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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 11.01.2024

Veränderung ist nötig

Not Your Business, Babe!
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„Not your business, babe!“ von Verena Bogner ist ein Sachbuch, das sich dem Thema Frauen in der Arbeitswelt widmet. Bogner bringt darin auf den Punkt, was viele, die sich bereits in irgendeiner Form mit ...

„Not your business, babe!“ von Verena Bogner ist ein Sachbuch, das sich dem Thema Frauen in der Arbeitswelt widmet. Bogner bringt darin auf den Punkt, was viele, die sich bereits in irgendeiner Form mit der Thematik beschäftigt haben, schon ahnen: Für Frauen bzw. weiblich gelesene Personen gibt es in der Arbeitswelt reichlich Nachteile. Aber bevor ich darauf weiter eingehe, kurz ein paar Sätze zum Aufbau des Buches: Was mir sehr gut gefallen hat, ist, dass sich die Autorin erst einmal vorstellt und ihre Ausgangssituation beschreibt, dabei ist ihr bewusst, dass sie sich als weiße Cis-Frau in einer der privilegierteren Situationen befindet und gerade deshalb auf die Missstände, die für viele andere Frauen noch prekärer sind, aufmerksam machen möchte. Diese selbstreflektierte Sicht gefällt mir, denn sie schreibt auch, dass wir ohne Menschen mit diesen Möglichkeiten nicht vorankämen. Warum das so ist, belegt sie mit zahlreichen guten und konkreten Beispielen aus fundierten Quellen und Studien. Oft wird in der Gesellschaft beim Individuum angesetzt, dass aber nicht jedes Individuum die gleichen Voraussetzungen hat, wird dabei gerne übersehen. Ein großer Kritikpunkt Bogners. In diesem Zuge deckt sie auch vermeintliche Feministinnen auf, die behaupten, einfach nur hart genug arbeiten zu müssen, um Erfolge zu erzielen. Dass diese Frauen aber fernab unserer Realität agieren, wie z. B. Kim Kardashian und das nicht sehr selbstreflexiv betrachten, kehren sie gerne mal unter den Teppich.
In dem Buch tauchen auch immer wieder Begriffe auf wie Hustle Culture, Extrameile und Girlboss, auf deren Problematik an vielen Stellen aufmerksam gemacht wird. Dadurch lassen sich manche gesellschaftlichen Vorstellungen besser erkennen und Fallstricke entlarven.
Abschließend ist zu sagen, dass Bogner nicht den Anspruch hat, eine Lösung für die komplexen Probleme von Frauen in der Arbeitswelt zu finden, aber sie gibt eine Gehrichtung vor, die Frauen und durchaus auch Männern hilft, die Fallstricke des Kapitalismus zu erkennen und stärker für sich und andere einzustehen, um in Zukunft eine Veränderung zu bewirken.
Damit hat mir dieses auf seine Art sehr unterhaltsame und lehrreiche Buch definitiv an vielen Punkten aus der Seele gesprochen, was sicher auch daran liegt, dass ich mich wie Bogner zu den Millenials bzw. der Generation Y zähle. Grundsätzlich finde ich, dass die Lektüre ein Muss ist für alle, die sich eine Veränderung in der (Arbeits-)Welt wünschen und definitiv nicht nur für Frauen.

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Veröffentlicht am 07.12.2023

Wer spielt hier mit wem?

Die gute Schwester
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Diese Frage hat sich mir bereits nach den ersten Seiten von Sarah Bonners Debutthriller „Die gute Schwester“ gestellt und damit sorgt sie von Beginn an durchweg für Spannung. Neben den 27 Kapiteln ...

Diese Frage hat sich mir bereits nach den ersten Seiten von Sarah Bonners Debutthriller „Die gute Schwester“ gestellt und damit sorgt sie von Beginn an durchweg für Spannung. Neben den 27 Kapiteln ist das Buch in 5 Teile unterteilt, die jeweils aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt werden. Den Anfang macht Megan. Eine der beiden Zwillingsschwestern, die die Hauptcharaktere in diesem Buch darstellen. Sie und ihre Zwillingsschwester Leah könnten sich nicht weniger mögen. Megan hasst Leah regelrecht und wünscht sich nicht selten ihren Tod, was durchaus auf Gegenseitigkeit beruht. Dass sie für denselbigen dann jedoch verantwortlich zu sein scheint, war gewiss nicht ihr Plan. Stellt sich die Frage: Was nun? Megan beschließt, in zwei Rollen zu schlüpfen. Die ihrer Schwester und sie selbst. Ein Drahtseilakt, der schon bald eine spannende Wendung nimmt. Insbesondere in Bezug auf Chris, Megans Ehemann, der sie nach Strich und Faden hintergeht und hintergangen hat und das nicht nur mit ihrer eigenen Schwester. Chris hinterhältigen Pläne sind dabei sowohl genial als auch absolut niederträchtig. Man möchte sich gar nicht ausmalen, wie weit er es noch treiben wird. Allerdings hat er dabei einige wichtige Punkte außer Acht gelassen, die ihm möglicherweise noch zum Verhängnis werden. Denn Megan und Leah spielen seit jeher - wie es scheint - ihr eigenes Spiel. In dieser Erzählung weiß ich im Nachhinein betrachtet gar nicht, welche Persönlichkeit für mich die perfidere ist, Sympathieträger sind sie jedenfalls alle nicht, weder Chris, Leah, noch Megan.
Das tut der Geschichte aber keinen Abbruch, da diese Tatsache dem Verlauf und den unerwarteten Entwicklungen absolut zuträglich ist. Denn wenn man eins sagen kann, dann, dass man sich in der Geschichte auf kaum eine seiner Vermutungen verlassen kann. Deshalb bekommt „Die gute Schwester“ von mir eine klare Leseempfehlung, denn Spannung ist bis zum Schluss garantiert.

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Veröffentlicht am 09.10.2023

Berührend und unbedingt lesenswert

Die Kinder des Don Arrigo
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Der Roman „Die Kinder des Don Arrigo“ von Ivan Sciapeconi beruht auf einer wahren Begebenheit und das macht ihn zu einer ganz besonderen Lektüre.
Die Hauptfigur des Romans, der 11-jährige Natan, erzählt ...

Der Roman „Die Kinder des Don Arrigo“ von Ivan Sciapeconi beruht auf einer wahren Begebenheit und das macht ihn zu einer ganz besonderen Lektüre.
Die Hauptfigur des Romans, der 11-jährige Natan, erzählt die Geschichte seiner Reise nach Italien. Eine Reise, die eigentlich eine Flucht ist, eine Flucht vor den Nazis, denn die Geschichte spielt im zweiten Weltkrieg und Natan ist Jude. Zusammen mit einer Gruppe anderer Kinder und Jugendlicher soll er mithilfe einiger Erwachsener in Sicherheit gebracht werden. Von dieser Reise berichtet er und beschreibt Orte, Begegnungen und Ereignisse.
Sein Leben mit den rund 120 anderen Kindern und Jugendlichen führt ihn in eine kleines Dorf namens Nonantola in die Villa Emma. Dort läuft das Leben der Gruppe komplett selbstorganisiert ab. Alle unterrichten sich gegenseitig und bringen sich unter anderem das Schreinern und Nähen bei. Die Bewohner des Dorfes helfen ihnen dabei, so dass es ihnen an nichts mangelt. Dabei kommt es zu interessanten, ungewöhnlichen, aber auch beängstigenden Begegnungen. Genau an diesem Punkt zeigt das Dorf um Pfarrer Don Arrigo, wozu im Stande zu leisten es fähig ist.
Eine beeindruckende Geschichte, die voller Emotionen steckt, die unter die Haut gehen und von der ich nicht mehr als nötig verraten möchte, außer das die Schicksale der Kinder mich zutiefst berührt haben. Keine leichte Kost, dafür aber eine umso lesenswertere, die einen die Ereignisse im zweiten Weltkrieg nochmal aus einem neuen Blickwinkel betrachten lässt und zeigt, dass es trotz aller Grausamkeiten noch Mut, Menschlichkeit und Nächstenliebe gegeben hat.

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Veröffentlicht am 30.09.2023

Perfektionismus - eine "Schwäche" der Gesellschaft

Nie gut genug
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Perfektionismus gilt als die klassische Schwäche, die genannt wird, wenn im Bewerbungsgespräch die Frage aufkommt: Was ist Ihre größte Schwäche? Denn Perfektionismus ist eine gesellschaftlich akzeptierte, ...

Perfektionismus gilt als die klassische Schwäche, die genannt wird, wenn im Bewerbungsgespräch die Frage aufkommt: Was ist Ihre größte Schwäche? Denn Perfektionismus ist eine gesellschaftlich akzeptierte, wenn nicht sogar gern gesehene Schwäche. Warum die Kokettierung damit aber fatal sowohl für uns als auch die Gesellschaft ist, erläutert Thomas Curran sehr ausführlich in seinem Buch "Nie gut genug". Das Sachbuch mit dem Untertitel "Die fatalen Folgen des Perfektionismus - und wie wir uns vom Selbstoptimierungsdruck befreien können" sprach mich sofort an, denn wir leben in einer Zeit und Gesellschaft, in der es zu einem regelrechten Lifestyle geworden ist, immer besser werden zu müssen. Der Autor und Universitätsprofessor Curran forscht seit Jahren zum Thema Perfektionismus und hat seine Ergebnisse in diesem Buch zusammengetragen. Dazu gibt er Fallbeispiele, Anekdoten und zahlreiche wissenschaftliche Erkenntnisse zum Besten.
"Nie gut genug" ist in vier Teile unterteilt: In Teil 1 geht es erst einmal um die generelle Frage, was Perfektionismus eigentlich ist. Teil 2 fragt danach, was Perfektionismus mit uns macht. Der dritte Teil befasst sich mit der Herkunft des Perfektionismus bevor es dann im vierten und letzten Teil darum geht, diesen Perfektionismus abzulegen und mit "gut genug" zufrieden zu sein.
Gar nicht so leicht, in einer Welt, die von Perfektionismus geprägt ist und damit ein schier endloses Streben nach Erfolg und Anerkennung zur Folge hat. Ein Ziel, das laut Curran zwangsläufig zu defizitärem Denken und sogar psychischen Probleme führen muss. Warum und wieso erläutert er anschaulich. Dabei fördert er auch überraschende Erkenntnisse zutage, wie beispielsweise die Tatsache, dass sich Perfektionisten seltener auf gehobene Positionen bewerben oder nach Gehaltserhöhungen fragen. Am spannendsten fand ich persönlich aber den Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Perfektionismus, denn nur eine Leistungs- und Konsumgesellschaft, die immer mehr anstrebt, trägt erfolgreich dazu bei und das nicht ohne negative Folgen, besonders für den Einzelnen.
Dass Perfektionismus in vielen Lebensbereichen anzutreffen ist (Bin ich eine gute Mutter? Muss ich mehr trainieren? Wie schreibe ich bessere Noten? Arbeite ich hart genug? Wie generiere ich mehr Follower?), macht es so lohnenswert, dieses Buch zu lesen, denn in vielen Beispielen findet man sich zum Teil oder auch ganz selbst wieder.
Deshalb kann ich "Nie gut genug" uneingeschränkt jedem Leser und jeder Leserin empfehlen, der oder die sich einmal mit den Wurzeln des Perfektionismus und den im Hintergrund wirkenden (wirtschaftlichen) Interessen auseinandersetzen möchte. Es ist detailliert, vielseitig und gut verständlich geschrieben, stellt die richtigen Fragen, öffnet an vielen Stellen die Augen und zeigt auf, wie wir es schaffen können, uns - alleine und als Gesellschaft - von dem herrschenden Perfektionsdrang so gut es geht zu befreien.

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Veröffentlicht am 01.08.2021

Bisher bester Thriller in 2021

Bonuskind
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Schon der Klappentext von "Bonuskind" von Saskia Noort hat mich absolut gefesselt. Die 15-Jährige Lies glaubt nicht, dass ihre Mutter Jet Selbstmord begangen hat und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, ...

Schon der Klappentext von "Bonuskind" von Saskia Noort hat mich absolut gefesselt. Die 15-Jährige Lies glaubt nicht, dass ihre Mutter Jet Selbstmord begangen hat und beginnt auf eigene Faust zu ermitteln, was in der Nacht als ihre Mutter verschwand und nicht mehr nach Hause kam, genau passiert ist. Dabei stößt sie auf Unerwartetes und Erschreckendes.
Heimlich ermittelt sie, während ihr Vater Peter und seine neue Frau Laura, versuchen Lies und ihrem Bruder Luuk eine heile Welt vorzuspielen. Dabei ist Laura ein rotes Tuch für Lies, immerhin war sie der Grund, weshalb sich ihre Eltern vor zwei Jahren haben scheiden lassen.
In der ganzen Geschichte ist genau das immer wieder Thema und wird, wie ich finde, sehr gut von verschiedenen Seiten beleuchtet, sowohl von Seiten der Mutter Jet, die darüber zu Lebzeiten auf ihrem Laptop geschrieben hat als auch aus Sicht ihres Ex-Mannes und der Kinder. Diese Szenen ließen mich sehr stark mitfühlen mit den Protagonisten, da die Autorin die Gefühlswelt wirklich authentisch rüberbringt.
Selbst für Laura habe ich stellenweise eine Sympathie entwickelt, denn keiner ist wirklich glücklich in dem gesamten Szenario.
Stück für Stück kommt dann immer mehr die Wahrheit ans Licht. Dabei ist das Ende, nicht wie sonst in Thrillern, die ich bisher gelesen habe, üblich, die alles erleichternde Auflösung, sondern der endgültige Abgrund. Genau das macht das Buch für mich zu einem herausragenden Thriller, denn es lässt einen auch nach der Lektüre lange nicht los.
Zum Schreibstil lässt sich noch sagen, dass sich das Buch absolut flüssig lesen ließ und ich es innerhalb eines Tages verschlungen habe. 
Den Titel fand ich letztendlich nicht ganz so passend, obwohl ähnliche Begriffe wie "Bonusmama" und "Bonus-Großeltern" immer wieder im Buch auftauchen, aber ich hätte mir einen passenderen Titel vorstellen können. Zumal der traurige Smiley in dem O der Dramatik der Geschichte nicht ganz gerecht wird und eher verharmlosend wirkt. Aber das sollte niemanden davon abhalten, "Bonuskind" zu lesen. Für mich eindeutig der beste Thriller bisher in diesem Jahr.

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