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Veröffentlicht am 09.04.2017

Erzählendes Sachbuch

Hidden Figures - Unerkannte Heldinnen
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Anhand einzelner Lebensgeschichten umfasst die Autorin die Geschichte der NACA, die später die NASA wurde. Faszinierend ist dabei nicht nur, dass die ausgewählten historischen Figuren allesamt Frauen sind, ...

Anhand einzelner Lebensgeschichten umfasst die Autorin die Geschichte der NACA, die später die NASA wurde. Faszinierend ist dabei nicht nur, dass die ausgewählten historischen Figuren allesamt Frauen sind, sondern auch Afroamerikanerinnen. In einer Zeit, in der die Schulen und Bussitzplätze nach Hautfarben getrennt waren, leisteten diese Frauen die Rechenarbeit für das Langley Memorial Aeronautical Laboratory, die Flugzeugentwicklung und später die Raumfahrt.
Ich habe den Film, zu dem dieses Buch inspiriert hat, noch nicht gesehen. Allerdings muss ich gestehen, dass ich beim ersten Blick in das Buch sehr verwundert war. Statt einer Geschichte fand ich viele kleine, die mal auseinandergezogen wurde, mal als kurze Episoden daher kamen. Dazwischen aber zeigte das Buch sein wahres Gesicht. Ein erzählendes Sachbuch vielleicht, aber eindeutig ein Sachbuch. Eines, das geschichtliche Veränderungen zeigt, ohne sich zu sehr in einer Geschichte zu verlieren. Am Anfang war ich kurz irritiert.
Das Buch zeigt gleich mehrere hochinteressante Entwicklungen in den USA auf. Zum einen die unterschiedlichen Ausgangspunkte für Weiße und Schwarze, ehe der zweite Weltkrieg auch in Amerika Frauen als Arbeitskräfte entdecken ließ. Statt kleinbürgerlicher Hausfrauen waren die meisten Frauen, die Margot Lee Shetterly fokussiert, erwerbstätig und gleichzeitig Mutter. Fasziniert bin ich vor allem darüber, dass die Frage nach Vereinbarkeit in keinem Moment angesprochen wird. Selbst wenn die Frauen keine Großeltern oder einen Ehemann an ihrer Seite hatten, haben sie ihre Karriere verfolgt. Unschlüssig bin ich aber, ob das Buch sich hier einfach mehr auf die Arbeit der „schwarzen Computer“ konzentriert und andere Probleme einfach außer Acht lässt, oder (was irgendwie unwahrscheinlich ist) es keine gab.
Dabei ist die Geschichte der afroamerikanischen Rechnerinnen der verbindende Handlungsstrang. Die einzelnen Schicksale sind hier miteinander verbunden. Und über diese Gemeinsamkeit blickt das Buch weiter, in die Geschichte der Bürgerrechtsbewegung hinein. Diskriminierungen und Entwicklungen für die schwarze Bevölkerung Amerikas werden aufgezeigt. Manchmal ist dabei nicht ganz klar, wo der eigentliche Fokus des Buches ist. Hidden Figures will Frauenbewegung, Bürgerrechtsbewegung und die technischen Entwicklungsschritte in Einklang bringen. Auf weiten Strecken schafft das Buch das, aber eben nicht immer. Dann schweift es ab und muss sich wieder – fast sprunghaft – konzentriere, was denn eigentlich das Thema ist.
Dass Margot Lee Shetterly Hidden Figures dazu noch in ihre eigene Biografie einwebt und einen zusätzlichen Rahmen gibt, ist eigentlich unnötig. Es weckt den Anschein, begründen zu müssen, warum gerade sie sich diesen Themas angenommen hat. Das muss ein Autor nicht. Stattdessen wirkt es unsicher und impliziert, dass sie dieses Buch nur schreiben konnte, weil sie auch schwarz ist und darum die Geschichte der Hidden Figures kennt. Damit erreicht sie, was das Buch genau nicht will. Eine künstliche Grenze zwischen Schwarz und Weiß zu ziehen. Schade finde ich gerade hierbei auch, dass Hidden Figures die Erfolge der Bürgerrechtsbewegung und Emanzipation zeigt, aber nicht zugibt, dass in beiden Feldern noch jede Menge aufzuholen ist.

Veröffentlicht am 07.04.2017

Mosaiksteinschen

Novus Ordo Seclorum
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Mara flieht vor ihrem Verlobten Magnus als sie ein mysteriöses Buch findet. Bei ihrer Tante in Irland findet sie Zuflucht und trifft auch ihren Freund aus Kindertagen wieder. Schnell beginnt sie mehr für ...

Mara flieht vor ihrem Verlobten Magnus als sie ein mysteriöses Buch findet. Bei ihrer Tante in Irland findet sie Zuflucht und trifft auch ihren Freund aus Kindertagen wieder. Schnell beginnt sie mehr für ihn zu fühlen, als nur Freundschaft. Währenddessen hat ihre Freundin Marie ihren Platz an Magnus Seite eingenommen und ist bereit, alles für ihn zu tun. Denn Magnus gehört einer geheimen Bruderschaft an, die die Weltherrschaft erringen will. Und er selbst will an ihrer Spitze stehen. Während Marie in letzter Sekunde vor einem schrecklichen Fehler bewahrt wird, findet Mara heraus, dass ihre Tante und deren irische Freunde die Welt retten wollen. Mara selbst soll der Schlüssel dazu sein, eine Magierin mit den Kräften eines Druiden.
Eine Herausforderung war es, beim Lesen die verschiedenen Handlungsstränge zu ordnen und jeweils zu wissen, wo die Geschichte nun weitermacht. Geholfen hat dabei, dass die einzelnen Abschnitte gelungen aufeinander abgestimmt waren. Die unterschiedlichen Stimmungen zeigen sehr gut, bei welchem Charakter der Leser sich gerade befindet. Wichtig war auch, dass der Roman mit einem auktorialen Erzähler funktioniert, der die Fäden selbst alle kennt und darum immer ein bisschen mehr weiß, als Leser und Figuren.
Die verschiedenen Blickwinkel lassen die Nähe zu den Figuren nie zu groß werden. Bei der Fülle an Handlung wäre das auch zu unübersichtlich. Außerdem werden auch die Antagonisten fokussiert. Filmreif entsteht dadurch ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Rahmenhandlung der drohenden Apokalypse werden verschiedene Entwicklungen beigesteuert. Romantische Beziehungen wie aufkommende Konflikte bieten immer wieder kleine Spannungsspitzen und machen das Buch durchweg interessant.
Kritik gibt es von mir vor allem für ein paar Unstimmigkeiten und Figurenentwicklungen. Zunächst einmal baut das Buch massiv darauf auf, dass die Druiden (übrigens gab es keine weiblichen Druiden in Irland) anhand von Büchern den Magiern oder aber der Bruderschaft zugeordnet werden. Stellt die Bruderschaft diese Bücher selbst aus, müssen die Magier sie „finden“. Nun habe gerade die keltischen Druiden ihre Lehren nicht schriftlich weitergegeben. Hier geht das Buch, das versucht keltische Mythen aufzugreifen, also doch in eine andere Richtung. Mal davon abgesehen, dass die Bücher vor allem symbolisch sind. Lesen kann sein kaum eine der Figuren.
Wirklich schlimm fand ich aber die Entwicklung der unterschiedlichen Beziehungen. Am Ende hat jede Frau „ihren“ Mann. Füreinander bestimmt lassen sie sich auch von unausweichlichen Trennungen nicht abhalten. Die einzige Figur, die angeblich homosexuell ist, ist der Großmeister der Bruderschaft, der die Apokalypse natürlich damit auslöst, allein aus körperlichem Begehren mit einer Frau zu schlafen. Joa. Warte was? Der Böse ist schwul. Und das Ende der Welt kommt durch Sex ohne Gefühle. Während auf der anderen Seite feste Beziehungsstrukturen entstanden sind. Erstaunlich, will das Buch doch gerade damit argumentieren, dass die Bruderschaft patriarchal sei, die Magier aber gleichberechtigt. So ganz funktioniert das aber nicht.
Ich habe das Buch ganz gerne gelesen und fand es interessant, die Mosaiksteinchen der Handlung zusammenzusetzen. Die fortlaufend konservativer werdenden Beziehungsstrukturen waren mir vor allem in Nachhinein, als ich das komplette Bild überblicken konnte, ein Dorn.

Veröffentlicht am 29.03.2017

Fesselnde Geschichte mit kleinen Stolpersteinen

Forever You
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Skyler zieht mit ihrer Mutter zurück ins beschauliche Linden, in der Nähe von München. Dort soll sich die widerspenstige Jugendliche von allem Ärger fern halten. Doch Skyler stolpert mitten in Adrians ...

Skyler zieht mit ihrer Mutter zurück ins beschauliche Linden, in der Nähe von München. Dort soll sich die widerspenstige Jugendliche von allem Ärger fern halten. Doch Skyler stolpert mitten in Adrians Arme – immer wieder. Und der junge Mann hat Geheimnisse. Um eine uralte Schuld zu begleichen, muss er Skyler beschützen und darf ihr gleichzeitig nicht zu nahe kommen. Doch genau dafür sorgt Sam, Adrians Bruder.
Skyler rebelliert. Jede ihrer Handlungen entspringt, gerade zu Beginn des Buches, aus einer Trotzreaktion gegenüber ihrer Mutter. Was im Grunde viel erklärt, passt aus meiner Perspektive irgendwie nicht recht zusammen. Denn was als Rebellion abgetan wird, entpuppt sich schnell als das, was Skyler wirklich mag. Auch sonst erscheint die Protagonistin von Forever You keinesfalls pubertär. Die Adoleszenzentwicklung wird ihr geradezu aufgedrängt. Tatsächlich ist sie sich schon sehr sicher, was sie mag und steht auch ihren Handlungen reflektiert gegenüber. Vielleicht wurde hier versucht, Jugendlichkeit zu erzeugen, was aber weder für die Geschichte, noch für Skylers Entwicklung nötig gewesen wäre.
Der Stil dagegen ist flüssig und treffsicher. Gerade Skyler, aber auch Adrian und Sam erfahren eine gute Psychologisierung, die weitestgehend schlüssig ist (siehe oben). Bei den Nebenfiguren hapert es da etwas, die bleiben sehr schemenhaft und stereotypisch. Da die Geschichte mit einem auf Skyler gerichteten personalem Erzähler ausgestattet ist, sehe ich die Lücken bei Adrian und Sam nicht so tragisch. Hier funktioniert viel zwischen den Zeilen heraus, so dass deren Entscheidungen am Ende gut nachvollziehbar sind.
Gut hat mir gefallen, dass die romantische Ebene zwar elementar ist, aber vor allem als Antrieb funktioniert, nicht als Exzess. Skylers Gefühle für Adrian entspringen bereits aus dem ersten Aufeinandertreffen der beiden, entwickeln sich aber sehr schön und sind keineswegs von Anfang an absolut. Dieses Werden der romantischen Gefühle mag ich sehr und es wird hier auch nicht als alleiniger Inhalt verstanden, sondern mit einem geeigneten Rahmen versehen. Auch ohne dem romantischen Part würde Skyler in diese Geschichte gezogen werden, nur eben auf eine andere Art.
Kritisieren muss ich aber noch den Moment der Entdeckung, dass es Engel gibt. Der Schockmoment, der kein Schockmoment wird. Sie bleibt dabei zu abgebrüht. Und gleichzeitig erkennt sie sofort überall in ihrem Umfeld weitere Engel, was zwar glaubhaft eingesponnen wird, doch von Adrian, dem sie davon erzählt, mit keinem Wort kommentiert wird. Überhaupt wird es in dem Bezug etwas wirr und überall tauchen Nachkommen von Engeln auf, was sich etwas mit der Geschichte sticht, die Skyler erzählt bekommt.
Insgesamt war das Buch fesselnd geschrieben und ich rutschte geradezu durch. Die Ungereimtheiten bei den Figuren und gegen Ende sind überelesbar, weil sie keine direkten Sinnfehler darstellen, mich hat es aber etwas gestört. Die Nähe zu den Figuren und der Lesefluss haben da einfach kurz gewankt. Für Liebhaber romantischer Fantasy und alle, die auf Engel stehen, ist das Buch in jedem Fall einen Versuch wert.

Veröffentlicht am 24.03.2017

interessante, spannende Lektüre

John F. Kennedy
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John Fitzgerald Kennedy kommt aus einer reichen Familie, genießt eine gute Bildung. Als Kind ist er kränklich, liest viel. Vom Vater geplant ist dagegen, dass Johns großer Bruder eines Tages Präsident ...

John Fitzgerald Kennedy kommt aus einer reichen Familie, genießt eine gute Bildung. Als Kind ist er kränklich, liest viel. Vom Vater geplant ist dagegen, dass Johns großer Bruder eines Tages Präsident wird. Doch im zweiten Weltkrieg ändert sich alles. John geht in die Politik, ist beliebt und erkennt in der Diskriminierung von Schwarzen ein großes Problem. Dagegen will er kämpfen, es ist Zeit zu handeln.
Zuerst möchte ich die tollen Zeichnungen loben. Sie sind nach meiner Meinung genau im richtigen Maß detailliert. Da das Buch eher zum Selbstlesen als zum Vorlesen geeignet ist, sind die Zeichnungen ergänzender Schmuck, unterstützen den Text, stehlen ihm aber auch nicht die Show. Gerade die Gesichtszüge sind sehr nah an den realen Figuren dran und liefern das Gefühl von Historizität. Das wird durch direkte Zitate von J.F.K. unterstütz, die groß gedruckt immer wieder eine Seite füllen.
Sehr schön fand ich aber auch den Text. Biografisch in der Kindheit einzusteigen erzeugt natürlich eine Nähe zum jungen Leser. Die lesende Figur im Buch und das lesende Kind mit dem Buch in der Hand – ein wunderbares Bild. Gekonnt schafft es Zeit zu handeln Kennedys Lebensstationen aufzuzeigen und zu umrahmen, wie aus dem kränklichen Kind ein beliebter Präsident werden konnte. Im eigentlichen Fokus steht aber eher die Bürgerrechtsbewegung und wie Kennedy dazu stand.
Die Gefahr, J.F.K. zu überzeichnen geht das Buch dabei nicht ein. Es zeigt, dass Kennedy gezaudert hat, Angst hatte und lange gewartet hat, ehe er sein Versprechen von der Verbesserung der Bürgerrechte eingehalten hat. Wenn ich daneben die heutige Ist-Situation stelle, zeigt sich schnell, dass damit nicht alles Mögliche und Nötige getan ist. Dennoch porträtiert das Buch über Kennedys Biografie den Kampf um die Bürgerrechte recht gut.
Da John F. Kennedy: Zeit zu handeln aber ein Kinderbuch ist, dass sich am besten selbst liest, wird es heute Zeit, meinen Sohn zu Wort kommen zu lassen. Keule ist 8 (fast 9) und umstandsbedingt ein großer Bücherfreund. Ich hatte erst Angst, dass eine Biografie mit deutlichem Sachbuchcharakter nichts für ihn ist. Immerhin geht es durchaus um komplexe Probleme. Doch er war begeistert:
„Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Was mir aber nicht gefallen hat, was aber leider wahr ist, ist dass John F. Kennedy erschossen wurde. Er hat ja so viel Gutes gemacht. Ich fand es ganz toll, wie mutig die Leute waren. Schlecht finde ich, wie die Bürgerrechtler behandelt wurden. Jemanden zu verhaften, weil er einfach nur sitzt, verstehe ich nicht. Auch manche Zitate habe ich nicht verstanden, aber andere fand ich richtig cool.“

Veröffentlicht am 10.03.2017

Meckert ehrlich

Windelwahnsinn
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Sarah Turner berichtet sehr ehrlich aus dem Leben als Mutter zweier Jungs. Von der Schwangerschaft bis zu dem ganz normalen Alltag schafft sie dabei immer wieder die Belastungen aufzuzeigen. Immer dabei ...

Sarah Turner berichtet sehr ehrlich aus dem Leben als Mutter zweier Jungs. Von der Schwangerschaft bis zu dem ganz normalen Alltag schafft sie dabei immer wieder die Belastungen aufzuzeigen. Immer dabei ein wunderbar ironischer Ton, eine offene Art und die Kunst, andere nicht anzuklagen, die eine andere Meinung vertreten. Eine Seltenheit gerade unter Mütter.
Sehr schön finde ich, dass die Autorin den Vater nicht ausklammert. Sie präsentiert ihn nicht nur als Erzeuger der gemeinsamen Kinder, sondern als Erzieher und Mann an ihrer Seite. Gleichzeitig zeigt sie dabei auch auf, wie unterschiedlich die Verteilung von (Haus)Arbeit dennoch ist. Dass es dabei zu Krisen und Streitereien kommt, lässt Sarah Turner nicht außen vor. Da fliegen schon mal die Fetzen und fast täglich genervte SMS.
Denn das was Sarah Turner als Figur hier ist, ist genau das. Genervt. Die Kinder nerven sie, der Mann nervt sie, die Mutterrolle nervt sie, die Zuschreibungen nerven sie, der Schlafmangel nervt sie, die Hausarbeit nervt sie. Das Buch könnte als einzige große Meckerei am Leben durchgehen, würde sie nicht wenigstens ab und an erklären, dass sie die Kinder liebt und auch die schönen Momente kennt.
Die finden nur leider kaum Einzug ins Buch. Erzählt sie auf der einen Seite noch, wie lieb sie ihre Jungs hätte, nennt sie sie auf der nächsten „Arschlöcher“. Eine fragwürdige Zuschreibung vielleicht. Aber vor allem eines: Ein Ventil. Denn auch das wird schnell klar: Für Sarah ist das Meckern, die SMS, die Beschimpfungen das Ventil, das sie braucht, um durch den Tag zu kommen. Dass sie dennoch anerkennt, dass sie dabei ungerecht wird, ihren Kindern und ihrem Mann gegenüber, macht sie menschlich und gibt dem Buch Tiefe.
Die hat es auch bitter nötig. Denn wie vielen, fällt es auch der Erzählerin leicht, nur das Schlechte zu erwähnen. Die positiven Erlebnisse bleiben auf einzelne Sätze beschränkt. Kinder zu haben wird zur unerträglichen Last. Eine Antwort auf den Druck gegenüber Müttern, immer perfekt, geduldig und liebevoll zu sein, aber über das Ziel hinausgeschossen. Statt einem Mittelmaß droht das Buch das gegensätzliche Extrem zu zeigen. Dabei, und das wird eben ansatzweise gut deutlich, hätte die Autorin das Potential. Als arbeitende Mutter, die einen modernen Blick auf Mutterschaft und Beziehungen hegt, könnte sie neue Wege gehen, statt nur die alten zu verteufeln.
Natürlich sind dabei viele Probleme, die angesprochen werden, wahr. Das zeigt sich besonders in den Kommentaren der Blog-Leserinnen, die immer wieder eingestreut werden. Menschen, die sich mit Sarah identifizieren können, weil sie die gleichen – oder ähnlichen - Probleme haben. Mit Sicherheit ist es dabei leichter, gemeinsam mit den Augen zu rollen und auszuflippen. Aber ist das nicht am Ende nur Polarisierung? Mit Sicherheit. In ihren Texten schafft die Autorin aber immer wieder, wenigstens die Spur der anderen Meinung einzuflechten. Ob das nun die Verzweiflung des Kindes ist, allein schlafen zu müssen oder der Stress eines Vollzeitjobs, wenn zu Hause nicht nur die Kinder, sondern auch eine geschaffte Ehefrau warten. Sarah Taylor findet dafür Raum.
Windelwahnsinn ist im Grunde kein Buch für junge Eltern, sondern eines, das auch getrost werdenden oder „älteren“ Eltern in die Hand gedrückt werden darf. Es ist ehrlich, persönlich, ohne den Finger in eine angeblich richtige Richtung zu strecken. Nicht ohne Schwächen, aber gut zu lesen.