Cover-Bild Geisterwand
20,00
inkl. MwSt
  • Verlag: Berlin Verlag
  • Themenbereich: Belletristik - Belletristik: zeitgenössisch
  • Genre: Romane & Erzählungen / Sonstige Romane & Erzählungen
  • Seitenzahl: 160
  • Ersterscheinung: 03.05.2021
  • ISBN: 9783827014139
Sarah Moss

Geisterwand

Roman | Ein beeindruckender Roman über familiäre Gewalt und uralte Rituale
Nicole Seifert (Übersetzer)

Eine einzige Tochter. Ihr dominanter Vater. Ein Wald in Northumberland, in dem eine Gruppe Archäologen einen Sommer lang leben will wie in der Eisenzeit ... Uralte Rituale, die seltsame Anziehungskraft ferner Zeiten und Lebensweisen verschränken sich in diesem brillanten Roman auf wahrhaft atemberaubende Weise mit sehr heutigem Missbrauch. Geisterwand komprimiert große und dringliche Themen – die Gefahren eines nostalgischen Nationalismus, Gewalt gegen Frauen und Kinder, was verloren, was gewonnen wird, wenn der Mensch nicht mehr als Knecht der Natur lebt – in einer rasiermesserscharf geschliffenen Spannungserzählung.

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Lesejury-Facts

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 15.06.2021

Gänsehaut-Geschichte

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Beschreibung

Eine dreiköpfige Familie lebt für einen Sommer mit einigen Studenten und einem Professor in einem archäologischen Camp in Northumberland, um das Leben der Eisenzeit zu erforschen. Das naturverbundene ...

Beschreibung

Eine dreiköpfige Familie lebt für einen Sommer mit einigen Studenten und einem Professor in einem archäologischen Camp in Northumberland, um das Leben der Eisenzeit zu erforschen. Das naturverbundene Leben, nahe dem Moor, mit all seiner faszinierenden und mystischen Kraft einer längst vergangenen Zeit, eröffnet den Raum nicht nur für das Jagen und Sammeln von Nahrung, sondern bereitet auch den Boden für archaische und rohe Rituale…

Meine Meinung

Sarah Moss vermischt in ihrem atmosphärischen Roman »Geisterwand« die Anziehungskraft der Vergangenheit mit den realen und greifbaren Ängsten einer siebzehnjährigen jungen Frau in der Gegenwart.

Silvie ist siebzehn Jahre alt und verbringt den Sommer mit ihrer Mutter und ihrem dominanten Vater, der seinen ganzen Jahresurlaub für sein archäologisches Hobby genommen hat, in einem Camp in den Wäldern Nordenglands, nahe der Grenze zu Schottland. Das Projekt zur Erforschung der Lebensweise in der Eisenzeit wird von einem Professor geleitet und von einigen seiner Studenten begleitet, doch schnell wird klar, dass eigentlich Silvies Vater mit seiner ganzen Inbrunst bezüglich der britannischen Vorfahren die eigentliche Führung übernommen hat. Mit pedantischer Genauigkeit achtet ihr Vater auf das getreue Nachahmen der damaligen Zeit, von der Kleidung, der Schlafstätte bis hin zur Nahrungszubereitung, um so den Vorfahren so nahe wie möglich zu kommen.

In der Sommerhitze, die Haut gereizt von den kratzenden Tuniken aus grobem Stoff und belastet durch die kräftezehrende Suche nach Nahrung schmelzen die Masken des gesellschaftlichen Miteinanders der Gegenwart und geben den Blick auf die rohe Seite der Menschlichkeit frei. Doch Silvie versucht dennoch die Zeichen der Gewaltausübung ihres Vaters vor den anderen zu verbergen.

Die feinfühligen Worte von Sarah Moss lassen die bangen Gefühle und panische Angst, die Silvie gegenüber ihrem beherrschenden Vater empfindet, zunächst unterschwellig anklingen, was sich jedoch schon bald zu einer greifbaren Furcht steigert und sich stetig verdichtet, bis man den unangenehmen Kloß einer bösen Vorahnung nicht mehr verleugnen kann.

Eine Beklemmung, der man sich nicht entziehen kann, dringt zwischen den Zeilen zu einem durch und wird durch die alten Rituale und Gebräuche, derer die Männer nachspüren noch verstärkt. Nachdem die Urinstinkte und Triebe nicht mehr durch Jagen zu befriedigen sind, üben die gewaltigen Mächte von Geisterwand und Opfergaben ihre Anziehungskraft aus.

Silvie ist fasziniert von der Studentin Molly, die im Gegensatz zu ihr ein ungebrochenes Selbstbewusstsein ausstrahlt und ohne Angst mit ihren männlichen Studenten umgeht, sogar nackt baden geht. Molly bleibt es nicht verborgen, dass mit Silvie etwas nicht stimmt, und versucht unter die harte Schutzschale der Verdrängung zu knacken.

Fazit

Sarah Moss nutzt in »Geisterwand« die gespenstische Kraft der urzeitlichen Riten aus, um gegenwärtigen Missbrauch und Unterdrückung mit einer Gänsehaut-Geschichte zu verdeutlichen.

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© Bellas Wonderworld; Rezension vom 27.05.2021

Veröffentlicht am 21.07.2021

Erschütternd

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Selbst Tage nachdem ich das Buch beendete, fehlen mir noch die Worte. Den Stil, muss ich gestehen, fand ich stellenweise sehr anstrengend. Die Geschichte wird auch der Sicht der Tochter Silvie erzählt, ...

Selbst Tage nachdem ich das Buch beendete, fehlen mir noch die Worte. Den Stil, muss ich gestehen, fand ich stellenweise sehr anstrengend. Die Geschichte wird auch der Sicht der Tochter Silvie erzählt, was das ganze recht greifbar machte und mir oft unter die Haut ging, denn es zeigt deutlich, dass man einem Kind auch anerziehen kann, dass Dinge, die eigentlich falsch sind, etwas selbstverständliches sein können bzw. als solches wahrgenommen werden - man die Schuld für etwas zu tragen hat, für das man oftmals gar nichts kann. Was ich jedoch anstrengend fand war nicht die Sicht, sondern die Tatsache, dass es direkte Rede gibt, diese aber nicht als solche gekennzeichnet ist. Daran muss man sich erst mal gewöhnen und oftmals musste ich einen Satz doppelt lesen um das Gelesene korrekt zuordnen zu können.

Wie schon erwähnt, konnte ich mich in die Geschichte unglaublich gut hinein versetzten, wenngleich ich glücklicherweise nie in dieser Lage war. Der Vater entscheidet, dass die Ferien mit einer Gruppe Studierenden verbracht wird. Die Eisenzeit soll nachgespielt werden, so müssen Lebensmittel gesucht und Dinge hergestellt werden. Die Männer gehen selbstverständlich auf die Jagd, die Frauen machen den Rest. Schnell wird Silvie klar, dass die Studierenden ein anderes Leben führen als sie, ein unbeschwerteres. Sie scheint es nicht zu interessieren was ihr Vater verlangt, denn sie haben die Konsequenzen daraus nicht zu tragen und für sie ist alles nur ein Spiel, von dem höchstens eine Note abhängt. Die Autorin spricht dies immer wieder an, doch es dauert bis die wahre Natur des Vaters klar gezeigt wird. Doch man spürt die Angst der jungen Silvie, sie schwingt in der Geschichte stets mit, sodass man als Leser nur auf den großen Knall wartet. Mit wenigen Worten nimmt einem die Autorin den Atem, beschleunigt den Herzschlag, lässt einen entgeistert zurück und das auf unfassbar wenigen Seiten.

Jetzt habe ich gefühlt sehr viel geschrieben und doch nichts gesagt, denn dazu fehlen mir buchstäblich die Worte. Dieses Buch erzählt meiner Meinung nach aus dem Leben heraus. Direkt, unverblümt und schnörkellos. Vielleicht nicht genau in dieser Konstellation, im Zusammenhang mit diesem "Schauspiel", aber jede Familie kann betroffen sein und wir sollten nicht weg schauen, niemals, denn wie die Autorin es gut darstellt, lass sich immer Grenzen finden, die überschritten werden können. Ein Buch, dass für mich zwar weniger fluffig zu lesen war, aber dafür durch Mark und Bein ging.

Fazit:

Eine erschütternde Familiengeschichte, die jeden betreffen kann, realitätsnah erzählt und packend vom Anfang bis zum Ende.