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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 12.01.2022

Zu viel, zu voll

Zum Paradies
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Ich wollte gern ein Buch von Hanya Yanagihara lesen, nachdem ich unzählig oft begeisterte Stimmen über ihre Vorgängerromane gehört habe. An ihren großen Bestseller „Ein wenig Leben“ habe ich mich thematisch ...

Ich wollte gern ein Buch von Hanya Yanagihara lesen, nachdem ich unzählig oft begeisterte Stimmen über ihre Vorgängerromane gehört habe. An ihren großen Bestseller „Ein wenig Leben“ habe ich mich thematisch nicht herangetraut. Mit "Zum Paradies" wollte ich die Autorin nun gerne entdecken.
Leider bin ich enttäuscht worden. Das Buch ist nicht einfach nur ein Buch, es ist ein Epos. Ein Werk, das enorm viel Zeit und Aufmerksamkeit beansprucht.
Ich habe immensen Respekt vor dem Ideenreichtum und der Fantasie Yanagiharas, die es unvergleichlich eindrücklich schafft nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern Wirklichkeiten vor dem Auge des Lesers/ der Leserin entstehen zu lassen. Wie das echte Leben verläuft sich ihr Text in kleinste Verästelungen von Nebenhandlungen, die alle miteinander in Verbindung stehen und sich gegenseitig bedingen, aber doch auch wieder unabhängig voneinander existieren.
Und genau da liegt mein persönliches und mit Sicherheit sehr subjektives Problem. Ich konnte mich auf die Erzählweise der Autorin nicht einlassen. Der Schreibstil ist mir persönlich zu gestochen, zu detailliert und verschachtelt, zu übertrieben geistreich. Yanagiharas Text zu lesen fühlt sich für mich in etwa so an, als würde ich stundenlang auf ein hyperrealistisches Bild starren, das überdeutlich jedes noch so kleine Härchen, jede Lichtreflexion des Gezeigten darstellt.
Thematisch finde ich das Buch nach wie vor sehr interessant. Schon allein die Grundidee der ersten Geschichte, diese „andere“ Vergangenheit Amerikas, die zu einer „anderen“ Gesellschaft führt, ist genial. Yanagihara ist eine Autorin, die ihre Bücher für und über das Gute schreibt, die Hoffnung geben will. Hoffnung für alle Menschen, egal, wo sie herkommen, wer sie sind, wen sie lieben. Das merkt man ganz deutlich.
Davon abgesehen sind die drei Szenarien, die sie schafft, die Leben der drei Davids, nebeneinander gestellt, jedes für sich erzählens- und lesenswert. Unglücklicherweise konnte ich mich jedoch nur schwer auf die Geschichten einlassen, da die Art und Weise wie sie erzählt wurden, einfach keine Spannung, keinen Impuls zum Weiterlesen bei mir entstehen lassen hat. Oft hatte ich das Gefühl, dass seitenlang unfassbar viel gesagt wurde, ohne dass wirklich etwas passiert ist. Die Figuren blieben mir trotz allem eher fern. Zum Weiterlesen musste ich mich deshalb häufig überwinden.

Fazit:

Ich kann verstehen und erkennen, warum so viele Lesende begeistert von Hanya Yanagiharas Büchern sind. Wenn man „Zum Paradies“ liest, kommt man nicht daran vorbei, die Größe und die erzählerische Wucht der Geschichte wahrzunehmen. Mir als individuelle Leserin ist diese Wucht aber zu schwer gewesen. Ich habe mich von ihr letztendlich erschlagen gefühlt.

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Veröffentlicht am 30.07.2021

Nervenkitzel mit Schwächen

Eskalation
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Inhalt:
Dina Martin befindet sich auf dem Nachhauseweg von einem Freundinnentreffen. Mitten in der Nacht fährt sie gemütlich über die Landstraße, als plötzlich eine unbekannte Männerstimme aus der Freisprechanlage ...

Inhalt:
Dina Martin befindet sich auf dem Nachhauseweg von einem Freundinnentreffen. Mitten in der Nacht fährt sie gemütlich über die Landstraße, als plötzlich eine unbekannte Männerstimme aus der Freisprechanlage dringt und ihr Befehle gibt. Schnell wird klar: Der Fremde sitzt im Auto hinter Dina und er scheint alles über sie zu wissen. In ihrem eigenen Auto gefangen rast Dina durch die Nacht, bis sie von einer Polizeistreife gestoppt wird.

Meine Meinung:

Ich lese nur sehr selten Thriller und wenn ich es tue, dann sind diese meistens von Frauen geschrieben. An „Eskalation“ hatte ich Interesse, weil mich der Plot an einen Film mit Halle Berry erinnert hat, den ich einmal sehr mochte. Tatsächlich bin ich ohne mir dessen bewusst gewesen zu sein, mit gewissen Erwartungen in die Geschichte gegangen, die dann nur teilweise erfüllt worden sind. Ich bin davon ausgegangen, dass die Verfolgungsjagd einen großen Teil der Geschichte einnehmen würde. Dem ist aber nicht so.
Das Buch besteht aus sehr vielen sehr kurzen Kapiteln, die aus der Sicht von verschiedensten Charakteren erzählt werden. Generell mag ich solche Bücher sehr gerne. Im Fall von „Eskalation“ habe ich mir allerdings recht schwer damit getan, da die Kapitel so kurz sind und die Perspektiven so schnell wechseln, dass man kaum Verbindung zu den Figuren aufbauen kann. Sie bleiben stereotyp und sehr blass. Ich glaube, damit ein Buch, das so viele Charaktere fokussiert, diese auch wirklich intensiv beleuchten muss. Und das passiert hier leider viel zu wenig. Zusätzlich verstärkt wird dieses Problem durch den relativ sachlichen Schreibstil der Autorin. Phasenweise hatte ich den Eindruck der Text würde stilistisch in einen Bericht abdriften.
Nichtsdestotrotz ist das Buch spannend aufgebaut. Am Ende von beinahe jedem einzelnen Kapitel findet sich ein mehr oder weniger großer Cliffhanger, sodass immer ein Anreiz geschaffen wird um weiterzulesen.

Fazit:

Die Geschichte liest sich sehr schnell und macht ihrem Namen tatsächlich alle Ehre. Das Spannungslevel wird stetig hochgehalten. Obwohl es einige Schwachpunkte in der Ausarbeitung gegeben hat, die meine Lesefreude ein getrübt haben, ist „Eskalation“ ein kein schlechtes Buch für jeden, der an einem diesigen Sommerabend ein wenig Nervenkitzel sucht.

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Veröffentlicht am 12.09.2022

Nicht mein Held

Ich verliebe mich so leicht
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Ich hasse es, schlechte Rezensionen zu schreiben. Ich wünsche mir dann immer, ich hätte das Buch einfach nie gelesen, dann müsste ich es jetzt nicht schlecht bewerten. Manchmal versuche ich auch verzweifelt, ...


Ich hasse es, schlechte Rezensionen zu schreiben. Ich wünsche mir dann immer, ich hätte das Buch einfach nie gelesen, dann müsste ich es jetzt nicht schlecht bewerten. Manchmal versuche ich auch verzweifelt, an der Geschichte etwas Positives zu finden oder mir einen Leser/ eine Leserin vorzustellen, der/die Gefallen an der Geschichte finden könnte. Bei "Ich verliebe mich so leicht" fällt mir das alles leider ziemlich schwer. Ich muss mir im Nachhinein immer wieder in Erinnerung rufen, warum ich das Buch überhaupt lesen wollte.
Die Hauptgründe sind zum einen der großartige Ruf des Autors und zum anderen der eigenwillige Schreibstil, der mich in der Leseprobe neugierig gemacht hat. Ich finde es spannend, dass eine Liebesgeschichte aus der Perspektive eines allwissenden Erzählers gezeigt werden soll, der die Figuren und ihre Gefühle besser kennt und bewerten kann, als sie sich selbst. Das Problem bei "Ich verliebe mich so leicht" ist allerdings, dass dieser experimentelle Stil nicht darüber hinwegtrösten kann, wie inhaltslos das Buch und wie verblendet der Protagonist in diesem Fall sind.
Auf 112 Seiten wird von einem Mann in seinen mittleren Jahren berichtet, der mit einer deutlich jüngeren Frau eine sexuelle Beziehung gehabt hat und sich nun einredet, in sie verliebt zu sein und sogar ein gewisses Anrecht auf sie zu haben. Ihr klares Nein und die Tatsache, dass sie das Verhältnis beenden möchte, will er nicht wirklich akzeptieren und glaubt, sie manipulieren zu können. Viel mehr noch: Er denkt, dass ihr Nein vielleicht doch ein Ja sein könnte, sie aus diesem oder jenem Grund nur einfach nicht zugeben möchte, dass auch sie Gefühle für ihn hat. Das alles finde ich grundsätzlich schon allein auf inhaltlicher Ebene sehr schwierig. Es könnte vielleicht funktionieren, wenn der allwissende Erzähler so bissig und sarkastisch geschrieben worden wäre, dass er seinen Protagonisten vorführt und den Lesenden aufzeigt, wo die großen Fehler in dessen Denkweise liegt. Leider aber ist das nicht der Fall. Im Gegenteil. Der Text wirkt eher so, als wolle er Mitleid für den armen Protagonisten erwecken, der so viel auf sich genommen hat und extra nach Schottland gereist ist, nur um dann von der Frau seines Herzens abgewiesen zu werden. Mein Mitleid jedenfalls hält sich in engen Grenzen. Na gut, eigentlich habe ich gar keines. Ich ärgere mich mehr darüber, dass das Buch nicht klarer sagt, wie problematisch die Konstellation ist. Schon allein, bei der Art und Weise, wie der Protagonist die Frau, in die er angeblich verliebt sein soll, betrachtet, stellen sich mir die Haare zu Berge.
Massiv gestört hat mich außerdem, dass der Erzähler den Mann immer wieder als "Unser Held" bezeichnet. Ich sehe wirklich gar nichts Heldenhaftes in dieser Person. Er ist kein verzweifelter Liebender. Da ist absolut nichts, was Liebe oder auch nur Verliebtheit erklärt oder begründet. Er ist nur ein trotzköpfiger Typ, der keinen Korb einstecken kann.
Es tut mir schrecklich leid, dass ich das sagen muss, aber in diesem Fall sind mir selbst 112 Seiten noch zu viel gewesen. Normalerweise mag ich an kurzen Büchern, dass sie oft sehr verdichtet, sprachlich präzise und mit einem steilen Spannungsbogen ausgestattet sind. Das alles habe ich hier einfach nicht gefunden, so sehr ich mich auch bemüht habe.

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