassten Deutschen. Auch Kurt findet die junge Frau sehr sympathisch und sollte sich später in sie verlieben: Wird diese Liebe zwischen einer Jüdin und einem Soldaten der deutschen Wehrmacht durch die Zeit des 2. Weltkriegs bestehen bleiben können oder reißt es die beiden Liebenden auseinander?


Jenny Lecoat, selbst auf Jersey aufgewachsen, stellt das Kennenlernen und die Anfänge der Beziehung zwischen Hedy und Kurt in den Mittelpunkt des Romans, der auf einer wahren Begebenheit beruht. Sie fängt die Atmosphäre in dieser schweren Zeit bei den Insulanern und den wenigen Juden, die sich dort zuvor sicher wähnten, sehr gut ein und mit dem weiteren Kriegsverlauf auch die Veränderungen auf der Insel: Spielten früher lachende Kinder am Strand, so werden nun (von Zwangsarbeitern) Befestigungsanlagen gebaut. Es gibt kaum Nahrung und die Bevölkerung leidet Hunger; viele sind auch zuvor von der Insel zu Verwandten oder Freunden nach England gegangen, da klar war, dass die Nahrung knapp wird und das Überleben schwer.


Bevor der Freund Hedys eingezogen wird, lernt man noch Dorothea kennen; die er kurz vor dem Abschied heiratet: Dorothea scheint anfangs recht naiv und plappert drauflos, ohne nachzudenken, wobei später eine mutige und entschlossene Frau zu erkennen ist, die Hedy hilft, in dem sie sie bei sich aufnimmt. (Dorothea Weber, geb. Le Brocq, ist eine authentische Figur in Jenny Lecoat's Roman, die den "Status einer Gerechten unter den Völkern" in der Gedenkstätte Jad Vashem, Israel innehat). Auch Hedy ist auf ihre Weise sehr mutig und zweigt auf der Arbeit Coupons ab, die sie einem Arzt gibt, um zu helfen. Diese Taten sind für sie ein kleiner Ausgleich der Gerechtigkeit, von den Coupons kann auch sie sich Essen auf dem Schwarzmarkt kaufen und so einen kleinen Sieg über die Nazis erringen. Der Stil der Autorin ist flüssig zu lesen; atmosphärisch und emotional; auch die Bedrohung und die Furcht vor Entdeckung ist authentisch dargestellt; die sympathischen Figuren werden gut ausgeleuchtet.


Das Hauptthema des Romans ist jedoch die schwierige Liebesbeziehung zwischen Hedy und Kurt, die breiten Raum einnimmt. Die Gefühle beider werden sehr authentisch und bewegend beschrieben. Auch Zeitgeschichtliches wie der Eintritt der USA in den 2. Weltkrieg oder die Rede Churchills werden genannt; wie überall werden auch auf Jersey die Radiogeräte von den Nazis konfisziert, um sicherzustellen, dass die Bevölkerung keine "Feindsender" hört (wobei sie jedoch nicht wussten, dass so manches dennoch gottlob auf einem zweiten Gerät durchaus gehört werden konnte).


Die Angst vor Entdeckung versteckt sich unter der gesamten Handlung; besonders durch den Gestapo-Mann Wildgrube, der Kurt im Visier hat: Die beiden Liebenden müssen immer einen Schritt schneller sein und Verstecke finden, wo man Hedy unmöglich finden kann. So atmet man mit Hedy auf, als das Kriegsgeschehen sich wendet und die Kanalinseln befreit werden, die Deutschen abziehen müssen bzw. in Kriegsgefangenenlager überstellt werden.

Der Epilog ist ein Hoffnungsschimmer, der die Zukunft von Hedy und Kurt begleitet; "sie würden es schaffen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen, zu neuen Ufern aufzubrechen und Abenteuer zu erleben" (Zitat S. 316).


Fazit:


Historisches Zeitgeschehen und eine unmöglich erscheinende Liebesgeschichte in der Zeit der Besatzung von Nazideutschland im 2. Weltkrieg mit einer authentischen Figur auf der Kanalinsel Jersey, der für LeserInnen sehr empfehlenswert ist, die Historisches bevorzugen und auch darin verwobene Liebesgeschichten mögen, die hier im Vordergrund steht. Ich vergebe 4 Sterne und eine klare Leseempfehlung.


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Veröffentlicht am 15.09.2021

Geheimnisse auf der Insel Skye

Das Geheimnis der Hyazinthen
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Geheimnisse auf der Isle of Skye

Der Roman "Das Geheimnis der Hyazinthen" von Claudia Romes erschien (tb, 2021) im Aufbau-Verlag und hat zwei unterhaltsame Liebesgeschichten, Geheimnisse um den verwilderten ...

Geheimnisse auf der Isle of Skye

Der Roman "Das Geheimnis der Hyazinthen" von Claudia Romes erschien (tb, 2021) im Aufbau-Verlag und hat zwei unterhaltsame Liebesgeschichten, Geheimnisse um den verwilderten Garten eines Cottages auf der schottischen Isle of Skye sowie einige andere Themen mehr zum Inhalt.

Lilly Warren, Anfang 30, lebt in Edinburgh und pflegt ihre schwer an Krebs erkrankte Mutter, obgleich sie drei Jobs gleichzeitig hat, um über die Runden zu kommen. Sie hat ein sehr innigliches und herzliches Verhältnis zu ihrer Mutter Iris, die sehr wohl mitbekommt, wie Lilly mittlerweile am Rande ihrer Kraft ist, obgleich Iris seit Kurzem in einem Pflegeheim umsorgt wird. Iris würde sehr gerne noch einmal die Blüte einer sehr seltenen Hyazinthe sehen, die damals in ihrem Cottage in Portree, Isle of Skye in ihrem Garten stand und bittet Lilly, nach Portree zu fahren und die Pflanze mitzubringen. Nach einigem Zögern (allzu verständlich, denn wer lässt gerne einen todkranken geliebten Menschen alleine, entfernt sich von ihm) willigt die Tochter ein und begibt sich auf den Weg auf die Insel, in der sie ihre ersten Lebensjahre verbrachte: Sie findet ein recht verwildertes Cottage vor und stellt fest, dass Liam McTavish, der Sohn des Besitzers einer großen Destillerie und ihr seit Kindheitstagen eher verhasst, da er ein Schnösel war, darin wohnt. Liam bietet ihr seine Hilfe an und so machen sich beide gemeinsam auf die Suche nach der seltenen Hyazinthe:

Wird es ihnen gelingen, sie zu finden und war es maßgeblich der einzige Wunsch von Iris - oder steckte womöglich mehr hinter der Reise nach Portree, auf die sie ihre Tochter Lilly schickte?

Das muss der geneigte Leser selbst herausfinden und stellt dabei fest, dass es hier um ein Familiengeheimnis geht, das in der Vergangenheit liegt und von Iris zeitlebens gehütet wurde. Trotz gegensätzlicher Herkunftsgeschichten stellt Lilly fest, dass Liam sich doch positiv verändert hat und lernt Di, eine damalige Freundin ihrer Mutter kennen, die ihr einen guten und wegweisenden Rat gibt....

Lilly, Iris und Liam sind sympathisch gezeichnete Figuren; auch Di hat mir sehr gut gefallen, da sie Iris eine gute Freundin war im "Sommer ihres Lebens", 1986. In diesem Jahr spielt eine der zwei Liebesgeschichten; in der Gegenwart die von Lilly und Liam. Manches ist zwar vorhersehbar, jedoch schmälert dies die Lesefreude nicht: Der Roman, der mit einem Epilog schließt, ist sehr flüssig geschrieben und leuchtet die einzelnen Charaktere gut aus. Die Themen sind recht vielfältig und das wunderschöne Setting auf der schottischen Insel Skye ist natürlich gut gewählt.

Fazit:

Ein schöner Liebesroman, atmosphärisch und nicht ins Triviale abgleitend, um Glück, die Liebe, aber auch Krankheit, um Familiengeheimnisse, um zu sich selbst finden und über Menschen, die "einen zum Blühen bringen" (was ich besonders schön fand), ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Auch die Zeit als unser kostbarstes Gut spielt eine Rolle und die Liebe zur Natur. Von mir erhält dieser lesenswerte Frauen- und Beziehungsroman 4* und eine Empfehlung an alle, die diese Themen lieben.

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Veröffentlicht am 13.08.2021

Wundervoll erzählte Geschichte um eine schüchterne Bibliothekarin

Die letzte Bibliothek der Welt
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Wundervoll erzählte Geschichte um eine schüchterne Bibliothekarin

"Die letzte Bibliothek der Welt" von Freya Sampson erschien (HC, gebunden, 365 Seiten) bei Dumont, August 2021 und ist eine herzerwärmende ...

Wundervoll erzählte Geschichte um eine schüchterne Bibliothekarin

"Die letzte Bibliothek der Welt" von Freya Sampson erschien (HC, gebunden, 365 Seiten) bei Dumont, August 2021 und ist eine herzerwärmende Geschichte um die etwas schüchterne Bibliothekarin June Jones im kleinen englischen Dorf Chalcot. Als das Weiterbestehen der Bibliothek durch die Kreisverwaltung Sparmaßnahmen zum Opfer fallen soll, ist nicht nur June auf den Plan gerufen:

June Jones, die bereits als Kind die Bibliothek und vor allem die Bücher sehr liebte, besuchte diese gemeinsam mit ihrer Mutter Beverley mehrmals die Woche. Später arbeitete sie ebenfalls in der Bibliothek von Chalcot. Seit ihre Mutter vor 8 Jahren starb, widmet sich June leidenschaftlich nach wie vor ihrer Arbeit und den Menschen, die sie in der Bibliothek fast täglich antrifft. Außerhalb der Arbeit bleibt sie jedoch lieber für sich und teilt ihre freie Zeit am liebsten mit ihren Romanen und ihrem Kater "Alan Bennett" (den Namen fand ich übrigens köstlich, den Kater auch).

June ist sehr schüchtern und bringt es nicht über's Herz, vor vielen Menschen zu reden. Dies fordert sie sehr heraus, als Marjorie Spencer, die Leiterin und ihre Chefin, ihr eröffnet, dass sie die Vorlesestunde in der Kinderabteilung übernehmen muss; sie will nochmal bei der Kreisverwaltung vorsprechen...

June ist es gewohnt, von Mrs. Bransworth immer die Mitteilung zu bekommen, dass dieses oder jenes ausgeliehene Buch "Schrott" war, denn Mrs. B. liebt es einfach, sich lautstark über jeden und alles zu beschweren. Chantal hingegen ist froh, dass sie Zeit für ihre Hausaufgaben in der Bibliothek ungestört verbringen kann, denn zu Hause wäre dies nicht möglich. Der 80jährige Stanley lässt sich gerne beim PC helfen, da er seinem in den USA lebenden Sohn gerne e-Mails schreibt und oft kleine Hilfen benötigt, um die Kreuzworträtsel zu lösen. Leila, die noch nicht richtig Englisch spricht, aber sehr gerne backt, hilft June, die richtigen Koch- und Backbücher auszusuchen. Eines Tages taucht der ehemalige Klassenkamerad Alex auf, der seinem Vater im Imbiss aushilft und ansonsten als Anwalt in London lebt. Er ist June mehr zugetan, als diese zuerst wahrnimmt und langsam bahnt sich ein Vertrauensverhältnis an, so dass June ihre Vorsicht vor den Mitmenschen fallen lässt und sich Alex anvertraut:

Die Bibliothek soll geschlossen werden und sie darf, um ihren Arbeitsplatz nicht zu verlieren, nicht aktiv an der Protestbewegung teilnehmen! June lernt nach und nach, zu ihren Überzeugungen zu stehen und arbeitet sie anfangs undercover mit, so schließt sie sich doch später aktiv der Protestbewegung an, die alles daran setzt, die geliebte (und gebrauchte!) Bibliothek vor der Schließung zu bewahren...

June und alle "Aktiven" wachsen dem Leser schnell ans Herz und mich freute ungemein, dass sich die allzu schüchterne June doch ihren Ängsten stellte und erkannte, dass die Kraft der Gemeinschaft viel bewirken kann: Sie schafft es, aus ihrem Schneckenhaus herauszukommen und ihr Leben zu verändern: Auch die neuen Gefühle gegenüber Alex spielen hierbei eine nicht unbeträchtliche Rolle. Auch mit humorvollen und augenzwinkernden Einlagen hat die Autorin nicht gespart. Etwas Sozialkritik kommt in den Personen Vera und Leila auf, wobei besonders Vera lernen muss, Schritte auf ihr fremde Menschen zuzugehen:

In manchen Bibliotheken (so auch in meiner) gibt es mittlerweile "Bibliothekscafés", die es ermöglichen, sich mit Menschen anderer Kulturen zu treffen. Auch viele SchülerInnen nutzen die Ruhe der Räume, um gemeinsam ihre Hausaufgaben zu erledigen (und sich dabei gegenseitig zu helfen, wie mir immer wieder positiv auffiel). Aufgaben der (oftmals Budgetgefährdeten!) Bibliotheken sind heute vielfältig: Auch PC-Plätze und Internetmöglichkeiten sind Teile davon.

"Eine Bibliothek ist mehr als ein Haus voller Bücher, dort hat man nicht nur Zugang zu Informationen, die einen stärken und im Leben weiterbringen können, sondern auch zu anderen Menschen" (S. 305)

Einziger Wermutstropfen in dieser schönen Beschreibung, der ich mich voll und ganz anschließen kann (ich besuche seit meiner Kindheit Bibliotheken und liebe sie) ist die Tatsache, dass auch hier immer mehr Automatisierung stattfindet; z.B. bei der Rückgabe der Bücher, wo in meiner Bibliothek ein Fließband die vorher menschliche Hand der Bibliotheksmitarbeiter ersetzt. Schade!

Fazit:

Ein sehr warmherzig, zuweilen humorvoller Roman über eine sehr sympathische, hilfsbereite junge Bibliothekarin, die lernt, ihre Schüchternheit zu überwinden und zu ihren Überzeugungen zu stehen. Eine absolute Leseempfehlung von mir an alle, die Bücher und Bibliotheken lieben; besonders auch an schüchterne Menschen, da dieser Roman ein Teil der "literarischen Hausapotheke" mit Therapieangebot für sie werden kann. Nicht zuletzt auch ein Buch über Trauerbewältigung und den Mut, das eigene Leben zu leben. Von mir gibt es sehr gute 4* am Bibliothekshimmel und der Hoffnung, dass es diese immer geben wird!

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Veröffentlicht am 02.08.2021

Inspirationen und Rezepte zur nächsten Gartenparty

Willkommen beim Sommerfest!
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"Willkommen beim Sommerfest!" (hrsg. vom Reader's Digest Verlag, 2021, brosch.) lässt die nächste Gartenparty dank vieler toller Rezepte, Grill-Tipps sowie kreativer Deko-Ideen garantiert gelingen!

Der ...

"Willkommen beim Sommerfest!" (hrsg. vom Reader's Digest Verlag, 2021, brosch.) lässt die nächste Gartenparty dank vieler toller Rezepte, Grill-Tipps sowie kreativer Deko-Ideen garantiert gelingen!

Der gut strukturierte und toll illustrierte Bildband führt über Snacks & Fingerfood, Saucen und Marinaden, Salaten und Gewürzmischungen bis hin zu Grillvergnügen, Desserts & Gebäck sowie sommerlichen Getränken wie Punsch, Mai-Bowle, Melonen-Drink etc.).

Unsere Favoriten sind bisher:
- Mediterrane Blätterteig-Schnitten
- Würzige Puten-Spieße
- Hütchensalat mit Avocado (hmmmm)
- Caprese vom Grill
- Ananas-Kirsch-Kuchen mit Kokos

Die Rezepte (allesamt mit kurzer Zubereitungszeit und schnell nachzubereiten) sind gut beschrieben incl. Zutatenlisten, die je nach Gästezahl zu variieren ist. Auch schöne Deko-Ideen für's nächste Gartenfest beinhaltet dieser rundum gelungene Band, dessen Cover ein sommerlicher "Hingucker" ist. DIY-Projekte von Schwimmkerzen bis hin zu bunten Biertischen werden detailliert beschrieben und bildhaft in Szene gesetzt (hier hätte ich mir noch einige zusätzliche Ideen gewünscht).

Fazit:

Auf über 150 Seiten gibt es hier in anschaulicher und gut beschriebener Art in Wort und Bild schnelle Rezeptideen und einige Deko-Tipps für alle Gartenparty-, Sommerfest-, Freiluftköche und Frischluftfans!

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Veröffentlicht am 16.07.2021

Vom Ende einer Kindheit

Vom Ende eines Sommers
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"Vom Ende eines Sommers" von Melissa Harrison erschien (HC, 2021) im Dumont-Verlag und präsentiert sich in einem etwas nostalgisch anmutenden, landschaftlich passenden und wunderschönen Cover, das in der ...

"Vom Ende eines Sommers" von Melissa Harrison erschien (HC, 2021) im Dumont-Verlag und präsentiert sich in einem etwas nostalgisch anmutenden, landschaftlich passenden und wunderschönen Cover, das in der Originalvorlage aus dem Jahre 1961 stammt.

Suffolk, 1934

Die 14jährige Edith June Mather, genannt Edie wächst mit ihren drei Geschwistern auf der Wych Farm auf. Da die Schatten des 1. Weltkrieges ihre Spuren im Lande hinterließen und Männer für die schwere landwirtschaftliche Arbeit überall fehlen, werden die Kinder jeder Farmerfamilie zum Helfen auf Äcker und Wiesen sowie bei der Ernte herangezogen. Ihr Vater regiert, behaftet mit allen Sorgen um das Fortbestehen der Farm (Weltwirtschaftskrise, Preisverfall für Gerste u.a.m.) patriarchalisch die Familie und es gibt Auseinandersetzungen der Eltern, wenn es um das Wahlrecht geht und Ada, Edies Mutter etwas anderes wählt als von ihrem konservativen Mann vorgeschlagen. Unterstützt wird die Familie von dem fast 70jährigen Doble und John, einem Kriegsheimkehrer und Gewerkschafter, der sich in hervorragender Weise um die Pferdehaltung kümmert.

Die Autorin gibt sehr intensive Einblicke in die Welt einer Farm und der Landwirtschaft im südenglischen Suffolk vor 100 Jahren, die den Menschen viel Handarbeit abverlangt und Pferde noch den Pflug durch die Äcker ziehen. Edith ist ein eher seltsames, introvertiertes Mädchen, das Bücher dem Spielen mit Gleichaltrigen vorzieht und Bäume zu ihren besten Freunden zählt: So besucht sie die Eichen im Winter, die nahe der Farm stehen, was Melissa Harrison wunderschön erzählt. Auch den Pferden fühlt sie sich sehr nahe. Wir begleiten Edith auch an den seltenen freien Tagen, als sie mit ihrem Bruder Frank, der etwas älter ist als sie, zum Fluß wandert und schwimmen geht sowie bei Besuchen der Mutter bei den Großeltern, um Mary, die verheiratete Schwester mit ihrem Baby zu treffen, die die Familie niemals auf dem Hof besucht und die Edie schmerzlich vermisst, da sie sich als Kinder sehr nahestanden.

Eines Tages taucht eine Journalistin aus London auf, die ob ihrer burschikosen Kleidung, ihres Charmes und ihrer Glamourösität sehr viel Eindruck auf die heranwachsende Edith macht: Constanze FitzAllen möchte eine Kolumne über das Landleben schreiben und sucht daher Kontakt zu allen Familienmitgliedern und Angestellten, um mehr von Bräuchen, Handwerk, Erntearbeiten, aber auch Folklore und Dialekten zu erfahren; wie sich später herausstellt, will sie nicht nur unter der These, "altes Wissen bewahren zu wollen", alte Werte zu bewahren und weiterzugeben, journalistisch tätig sein, sondern auch ihre politische Meinung transportieren.

Für diese Zeit fast unvorstellbar, akzeptiert der Vater von Edith Constanze und die Dorfbevölkerung ebenfalls. Bis eines Tages ein Streit nach einer Versammlung im Pub vom Zaune bricht, der das Leben der gesamten Familie Mather für immer verändern wird....

Meine Meinung:

Ich empfand das Lesen dieses Romans, der historischen Bezug hat wie auch ein coming-of-age Roman ist, als sehr genussvoll, da er Ediths Leben auf der Wych Farm sehr fein nachzeichnet und auch ein Spiegel der damaligen Zeit im ländlichen England ist: Großgrundbesitzer verpachten noch immer ihr Land und die Bauern haben es mehr als schwer, über die Runden zu kommen und ihre Familien zu ernähren. Ediths Zukunft scheint auch vorgezeichnet zu sein; jeder nimmt an, dass sie wohl eines Tages die Frau von Alf Rose, einem Freund ihres Bruders wird. Doch Edith, die Literatur liebt und Gedichte lieber mag als Filme, scheint sich diesem Bild ihrer Zukunft nicht anpassen zu wollen. Sie ist ein kluges und zugleich sensibles Mädchen, eine Einzelgängerin, die zeitweise in Constanze ihr Vorbild zu finden scheint. Bis auch sie merkt, dass "Connie" nicht die ist, die sie zu sein vorgibt.

Melissa Harrison gelingt es in magischer Weise und auf sehr atmosphärische Art, die Landschaft (und die damals betriebene Landwirtschaft) so detailliert zu beschreiben, dass man meinen könnte, die Hasen über die Felder hoppeln zu sehen, die Eulen und Vögel darüber hinwegfliegen zu sehen und das Gebrumm der Bienen zu hören. Fasziniert hat mich auch der kleine Wachtelkönig "Edmund", ein kleiner Vogel, den Edie von einer Henne ausbrüten ließ und der hier für Stärke und Lebenswille, (Un)abhängigkeit, aber auch für Zerbrechlichkeit stehen könnte.

Auch die Figuren, besonders die von Edith und ihrer Familie, auch von Constanze sind sehr fein gezeichnet: Einzig John scheint hinter den wahren Charakter dieser Frau zu blicken und stellt sich gegen Ende des Romans gegen sie: Hierbei geht es auch um die Themen Antisemitismus und Faschismus in England dieser Zeit (wobei einem als Leserin wieder einmal bewusst wird, dass es diesen in vielen europäischen Ländern bereits vor dem 2. Weltkrieg gab und später einen furchtbaren Flächenbrand auslösen sollte....). Am meisten imponierten mir Edith selbst und auch John, der aufgrund seiner eigenen politischen Gesinnung und der Gewerkschaftsarbeit eine andere politische Meinung vertritt.

Edith erzählt in der Ich-Form die Geschichte ihres Lebens auf der Farm ca. 50 Jahre später: Einiges sollte ihr erst später in ihrem Leben klar werden. Der Epilog beschreibt kurz Ediths wechselvolle Geschichte, als sie älter geworden war, diesen empfand ich etwas verstörend, ohne an dieser Stelle genauer werden zu wollen. Das Landleben hingegen und das (Er)leben auf der Wych Farm habe ich sehr genossen, da ich sicher bin, dass auch meine Mutter, Tochter eines Landwirts, in jener Zeit ein sehr ähnliches Leben hatte (wovon sie mir teils auch berichtete).

Fazit:

Ein atmosphärischer, wundervoll und fast magisch erzählter coming-of-age Roman über das Heranwachsen und Erwachsen werden eines sensiblen, klugen Mädchens im englischen Suffolk vor fast 100 Jahren, das zeitlebens eher am Rande stehen sollte. Sehr atmosphärisch und bildstark, ist dieser Roman einer der "leisen Töne", den es sich absolut zu lesen lohnt! Von mir erhält er sehr gute 4* und eine Leseempfehlung.

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