✎ Carsten Müller & Sarah Siegl - Von wegen Bienchen und Blümchen!
Von wegen Bienchen und Blümchen! Aufklärung, Gefühle und Körperwissen für Kinder ab 5Als ich dieses Buch in der Hand hielt und erstmal alleine durchlas - das tue ich grundsätzlich bei Kinderbüchern -, war ich im Großen und Ganzen wirklich begeistert. Nachdem mich nämlich "Lina, die Entdeckerin" ...
Als ich dieses Buch in der Hand hielt und erstmal alleine durchlas - das tue ich grundsätzlich bei Kinderbüchern -, war ich im Großen und Ganzen wirklich begeistert. Nachdem mich nämlich "Lina, die Entdeckerin" arg enttäuscht hatte, hoffte ich hier auf eine bessere Umsetzung.
Ein ganz wichtiger Hinweis kommt direkt im Vorwort:
»Das Tempo der Aufklärung bestimmt Ihr Kind weitgehend selbst.« (S. 3)
(wobei mich hier das Wort 'weitgehend' stört, denn ich persönlich greife nicht vor, sondern richte mich nach dem, was meine Tochter interessiert)
Umso verwirrter war ich, als in einer Infobox auf einmal stand:
»Wenn Ihr Kind bis zum Ende der Kindergartenzeit nicht gefragt hat, wie Babys entstehen, dann sollten Sie es an das Thema heranführen.« (S. 28)
Warum? Wenn es an diesem Thema einfach noch nicht interessiert ist, werde ich es ihr auch nicht aufdrängen. Das ist für mich ein Übergriff mit einem sehr sensiblen Thema.
Als es darum geht, welche Menschen auf der Erde leben, wird auch das Dritte Geschlecht angesprochen. Das finde ich sehr fortschrittlich.
Generell finde ich immer wieder Aussagen, die superwichtig sind:
»Wichtig ist es, die Geschlechtsteile korrekt zu benennen - [...].« (S. 8)
»So, wie du bist, bist du genau richtig. Und es ist schön, dass du einer dieser fast acht Milliarden Menschen bist.« (S. 9)
Aber es gibt auch Stellen, die ich so meinem Kind nicht vorlese:
»Außerdem gibt es gute und schlechte Gefühle: [...]« (S. 10)
Nein! Es gibt keine "guten" und "schlechten" Gefühle! Jedes Gefühl darf sein! Vielleicht gibt es Gefühle, die sich nicht so toll anfühlen, doch sie als 'schlecht' zu bezeichnen, finde ich absolut verkehrt.
Das Thema 'Gefühle' wird auf einigen Seiten erläutert. Einiges kann man schon recht früh besprechen, einiges werden Kinder erst später verstehen. Leider sind die Gefühle ein bisschen verstreut.
Etwas, was mich sehr angesprochen hat, war eine Liste mit Regeln zu Doktorspielen. Zu diesem Thema gibt es dann ebenfalls einen super Hinweis für Vorlesende, wie man eine unpassende Situation zwischen Kindern ganz einfach auflöst.
Dann kommt eine Stelle, über die ich gestolpert bin: Mich irritieren Bilder von Sexstellungen in einem Buch, welches für Kinder ab 5 vorgeschlagen wird, schon sehr.
Ich denke, kein Mensch in diesem Alter interessiert sich für Sex. Klar fragt meine 3-Jährige, wie ein Baby in Mamas Bauch kommt. Das erkläre ich ihr auch gerne, aber eben ohne Sex speziell zu thematisieren. Eizelle und Samenzelle ist da meiner Meinung nach absolut ausreichend.
Auch um sie aufzuklären, dass NIEMAND irgendwelche Finger, Körperteile oder Dinge in ihre Körperöffnungen stecken darf, bedarf es dieser Darstellung nicht.
Um seinen Nachwuchs über Sex aufzuklären, bedarf es zu einem späteren Zeitpunkt geeignetere Literatur. Doch ins Kindergarten- / Grundschulalter gehört dieses Thema nicht. (dazu kann man sich übrigens bei Fachleuten bei entsprechenden Kinderschutzorganisationen informieren)
Gut finde ich, dass mit Rollenklischees gebrochen wird. Es wird auf verschiedene Familienformen eingegangen. Es wird gezeigt, dass es keine Jungssachen gibt, die Mädchen nicht dürfen oder können. (und umgekehrt) Und dabei wird etwas ganz Bedeutendes an das Kind weitergegeben:
»Jeder ist gut und richtig so, wie er ist. Das Geschlecht macht da keinen Unterschied.« (S. 33)
Das Thema 'Pubertät" wird ebenfalls gut erklärt.
Natürlich ist vieles für meine 3-Jährige noch nicht greifbar, aber das ist das Schöne daran: So wird uns dieses Werk über einige Jahre hinweg begleiten. Bei uns steht es nicht frei zugänglich im Regal, denn es bedarf einer intensiven Begleitung.
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