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Veröffentlicht am 22.08.2023

Sein und Schein anno 1989 - 2. Fall für Allie Burns

1989 - Wahrheit oder Tod
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"1989 Wahrheit oder Tod" von Val McDermid legt hier den 2. Fall für die Investigativjournalistin Allie Burns vor: Spannende Themen und ein kriminalistischer Ausflug in die Welt der Medienmogule im Jahre ...

"1989 Wahrheit oder Tod" von Val McDermid legt hier den 2. Fall für die Investigativjournalistin Allie Burns vor: Spannende Themen und ein kriminalistischer Ausflug in die Welt der Medienmogule im Jahre 1989, in den die Autorin m.E. ein wenig viel 'hineinpackte', weshalb mich der Vorgänger (1979) mehr überzeugen konnte - da die Autorin jedoch seit vielen Jahren zu meinen schottischen Lieblings-KrimiautorInnen zählt und ich auch die Karen-Pirie-Reihe sehr gerne lese, werde ich natürlich weitere Fälle für Allie Burns dennoch im Auge behalten.


"1989 - Schicksalsjahr für Europa. Eine neue Seuche macht sich breit, die Welt im Osten verändert sich rasant. Journalistin Allie Burns, inzwischen Mitte dreißig und Redakteurin in Manchester, ist entschlossen, den Kranken und Ausgestoßenen der Geellschaft eine Stimme zu geben. Als sie der Wahrheit immer näher kommt, findet sie sich hinter dem Eisernen Vorhang wieder.... in Ostberlin am Rande der Revolution."

(Quelle: Buchrückentext des Verlags)


Meine Meinung:


Als langjähriger Fan der Kriminalromane von Val McDermid, die ich fast alle gelesen habe, war ich auch auf den 2. Fall von Allie Burns sehr gespannt, da mir "1979" bereits sehr gut gefallen hat. Im vorliegenden Fall hat die Autorin spannende Themen aus dieser Zeit, die mit der Geschichte Schottlands und Englands zu tun haben (Lockerbie, Sheffield), das Problem von HIV-infizierten und Aids-Patienten in Edinburgh (damals die europäische Hauptstadt von Aids), dem Wegschauen der Verantwortlichen, dem Abbrechen von Forschungsstudien zu Medikamenten und dem darauffolgenden Abwandern der Erkrankten nach England nachgespürt. In gewohnt sozialkritischer Weise war hier besonders Allie Burns, aber auch McDermid auf den Plan gerufen, Zusammenhänge zu durchschauen und als Investigativjournalistin bei ihrem Arbeitgeber, dem Medienmogul Wallace Lockhart, im Globe ihre kritischen Artikel zu schreiben: Man erfährt von dem brutalen Journalismus, der guten JournalistInnen zuweilen das Wort im Munde herumdreht und so ist auch Lockhart vor allen Dingen daran interessiert, sein Zeitungsimperium zu pflegen und möglichst noch zu vergrößern: Die Erbin, Genevieve Lockhart, soll die alten Verbindungen im Osten Europas sichern und wird kurzentschlossen nach Berlin entsandt. Währenddessen erhält Lockhart Drohbriefe, die in dessen neblige Vergangenheit deuten und bei denen sich ihm die Nackenhaare aufstellen: Wer steckt dahinter und warum jetzt?


Bis zur Hälfte des Romans fehlte mir erstmals die Spannung, die McDermids Kriminalromane stets auszeichnet, ab der Mitte stieg diese jedoch an: Vieles erschien mir realistisch (der Einblick in die hartumrungene Medienwelt und des Sensationsjournalismus, die skrupellosen Machenschaften der einflussreichen Pharmaindustrie z.B.), anderes jedoch weniger - besonders Allies Aufenthalt (teils freiwillig, teils erzwungen) in Ost-Berlin: Ich nehme an, dass ausserhalb dieses Krimis die Reichweite eines Ace Lockharts in den Zäunen zwischen West- und Ostberlin - in der Sperrzone - geendet hätte. Dennoch liest sich '1989' atmosphärisch wie immer und die Charaktere sind gut ausgeleuchtet und vorstellbar. Eine Stelle hat mich als Leserin wirklich gestört, in der es um Homosexualität geht und eine Fr. Dr. Frederike Schröder sexistisch beschrieben wird: "Fredi" ist (demnach) süß und langbeinig - (für eine weitere Protagonistin) "vielleicht in mehrfacher Hinsicht ein guter Fang" (Zitat). Solche Aussagen erwarte ich eher nicht in einem Kriminalroman, dessen Autorin sich selbst als lesbisch outete - und hier besonders einfühlsam agieren sollte. Auch die Beziehung zwischen Allie und Rona, die in Manchester zusammenwohnen und sich gegenseitig sehr unterstützen, auch in beruflicher Hinsicht, waren mir zuweilen zuviel 'des Guten' und nahmen einen allzu breiten Raum ein.

Den literarischen Ausflug nach Polen gegen Ende des Kriminalromans und die Zeitreise in die NS-Zeit fand ich hingegen sehr interessant und spannend dargestellt.


Fazit:


Erstmals, seit ich McDermid lese und von ihren Kriminalromanen mehr als begeistert bin, musste ich hier einige Längen, fehlende Spannung bis zur Mitte des Krimis feststellen: Vielleicht war die Themenauswahl auch etwas 'überreizt', denn einiges in diesem Krimi war für mich am Rande des Überflüssigen; die Kritik jedoch vermisste ich nicht und die gewohnte Atmosphäre war ebenfalls gegeben, die diese Autorin auszeichnen. Ein etwas überfrachteter Einblick in komplexe Themen wie die Welt der Medienmogule und des Sensationsjournalismus, der Macht der Pharmaindustrie und eine Zeitreise in die Zeit kurz vor dem Mauerfall in Berlin bietet sich dem geneigten Leser: Ich schließe mich hier der Meinung einer von mir sehr geschätzten Krimi-Lesefreudin gerne an: "Val McDermid kann es besser!" 3 *

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Veröffentlicht am 16.06.2023

Ein wahrgemachter Traum in schwierigen Zeiten

Ein Garten voller Bücher
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"Ein Garten voller Bücher" von Alba Donati erschien (HC, geb., 2023, 271 S.) im Berlin Verlag und umfasst in Tagebuchform 6 Monate und damit den Beginn ihrer eröffneten kleinen Buchhandlung in Lucignana ...


"Ein Garten voller Bücher" von Alba Donati erschien (HC, geb., 2023, 271 S.) im Berlin Verlag und umfasst in Tagebuchform 6 Monate und damit den Beginn ihrer eröffneten kleinen Buchhandlung in Lucignana in der nördlichen Toskana gelegen; einem kleinen Bergdorf mit 180 Einwohnern....


Inhalt:


"Es ist nur ein Holzhäuschen in einem Garten - aber Alba Donatis Begeisterung für Literatur und LeserInnen machte etwas ganz Besonderes daraus. Ein halbes Jahr lang dürfen wir miterleben, wie sie und ihre FreundInnen trotz der Pandemie diesen Traum wahr machen. Und für alle, die gerade eine Italienreise planen: Ja, dies ist eine wahre Geschichte - fahren Sie nach Lucignana und besuchen Sie die vielleicht kleinste und bestimmt charmanteste Buchhandlung der Welt."

(Quelle: Buchrückentext des Verlags)


Meine Meinung:


Das Verlags'outfit' des Buches; das wunderschöne Cover, weist auf die Hauptakteure des in Tagebuchform geschriebenen Romans hin: Bücher, eine Buchhändlerin und ein Garten in der Toskana. Alba Donati, die Inhaberin, hat sich diesen Traum in schwierigen Pandemiezeiten mittels Crowdfunding und viel Optimismus in einem kleinen Bergdorf, in dem sie aufwuchs, erfüllte, führt die Leserschaft durch sechs Monate, die nicht immer einfach waren.


Durch die Tagebucheinträge sind die Kapitel kurz und gut zu lesen; man begegnet einigen Familienangehörigen wie der über 100jährigen Mutter, Allesandra, die Alba hilft, diese zu pflegen; einem skurrilen Engländer, der in der Nähe wohnt, einigen Freundinnen, LeserInnen und einer Großnichte, die sehr introvertiert ist und seit ihrer Mithilfe in der Buchhandlung bei Alba regelrecht aufblüht. Jedes Kapitel bzw. Tagebucheintrag endet mit einer Bestellung (was mich sehr an Shaun Bythell erinnerte, dessen "Tagebuch eines Buchhändlers" ich teils köstlich fand und sehr mochte) und gibt so dem geneigten Leser die Möglichkeit, sich hier zahlreiche Inspirationen zu holen. Während Bythell's Tagebuch skurril und oftmals lustig zu lesen war, fand ich hier leider keinen ebenso intensiven Zugang, da mir viele Gedankengänge der Autorin fremd sind und ich mich nicht mit der Inhaberin und Hauptfigur des Buches identifizieren konnte: So erscheint es mir z.B. unwahrscheinlich, dass es eine "ideale Leserin" gibt. Selten, jedoch gab es sie, las ich auch poetische Sätze, die mir durchaus gefallen haben.


Positiv empfand ich die unglaubliche Ausdauer, die Geduld und den Optimismus Donatis, diese Idee einer Buchhandlung in einem Garten umzusetzen - und das noch in Pandemiezeiten in Italien, das besonders von der Covidlage betroffen und lange in Zonen eingeteilt war. Davor ziehe ich den Hut; gefallen haben mir auch ihre feministischen Züge, gab sie doch vor allem Schriftstellerinnen einige Regale mehr, weil sie jahrhundertelang schweigen mussten. Auch mochte ich ihr Ritual, am Morgen stets zuerst nach den Pflanzen zu sehen; Bücher- und Gartenliebe schließen sich fürwahr nicht aus.


Dennoch fiel es mir hier eher schwer, der zuweilen zusammenhanglosen Handlung zu folgen; Menschen tauchen oft schemenhaft auf, ein genaueres Bild konnte ich mir jedoch nicht von ihnen machen. War die Leidenschaft einer Buchhändlerin zu sehen, sah ich jedoch auch eine recht knallharte Geschäftsfrau, die viele Jahre zuvor im Verlagswesen arbeitete. Dennoch muss ich ihr eine große Kreativität zuschreiben, denn es gibt sicher nicht viele Buchhandlungen, die auch selbstgestrickte Strümpfe mit Zitaten z.B. von Jane Austen im Sortiment haben dürften (eine Frau aus Israel deckte diesen Bereich ab).


Fazit:


Leider drängte sich hier der Vergleich zu einem anderen Buch (siehe oben) für mich auf, das mir aufgrund der Skurrilität und des Humors wesentlich besser gefallen hat als "Ein Garten voller Bücher" von Alba Donati. Hier langweilte ich mich immer wieder und fand vieles Beschriebene recht bedeutungslos, die Offenheit sehr gemäßigt und nur bis zu einem gewissen Grad vorhanden. So schön die Idee (und meinen Respekt zur Umsetzung dazu in einem kleinen Bergdorf!); der Roman konnte mich dennoch nicht erreichen. Daher von mir knappe 3* auf der Werteskala. Scusa!

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Veröffentlicht am 10.07.2022

Eher Psychogramm denn Psychothriller

Dunkle Tiefen
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"Dunkle Tiefen" von Elizabeth Kay ist (tb, brosch., 411 S.) bei Lübbe erschienen (2022) und trägt auf dem Cover den Genrenamen: Thriller

Ich muss dazu sagen, dass der 2. ins Deutsche hier von Rainer Schumacher ...

"Dunkle Tiefen" von Elizabeth Kay ist (tb, brosch., 411 S.) bei Lübbe erschienen (2022) und trägt auf dem Cover den Genrenamen: Thriller

Ich muss dazu sagen, dass der 2. ins Deutsche hier von Rainer Schumacher aus dem Englischen übersetzten Buch der Autorin für mich eher ins Genre Sozio- oder Psychogramm einer Familie als ins Genre Thriller passt. Denn mir hat während des Lesens der dennoch interessant konstruierten Geschichte der "Thrill" sehr gefehlt....

"Ein abgelegenes Cottage an der Steilküste Englands. Es ist kurz vor Weihnachten, als die drei Schwestern Jess, Ella und Lydia in dem einstigen Ferienhaus der Familie eintreffen. Um kurz darauf festzustellen, dass keine von ihnen die Einladungen für das gemeinsame Weihnachtsfest verschickt hat. Doch wer sollte sie an diesen Ort gelockt haben, an dem vor zwanzig Jahren ihre jüngste Schwester Rosa unter mysteriösen Umständen ums Leben kam? Hat ihr Tod etwas mit der rätselhaften Einladung zu tun? Als unheilvolle Erinnerungen alte Zweifel wecken, drängen lang gehütete Geheimnisse an die Oberfläche - und mit ihnen eine tödliche Gefahr...."

(Quelle: Buchrückentext)

Meine Meinung:

Drei Schwestern kehren an den Ort zurück, an dem 20 Jahre zuvor ihre jüngste Schwester ums Leben kam: War es ein Unfall oder steckt doch mehr dahinter?

Seit diesem Ereignis gingen sich die Schwestern aus dem Weg; 9 Jahre haben sie sich vor diesem Treffen im Cottage ihrer Kindheit nicht gesehen - und begegnen sich von Beginn an mit Misstrauen und Ablehnung; doch wer steckt tatsächlich hinter den Einladungen, die sie bekommen haben? Als am Weihnachtstag noch ihre Mutter Bernadette auftaucht, die "nur helfen will", wie sie sagt, ist das (Gefühls)chaos perfekt und die Frage drängt sich geradezu auf (und deren Lösung), was sich wirklich an jenem Sommertag an den Klippen ereignet hat.

Der Roman ist in zwei Zeitebenen unterteilt, die sich immer wieder abwechseln: Mal lernen wir die Schwestern in der Kindheit kennen (1997), in der sie - fast immer sich selbst überlassen und m.E. emotional sehr vernachlässigt - sich allerlei Streiche ausdenken, die die Ferienzeit im Cottage füllt und alle Spaß haben. Was niemand merkt, ist die Tatsache, dass ein Streich aus dem Ruder läuft - mit ungeahnten Folgen. Die Mutter packt stets Brote für den Strand und verköstigt ihre Töchter; Zeit jedoch darf man hier nicht erwarten, denn sie ist nach der Trennung ihres Mannes von der Familie alleinerziehend und hat ihre Arbeit (Buchhaltung) mit ins Feriencottage gebracht. Sie wirkt auf mich seltsam achtlos, überfordert und immer gestresst. Das Ereignis und die Familienkonstellation sollten sich auch im Erwachsenenleben (2007 - 20 Jahre später) auf alle Schwestern auswirken; Lydia entwickelt sich zu einer Person mit Panikattacken und Ängsten; in Ella's Leben findet Sport, besonders Joggen einen hohen Stellenwert und am 'normalsten' lebt wohl die Älteste, die dennoch von Schuldgefühlen geplagt wird. Zur Mutter besteht kaum bzw. kein Kontakt bis zum Zusammentreffen im Cottage.

Wird es der Familie gelingen, Dunkel ins Licht von damals zu bringen? Wer war maßgeblich am Tod der jüngsten Schwester beteiligt?

Leider passte inhaltlich einiges für mich nicht zusammen; die Düsterkeit lag eher in den Personen begründet als in der Handlung und auch die Nachbarin, die ebenfalls ein Kind vor langer Zeit verloren hat, ändert nichts an dieser Tatsache. Der dennoch gut und flüssig zu lesende "Thriller" ähnelte für mich eher einer Familientragödie, einem Drama, das seinen Anfang in einer völlig überforderten Mutter und emotional vernachlässigten Schwestern nahm. Auch der Vater spielte hier keine Rolle, er hatte sich einfach "verdünnisiert". Fehlende Tiefe und fehlender Thrill lassen mich leider maximal 3* vergeben - allerdings kann ich mir vorstellen, dass Elizabeth Kay, eine junge brititsche Autorin, sehr gut noch "Potenzial" hat - und so besteht zumindest 'Luft nach oben'.


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Veröffentlicht am 03.10.2021

Der Uhrmacher in der Filigree Street

Der Uhrmacher in der Filigree Street
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London, Oktober 1883:

Thaniel Steepleton, ein einfacher Angestellter im Innenministerium, kehrt nach der Arbeit in seine winzige Mietwohnung heim. Da findet er auf seinem Kopfkissen eine goldene Taschenuhr. ...

London, Oktober 1883:

Thaniel Steepleton, ein einfacher Angestellter im Innenministerium, kehrt nach der Arbeit in seine winzige Mietwohnung heim. Da findet er auf seinem Kopfkissen eine goldene Taschenuhr. Es ist ihm ein Rätsel, was es mit ihr auf sich hat. Sechs Monate später explodiert im Gebäude von Scotland Yard eine Bombe.

Thaniel wurde gewarnt, weil seine Uhr gerade noch rechtzeitig ein Alarmsignal gab. Nun macht er sich auf die Such nach dem Uhrmacher und findet Keita Mori. Hat der freundliche Einzelgänger aus Japan etwas zu verbergen? Und dann begegnet Thaniel auch noch Grace Carrow, die ebenfalls eine Uhr von Mori besitzt. Als Frau und Naturwissenschaftlerin kämpft sie in einer völlig von Männern dominierten Gesellschaft um ihre Rechte und ihre Zukunft.

(Quelle: Klappentext)


Meine Meinung:


Es handelt sich in diesem Roman um einen Genremix aus Fantasy, ein wenig History (viktorianisches Zeitalter mit typischen Relikten wie Telegrafisten, Laternenanzündern, Federhalter, mechanischen Uhrwerken) und Krimi, da es im Grunde um die Auflösung dessen geht, wer denn die Bombe baute, die im Gebäude von Scotland Yard detonierte: Williamson, ein Sgt. von Scotland Yard, beauftragt Thaniel Steepleton, den Uhrmacher Mori unauffällig zu beschatten, da dieser durch seine große Handwerkskunst der Uhrenherstellung in Verdacht steht, der Urheber zu sein.

Da Mori, der unauffällige, freundliche kleine Japaner, der den Staatsdienst in Japan zugunsten des Uhrmacherhandwerks quittierte (oder war es, weil er wusste und vorhersah, dass er in London einen Freund treffen würde?) in seinem Haus ein Zimmer zu vermieten hat, zieht Thaniel, der seine Schwester und deren Söhne unterstützt, in Moris Haus. Was ihm Gelegenheit dazu gibt, auch die anderen fantastischen Gebilde Moris kennenzulernen: Da ist Katsu, ein mechanischer Octopus, der auch das Cover ziert und mir sehr gut gefiel; wie auch wunderschöne Uhren, die Mori in Präzisionsarbeit (und zweilen mit einem zusätzlichen Zufallsgenerator) herstellte, wie auch Vögel und Glühwürmchen; goldene Birnen...


Grace, die ihr Labor über alles liebt und einen Mann ehelichen will, der diese Priorität in ihrem Leben duldet, lernt durch Zufall Thaniel auf einem Ball kennen und trifft ein "Gentleman agreement" mit ihm. Mori entführt uns in Rückblicken in sein Leben im Japan des 19. Jahrhunderts, das ich ganz interessant fand. Zu Grace fand ich leider überhaupt keinen Zugang; sie war mir gegen Ende des Romans eher etwas zuwider, da sie eine Tat begang, die für mich unverzeihlich gewesen wäre - auch wenn sie sich nicht gegen Personen richtete. Ich empfand sie als sehr berechnend, kühl und vor allem egoistisch. Thaniel und auch Mori waren mir als Figuren sympathischer; auch wenn alle Personen verschwommen blieben; einige Charakterzüge tauchen erst sehr spät auf und so fiel es mir schwer, mit den Figuren warm zu werden. Die fantastischen Elemente und die "Gabe", um die es geht, haben mir am besten gefallen; auch die Atmosphäre, die die Autorin im viktorianischen London beschreibt, jedoch habe ich keine Ahnung, was die Aussage dieses Romans ist, der mir teilweise zu nüchtern, zu wissenschaftlich war (es geht in Dialogen viel um Naturwissenschaften, mit denen ich leider nie geliebäugelt habe). Magie, für die ich durchaus zu haben bin, blitzte recht selten auf.


Fazit:


Nicht ganz einfach zu lesen, mag dieses Début von Natasha Pulley LeserInnen gefallen, die im Genre Fantasy gerne unterwegs sind (obgleich ein Genremix), mir fehlte leider der Zugang und ich vermisste auch eine Aussagekraft, die ich der Geschichte, die wirklich gut geschrieben und übersetzt wurde, entnehmen - oder mitnehmen kann. So bleiben von 5 möglichen 3 Sterne und eine sehr bedingte Leseempfehlung, wenn Interesse an Mechanik, Uhrwerken und Naturwissenschaften besteht.

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Veröffentlicht am 19.07.2021

Beatrice

Mohnblumentod
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Vorausschicken möchte ich, dass Kriminalromane und (Psycho)thriller eines meiner Lieblingsgenres ist: Mit einiger Erwartung ging ich daher ans Lesen von "Mohnblumentod" (Bd. 3 der Charlie-Lager-Reihe) ...

Vorausschicken möchte ich, dass Kriminalromane und (Psycho)thriller eines meiner Lieblingsgenres ist: Mit einiger Erwartung ging ich daher ans Lesen von "Mohnblumentod" (Bd. 3 der Charlie-Lager-Reihe) der mir bis dato unbekannten schwedischen Autorin Lina Bengtsdotter. Nach meiner Meinung handelt es sich hier um einen (wie ich finde sehr mäßig spannenden) Kriminalroman, nicht um einen Thriller, wenn auch das Cover sehr gelungen ist.
Erschienen ist das Buch bei Penguin (Randomhouse), TB brosch, 2021.

Im schwedischen Karlstad wird vor der Haustüre bzw. auf der Hausterrasse die 9 Monate alte Beatrice entführt: Die Eltern sind sehr reiche Unternehmer und haben sich nach einem Jahr in Russland wieder in Schweden niedergelassen. Befreundet sind sie mit den Jolanders; David Jolander ist auch Teilhaber an der gemeinsamen Firma. Ein dritter Geschäftsmann wurde anfangs ausgebootet; die Abfindung war nicht sehr hoch und seine Entwicklung ist daher nicht sehr positiv: Ein mögliches Motiv der Entführung?

Charlie Lager, ermittelnde Kommissarin, wird zu Hilfe von der ortsansässigen Polizei gerufen und verfolgt mit Anders, ihrem Teamkollegen, jede Spur. Es wird ein Wettlauf mit der Zeit: Wo liegt das Motiv? Dazwischen liest man kleine Einschübe des Kidnappers, die jedoch (sollten sie auch nicht) natürlich nicht sehr viel Aufschluss geben, die Person des Entführers betreffend.

Meine Meinung:

Nach kurzer Zeit wird klar, dass die Eltern nicht alles mitgeteilt haben, was für die Lösung des Falles relevant sein könnte. Charlie, selbst aus schwierigen Verhältnissen stammend; nicht gerne alleine, so dass sie immer wieder in alkoholisiertem Zustand irgendwelche Männer mit nach Hause schleppt, vertraut nur sich selbst (und muss im Buch so manchen Filmriss hinnehmen, die auf recht starke Alkoholprobleme hindeuten). Je nun, es gibt so einige ErmittlerInnen, die einem Drink nicht abgeneigt sind, aber Charlies Alkoholkonsum ist dann doch sehr grenzwertig, wenn auch positiv, dass die Autorin Alkoholabhängigkeit - auch bei Polizisten und Kommissaren - nicht ausspart.

Bengtsdotter legt einige falsche Fährten, schreibt auch sehr flüssig, jedoch fehlte mir leider komplett die Spannung! Die Handlung plätscherte so dahin und es gab auch m.E. Stigmatisierungen, die Heime, Fremdplatzierung, Machtmissbrauch etc. in der Fremderziehung betreffen. Ich kenne die schwedischen Verhältnisse in dieser Beziehung nicht, habe jedoch selbst in diesem Bereich gearbeitet und denke, dies ist eine Stigmatisierung, wenn auch zutreffend, was die Vergangenheit bis weit in die 1970er Jahre betrifft. Darüber gibt es Studien und Dokumentationen. Auch Pflegefamilien kommen schlecht weg und manches scheint für mich etwas an den Haaren herbeigezogen, die Handlung betreffend: Sowohl für Heime als auch für Pflegefamilien gibt es Aufsichtsgremien, die genau nachschauen, was in dieser Einrichtung oder in jener Familie abläuft.

Der Showdown auf der "Irrenklippe" und die Verbindung zu zwei Mädchen, Sara und Lo, deren traurige Geschichten ebenfalls eine Rolle spielen, kann die Spannung dann auch nicht mehr retten: Positiv ist lediglich die Perspektive, die sich für eines der jungen Mädchen ergibt und dass die Autorin gewissermaßen durchaus Sozialkritik in ihrem "Thriller" zum Ausdruck bringt.

Fazit:

Mir fehlte, wie gesagt komplett die Spannung und daher kann ich "Mohnblumentod" im Grunde nicht empfehlen. Da der Plot jedoch schlüssig und der Stil gut zu lesen ist, gebe ich knappe 3* in meiner Bewertung. Doch in diesem Genre gibt es weitaus Besseres - und auch Spannenderes!

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