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Venatrix

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 01.08.2021

Ein temporeicher Krimi, der mich gut unterhalten hat

Brillanter Abgang
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Was tun, wenn plötzlich 200 Millionen Euro auf dem eigenen Konto landen? Abheben oder die Bank informieren? Vor genau diesem Dilemma steht der insolvente Antiquitätenhändler Hans Bäumler aus Frankfurt ...

Was tun, wenn plötzlich 200 Millionen Euro auf dem eigenen Konto landen? Abheben oder die Bank informieren? Vor genau diesem Dilemma steht der insolvente Antiquitätenhändler Hans Bäumler aus Frankfurt am Main. Seine neue Freundin, die Kroatin Tonja, teilt seine Skrupel nicht und hat in Windeseile einen Plan zur Hand, die Millionen spurlos verschwinden zu lassen. Bäumler steht mit offenen Mund da und lässt Tonja gewähren.

Hans Bäumler, eher ein „Bewahrer“ denn ein „Loslasser“ (so sein Selbstbild) muss nun auf vieles verzichten: auf Frankfurt, auf seinen Jaguar, seinen Antiquitätenladen und seine Identität als Hans Bäumler. In Zukunft wird er in Kroatien leben, zuerst im kleinen Dorf von Tonja, dann in Opatja, dem ehemaligen Abazia, dem mondänen Kurort der Donaumonarchie, einen verbeulten Franzosen fahren und einen neuen Namen haben. Ist das alles die 200 Millionen Euro wert?

Meine Meinung:

Autor Alexander Hoffmann nimmt mit diesem Wirtschaftskrimi eine ganze Branche auf die Schaufel. Als Leser will man gar nicht so genau wissen, wie oft so etwas passiert. Es scheint, als ob die deutsche Rechtslage den Empfang einer solchen Fehlbuchung toleriert. „Im guten Glauben“ eine solche Summe zu erhalten und vor allem zu behalten? Also ich hätte da Skrupel. Immerhin, Tonja gibt einen Teil für ihr Dorf aus und bietet den Bewohnern eine neue Perspektive, indem sie die stillgelegte Fabrik wieder eröffnet.

Das Tempo in diesem Krimi ist recht hoch, sodass einem bei den vielen Transaktionen mit denen das Geld hin und her jongliert wird, fast schwindlig wird.

Mehrmals musste ich über die toughe Tonja und den eher behäbigen, gutgläubigen Hans schmunzeln. Kurz habe ich befürchtet, dass Tonja mit dem Geld durchbrennt.

Gut gefallen hat mir auch der zweite Erzählstrang, der in der Bank spielt. Der Geschäftsführer schreibt lieber die 200 Millionen ab, bevor seine eigenen krummen Machenschaften ans Tageslicht kommen. Ich gehe davon aus, dass es hier ein reales Vorbild gibt/gegeben hat.

Fazit:

Ein temporeicher Krimi, der zeigt, dass auch im Bankensektor nicht alles Gold ist, was glänzt. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt und gebe deshalb 5 Sterne und eine Leseempfehlung.

Veröffentlicht am 20.07.2021

Fesselnde Zeitreise in die Niederlande des 17. Jh.

In Zeiten des Tulpenwahns
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Susanne Thomas entführt uns in das Haarlem des 17. Jahrhunderts.

Nachdem er seine Frau bei einem Brand verloren und selbst eine entstellende Brandwunde davon getragen hat, bleiben dem talentierten Gärtner ...

Susanne Thomas entführt uns in das Haarlem des 17. Jahrhunderts.

Nachdem er seine Frau bei einem Brand verloren und selbst eine entstellende Brandwunde davon getragen hat, bleiben dem talentierten Gärtner Nicolaes Verbeeck nur die Liebe zu seiner Tochter Margriet und jene zu seiner Tulpenzucht. Während viele seiner Landsleute Tulpen um des schnöden Mammons wegen züchten und die Zwiebel zu Höchstpreisen verkaufen, erfreut sich Nicolaes an der Schönheit der Pflanzen. Selbst sein Dienstherr kann ihn nicht dazu bewegen, ihm eine Tulpe zu verkaufen.

„...Ich verstehe deine Leidenschaft, Nicolaes. Du hast einen Sinn für das Schöne. Das verträgt sich nicht mit der Gier nach Geld, die sich allenthalben antreffen lässt...“

Erst als er für seine Tochter eine hohe Mitgift aufbringen soll, lässt er sich auf die Spekulationen mit den Tulpenzwiebeln ein. Denn Margriet liebt den adeligen Frans, was zu dieser Zeit aufgrund des Standesunterschieds keine mögliche Verbindung ist. Es sei denn, dass die Mitgift der Frau, die Geldnöte des Adeligen beseitigt und damit nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

Meine Meinung:

Dieser historische Roman, der sehr stimmig und wortgewaltig daherkommt, zeichnet ein authentisches Bild der damaligen Gesellschaft. Man heiratet nur innerhalb seines Standes und Fremde werden scheel angesehen.

Nicolaes Verbeeck ist ein aufrechter und rechtschaffener Mann. Interessant ist, dass er alleinerziehender Vater ist. Dass er um seine Frau trauert, ist verständlich, aber dass er in Zeiten, in denen man Versorgungs- und Zweckehen eingeht, sich keine andere Frau nimmt, ist schon sehr ungewöhnlich.

Lange wehrt er sich gegen den Tulpenwahn. Dass ausgerechnet er dem Betrug und die Spekulation mit den Tulpenzwiebeln zum Opfer fällt, ist eine Ironie des Schicksals. Nicolaes Verbeeck hat einen erbitterten Feind, der im Verborgenen die Fäden zieht. Sein Motiv scheint auf den ersten Blick nicht erkennbar.

Die Autorin hat penibel recherchiert, um die Spekulationsblase mit den Tulpen authentisch darzustellen. Ich habe zu diesem Thema schon mehrere Bücher gelesen.

Diese Form des Handels - heute nennt man es Termingeschäft, bei dem ein Käufer verspricht, an einem festgelegten Tag in der Zukunft einen vorher bestimmten Preis für eine Ware zu bezahlen – ist nicht neu in Holland. Der Getreidehandel mit dem Baltikum wird seit etwa 1550 so geführt. Auch Waren wie Heringe oder Gewürze sind bereits verkauft, noch ehe sie die Niederlande erreichen.

Die Tulpenmanie und der Zusammenbruch des Marktes: Die Zeitgenossen sehen darin eine Warnung. Sie ist ein Lehrstück über die Falschheit und Vergänglichkeit irdischer Güter. Das Vertrauen in den Handel ist zeitweise gestört, doch dann nehmen Gier nach Reichtum wieder überhand und die nächste Blase wartet schon. Wie kann es sein, dass eine einfache Tulpe wertvoller ist als Gold?

Fazit:

Ein fesselnder historischer Roman, dem ich gerne 5 Sterne gebe.

Veröffentlicht am 20.07.2021

111 Kleinode im Mostviertel

111 Orte im Mostviertel, die man gesehen haben muss
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Autor und Journalist Georg Renöckl begibt sich diesmal nicht nach Frankreich oder Wien, um Kleinode zu entdecken. Diesmal zieht es ihn in das Mostviertel - einer spannenden Gegend Niederösterreichs.

Wer ...

Autor und Journalist Georg Renöckl begibt sich diesmal nicht nach Frankreich oder Wien, um Kleinode zu entdecken. Diesmal zieht es ihn in das Mostviertel - einer spannenden Gegend Niederösterreichs.

Wer weiß denn schon, dass in diesem Viertel rund 300 verschiedene Birnensorten gedeihen, die Grundlage für den Most sind?

Informationen zu Obst wie die kapriziöse Elsbeere (49) oder die vielseitige Dirndl (=Kornelkirsche/87) darf ebenso wenig fehlen wie der Hinweis auf vergangene Industrieanlagen (Feldbahnmuseum/10, Kalkbrennofen/22, Köhlerei/33, die Triftanlage/40 oder Daisy-Wolrd/103).
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Auf seinen Erkundungstouren findet der Autor raue und doch wunderbare Natur sowie altes Handwerk wie z.B. das Fleischerei-Museum (54) oder das Tischlerei-Museum in Pöchlarn (57) oder zahlreiche Zeugnisse der wechselhaften Geschichte dieses Landstrichs. Nicht vergessen sollen auch die Opfer des NS-Regimes sein, derer an zahlreichen Stellen gedacht wird (17, 24, 47, 48, 81).

Fazit:

Wieder ein gelungener Streifzug zu 111 Orten, die man ohne dieses Buch vielleicht nicht so leicht finden würde. Gerne gebe ich für diese Anregungen 5 Stern.

Veröffentlicht am 20.07.2021

Eine gelungene Romanbeiografie

Der gefangene König
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„Los! Mit weniger als dreißig Mann kann man ein Königreich erobern“

Während es über Napoleon Bonaparte Dutzende Biografien und Romane gibt, sind Bücher über seine Generäle Mangelware. Diese Romanbiografie ...

„Los! Mit weniger als dreißig Mann kann man ein Königreich erobern“

Während es über Napoleon Bonaparte Dutzende Biografien und Romane gibt, sind Bücher über seine Generäle Mangelware. Diese Romanbiografie beschäftigt sich mit dem wohl schillerndsten aller seiner Gefolgsleute: Joachim Murat (1767-1815), Maréchal d’Empire (ab 1804), französischer Prinz (ab 1805), von 1806 bis 1808 als Joachim I. Großherzog von Berg, von 1808 bis 1815 ebenfalls als Joachim I. (italienisch: Gioacchino I) König von Neapel.

Wir begegnen dem König von Neapel in den wohl bittersten Wochen seines Lebens: gefangen in der Festung Pizzo, sein Todesurteil erwartend, lässt der Weggefährte und Schwager Napoleons sein Leben Revue passieren. Da darf seine einfache Herkunft als Sohn eines Gastwirtes ebenso wenig fehlen wie seine Ausbildung zum Priester. Diesen Beruf übt er nur kurz aus, denn sein Lebenswandel ist alles andere als gottgefällig. Als Pferdenarr schließt er sich der Armee an und übersteht die Wirren der Revolution. Ja, er ist begeistert von den neuen Ideen von „Liberté, Fraternité,Egalité“.
Ab dem Italienfeldzug geht es Schlag auf Schlag und als er 1799 beim Staatsstreich Napoleon quasi rettet, scheint sein Stern unaufhaltsam zu steigen. Murats Karriere ist direkt mit Napoleon verbunden, heiratet er doch Carolina Bonaparte. Allerdings, das muss deutlich gesagt werden, sind seine Verdienste ehrlich erworben, denn keiner kann es mit ihm seiner Tollkühnheit und seinem Mut aufnehmen. Seine prachtvollen Fantasieuniformen sorgen oftmals für Spott, doch seine Männer folgen der mindesten einen Meter langen Straußenfeder auf seinem Tschako bedingungslos. Joachim Murat gleicht einem Paradiesvogel, während sein großes Vorbild Napoleon in bescheidener grüner Uniform auftritt.

Im Rückblick auf sein Leben kommen Murat doch Zweifel an so manchem Feldzug und so mancher Entscheidung seines Kaisers Napoleon. Obwohl er, Murat, maßgeblich zum Sieg über Österreich bei der Schlacht am Wagram 1809 beigetragen hat, ernten andere die Lorbeeren. Er zieht sich in das ihm zugesprochene Königreich Neapel zurück. Erst zum Russlandfeldzug 1812 ist er wieder dabei.

Doch in der Zeit vor seiner Hinrichtung erleben wir auch einen zweifelnden Murat. Ob er besser daran getan hätte, sich wie Jean Baptiste Bernadotte rechtzeitig von Napoleon zu lösen? Verrat ist Murats Sache nicht, auch wenn Napoleon letztlich jeden des Verrats bezichtigt hat.

Dass er seinem Erschießungskommando letztlich selbst den Befehl zum Feuern gibt, passt gut zu diesem Haudegen, der als eitler Pfau in die Annalen der Weltgeschichte eingegangen ist.

Meine Meinung:

Eine gelungene Romanbiografie, in der geschickt Fakten mit Fiktion verquickt sind. Dass Murat ein unbequemer, ein renitenter aber auch ein treuer war, ist unbestritten.

Mit seinem farbenprächtigen Schreibstil lässt uns der Autor am Leben Joachim Murats teilhaben. Wir tauchen ein in eine Zeit, die geprägt ist von Kriegen und Elend sowie von rauschenden Festen.

Francois Garde zeigt einen interessanten Menschen, der selbst vor dem Erschießungskommando keine Furcht zeigte. „Soldaten, zielt auf das Herz, schont das Gesicht!“

Fazit:

Eine gelungene Romanbiografie, der ich gerne 5 Stern gebe.

Veröffentlicht am 20.07.2021

Fesselnd bis zur letzten Seite

Der Tod ist ein Tänzer
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Dieser erste Band der Trilogie rund um Josephine Baker führt die Leser in das Berlin des Jahres 1926. Es ist die Zeit der Weimarer Republik, der verschiedene Gruppen und Gruppierungen kein langes Leben ...

Dieser erste Band der Trilogie rund um Josephine Baker führt die Leser in das Berlin des Jahres 1926. Es ist die Zeit der Weimarer Republik, der verschiedene Gruppen und Gruppierungen kein langes Leben wünschen und emsig an deren Ende arbeiten. Kommunisten, Sozialisten, Kaisertreue oder national Gesinnte - jeder gegen jeden. In diesem politischen Hexenkessel soll die erst 19 Jahre alte, in Paris gefeierte Josephine Baker auftreten, was unter anderen die Schlägertrupps der SA verhindern wollen.

Es ist ein Tanz auf dem Vulkan bei dem Josephine Baker und Nowak aufeinandertreffen. Nowak, seinen Vornamen verschweigt er geflissentlich, ist ein gebrochener Überlebender des Großen Krieges. Neben seinen Idealen hat er auch seinen wirklichen Namen abgelegt und fristet als Boxer und Schieber sein Leben. Als er von seinem Onkel Henry von Seydlitz den Auftrag erhält, Josephine Baker zu beschützen, ist er nur mäßig begeistert. Seine Vorbehalte ändern sich recht schnell, als die Bedrohung real wird.

Meine Meinung:

Josephine Baker zum Mittelpunkt eines Krimis im Berlin von 1926 zu machen, finde ich sehr spannend. Während sie in Paris gefeiert wird, lehnen sie hier in Berlin die meisten Menschen ab. Alles Fremde wird kritisch und doch sensationslüstern beäugt. Es ist die Zeit der „Völkerschauen“. Im Zirkus Hagenbeck werden seit 1874 Afrikaner in nachgemachten Dörfern begafft. Ähnlich geht es Josephine. Ihre Revuen sind meistens ausverkauft, doch viele wollen nicht ihre Show sehen, sondern die spärlich bekleidete Tänzerin lüstern anstarren.

Veronika Rusch ist er vortrefflich gelungen, die Stimmung des Berlin von 1926 einzufangen. Auf der einen Seite, die völlig verarmte Bevölkerung, die sich oft nur durch halblegale Tricks am Leben hält und auf der anderen Seite jene, die aus dem Vollen schöpfen können. Authentisch sind auch die Netzwerke von Adeligen und Offizieren, die von der aktuellen Politik enttäuscht sind, beschrieben. Die Dolchstoß-Legende feiert auch ihre fröhlichen Urstände.

Der Schreibstil ist fesselnd und ich habe mich bestens unterhalten gefühlt. Ich kenne mehrere Reihen aus dieser Zwischenkriegszeit. Jede für sich bringt einen anderen Blickwinkel. Diese hier beleuchtet den Fremdenhass sehr deutlich.

Lesenswert und informativ sind das Nachwort und die historischen Anmerkungen der Autorin sowie das weiterführende Literaturverzeichnis. Ich kann noch zusätzlich die Biografie „Josephine Baker: Weltstar - Freiheitskämpferin - Ikone“ von Mona Horncastle empfehlen.


Fazit:

Dieser historische Krimi ist eine gelungene Mischung aus Fakten und Fiktion, der bis zur letzten Seite fesselt. Gerne gebe ich hier eine Leseempfehlung und 5 Sterne.