Trotz spannender Ausgangssituation und packender erster Hälfte, geht Nalini Singhs zweitem Neuseelandthriller leider vorschnell die Puste aus
Die dunkle Stille des WaldesDamals:
Das attraktive, schwerreiche indische Ehepaar Rai, wird von vielen Mitmenschen und Freunden beneidet. Sie leben in einem luxuriösen Haus, das inmitten einer Siedlung steht, die lediglich von den ...
Damals:
Das attraktive, schwerreiche indische Ehepaar Rai, wird von vielen Mitmenschen und Freunden beneidet. Sie leben in einem luxuriösen Haus, das inmitten einer Siedlung steht, die lediglich von den reichen und einflussreichen Neuseeländern bewohnt wird. Nina ist eine hingebungsvolle Mutter für ihren Sohn Aarav, doch obwohl dieser seine Mutter ebenfalls sehr liebt, hasst er die zerstörerische Beziehung, die seine Eltern führen. Beide lassen keine Gelegenheit aus, den anderen zu beleidigen oder zu brüskieren und oftmals enden diese Streits damit, dass Nina in ihren schicken Wagen steigt und für eine Weile davonbraust.
Doch irgendwann kehrt sie nach einer dieser nächtlichen Fahrten nicht mehr zurück. Während Aaravs Vater glaubt, dass seine Frau ihn verlassen hat, denn es fehlt ebenfalls eine beträchtliche Summe auf seinem Bankkonto und nichts unversucht lässt, sich umgehend und in Abwesenheit Ninas scheiden zu lassen, glaubt Aarav nicht daran, dass seine Mutter ihn einfach im Stich gelassen hätte…
Heute:
Aarav ist ein berühmter Krimi und Thrillerautor geworden, dessen Debütroman gleich ein Bestseller wurde. Er ist nun unabhängig, doch trotz seines Erfolges ist er immer noch im Grunde seines Herzens rastlos und unglücklich. Einige Dinge sind in seinem Leben schief gelaufen, unter anderem auch die Beziehung zu einem Fotomodell. Aarav geht regelmäßig zu einem Psychologen, um seine Vergangenheit aufzuarbeiten, doch ein Autounfall wirft ihn weit zurück, da er sich nun, für eine Weile, in seinem Elternhaus einquartieren muss. Aaravs Vater hatte nach dem Verschwinden seiner Frau schnell eine neue Frau gefunden und mit ihr eine Tochter gezeugt. Obwohl Aarav seine kleine Schwester vergöttert, hasst er seinen Vater abgrundtief, denn er glaubt nach wie vor, dass sein Vater einst seine Mutter tötete.
Als eines Tages Ninas Wagen im Busch aufgefunden wird, mit ihrer Leiche auf dem Beifahrersitz, ist es Aarav ein besonderes Anliegen den Mörder seiner Mutter zu finden. Doch es ist ein schwieriges Unterfangen, denn seit des Unfalles, scheint er mental nicht mehr ganz der alte zu sein. Anders sind seine Aussetzer und sein nächtliches Schlafwandeln nicht zu erklären. Und plötzlich scheinen seine Erinnerungen zu verschwimmen…
Nach Nalini Singhs erstem Neuseelandkrimi „Im grausamen Licht der Sonne“, führt die Autorin ihre Leser nun erneut in die malerische Gegend zurück, doch ist „Die dunkle Stille des Waldes“, genau wie „Im grausamen Licht der Sonne“, ein stand alone. Lediglich das Setting ist gleich.
Der Roman wird in „Ich-Form“, aus der Sicht von Aarav geschildert. Obwohl Aarav sich für einen Soziopathen hält, wird dem Leser schnell klar, dass Aarav alles andere als das ist und lediglich im Laufe der Jahre gelernt hat, seine wahren Gefühle vor anderen zu verbergen, aus Angst verletzt zu werden. Ich finde, dass es der Autorin überzeugend gelungen ist, Aaravs schwierige Persönlichkeit für den Leser transparent zu machen. Ebenfalls mag ich den schwarzen Humor, den der Romanheld an den Tag legt. Und die Romanpassagen, in denen er sich mit seiner Schwester oder Stiefmutter austauscht finde ich sehr ans Herz gehend.
Die erste Hälfte des Thrillers lässt sich dann auch richtig gut und spannend an, obwohl sie die ganze Aufmerksamkeit ihrer Leserschaft fordert. Denn es werden sehr viele Nebenfiguren eingeführt, die allesamt sehr viele interessante Dinge von sich geben. Man muss also höllisch aufpassen, damit man den Durchblick behält, bei den vielen Beziehungen und den Querverbindungen. Dazu wühlt sich Aarav durch zahlreiche Gerüchte, die in der Siedlung die Runde machen und zahlreiche Rückblenden und Erinnerungsfetzen, die ihm durch den Kopf gehen, sorgen irgendwann schon mal für Verwirrung beim Leser. Besonders in der zweiten Hälfte des Romans, fiel es mir zunehmend schwerer, am Ball zu bleiben, denn Aaravs mentale „Ausfälle“, gepaart mit den Rückblenden, ließen diverse Romanpassagen plötzlich wirr wirken. Man kann es also dem Romanhelden nachfühlen, dass er nicht mehr weiß wo oben und unten ist.
Vielleicht hätte mich dieser Punkt nicht so sehr gestört, wenn es der Autorin gelungen wäre, die Spannung hochzuhalten. Doch leider war das nicht so. Die Handlung drehte ich irgendwann nur noch im Kreis und die Enttarnung des Täters, fand ich dermaßen unspektakulär dargeboten, dass ich schon ziemlich enttäuscht war. Zudem erfährt man praktisch lediglich aus dem „Off“ welches Motiv er hatte, Nina umzubringen.
So kann ich leider nicht mehr als 3.5 von 5 Punkten für den aktuellen Neuseelandthriller der Autorin vergeben.
Kurz gefasst: Trotz spannender Ausgangssituation und packender erster Hälfte, geht Nalini Singhs zweitem Neuseelandthriller leider vorschnell die Puste aus.