Wurzeln
„Jeder hat sein eigenes Meer im Herzen, das uns immer wieder seine Wellen spüren lässt. Und du weißt, jeder muss seinen Träumen folgen, um nicht unterzugehen.“
„Kaktusfeigen“ ist der erste Band der gleichlautenden ...
„Jeder hat sein eigenes Meer im Herzen, das uns immer wieder seine Wellen spüren lässt. Und du weißt, jeder muss seinen Träumen folgen, um nicht unterzugehen.“
„Kaktusfeigen“ ist der erste Band der gleichlautenden Buchreihe von Anna Castronovo. Er erschien im Juni 2021 bei Books on Demand.
Linda lebt in einer Frauen-WG mit ihrer Mutter und ihrer Tochter zusammen. Meistens sind die drei ein eingespieltes Team, doch es gibt Tage, an denen bringt ihre Mutter Linda auf die Palme. So ist es auch, als die Frage nach Lindas Vater mal wieder aufkommt und Mitzi sich wie immer weigert, von diesem zu sprechen. Kurzerhand bricht Linda also nach Sizilien auf, um ihren Vater zu suchen und mehr über ihre Herkunft zu erfahren. Auf der Suche nach ihren Wurzeln begegnet sie aber nicht nur ihrer großen italienischen Familie, sondern entdeckt auch ein Geheimnis, das ihre Geburt umschattet…
Auf den ersten Buchseiten hielt ich „Kaktusfeigen“ für einen netten und unterhaltsamen Roman, der leicht ins Alberne tendiert und somit leichte Unterhaltung verspricht. Ich mag diese Art der Romane nicht ganz so gern, weswegen ich zunächst ein wenig enttäuscht war, aber zum Glück trotzdem weitergelesen habe! Die Romanthematik und -stimmung verändert sich nämlich im Laufe der Handlung und wechselt von albern und übertrieben zu tiefgründig und spannend. Zwar gibt es auch immer wieder Abschnitte oder Passagen, in denen die eher lustige Atmosphäre zurückkehrt, die spannenden und interessanten Passagen überwiegen aber glücklicherweise. Insgesamt kann ich mich mit diesen Abschnitten deutlich besser identifizieren und habe mich wohler gefühlt, wenn Lindas Mutter nicht in die Handlung involviert war. Mit dieser geht nämlich nicht nur die Albernheit einher, sondern auch der bayerische Dialekt, den ich nicht gerne lesen mag.
Linda als Protagonistin und auch ihre italienische Familie haben mir hingegen sehr gut gefallen. Ich finde Lindas Handeln und ihren überstürzten Aufbruch nach Italien unglaublich mutig und kann absolut verstehen, was sie dazu bewogen hat. Sie möchte ihren Vater kennenlernen und ihre eigenen Wurzeln finden und beweist dabei wohl mehr Courage als in ihrem gesamten bisherigen Leben. Ihre Entwicklung wird im Roman sehr deutlich, denn während sie zu Beginn noch eher zurückhaltend ist und es allen rechtmachen möchte, erkennt sie schließlich, dass sie durchaus auch mal ihre eigenen Wünsche durchsetzen kann.
Die Suche nach ihrem Vater gestaltet sich nicht so leicht wie gedacht und auch der angebliche Tod ihrer Zwillingsschwester scheint plötzlich Rätsel aufzugeben. Zum Glück erhält Linda bei ihrer Suche Unterstützung von ihrer italienischen Familie, die genauso herzlich und chaotisch ist, wie man sich eine solche Familie vorstellt. Die Darstellung ist Anna Castronovo meines Erachtens sehr gut gelungen!
Auch der Schreibstil ist insgesamt sehr schön. Die Geschichte lässt sich sehr leicht und flüssig lesen, die Buchseiten fliegen nur so dahin und die Spannung in der Handlung tut ihr Übriges, sodass man den Roman eigentlich kaum beiseitelegen kann.
Gefallen hat mir zudem, dass neben der fiktiven Geschichte auch reale und wichtige Themen, wie die Flüchtlingsproblematik aufgegriffen und gut in die Handlung eingebaut werden. Es werden unterschiedliche Sichtweisen dargestellt und am Romanende mit einer weiteren Erklärung und näheren Hintergrundinfos abgerundet.
Der Roman endet schließlich mit einem schönen Ausblick auf den folgenden Band der Reihe. Ich freue mich sehr auf die Fortsetzung und habe diesbezüglich nur eine kleine Kritik. Ich würde mir bei solchen Buchreihen immer wünschen, dass schon auf dem Buchcover (egal, ob vorne oder hinten) oder spätestens auf den ersten Seiten, deutlich erkennbar ist, dass es sich nicht um einen Einzelband handelt! Dies macht es dem Leser viel einfacher zu erkennen, was für einen Roman er vor sich hat. So wird man nicht ggf. enttäuscht, dass Handlungsstränge offenbleiben und wird gleichzeitig davor bewahrt, die falsche Reihenfolge beim Lesen zu wählen.
Mein Fazit: Insgesamt ist „Kaktusfeigen“ ein sehr gelungener Reihenauftakt. Mit viel Charme und einer guten Prise Humor erzählt die Autorin eine Geschichte über die Suche nach der eigenen Herkunft und dem Zusammenhalt einer Familie. Gleichzeitig mangelt es nicht an Spannung und dem Bezug zu realen Problemen. Mir hat das Lesen sehr viel Spaß gemacht, weshalb ich 4 von 5 Sternen vergebe und mich sehr darauf freue, zu erfahren, wie es mit Linda und ihrer Familie weitergeht.