Tanztee
TanzteeEndlich ist er da, der zweite Teil des Tagebuches aus der Feder des rüstigen Senioren Hendrik Groen und wie bereits „Eierlikörtage“ konnte mich auch „Tanztee“ von der ersten bis zur letzten Seite begeistern.
»Man ...
Endlich ist er da, der zweite Teil des Tagebuches aus der Feder des rüstigen Senioren Hendrik Groen und wie bereits „Eierlikörtage“ konnte mich auch „Tanztee“ von der ersten bis zur letzten Seite begeistern.
»Man bereut in erster Linie Dinge, die man nicht getan hat.« (Seite 11)
Nach einem Jahr Pause nimmt uns Hendrik Groen wieder mit in das Altenheim in Amsterdam, wo er lebt und mit seinen Freunden aus dem Club „Alt aber nicht tot“ (kurz Alanito) dort ganz schön für Furore sorgt.
Das Tagebuch lässt sich, auch wenn es tägliche Einträge und kein „Fließtext“ sind, herrlich flüssig lesen. Das liegt auch an dem Schreibstil des Autoren. Mit sehr viel Eigenironie, Sarkasmus, aber dennoch mit viel Fingerspitzengefühl lässt uns Hendrik Groen teilhaben an seinem Leben im Altenheim, an den großen und kleinen Problemen von ihm und den Bewohnern. Wir werfen einen Blick auf die Zustände die in so einem Heim herrschen; auf die Bewohner aber auch auf die Heimleitung und die Betreuer. Wir erfahren, mit welchen Hindernissen alte Menschen zu kämpfen haben.
»Studien haben gezeigt, dass ein Mensch mit achzig glücklicher ist als mit vierzig.
Mit vierzig ist man an seinem Glückstiefstpunkt. Da macht man sich sowohl Sorgen
um seine Eltern als auch um seine Kinder, und der Job sorgt für zusätzlichen Stress.«
(Seite 19)
Wir erleben einen Stromausfall mit; sind dabei als der Fahrstuhl stecken bleibt; erleben das Weihnachtsessen.
Aber nicht nur diese Themen kommen in dem Buch vor. Der Autor wirft auch einen kritisch-sarkastischen Blick auf das Weltgeschehen, kommentiert wichtige Ereignisse in seiner ganz eigenen Art.
Das Tagebuch hat viele Facetten, die das Buch so lesenswert machen: es ist berührend und traurig, lustig und lebensbejahend, sehr interessant geschrieben.
»Im Allgemeinen komme ich schon ganz anständig durchs Leben, aber gestern hatte ich wirklich einen schlechten Tag. Ich war müde und kurzatmig, es ging mir elend. „Alt werden ist wie Schiffbruch erleiden“, sagte Präsident de Gaulle, und der ist ja bloß achtzig geworden. „Man hängt doch ein bißchen in den Seilen des Lebens“. sagte Graeme neulich mit einem breiten Grinsen. Ich hatte die Vision von zwei steinalten Boxern mit zu großen Handschuhen, die zu müde waren, um überhaupt noch mal aus ihrer Ecke zu kommen.« (Seite 95)
Der Autor nimmt sich selber nicht so richtig ernst – seine Mitbewohner erst recht nicht. Es sind viele bekannte Gesichter aus dem ersten Teil dabei, neue kommen hinzu und es gibt auch Figuren, die uns im Laufe des Buches verlassen.
Der Club Alanito macht weiter – auch alte Menschen am Ende ihres Lebensweges wollen noch etwas erleben – und so beschließen sie, regelmäßig essen zu gehen. Neue Restaurants, neue Geschmacksrichtungen zu entdecken. Diese Ausflüge haben mir besonders gut gefallen, zeigen sie doch, dass man nicht immer in ausgetretenen Pfaden bleiben muss, sondern auch im Alter ein Recht (und die Lust) auf neues, auf Neuentdeckungen hat.
»…. Es war einer von diesen Tagen, an denen man das Leben
wie einen Sandsack hinter sich herschleifen muss.« (Seite 293)
Ein ernstes Thema im Buch ist natürlich der Tod – der ist im Altenheim immer präsent. Hendrik macht sich Gedanken über das selbstbestimmte Sterben. Diese Möglichkeit wird in kleineren Nebenabschnitten immer mal wieder aufgegriffen und hab mich sehr zum Nachdenken gebracht.
In dem Buch soll das Altsein nicht glorifiziert werden. Das Buch soll das Altsein bzw. Altwerden mit all seinen Facetten zeigen. Und es soll zeigen, dass sich das Leben lohnt. Das man dem Leben auch im hohen Alter noch schöne Stunden abgewinnen kann.
»Der Sinn des Lebens ist die Lust aufs Leben.« (Seite 424)
Auch wenn mittlerweile klar ist, das Hendrik Groen ein Pseudonym ist und er kein 83-jähriger Senior aus einem Heim ist, so hat mir das Buch wieder schöne und berührende Lesestunden bereitet.
Von mir bekommt das Buch 5 von 5 Sternen.